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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2016

Neubau Wirtschaftsingenieurwesen/Materialtechnologie (WIMAT) und Neubau für den Technischen Dienst und das Rechenzentrum der Hochschule Aschaffenburg

Anerkennung

kister scheithauer gross architekten und stadtplaner GmbH

Architektur

LATZ+PARTNER LandschaftsArchitektur Stadtplanung

Landschaftsarchitektur

Bollinger+Grohmann

Tragwerksplanung

Haupt Ingenieurgesellschaft für technische Gebäudeausrüstung mbH

TGA-Fachplanung

Erläuterungstext

Städtebau

Das ehemalige Kasernenareal an der Würzburger Straße mit der Hochschule im südlichen Teil wird durch den Entwurf gefasst und erweitert. Die städte-bauliche Vision einer Campuserweiterung transformiert die linearen Gebäude des Bestands in typologische Bausteine zeitgemäßer Wissenschafts-bauten unter Beibehaltung der Campusidee.
Der Haupteingang an der Flachstraße wird durch den Neubau des TD|RZ gerahmt, welcher zur Adressbildung beiträgt. Die Setzung der Neubauten nehmen die bestehende Ordnung der Bebauung des Areals, durch versetzte Ein- und Durchblicke sowie Durchgänge für Radfahrer und Fußgänger, auf.
Die Erweiterung der Ringstraße weicht bewusst von ihrer Achse ab um größere Baufelder zu schaffen. Die strikte Trennung von Fußweg und Straße wird hier aufgehoben und als Shared Space definiert. Alle Neubauten werden von der Ringstraße erschlossen. Hier befinden sich auch Stellplätze für Fahrrad und Auto in ausreichendem Maße.
Im Zentrum der Campuserweiterung liegt ein grüner Anger mit lockerem Baumbestand als Ergänzung zur Grünanlage im Norden. Vor dem zentral gelegenen Hörsaalgebäude lädt ein kleiner schattiger Platz zum Verweilen ein. Weitere Plätze in den Eingangsbereichen der Gebäude dienen dem Austausch und der Orientierung auf dem Campus.
Die Verlegung des Bessenbacher Weges kann problemlos zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden. Die landschaftliche und stadträumliche Gestalt ermöglichen dies. Die historische Einfassung des Geländes bleibt bestehen und wird nur teilweise perforiert.

Architektur

Die Neubauten WIMAT und TD|RZ nehmen die Materialität der alten Kasernenbebauung mit ihrem Ziegel auf. Durch die Schlemmung der Ziegel wird zwischen den Ziegel- und Putzbauten auf dem Campus vermittelt.
Rücksprünge in den Fensterleibungen beleben die Fassade und geben dem Volumen Tiefe und Profil. Große Glasflächen in den Eingangsbereichen wirken einladend und vermitteln zwischen Innen und Außen.
In beiden Gebäuden befinden sich zwischen Pools und Hörsälen die Selbst-lern- und Gruppenlernzonen in unterschiedlicher Größe. Diese bieten für jeden die passende Lernsituation oder den sozialen Austausch mit Kommilitonen. Die Kompaktheit der Gebäude ermöglicht kurze Wege für Studenten, Professoren und Mitarbeiter.
Durch das einfache Tragwerk lassen sich Ein- und Umbauten zum Beispiel im Bereich der Labore leicht vornehmen. Die Struktur der Gebäude bietet größtmögliches Potenzial für deren Anpassungsfähigkeit um auf veränderte Ansprüche an Forschung und Lehre reagieren zu können.
Das WIMAT und TD|RZ flankieren den Wirtschaftshof und begrenzen dessen Einsehbarkeit vom restlichen Campus. Ein Dach über dem Hof und dessen Begrünung beschränken die Einsicht aus den Gebäuden. Die Lage zwischen den Gebäuden bietet die bestmögliche Erschließung für Anlieferung und Entsorgung.

