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Offener Wettbewerb | 06/2016

Umnutzung der Jägerkaserne und des Busdepots der Stadtwerke Trier

Anerkennung

cba - christian bauer & associés architectes

Stadtplanung / Städtebau

MEURER GENERALPLANER GMBH

Stadtplanung / Städtebau

BGHplan Umweltplanung und Landschaftsarchitektur GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Neue Qualitäten schaffen – Identität stiften

Die gewachsene Stadt orientiert sich an den Grenzen des Talraumes, am Verlauf des Flusses und an den flussbegleitenden Verkehrswegen. Industrialisierung und militärische Nutzung ließen hierin großflächige, umgrenzte Areale entstehen, die den Gebietscharakter bis heute prägen.

So wie erst die Schleifung der Wall- und Befestigungsanlagen in den Städten in vorausgehenden Jahrhunderten Wandel ermöglichte, und hieraus Promenaden, Alleen, Gärten, Gewässer und Grünanlagen entstehen konnten, deren Wert wir heute schätzen, eröffnet der Rückbau der Kasernenmauern ähnliche Chancen. Konversion wird möglich, Stadthistorie bleibt in der Grünstruktur ablesbar.

Das konkrete Wettbewerbsgebiet ist geprägt von heterogenen Nutzungs- und Baustrukturen. Wie für Trier typisch, überlagern sich zudem verschiedene geschichtliche Zeiträume, mit für diesen Abschnitt jeweils unterschiedlichen baulichen Ausprägungen. Gebiete mit römischen Gebäuderesten (Lenus-Mars Tempelanlage) stehen recht unvermittelt neben wertvollen Zeugnissen der frühen Industriekultur (Lokrichthalle), aber auch in direkter, z.T. einschränkender Nachbarschaft zu infrastrukturellen Anlagen der Energieversorgung und des Verkehrs.

Dieses etwas ruppig und ungeordnet wirkende Gepräge, ist wohl das Wesensmerkmal des Stadtteils Trier-West in seiner aktuellen Verfassung. Der ehemalige Arbeitsstandort des Industriezeitalters befindet sich jedoch in einem Wandel. Im weiteren und näheren Umfeld des Wettbewerbsgebiets wurden Planungen angeschoben, die auf eine sukzessive Umwidmung des Stadtteils setzen.

Ein wesentlicher Motor ist hierbei das Thema „Wohnen“.

Die aktuell vorfindlichen Wohnstrukturen des genossenschaftlichen Wohnungsbaus, haben mitunter ebenso zu dem wenig prestigeträchtigen Image des Stadtteils als „Problemviertel“ beigetragen, wie die emissionsträchtigen Industrie-, Energie- und Verkehrsanlagen, welche einem angenehmen Wohnen im Grundsatz nicht zuträglich sind.

Es sind also Lösungen gefragt, die auf eine robuste und vor allem tragfähige Erneuerung des Quartiers setzen. Dabei gilt es die vorhandenen Qualitäten des Standorts zu erkennen und zu stärken und gleichsam die störenden Faktoren auf ein Minimum zu reduzieren.

Unser Ansatz bezieht sich daher zunächst auf den Ort. In diesem Verständnis integrieren wir die vorhandenen, lyrischen Qualitäten der römischen Vergangenheit und die beeindruckende Kulisse des Markusbergs ebenso, wie die zunächst einschränkend wirkenden Restriktionen der Hochspannungsleitungen und der verkehrlichen Anlagen.

Zentraler Aspekt ist hierbei die Setzung eines „Ringparks“ als strukturgebendes Element. Mit seinen differenzierten Anknüpfungspunkten nimmt er Fußwegebeziehungen auf und wirkt als verbindendes Element. Er ist das neue Rückgrat des Quartiers: sein Imageträger. Durch diese ikonografische Setzung wird der heterogenen Struktur des Gesamtgebiets eine neue Mitte und Bedeutung gegeben, welches auch die vitalen Nutzungen eines „gesunden Wohnens“ bildhaft integriert.

Der „Ringpark“ wird zur Adresse!

