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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2016

Konversion Ledward Barracks / FHWS i-Campus

Anerkennung

RKW Architektur +

Architektur

TOPOTEK 1

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Nach dem Abzug der US-Streitkräfte wird das historische Kasernengelände, die "Ledward Barracks", als neues Campusgelände der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt (FHWS) in drei Etappen umgestaltet. Ziel dieser Umgestaltung ist die Integration dieses bislang abgeschotteten Bereichs in das gesamtstädtische Gefüge der Stadt Schweinfurt.

Primäres strukturbildendes Element des Entwurfs für die Konversion des Geländes ist der Grünzug, der den Sportbereich um das Willy-Sachs Stadion mit dem Theodor-Fischer-Platz verbindet. Schon heute befinden sich in diesem Bereich die wichtigsten und größten vorhandenen Bäume auf dem Gelände. Thematisch verdeutlicht dieses grüne Aktivitätsband seinen Verlauf, indem es informelle Aktivitäts- und Freizeitoptionen anbietet, welche sich von Aufenthaltsbereichen im Osten zu aktiven Sportangeboten wie Volleyball und Badminton im Westen erstrecken.
Südlich des Grünzuges, in der Südost Ecke des gesamten Grundstückes, werden die zentralen Einrichtungen der Hochschule über mehrere Bauabschnitte angeordnet. Hier hat der gesamte neue Campusbereich über einen Hauptplatz seinen städtebaulichen Auftakt. Ziel des Entwurfes ist es, für die verschiedenen Nutzungsgruppen der Hochschule, nämlich zentrale Einrichtungen, i-Factory und allgemeine Hochschulgebäude, jeweils Entwicklungskerne zu schaffen, von denen aus diese sich jeweils in ihrer eigenen Entwicklungslogik und Zuordnung entwickeln können. Um den Platz gruppieren sich alle neuen, wichtigen zentralen Einrichtungen wie Mensa, Bibliothek etc.. Dieser Platz bietet mit einer Terrasse Raum für ein Café und informelle Aufenthaltsmöglichkeiten mit Sitzbänken, die quadratisch um Bäume organisiert sind und er liegt in der Achse der fußläufigen Verbindung zur bestehenden Hochschule, der Richard-Strauß-Straße. Über diese Achse ist auch der Abrams Club angebunden, dessen Vorplatz eine Umgestaltung, die sich am Hauptplatz des zentralen Gebäudekomplexes orientiert, erfährt. Zusätzlich ist hier ein Wasserspiel integriert. Ausgehend von der Zielstellung für die FHWS, ausländische Studierende zu gewinnen, wird das Gebäude des Abrams Club zum internationalen Studentenzentrum entwickelt.
Parallel zum Hauptgrünzug wird mittels eines kontinuierlichen Baumbestandes entlang des Boulevards ein weiteres grünes Band geschaffen, das die in die Innenstadt führende Mozartstraße mit dem Hauptzufahrtsbereich des Sport- und Freizeitkomplexes, der das Willy Sachs Stadion beherbergt, verbindet. Während der südliche Grünzug Fußgängern vorbehalten ist, stellt dieser nördliche Grünzug auch die Haupterschließungsachse für den Fahrverkehr des Hochschulgeländes dar.

Zwischen beiden Grünzügen bildet sich ein Baufeld, in dem die i-Factory in allen Bauabschnitten als zusammenhängendes Gebäudeensemble angeordnet ist. Die i-Factory stellt die entscheidende Besonderheit des neuen Entwicklungsbereiches dar, liegt daher zentral im neuen Campusbereich. Um die vorgenannten Bereiche herum entwickeln sich stufenweise die allgemeinen Hochschulbereiche. Die gesamte Campusentwicklung konzentriert sich dabei auf die östliche Hälfte des Grundstücks.

Eine dritte grüne Plaza, die achsial in nord-südlicher Richtung verläuft, bildet typologisch den grünen Kern des Campus. Dieser qualitätsvolle Aufenthaltsbereich ermöglicht Sitz- und Liegemöglichkeiten für Studierende und Mitarbeiter der FHWS.
Er verbindet das urbane Schweinfurter Stadtgefüge im Süden über den historischen Ehrenhof zwischen den zu erhaltenden Kasernengebäuden mit der grünen Kleingartenanlage im Norden und schafft zugleich einen harmonischen Übergang zwischen dem extensiven Grünbereich, d.h. dem öffentlichen Veranstaltungsbereich / dem Volksfestplatz im Westen, zum städtischeren Aufbau des i-Campus im Osten.