Energiekonzept

Bei der Erstellung des Energieversorgungskonzeptes wurde besonderes Augenmerk auf die Nutzung versorgungssicherer Anlagentechnik in energiekostensparender Ausführung geachtet. Die beiden Gebäude besitzen dabei nahezu identische Versorgungskonzepte mit gleichartigen Anlagenkomponenten; unterscheiden sich jedoch teilweise in der Anordnung der zentralen Technik.
Im Gebäude TD / Rechenzentrum wird zum Beispiel eine zentrale Kaltwassererzeugung für beide Gebäude installiert. Dies spart nicht nur Investitionskosten sondern senkt auch Betriebs- und Wartungskosten. Ebenso wird die Regenwasseraufbereitungsanlage zentral installiert.
Die Wärmeversorgung der Gebäude wird durch die bereits anliegende Nahwärmeleitung unterhalb der internen Ringstraße realisiert. Die Beheizung der Gebäude erfolgt jeweils über statische Heizflächen mit individueller Raumtemperaturregelung. Für den Kühlfall werden die Heizflächen semizentral mit Verriegelungsfunktion ausgestattet. Die Warmwasserbereitung erfolgt jeweils zentral über Speicher-Lade-Schaltung.
Die Lüftungsversorgung der Gebäude erfolgt zentral über mehrere, nach Nutzungsart getrennte RLT-Anlagen aus den Technikzentralen im KG und DG. Neben der Belüftung von innenliegenden Räumen, der Hörsäle und Beratungsräume werden u.a. auch alle Laborräume mechanisch belüftet.
Die Kälteerzeugung für die Abführung von inneren Wärmelasten erfolgt zentral mittels einer Kaltwassererzeuger-Verbundanlage (hohe Versorgungssicherheit, niedrige Betriebskosten, einfache Erweiterung bzw. Umrüstung möglich) mit Freikühlfunktion.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die innere Ringstraße, die als interne Erschließung des Campus dient, wird bewusst verschwenkt, um eine andere, für den Hochschulbau durchaus ungewöhnliche Gebäudetypologie platzieren zu können. Sowohl WIMAT als auch TD/RZ werden in L‐förmigen Gebäuden organisiert, die über individuelle Vorhöfe erschlossen werden. Diese stellen einen angenehmen Übergang von der Ringstraße zur jeweiligen Eingangshalle dar und haben – auch durch die leichte Anhebung – hohe Aufenthaltsqualität. Die Gebäude der zweiten Baustufe, welche die nachvollziehbare neue Parkwiese im Westen abgrenzen, lassen diese Qualität leider vermissen. Hier sollte der neue Park mit den geplanten Neubauten deutlicher verbunden werden. Die Baumassenverteilung des Realisierungsteils – niedrigere Bauten zur Flachstraße, höhere zur inneren Ringstraße wird positiv beurteilt und schafft in Höhenentwicklung und Materialität einen sehr gelungenen Übergang zur Bestandsbebauung . Die Zufahrtsituation von der Flachstraße also von den Parkplätzen kommend zum Campusareal ist von funktional zwar richtig gelegenen Räumen flankiert (Poststelle, Handwerker etc.), diese stellen aber kein ansprechendes Entree für ankommende Gäste und Studenten dar. Der zwischen den Gebäuden angeordnete Wirtschaftshof ist funktional begründbar und dient auch der Anlieferung der Labore, ist aber in der angebotenen Form vor allem in Hinblick auf notwendige Kurvenradien für LKW nur bedingt befahrbar. Da die Anzahl der Lieferzufahrten gering ist, wird die Qualität des Zugangsbereichs WIMAT kaum beeinträchtigt. Das Gebäude weist innerhalb der L-Form eine interessante innere Struktur auf, die ein fast „wohnliches“ Ambiente suggeriert. Die von oben belichtete Lernlandschaft und das mit einem Atrium versehene 2. OG für die Mitarbeiter des Technischen Dienstes lassen eine hohe Aufenthaltsqualität erwarten. Das Service Deck ist in der Eingangshalle im EG gut positioniert aber geschossig von den studentischen Arbeitsplätzen getrennt. Die Anordnung der gut proportionierten Hörsäle im EG ist gut gelöst, eine problemlos anzubietende Befensterung der Hörsäle wäre aber wünschenswert. Die Positionierung der Labore an der Flachstraße stellt für die Nutzer aufgrund der externen Einsicht nicht die Ideallösung dar, ist aber funktional nachvollziehbar. Die Obergeschosse ermöglichen – analog zu den Räumen im TD-Gebäude – konstruktive(s) Zusammenarbeit(en), speziell im Professorenbereich. Die Gestaltung der geschlemmten Ziegelfassade ist schlüssig aus dem Ort heraus entwickelt, gestalterisch ansprechend, wartungsfreundlich und sensibel detailliert. Der eher unterdurchschnittliche Bruttorauminhalt und die relativ logische konstruktive Struktur lassen in Zusammenhang mit dem angemessenen Energiekonzept eine wirtschaftliche Erstellung erwarten.