Anders als ein quer zur Flussachse orientierter Grünzug zwischen Mosel und Talhängen, der als implantierte Zäsur wahrgenommen wird, verbindet der so neu geschaffene öffentliche Freiraum in seiner den Stadtraum verwebenden Funktion bestehende und neue Quartiere. Im Gegensatz zu einer linearen Struktur, bietet der „Ringpark“ optimierte Kontaktflächen für weitmögliche Anknüpfungspunkte und ermöglicht die Einbindung von wertvollem Bestand. Grünverbindungen vernetzen das Quartier mit dem Fluss und mit dem Landschaftsraum.

Der grüne Ring bietet vielfältige Freiraumangebote: Bewegungszonen, Veranstaltungsflächen, Gemeinschaftsgärten, Spielangebote, Rückzugsräume…. Seine Grundstruktur mit Baumhainen, offenen Flächen, Baumreihen und Wegeachsen liefert ein stabiles Gerüst, das in seiner räumlichen Zuordnung Nutzungskonflikte vermeidet und in seiner Einfachheit auf sich ändernde Nutzungsansprüche reagieren kann. Als Relikt der militärischen Nutzung wird die gefaltete Betonwand im Nordwesten erhalten. Sie erhält eine neue Funktion als Bühne und Projektionsfläche (open-air-Kino). Ökologische Funktionen und stadtklimatisch wirksame Faktoren (Wasserrückhaltung, Entsiegelung, Durchlüftung, Beschattung und Begrünung) werden quartierumfassend integriert.

Stufen, Sitzterrassen und eine barrierefreie Rampe überbrücken den Höhensprung hin zum Tempelbezirk und zu den renaturierten Quellwiesen im Irrbachtal. Ein lichter Hain aus Ölweiden markiert räumlich erlebbar den Punkt, an dem die rekonstruierten Fundamente die bedeutende römische Tempelanlage verorten.

Die zukünftige Bebauung auf dem Areal der ehemaligen Jägerkaserne besteht aus zwei Teilen:

a) Dem östlich und nördlich entlang der Eurener Straße sowie der Blücherstrasse umlaufenden Band aus Einzelobjekten, in welche die Bestandsbauten zu einem Maximum integriert sind. Diese tragen überwiegend gewerbliche Nutzungen.

b) Dem vom Ringpark umschlossenen Nukleus aus gegeneinander versetzten und damit räumlich bildhaft wirkenden Quartier aus Stadthäusern und Geschosswohnbauten in vielfältiger Ausprägung.

Die Bauweise besteht überwiegend aus dreigeschossigen Gebäuden, welche durch zurückspringende Aufsätze (Penthouse) des obersten Geschosses eine abwechslungsreiche Modulation der Gebäudesilhouette bewirken. Ziel ist es, hier ein Quartier mit starker Identität als Anker- und Leitpunkt einer neuen Stadtentwicklung zu setzen, an der sich der künftige Quartiersumbau orientieren kann. Die hier vorgeschlagenen Bautypen reichen von konventionellen Lösungen eines standardmäßigen Stadthauses und Mehrfamiliengebäuden hin zu flächensparenden und äußerst kompakten „high density – low rise“ – Typen. Allen Typen gemein sind kostensparende Raumorganisationen mittels einfacher Geometrie und Erschließungen.

Die Mikrostruktur eines Wohnblocks wird durch ein ausgeglichenes Verhältnis der verschiedenen Bautypen bestückt und ermöglicht eine soziale Mischung der Bewohner.

Der ruhende wie auch fließende Verkehr ist extensiv organisiert. So werden überwiegend räumliche Potenziale der neuen Baustruktur genutzt, um Stellplätze dezentral nachzuweisen – eine Vorgehensweise, die auch im Rahmen der Projektumsetzung Vereinfachungen, etwa in der Bodenordnung nach sich zieht. Straßenräume sind als verkehrsberuhigte Bereiche/shared space Bestandteil eines nachbarschaftlich nutzbaren Freiraumes. Der Irrbach findet sich hierin als „Zitat“ und belebendes Element wieder in Form von gefassten Wasserrinnen entsprechend seinem ursprünglichen Verlauf.

