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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2017

Neubau des Graduiertenzentrums Kulturwissenschaften der Justus-Liebig-Universität

Anerkennung

Preisgeld: 9.000 EUR

AV1 Architekten GmbH

Architektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Gebäude wirkt angemessen in seiner gesamten Kubatur und Gliederung gegenüber dem heterogenen Umfeld. Die Längsstellung der Gebäude ist für die Vernetzung mit der dahinterliegenden Bebauung jedoch nicht förderlich. Ebenfalls erweckt die Gebäudestellung eine Erwartungshaltung auf den rückwärtigen Bereich, die nicht planerisch entwickelt wurde. Der Eingang als Eckeingang im Norden wirkt etwas unbeteiligt an dem kulturwissenschaftlichen Campus und zeigt wenig Präsenz. Der Vorschlag zur späteren eingeschossigen Anbindung des städtebaulichen Ideenteils ist überzeugend gelöst.

Bei der Organisation des Innenraumes handelt es sich um einen Dreibund mit einer Rasterbreite von 1,35 m. Allerdings ist die Mittelzone weitgehend mit geschlossenen Nutzungen belegt und bietet keine kommunikativen Arbeitsflächen. Dafür werden die Kombizonen nach außen verlagert. Diese stellen helle, gut nutzbare Flächen dar. Leider sind die Kombizonen nicht im Schwerpunkt der Büroflächen, was dem Kommunikationsanspruch und dem Wunsch nach informellen Angeboten für Kommunikation nicht gerecht wird. Die Position benachteiligt die im Westen befindlichen Büros. Die Kombizonen werden untereinander mit diagonal liegenden Lufträumen verbunden, die sich bis ins Erdgeschoss strecken. Die dadurch entstandene eindrucksvolle Kommunikationsachse ist ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal der Architektur und wird konsequent nach außen ablesbar gemacht. Gleichwohl fehlt eine Aussage zu der Statik dieses wichtigen Bereichs. Auch ein erhöhter Aufwand zum Brandschutz ist zu erwarten.

Die nicht-notwendige zentrale Treppe liegt in unmittelbarer Nähe der Kombizonen und profitiert von der Transparenz und Helligkeit der zweigeschossigen Fassadenausschnitte.

Die Fassade lebt von einer strengen Anordnung des Bürorasters, das nur dann unterbrochen wird, um den öffentlich nutzbaren Räumen besonderen Ausdruck zu verleihen. Zusätzlich werden die BFTProfile geschossweise gedreht, was eine angenehme horizontale Betonung durch unterschiedliche Lichtbrechungen bewirkt. Die statische Ausbildung der offenen Fassadenbereiche wird nicht erklärt. Der vorgeschlagene Dachaufbau stört die ansonsten strukturierte Fassadenerscheinung und wirkt unvermittelt. Dieses stört den sonst disziplinierten und der Aufgabe angemessenen Fassadenansatz.

Das Raum- und Funktionsprogramm ist aus Nutzersicht weitgehend umgesetzt. Auf allen Ebenen finden sich Kommunikationszonen, die in ihrer Anordnung jedoch z. T. schematisch und wenig abwechslungsreich angelegt sind. Die Orientierung ist sehr gut mit Einschränkungen im EG im Umfeld des Management-Bereichs. Der Veranstaltungsbereich im Erdgeschoss bietet hinreichend Platz für alle relevanten Nutzungsmöglichkeiten. Durch die offene Gestaltung im Erdgeschoss entsteht eine sehr offene und transparente Struktur (Innen und Außen aufeinander bezogen).

Die hessischen Vorgaben zur Energieeffizienz können im Rahmen des Entwurfs eingehalten werden. Das Energiekonzept ist in sich schlüssig. Bezüglich der Gesamtenergieeffizienz befindet sich diese Arbeit im guten Mittelfeld der abgegebenen Arbeiten. Sowohl der konzeptionelle Ansatz zum Umgang mit erneuerbaren Energien, als auch die Einbindung von den in der Auslobung benannten Nachhaltigkeitsaspekten wird positiv bewertet.

Die Technikflächen erscheinen auskömmlich. Allerdings ist die Anordnung und Verortung, insbesondere der Hausanschlussräume, im Gebäude zu prüfen. Die Technik befindet sich im Dachaufbau und im Teilkeller. Hinsichtlich des Technikkonzeptes ist die zentrale Abluftführung problematisch zu sehen – vor allem hinsichtlich der Schallübertragung. Die Büroräume sind natürlich und die geforderten Flächen mechanisch belüftet. Es sind Rauchschutzvorhänge zur Schottung der Lufträume vorgesehen, die aus Sicht des Nutzers und Betreibers problematisch sein können.

Der Beitrag liegt gemäß Vorprüfung über dem Kostenrahmen, jedoch im Mittelfeld der eingereichten Beiträge. Trotz kompakter Bauweise ergibt sich noch Optimierungsbedarf hinsichtlich eines wirtschaftlichen Bauens und zur Einhaltung des Kostenrahmens. Der Verkehrsflächenanteil liegt über dem Durchschnitt der eingereichten Arbeiten, weitere kostenrelevante Besonderheiten sind Aufwendungen für Brandschottungen aufgrund geschossübergreifender Lufträume, großflächige Verglasungen und Rücksprünge im Erdgeschoss.

Der Entwurf bietet einen interessanten Ansatz, der aber städtebaulich nicht vollständig überzeugt. Er ist funktional sauber und plausibel durchgearbeitet. Dennoch trägt die teilweise einförmige Struktur in Grundriss und Fassade, trotz der eingestuften Ganzglasbereiche, das kommunikative Konzept nicht optimal nach Außen.