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Einladungswettbewerb | 03/2016

Angerstraße

Skizze Wohnen am Garten

Skizze Wohnen am Garten

1. Preis

Preisgeld: 22.500 EUR

03 Arch. GmbH

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

ver.de Landschaftsarchitekten Stadtplaner Partnerschaftsgesellschaft mbB

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Prismatischer Raum

Freisings Bedeutung als Dom- und Universitätsstadt, als kulturelles und wirtschaftliches Zentrum innerhalb der Metropolregion Münchens nimmt weiterhin zu. Der Domberg und die Altstadt, die Isarauen und die Hügellandschaft nördlich von Weihenstefan stehen zusammen mit der aktiven Stadtgesellschaft für die hohe Lebensqualität und Attraktivität Freisings als Wohnstandort.

Es ist ein interessantes Grundstück. Auf der einen Seite sind die Nähe zu den Isarauen, den denkmalgeschützten Schlüterhallen und der Altstadt große Standortvorteile; auf der anderen Seite muss man sich den Herausforderungen an den Schallschutz stellen und eine vermittelnde Architektur in einem Umfeld zwischen Einfamilienhäusern und Gewerbebauten finden.

Oase

Dem Entwurf liegt eine funktionale Einfachheit zu Grunde. Mit drei verketten Höfen wird eine ruhige Aufenthaltsqualität zum Wohnen geschaffen. Von der Angerstraße aus werden die Wohnungen zum Teil über die Gassen erschlossen und der eingeschossige Kindergarten liegt zentral im Mittleren Hof.
Ein Wegenetz verbindet ganz selbstverständlich das Gebiet mit der Umgebung und es entsteht im Norden ein grüner Spiel und Aufenthaltsbereich für die gesamte Nachbarschaft.

Der Entwurf lebt von seiner Ambivalenz. Weder Kamm noch Hofstruktur, weder Punkthaus noch Blockrand; auf Grundlage einfacher Entscheidungen zu Gunsten einer optimalen Wohnqualität ist eine komplexe eigene Raumstruktur entstanden, die als robuster Städtebau offen ist für spätere architektonische Ausformulierungen. Mit seinen Brüchen, der Polygonalität seiner Figuren entstehen immer wieder neue Blickbeziehungen. Prismatische Räume, die pittoreske Möglichkeiten für die Architektur eröffnen. Der Städtebau bietet ein szenographisches Grundgerüst das darauf wartet von den späteren Architekten Bild für Bild ausdrucksstark besetzt zu werden.

Fassadenprofil

Die Fassaden zur Angerstraße mit Ihrem Hochparterre sind klassisch ausgebildet. Überhohe Eingänge als vertiefte Rücksprünge ausgebildet, setzen die Akzente im Straßenraum. Mit den großen Wohnzimmern der durchgesteckten Grundrisse können große Wohnzimmerfenster trotz des Schallschutzes einen offenen Eindruck der Architektur vermitteln.
Durch die Rücksprünge der einzelnen Höfe, den Brückengliedern zwischen Ihnen und den polygonalen Brechungen entsteht ein vielfältiger gegliederter Straßenraum.
In den Gassen greifen Balkone und Dachüberstände expressiv in den Raum. So entsteht ein kleinteiliger Stadtraum, der auch nach oben einen Abschluss findet. Große Durchfahrten zur Angerstraße schaffen eine Torsituation und auch nach Norden wirkte der Raum durch die Punkthäuser geschlossen und eröffnet erst beim Durchschreiten den Blick ins Grün.

Wohnungen

Nach Süden und Südosten reagieren wir mit durchgesteckten Grundrissen. So bekommen alle Wohnungen trotz der Schallthematik besonnte, helle Wohnzimmer und haben einen Blick Richtung Isarauen. Von den Übereckwohnungen am Grün in den Punkthäusern oder einzelnen Maissonette als Haus im Haus am Ende der Gassen bis zu klassischen Mehrspännern mit attraktiven Penthousewohnungen, der Städtebau eignet sich eine Vielfalt von verschiedenen Wohnangeboten an zu bieten.
Damit dabei die Feuerwehr nicht durch die Höfe fährt, haben wir die Mehrspännerwohnungen zur Gasse nach Südwesten orientiert.

Ideenteil

Der im Ideenteil vorgesehene Einzelhandel orientiert sich auf zwei Etagen mit einer breiten und attraktiven Eingangsseite zur Bahn. Die notwendigen Stellplätze werden über dem Gewerbe in zwei Parketagen vorgesehen, was dem Einzelhandel durch die entstehende Höhe zusätzlich stadträumliche Präsenz verleiht.
Die Anlieferung erfolgt von der Gutenbergstraße im Gebäude integriert, um eine zusätzliche Schallquelle zu vermeiden.