Die repräsentativste Ecke Niederwerrner Straße / Kasernenweg ist für die neue Stadthalle bestimmt. So entsteht mit deren Vorplatz ein Pendant zum östlich gelegenen Hauptplatz des neuen Campus an der Niederwerrner Straße. Auch hier schafft ein Terrassenbereich qualitätsvollen Aufenthaltsraum. Nördlich des Hauptgrünzuges ist der Festplatz angeordnet, der in seiner Landschaftsgestaltung übergeht in das angrenzende Kleingartengebiet und wiederum weiter in den offenen Landschaftsraum im Norden.

Die Erschließung des Geländes erfolgt für die Hochschule von der Franz Schubert Straße und zur Stadthalle und Festplatz vom Kasernenweg. Auf Höhe der Mozartstraße befindet sich die Zufahrt auf das Hochschulgelände für PKW’s, Lieferfahrzeuge etc. über den Boulevard. Von hier sind die zentralen Parkflächen, aber auch alle Hochschulgebäude und die i Factory, auch für Rettungsfahrzeuge erreichbar. Weitere Parkplätze sind entsprechend den Ausbaustufen an der nördlichen Grundstücksgrenze vorgesehen; auch diese werden direkt von der Franz-Schubert-Straße erschlossen. Ausschreibungsgemäß ist das Hochschulgelände als offener Campus konzipiert, sodass keine Abschrankungen oder Zufahrtskontrollen erforderlich sind. Auch die zentralen Hochschuleinrichtungen im südöstlichen Bereich wie z.B. die Mensa werden von der Franz-Schubert-Straße angeliefert. Auf eine Querung des Hauptgrünzugs durch Fahrzeuge kann somit verzichtet werden.

Der öffentliche Veranstaltungsbereich und der Volksfestplatz werden über die Kasernenstraße erschlossen. Hier befinden sich die insgesamt ca. 350 Stellplätze, die als „grüne“ Stellplätze für die temporären Veranstaltungen auf dem Festplatz und in der Stadthalle konzipiert sind.

Die vorhandenen Linien des ÖPNV tangieren das Gelände einerseits im Westen im Kreuzungsbereich Niederwerrner Straße / Franz-Schubert-Straße und andererseits im Osten an der Kreuzung Niederwerrner Straße / Florian-Geyer-Straße. In diesem Bereich erscheint eine Verlegung der Haltestelle „Festplatz“ an die Niederwerrner Straße sinnvoll. Hiermit ist sowohl für die Hochschule wie den öffentlichen Veranstaltungsbereich eine gute Versorgung gewährleistet.

Der Entwurf zur Neugestaltung des Geländes der Ledward Barracks fokussiert auf eine konsekutive ressourcenschonende Erweiterung. Die Transformation ist in drei Hauptphasen unterteilt.


Stufe I 2017:

Seit 2015 werden die Gebäude auf der Westseite des Geländes als Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge genutzt. Für diesen Bereich sind temporäre Erholungs- und Freizeitangebote innerhalb der Freianlagen, d.h. Sportbereiche, Spielflächen und Grünflächen vorgesehen. Der Fußgängerverbindung vom ehemaligen Campus der FHWS entsprechend, wird an der süd-östlichen Grenze der Hauptplatz des Campus vor dem bestehenden Gebäudekomplex situiert, der als Campus-Entreebereich eine einladende Geste für Studenten und Besucher evoziert. Zugleich wird der Platzbereich des Abrams-Club korrespondierend gestaltet. An der nord-östlich Grenze des Kasernengeländes, an die Kleingartenanlage anschließend wird eine Baumschule angelegt, die in den folgenden Phasen z.B. zur Bepflanzung des Boulevards, bzw. des Gesamtgeländes genutzt werden. In dieser Phase findet eine großflächige Entsiegelung des Geländes statt. Der Baumbestand wird weitmöglich erhalten.


