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Zweiphasiges kooperatives Gutachterverfahren | 11/2015

Neugestaltung Rudolfplatz

2. Rang

CARSTEN ROTH ARCHITEKT

Architektur

WES LandschaftsArchitektur

Landschaftsarchitektur

TRAGRAUM Ingenieure PartmbB

Tragwerksplanung

Erläuterungstext

Städtebau und Geschichte:

DIE ÜBERARBEITUNG VERZICHTET NUNMEHR VOLLSTÄNDIG AUF EIN HOCHHAUS IM OSTEN DES GRUNDSTÜCKS!
Durch eine Überarbeitung der Baumassen konnte bei minimalem Flächenverlust gegenüber der ersten Phase eine sehr wohltuende Höhenstaffelung erreicht werden, die für beide Varianten A und B gleichermaßen begeistert.

Wie bereits in der ersten Phase fragen wir uns noch immer: Woran wollen wir uns erinnern - und woran nicht? Wofür wollen wir sorgen und was wollen wir vorwegnehmen? Der städtebauliche Ansatz unseres Entwurfes gibt Antworten auf diese Fragen.

Dies kann nur gelingen, wenn

- die historische Stadtmauer in Erinnerung gerufen wird,
- das Eingangstor zur Stadt neu erlebt werden kann,
- der Ausgang aus der Stadt eine neu Akzentuierung erhält,
- die Querung der historisches Ost-West-Achse am Ring wahrgenommen werden kann.

Eine Schlüsselstellung nimmt hierbei das historische Hahnenburgtor ein. Es gilt, dieses nicht zu übertönen!

Deshalb wird mit großer Vorsicht die Verteilung der Gebäudemassen vorgenommen. Ziel ist es, das nach heutigen Maßstäben kleine historische Tor in seiner Höhe zu respektieren. Deshalb wird bewußt die Traufe entlang der Hahnestraße niedriger angelegt als die Höhe des Torbauwerks.

Der Verlust der Bruttogeschoßflächen wird absichtsvoll kompensiert durch einen Gebäudeakzent – zwei Geschosse höher als die angrenzende Blockstruktur (bekannt aus der Hamburger Hafencity), ein Akzent, der städtebaulich vier entscheidende Vorteile mit sich bringt:

- Die Gebäudeakzentuierung steht in der Flucht der ehemaligen Stadtmauer und könnte zeichenhaft an einen übergebliebenen Teil der Mauer erinnern, der gleichwohl aus einer anderen Materialität ist, aus einer neueren Zeit stammt und höher ist.
- Dieser Akzent bildet den unbedingt erforderlichen Abschluß der Ost-West-Achse am Ausgang der Innenstadt, über den Bäumen sichtbar als Ende dieser Achse. (Heute sieht man aus der Ferne im Westen nur eine Baumgruppe ohne markantes Gebäude neben einem mittlerweile unglücklich aus der Achse gerückten Hahnenburgtor.)
- Als Gegengewicht zum mittlerweile denkmalgeschützten Hotelhochhaus parallel zum Ring braucht es diesen kleinen Akzent, damit die Passanten den Blick auch Richtung Innenstadt wenden und den Übergang der West-Ost-Passage bewußt erleben können.
- Dabei wird die Traufhöhe am Ring nicht durch diese Akzentuierung unterbrochen. Vielmehr wird der Akzent vom Ring aus in die zweite Reihe verlegt, vergleichbar mit der Scheibe des denkmalgeschützten Hotels. Beide Gebäudekomplexe – das Hotel und das Bürohaus am Rudolfplatz – bauen dadurch zum ersten Mal eine abgestimmte Beziehung miteinander auf.



Genehmigungsfähigkeit nach § 34 BauGB:

Die Genehmigungsfähigkeit nach § 34 BauGB ist gegeben, weil die Nachbarbebauung nach herrschender Rechtsprechung in einem Umkreis bis maximal 150 m einbezogen wird. Gegebenenfalls kann das oberste Geschoß im Südteil des Gebäudeblocks zurückgestaffelt werden.

Eigentumsvarianten:

Ziel ist es, ohne Varianten A und B für die beiden Grundstücksverhältnisse zu entwerfen: Erst wird die kleine Version gebaut und später zur großen Version ausgebaut – oder eben gleich alles zusammen.

In unserem Entwurf ist der Gebäudeakzent der Beginn einer rotierenden Abwärtsbewegung der Baumassen, die sich jederzeit zu einem neuen Ganzen ergänzen können. Durch die Akzentuierung im Osten wird zudem eine Grundstückspekulation der Fremdbesitzer vermieden, die im Abwarten keinen nennenswerten Vorteil mehr haben. Das hält die Bodenpreise niedrig.

Nutzung:

Die gesamte Erschließung des Neubaus erfordert in der kleinen Lösung (A) nur zwei Treppenhäuser, in der großen Lösung (B) nur drei Treppenhäuser. Die Ausbildung des Eingangs im Norden ist für einen Ankermieter ausformuliert, wahlweise für Retail- oder Büronutzung.