Grundsätzlich ist der Realisierungsteil in drei Bauabschnitten teilbar, die jeder für sich ein abgeschlossenes gut funktionierendes Wohnquartier ergeben. Dasselbe gilt auch für den Fall, wenn der Ideenteil nicht umgesetzt werden kann.

Öffentliches Grün

Die öffentlichen Grünflächen erweitern die bestehenden Freiraumstrukturen des angrenzenden Wohngebiets. Spielplätze, Spiel- und Liegewiesen dienen sowohl der wohnungsnahen Erholung sowie als quartiersbezogenes Freiraumangebot. Der Schleiferbach wird im erweiterten Bauabschnitt verlegt und aufgewertet. Der Bach führt nicht ständig Wasser, der Bereich soll durch die leichte Modellierung der Böschungen im trockenen Zustand nutzbar bleiben und dennoch im Hochwasserfall den notwendigen Wasseranstau ermöglichen. Die grünen Höfe verzahnen sich über Öffnungen in der Bebauung mit den Öffentlichen Grünflächen. Rückzugsräume sowie Treffpunkte werden über Pflanzungen und die gezielten Wegeführung gestaltet.

Privatgärten

Auf den Wohnungen zugeordnete, private Gärten wird zugunsten einer durchgängigen Offenheit und gut nutzbarer Freiflächen für alle Einwohner verzichtet. Die Wohnungen im Erdgeschoss erhalten analog zu den Etagenwohnungen Loggien und Balkone mit geschützter Lage im Hochparterre. Zwischen Angerstraße und Bahnflächen kann individuelle Gartennutzung für interessierte Anwohner angeboten werden.

Erschließung

Das vorgeschlagene Netz von Fuß- und Radwegeverbindungen durch das neue Wohngebiet schließt an das bestehende und zum Teil neu im Rahmen der Bauleitplanung vorgesehene Wegesystem an. Als optionaler Vorschlag ist eine Fußwegeverbindung zur Fliederstraße vorgesehen, damit die dortigen Anwohner ebenfalls von der Freiflächenaufwertung profitieren können. Bereits im ersten Bauabschnitt wäre ein Fußweg über den bestehenden Parkplatz des Einzelhandels hinweg zur Gutenbergstraße im Verlauf der späteren Grünverbindung wünschenswert und erscheint mit geringem Aufwand realisierbar. Die übergeordnete Fuß- und Radwegeverbindung über die Gleise hinweg wird als Unterführung mit Rampen und Aufzügen vorgeschlagen. Mit der Anordnung der Bushaltestellen im Bereich der Verschwenkung Angerstraße wir die optimale Anknüpfung der Nutzer des öffentlichen Nahverkehrs an der Schnittstelle der Fuß- und Radwegesysteme erreicht.
Großzügige Gassen erschließen die neuen Wohnbaukörper von der Angerstraße aus. Pflanzflächen vor den Fassaden und selektive Baumpflanzungen dienen der räumlichen Differenzierung und optischen Integration notwendiger Ausstattung wie beispielsweise Fahrradständern. Die Flächen sind nur im Ausnahmefall für die Befahrung vorgesehen und als erweiterter Freiraumbereich für den zwanglosen Treff vor dem Gebäude oder für gemeinschaftliche Feste und Aktivitäten nutzbar.

Baumbestand

Der Baumbestand wird möglichst erhalten und mit Neupflanzungen vor allem im Bereich des öffentlichen Grüns und entlang der Angerstrasse ergänzt. In den Öffentlichen Grünflächen und den privaten Höfen sind die Bäume parkartig gesetzt, begleitend zur Anger- und Gutenbergstraße werden raumbildende Alleen vorgeschlagen. Die lose Baumstellung im Bereich der Verschwenkung der Angerstraße markiert die Zäsur zwischen gewerblicher Nutzung in südlicher Stadtrandlage und Übergang zur Wohnnutzung.

