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Offener Ideenwettbewerb | 02/2016

AIV-Schinkel-Wettbewerb 2016: Zwischen Teltow und Zehlendorf

Follies

Sonderpreis Architektur / Landschaftsarchitektur

Preisgeld: 1.000 EUR

Joana Carvalho

Landschaftsarchitektur

Lukas Specks

Student*in Architektur

Nina Dvorak

Student*in Landschaftsarchitektur

Onur Oezdemir

Student*in Architektur

Erläuterungstext

FOLLIES
Landschaftliche Perlen und historische Spuren

Innerhalb der bewaldeten Uferlandschaft schlummern historische Relikte sowie landschaftliche atmosphärische Orte, die zu neuem Leben erweckt werden und den Uferraum sowie den Teltow-Kanal aktivieren. Die besonderen Orte und Relikte sind gewachsene Strukturen aus unterschiedlichen historischen Epochen. Sie versinnbildlichen die Vergangenheit, Entwicklung und Gegenwart des ehemaligen Grenzgebietes am Teltow-Kanal. Ihre Anbindung und Inszenierung durch simple gestalterische Mittel machen die Geschichte des Uferraums greifbar und erlebbar. Die vorhandene Ausprägung dieser besonderen Orte und des breiten Landschaftsraums sowie die visuelle Nähe zum Stadtzentrum Berlins bedingen die Auswahl des Lichterfelder Uferabschnitts innerhalb des Betrachtungsraum für die Entwurfs-Interventionen.


// Uferraum ablesbar und erlebbar machen

Der Uferraum inklusive des Teltow-Kanals wird nicht mehr als Grenze oder Barriere gesehen, sondern durch gleich geartete landschaftliche und architektonische Interventionen an Land und im Wasser zu einer klar ablesbaren Einheit definiert und entwickelt. Der zusammenhängende Uferraum wird zum charakteristischen Naherholungsgebiet und somit zum neuen Treffpunkt für die Lichterfelder, Zehlendorfer und Teltower Bewohner.


// Besondere Orte entdecken, entwickeln, hinzufügen

In der Wald-Wildnis am Teltow-Kanal liegen verwunschene Orte versteckt, die durch ihren
besonderen landschaftlichen oder historischen Charakter hohes Potential in sich tragen. Diese Orte werden als Katalysatoren verstanden und entsprechend ihrer Ausprägung in Kategorien eingeteilt. Charakterstarke Orte werden als vorhandene Follies definiert und erschlossen, ungenutzte Orte werden durch minimale Additionen weiter entwickelt und mit neuen Nutzungen angereichert und der Wasserturm als verbindendes Element neu hinzugefügt.


// Rundweg und Hochpunkt Orte anbinden und vernetzen

Das minimalistische Konzept der Entdeckung und Inszenierung der besonderen Orte wird durch einen Rundweg ergänzt, der die einzelnen Secret Spots miteinander verbindet und
zusammenfügt. Wenn der Besucher sich auf den Weg begibt kann er die Orte wahrhaftig
erkunden und erfahren. Der Weg kumuliert in dem neu hinzugefügten Wasserturm, mittig im Kanal gelegen, von dessen Aussichtsplattform der Uferraum und die versteckten Orte in ihrer Gesamtheit gesehen und ihrem Zusammenhang verstanden werden können.


// Der Turm als Folly Sehnsüchte wecken

Der Turm stellt als verbindendes Element den Gegenentwurf zur klassischen Brücke dar, die zwei Ufer auf kürzestem Wege miteinander verbindet. Ist eine Brücke doch maßgeblich an der Trennung beider Ufer beteiligt, stellt sie schließlich den Einschnitt erst als einen solchen dar. Obgleich sie infrastrukturell als Verbindung funktionieren mag, so gibt sie doch dem Ufer erst die Bedeutung einer Grenze, die es zu überwinden gilt. Um den Flusslauf also als verbindendes Element zu aktivieren, wird der Turm mittig im Kanal platziert, ohne Position zu beziehen und dadurch eine der beiden Seiten gegenüber der anderen aufzuwerten. Er generiert dadurch, einer Insel ähnlich, einen Ort der Sehnsucht.
Seine Form resultiert dabei aus seiner konstruktiven Logik und seinem statischen System. Der Turm funktioniert neben seiner Wirkung als Anziehungspunkt vor allem als eine Treppe, die den Besucher über die Baumwipfel bringt und ihn den Ort von oben erleben lässt. In seiner transluzenten Erscheinung gleicht er einem Segel. Sein konstruktionsprinzip, das so genannte „skin on frame“ - Verfahren, entstammt dem Bootsbau. Bei dieser Bauweise wird ein Rahmen erstellt, welcher im Anschluss mit Segeltuch bespannt wird. Aus dem Rahmen entwickelt sich ein Tragwerk, das den oberen Abschluss definiert und zugleich als Brüstung für die Aussichtsplattform funktioniert.
In diesem aufgelösten Tragwerk wiederum hängt der Treppenkörper aus gefaltetem Lochblech an Stahlseilen. Dies garantiert eine leichte und flexible Konstruktion. Mit Schwimmern ausgestattet ist sie in der Lage, ähnlich einer Ziehharmonika, Wellengänge und verschiedene Wasserstände auszugleichen. Gleichzeitig dienen die radial gespannten Seile im Inneren als Absturzsicherung und außen als zusätzliche Befestigung der Fassade.
In seiner stilisierten Erscheinung funktioniert er dabei als Landmarke, als ein Ort der Orientierung, der über das Entwurfsgebiet hinaus sichtbar ist und seine Wirkung entfaltet. Gleichzeitig jedoch weckt er auch das Interesse für den Flussraum als Ort der Sehnsucht, der beide Ufer miteinander verbindet.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit „Follies“ setzt Spuren des Wettbewerbsgebietes miteinander in Beziehung. Das Potential des Uferraums soll genutzt und der bislang eher unzugängliche Raum erfahrbar werden. Identifiziert werden durch einen Radweg miteinander verbundene „Secret Spots“. Ergänzende bauliche Elemente, sogenannte „Follies“, stehen für eine minimalistische Intervention, die die Ufer und Bewohner zusammenbringt.

Neben der Hinzufügung von Sportflächen, der Wiederentdeckung der Auen auf der Teltower Seite und einer Inwertsetzung des alten Klärwerks fällt ein Anleger an der Spitze der Zehlendorfer Halbinsel als freiräumliches Element auf. Ein Aussichtsturm wird als Landmarke in der Kanalaufweitung positioniert. Er ist nur schwimmend zu erreichen und besteht aus einer Stahlkonstruktion mit Streckmetallverkleidung. Der Querschnitt variiert mit zunehmender Höhe vom Tropfen zum Rechteck. Die Jury würdigt die Entwurfsidee und die angemessene Maßstäblichkeit, die Interventionen sind gut vorstellbar.