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Ideenwerkstatt | 02/2016

Wohnraum für Alle!

Dach über dem Kopf

Auszeichnung

Gerold Strehle - Büro für Architektur & Umweltgestaltung

Architektur

Erläuterungstext

DACH ÜBER DEM KOPF
Ein Wohn- und Betreuungsprojekt für Flüchtlinge

Anläßlich der hohen Anzahl an AsylwerberInnen entwickelte die Caritas Vorarlberg 2015 gemeinsam mit dem Büro für Architektur und Umweltgestaltung eine Typenplanung für Wohngebäude sowie ein darauf abgestimmtes Betreuungskonzept. Die Gebäude beherbergen bis zu 30 Personen und werden mehrfach in Vorarlberg ausgeführt.

In den Quartieren können dadurch neben der erforderlichen psychologischen und sozialen Betreuung auch Qualifizierungsmaßnahmen wie Deutschkurse, Alphabetisierungskurse und Computerkurse etc. angeboten werden.
Ein weiterer Eckpunkt ist das Arbeits und Beschäftigungsprogramm „Nachbarschaftshilfe“, das den AsylwerberInnen bezahlte Tätigkeiten für Private und öffentliche Einrichtungen ermöglicht.

Die Raumaufteilung im Erdgeschoss kann jederzeit den veränderten Bedürfnissen der BewohnerInnen angepasst werden. Da nur die Gangwände tragende Funktion haben, können Räume beliebig vergrössert, verkleinert und umgewidmet werden. Im Sinne des Integrationsgedankens sollen auch öffentliche Veranstaltungen der jeweiligen Dorfgemeinschaft stattfinden können.

Der Baukörper wurde als zweigeschoßiger gegliederter Pavillon entwickelt, der mit seiner aufgelösten Fassade und Materialität einer kleinteiligen Siedlungsstruktur entspricht. Gleichzeitig definiert und umschießt das markante Dach eine Kubatur ähnlich eines mehrgeschoßigen Wohn- oder Gewerbebaus. Auf diese Weise sind dörfliche aber auch vorstädtische Platzierungen des Wohngebäudes möglich.

Die gesamte Anlage ist räumlich zwei-achsig symmetrisch organisiert und ermöglicht dadurch unterschiedliche Erschließungen auf die der Regeltypus standortspezifisch reagieren können muß. Die Grundrißorganisation und die Aufenthaltsräume sind grundsätzlich in alle vier Himmelsrichtungen orientiert.

Das Gebäude wird in einer Holzelementbauweise als Edelrohbau ausgeführt. Kompakte Wohneinheiten, die sowohl als Einzelzimmer als auch als Paarwohnungen genutzt werden können, bilden den Großteil der Wohnräume. Ergänzt werden diese durch Familieneinheiten, in denen bis zu 5 Personen Platz finden.

Die Küchen werden jeweils zu 9 Personen gemeinsam genutzt. Die persönlichen Schlaf-und Rückzugsräume gruppieren sich um eine großzügige und natürlich belichtete Erschließungszone, in der auch das Essen stattfindet. Die Gemeinschaftszone erweitert sich über Terrassen im OG hinaus in den Vordachbereich, wo je nach Bedarf diverse Spieleinrichtungen platziert werden können.

Um eine größtmögliche Nutzungsflexibilität zu gewährleisten werden im EG lediglich die Gangwände als tragende Bauteile ausgeführt. Durch diese konstruktive Maßnahme wird es ermöglicht ebenerdige Gruppen- und Arbeitsräume mit bis zu 43m² abzutrennen bzw zusammenzulegen. Damit kann der Nutzungsgrad über den gesamten Lebenszyklus sehr hoch gehalten werden.

Das markante und weit auskragende Vordach ermöglicht einen zusätzlichen gedeckten Aufenthaltsbereich rund um das Gebäude. Hier sind Kinderspielgeräte und Terrassen untergebracht sowie Minigärten welche den Erdgeschoßeinheiten zugeordnet sind.
Die Gebäude sind auf eine mittlere Lebensdauer mit sich verändernden Funktionen konzipiert und mit einer sehr einfachen Ausstattung ausgeführt. Ziel ist es kosteneffizient, schnell und in einem angemessene Standard Zielgruppen orientiert Wohnraum zu schaffen als Antwort auf die stark steigende Anzahl von AsylwerberInnen und dem schwindenden Angebot auf dem Wohnungsmarkt.

Statt die Liegenschaften zu erwerben wird mittels Baurecht gebaut um die Grundstückskosten gering zu halten. Mit den jeweiligen Gemeinden werden Nutzungsvereinbarungen getroffen um die Gebäude nach der Verwendung als Flüchtlingsquartiere mittel- bis langfristig als Starter- oder Notfallwohnungen oder auch als Vereinsräume innerhalb der Gemeindeinteressen zu nutzen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der kompakte 2 geschossige Holzele¬mentbau bietet 30 Bewohnern deutlich mehr als nur eine Unterkunft: Die individuellen Rückzugsräume, jeweils mit eigenen sanitären Einrichtungen für Einzelpersonen, Paare und Familien gruppieren sich um großzügige Erschließungs und Aufenthaltsbereiche, in den auch zusammen gegessen werden kann. Beide Komponenten – Privatheit und Gemein¬schaft bieten ein qualitativ hoch wertiges Miteinander, was sehr positiv gesehen wird. Zusätzlich wird im EG Raum für Gemeinschaftseinrichtungen für z.B. Quali¬fizierungsmaßnahmen, geschaffen, der weitere ungezwungene Begegnung und gemeinsame Aktivitäten ermöglicht. Besonders positiv beurteilt wird die größt¬ mögliche bauliche Flexibilität im EG, die jederzeit veränderten Bedürfnissen der Bewohner und Bewohnerinnen Rechnung trägt und auch mittelfristig Nachnutzungsaspekte des Gebäudes berücksichtigt. Das markante, weit aus¬ kragende Dach schafft einen geschützten Freiraum, der bei warmen Temperaturen optimale ergänzende Aufenthalts und Betätigungsmöglichkeiten bietet.