Angerstraße

Die Angerstraße wird verlegt und beidseitig im Bereich des Planungsgebiets eine Radwegenutzung vorgeschlagen. Die Führung der Radfahrer erfolgt im Planungsgebiet wegen der zu erwartenden Frequentierung mit Fußgängern und Radfahrern vorzugsweise gemeinsam auf den großzügigen Bereichen zwischen Straße und Bebauung, wenn aus verkehrsplanerischer Sicht nicht von einer Führung auf der Fahrbahn ausgegangen werden kann. Dies würdigt den Umstand, dass in der Verlängerung der Angerstraße zur Kernstadt ein getrennter Radweg aufgrund der beengten Situation nicht eingerichtet werden kann.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Bebauungskonzept ist auf den ersten Blick überzeugend – basiert es doch offensichtlich auf einer sehr gründlichen analytischen Erfassung der baulichen und strukturellen Vorgaben, die diesen Ort heute prägen.
Auf die Heterogenität des baulichen Umfelds mit einer prägnanten städtebaulichen Figur zu antworten, ist offensichtlich eine ziemlich erfolgreiche Strategie. Drei Baufelder werden ausgewiesen, die Öffentlich und Privat trennen, die Erschließungsstraßen und Blockinnenbereiche definieren. Das ist städtisch gedacht und klar in der Abgrenzung und Annäherung der unterschiedlichen Qualitäten eines Wohnumfeldes.
Zwei weitere Baufelder arrondieren im 2. Bauabschnitt die stadträumliche Setzung.
Die Verfasser reagieren auf die unmittelbare Nähe zu den Bahngleisen und der Angerstraße mit einer fünfgeschossigen Bebauung. Sie ist schmal und die Wohnungen sind auf beide Seiten hin orientiert, sodass diese straßenseitigen Wohnhäuser auch angemessen auf die Anforderungen des Schallschutzes reagieren können.
Von hier aus entwickelt sich über - relativ schmale – Wohngassen die Bebauung in die Tiefe des Baufeldes. Die Breite der Straße müsste auf die Belichtungsqualität hin überprüft werden, H/2 bringt vermutlich nicht die Qualität in die Gasse, die man sich hier gerne wünscht.
Und dann, Richtung Nordwesten, löst sich die geradlinige Bebauung von dem konventionellen Straßenprofil und mündet in frei komponierte viergeschossige Bauteile, die auf eine schöne Weise den Übergang zu dem öffentlichen Grün herstellen. Das öffentliche Grün an dieser Stelle, als Vermittlung und Abstand zu der bestehenden Einfamilienhausbebauung zu platzieren, ist richtig gut.
In diesem Grün liegt das Fremdgrundstück, dem allerdings ein Baurecht zugeschrieben werden muss. Ein großer Vorzug dieser Arbeit ist, dass sich das öffentliche Grün, das private Grün in den Innenhöfen, die aneigenbaren Gassen, die eigentlich verkehrsberuhigte Straßen sind, eindeutig definiert abbilden.
Die Lage der Kindertagesstätte ist nicht optimal, eine Verlagerung in den südwestlichen Bereich wäre sicher angemessener.
Die Erschließung erfolgt von der Angerstraße. Der prinzipiell klar deklinierte Aufbau der baulichen Entwicklung stößt nur an der Nordostgrenze mit der vollen Höhe an ein Einfamilienhausgebiet. Der Abstand ist mit über 20 Metern sicher nicht zu gering – es ist dieser Maßstabssprung, der die örtliche Entwicklung und Veränderung an dieser Stelle sichtbar werden lässt.
Die genaue Position des Straßenverlauf im Bereich des südlichen Fremdgrundstücks müsste überprüft werden, denn in der vorliegenden Planung schneidet es dort ein – das ist nicht möglich. Vom Grünstreifen an der Bahn, der 20 Meter misst, hat man noch keine genaue Vorstellung, welche Qualität damit erreicht werden kann – vielleicht ein sattes, robustes Grün?
Noch ein Wort zu den „Balkon-Küssen“: eine wirkungsvolle architektonische Geste an einer besonderes heiklen Stelle – !
Zum Ideenteil ist noch zu vermerken, dass der Nahversorger gut und richtig positioniert ist, verschränkt mit der Parkebene.
Die genaue Führung des Schleiferbaches ist nicht gelöst, eine Kanalisierung soll vermieden werden.
Alles in allem ein sehr guter Beitrag für die hier anstehenden Planungsentscheidungen, der auf städtische Prinzipien und örtliche Qualitäten setzt.
Lageplan Realisierungs- und Ideenteil

Lageplan Realisierungs- und Ideenteil

Skizze Raumkante

Skizze Raumkante

Schwarzplan

Schwarzplan

Ausschnitt Grundriss Erdgeschoss

Ausschnitt Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Regelgeschoss

Grundriss Regelgeschoss

Skizze Vogelperspektive

Skizze Vogelperspektive

Skizze Prismatischer Raum

Skizze Prismatischer Raum