Stufe II 2024:

In der zweiten Phase erfolgt der Abschluss der zwei parallelen Ost-West-Grünverbindungen (grüner Boulevard, Aktivitätsband). Darüber hinaus wird die achsial in nord-südlicher Richtung verlaufende grüne Plaza bis zum grünen Boulevard zu 2/3 fertiggestellt. Optional bieten der extensiv begrünte Bereiche nördlich des Aktivitätsbandes sowie die Baumschule ein strukturiertes grünes Umfeld zur Durchführung der Landesgartenschau 2024/2026. Die Struktur ermöglicht dabei eine temporäre Nutzung durch die Landesgartenschau. Die Öffnung des Geländes mittels einer öffentlichen Wege- und Grünstruktur bietet flexible Nutzungsoptionen und kann wegen der extensiven und intensiven Grünbereiche vielfältige Themengärten beheimaten. Weiterhin kann die extensive Grünfläche westlich der grünen Plaza als Veranstaltungsbereich / Volksfestplatz genutzt werden. Im Südwesten werden die Stadthalle sowie der zugehörige grüne Parkplatzbereich errichtet.


Stufe III 2030:

Fertigstellung des neuen i-Campus der FHWS.

Beurteilung durch das Preisgericht

Mit einer durch Disziplin und Klarheit geprägten Grundhaltung gelingt den Verfassern ein einprägsames städtebauliches Gerüst mit einer klaren Nutzungszuordnung. Image und Identität des neuen Hochschulstandorts vermögen zu überzeugen.

Große, raumgreifende Grünkorridore definieren die städtebauliche Grundstruktur und gliedern das Gebiet in mehrere städtebauliche Schichten. Ein zentraler Grünraum zwischen Stadion und Theodor-Fischer-Platz arbeitet die erste Schicht an der Niederwerrner Straße heraus. Die Endpunkte dieser neuen Stadtkante sind mit den zentralen Einrichtungen Mensa, Bibliothek und Stadthalle prominent besetzt. Diese Nutzungszuordnung ist plausibel und im städtebaulichen Kontext richtig gewählt. Die
geforderten Flächen für die einzelnen Nutzungen sind nachgewiesen.

Interessant ist die Idee, den Ehrenhof als Nukleus einer breiten Nord-Süd Grünverbindung in das Freiraumsystem einzubinden. Hierdurch gelingt eine klare Gliederung der Flächen in einen weiten Freiraum mit Festplatz im Westen und dicht besetztes Baufeld im Osten des Areals. Damit sind die Bereiche einer möglichen Landesgartenschau klar definiert. Der nördliche Abschluss der Grünachse an der Kleingartenanlage wird allerdings kritisiert. Ob die Fläche des Festplatzes zufriedenstellend langfristig integriert werden kann, bleibt angesichts von Dimension und Funktion weitgehend offen.

Die in Ost-West-Richtung geführte Allee unterstreicht signifikant die Idee der städtebaulichen Schichtung. Die differenzierte Nutzungszuordnung in einem kompakten Bereich für die i-Factory im südlichen Abschnitt und Erweiterungen des Campus im nördlichen Abschnitt fügt sich logisch in das städtebauliche Grundgerüst ein. Seitens des zukünftigen Nutzers wird die Kompaktheit der Nutzungsanordnung im Bereich i-Factory als vorteilhaft bewertet. Doch trennt die Allee die zentrale Nord-Süd-Grünverbindung und das Baufeld und stört den räumlichen Zusammenhang unnötigerweise. Denn eine verkehrliche Notwendigkeit ist nicht erkennbar.

Die Stärke der Arbeit, die in der Stringenz der Raumgliederung und Nutzungszonierung liegt, kommt erst in der Endausbaustufe richtig zur Geltung. In der ersten Baustufe entsteht aufgrund der starken räumlichen Trennung zwischen i-Campus und i-Factory leider noch keine befriedigende städtebauliche Figur. Auch die heterogen gestaltete Freiraumfuge zum östlichen Siedlungsbereich stellt keinen überzeugenden Beitrag zur stadträumlichen Integration des Hochschulstandorts und zur Adressbildung
dar. Unverständlich bleibt, warum nicht schon in der ersten Baustufe der Kreuzungsbereich mit dem kräftigen städtebaulichen Auftakt, wie ihn die 2. Baustufe darstellt, besetzt wird. Kritisch werden im Preisgericht in der Endausbaustufe auch die Ausbildung der Raumkante zur Franz-Schubert-Straße sowie die Umfeldgestaltung der Stadthalle bewertet.

Trotz dieser Schwächen stellt die Arbeit aber einen gut strukturierten Beitrag zum Thema i-Campus
dar.