Die Ehrengarde erhält – weithin sichtbar – die oberste Etage im Ostteil des Baublocks mit Blick Richtung Kölner Innenstadt!
Dafür werden hinter dem Eingang im Osten zwei getrennte Lobby-Bereiche vor den Aufzügen angeordnet, wodurch die Aufzüge für die Ehrengarde immer nur im EG und DG als Durchlader öffnen, ohne besondere Schließungen oder Schaltungen zu benötigen. Auch ist eine konsequente Trennung des Vertikalverkehrs der Ehrengarde und der Büronutzer gewährleistet, eine Durchmischung der Nutzer vor oder in den Aufzügen ist ausgeschlossen.

Eine sehr großflächige besonnte Dachterrasse zum Rudolfplatz schafft eine lebendige Verbindung zwischen Gebäude und Platz. Die Terrasse kann optional auch für die Ehrengarde erschlossen werden.

Material:

Das Fassadenmaterial spielt eine entscheidende Rolle bei der Neuinterpretation des Stadttores:
- Das gesamt Gebäude erhält eine Fassade aus schalungsreinem Kunststein mit wahlweise travertinartiger Oberflache, oder aus Naturstein. Die massiven Elemente werden vorgehängt und bilden in weiten Teilen die innenliegende Tragstruktur ab. Die Fensterverglasung erhält wo notwendig einen Sonnenschutz im Zwischenraum eines Kastenfensters, welches gekoppelt wird und daher nur jeweils einen Öffnungsflügel erfordert.
- Die Ostfassade des Gebäudeakzents wird in Anlehnung an die alte Stadtmauer mit steinmetzmäßig (ähnlichen den Arbeiten des Bildhauers Ulrich Rückriem) rauh belassenen vorgehängten Vertikalelementen oder entsprechend hergestellten Kunststeinen ausgebildet. Dabei soll der Eindruck entstehen, daß die Vertikalen Steine in einem großen „Stadtregal“ aufgestellt wurden.
- Das Erdgeschoß und teilweise für Retail das 1. Obergeschoß sind voll verglast und weithin einsehbar. Die Stützen werden dafür weit auseinandergerückt.

Konstruktion und Tragwerk, TGA-Medienführung:

Der Neubau des Büro- und Geschäftshauses ist als Stahlbetonskelettkonstruktion mit Flachdecken konzipiert.
Die Flachdecken liegen in den Innenachsen und an der Hofseite punktförmig auf den Stahlbetonstützen auf. In den straßenseitigen Fassaden wird das Deckenauflager durch mehrgeschossige Vierendeelträger ab dem zweiten Obergeschoß und schlanken Zugstützen im ersten Obergeschoß gebildet.

Die biegesteife Verbindung der Stützen in den Obergeschossen bis zum zweiten Obergeschoß mit dem durch einen Randträger versteiften Deckenrand zum mehrgeschossigen Vierendeelträger gewährleistet eine angemessene Stützenfreiheit in den Eingangsbereichen und Fensterflächen des Erdgeschosses. Im ersten Obergeschoß wird die Hauptstützweite des Erdgeschosses mit Stahlbetonstützen aufgenommen. Zusätzlich wird die Decke über dem Erdgeschoß mit schlanken Stahlstützen im Nebenraster von der Vierendeelkonstruktion abgehängt.
Zur Realisierung der Stützenschlankheit wird im Nachweis der Feuerwiderstandsdauer der Ausfall jeweils einer Zugstütze durch ausreichende Resttragfähigkeit der Decke nachgewiesen. Auf diese Weise kann auch die Fassadenfläche im ersten Obergeschoß nahezu stützenfrei wirken.

Die Deckenkonstruktion über dem Konferenzbereich überspannt den Raum stützenfrei ohne Innenstützen. Hierzu wird die Raumhöhe der darüber liegenden Technikfläche als Konstruktionshöhe mit Fachwerkträgern genutzt, die ausreichend Freiheit für horizontale Strangführungen der Haustechnik bieten. Die Fachwerkträger sind einachsig parallel zur Außenfassade gespannt um die Fassadeneben zu entlasten.

Das klar strukturierte Tragwerk bietet die erforderliche Robustheit mit den damit verbundenen Speichermassen für ein ausgeglichenes Raumklima. Auf Grund der minimierten vertikalen Bauteile und der unterzugsfreien Flachdecken ist eine maximale Grundrißflexibilität und ein kollisionsfreier horizontaler Verzug von Medien in den Geschossen gewährleistet. Auf Grund der Vorfertigungsmöglichkeit für die Decken mit Halbfertigteilen und Ortbetonergänzung wird die gewünschte Wirtschaftlichkeit bei einer optimierten Bauzeit sichergestellt.

Freianlagen:

Das Freiraumkonzept unterstützt den städtebaulichen Entwurf zur Stärkung und Neuordnung eines der bedeutenden Eingangstore zur Stadt Köln. Der Rudolfplatz wird wieder als Platz am historischen Westeingang der Stadt sichtbar und als solcher wahrnehmbar.

Die einheitliche ruhige Belagsfläche faßt den neuen architektonischen Auftritt an bedeutender Stelle und hebt ihn hervor. Der Rudolfplatz wird als bedeutender Umsteigepunkt der Stadt Köln gestärkt und bietet durch den behutsamen Umgang mit den bestehenden Großbäumen besondere Aufenthaltsqualität und eine eigene Atmosphäre.

Die Hahnentorburg wird durch die Öffnung der straßenbegleitenden Baumreihe am Habsburgerring bewußt wieder als Tor inszeniert und hervorgehoben und markiert selbstbewußt die Mitte des Rudolfplatzes.
Lageplan

Lageplan