Nach Osten ermöglicht eine lang gestreckte Querungshilfe großzügig den Übergang über die Eurener Straße und signalisiert den Übergangspunkt wirksam im Straßenraum. Gefasst von niedrigen Trockenmauern, leitet ein Wiesenband mit leicht bewegter Topografie über zu den „Schienengärten“ am Ausbesserungswerk und weiter zur Bahnunterquerung bis hin zur Mosel. Angesichts der flächenverzehrenden geplanten Verkehrsanlegen erscheint es geboten, Verkehrsfunktionen nochmals zu überdenken hin zu einer einfachen Lösung, die, wie dargestellt, genügend Raum lässt für barrierefreie Wege und ein stadtverbindendes Freiraumgerüst.

An der Überleitung zwischen Eurener Straße und dem ehemaligen SWT-Gelände liegt als Artikulationspunkt ein 3-5-geschossiges Gebäude mit Mischnutzung. Im Erdgeschoss ist eine Fläche für die Nahversorgung in Form eines „Stadtteil-Marktes“ vorstellbar. Grünzugbegleitend sieht das Konzept punktförmige Geschosswohnbauten vor, die durchlässig sind für Bezüge zum Grün ins Quartier hinein. Der Schwerpunkt der Nutzung im Quartier liegt auf dem Wohnen mit sozialer Durchmischung in Form von Reihenhäusern sowie gefördertem Geschosswohnungsbau.

Erschließung

Die Erschließung des westlichen Quartiers bindet an den Tempelweg an in schlüssiger Vernetzung mit der übergeordneten Verkehrsstruktur. Öffentliche Quartierstellplätze sind so am Rande ausgewiesen, dass unnötiger Suchverkehr innerhalb der Wohngebiete entfällt. Die inneren Erschließungsringe sind als verkehrsberuhigte Wohnstraßen konzipiert und ausschließlich den Anwohnern vorbehalten sowie zur notwendigen Ver-/Entsorgung. Direkt von der Eurener Straße aus sind die östlichen Baufelder angebunden.
Fußläufig und für den Radverkehr wird ein flächendeckendes, barrierefreies Wegenetz angeboten mit Anschlüssen an alle wesentlichen Anknüpfungspunkte.

Beurteilung durch das Preisgericht

Leitidee und Alleinstellungsmerkmal des Entwurfes ist ein Ringpark, der eine neue Wohnadresse in Trier-West bildet und den Wandel der Militäranlage zum Wohngebiet ermöglicht. Die städtebauliche Konzeption für die Jägerkaserne besteht aus zwei Teilen, einerseits einem Band entlang der Eurener Straße und Blücherstraße, das die Bestandsgebäude integriert und Neubauten ergänzt. Dieses Band bildet den äußeren Rahmen für den Ringpark, der als öffentlicher Freiraum angeboten wird. Die Entwurfsverfasser benennen das Innere des Parks als „Nukleus“. Dieser Nukleus besteht aus 5, sich in Einzelgebäuden auflösende Blöcken, die sich in gegenseitig versetzt differenzierte MFH und Stadthäuser gliedern. Östlich der Eurener Straße setzt der Entwurf ein 3-5 geschossiges Gebäude als Kontrapunkt zu den repräsentativen Bestandsgebäuden. Dahinter schließt sich auf dem Gelände des Busdepots eine Zeilenstruktur an, die sich wiederum aus unterschiedlichen Mischformen zusammensetzt. Charakteristisch ist die ausgeprägte Durchmischung unterschiedlicher Wohnformen und Gebäudetypen. Der Ringpark ist das Charakteristikum der Freiraumplanung. Er umfasst vielfältige Bewegungszonen, Veranstaltungsflächen, Gemeinschaftsgärten und Rückzugszonen. Geschickt löst der Entwurf die Überwindung des westlichen Hangs unterhalb der Jägerstraße mittels Treppenanlage, sodass Barrierefreiheit gegeben ist. Entlang des Tempelwegs entsteht durch den Erhalt der Baumreihe und die Anordnung der Gebäude eine gelungene raumbegleitende Raumkante. Zu hinterfragen ist allerdings das Wasserband, das funktional Altbestand zur Neubebauung abgrenzt. Es liegt allerdings an einer Stelle, wo de facto eine Höhendifferenz besteht. Es ist zu hinterfragen, ob dieses Wasserband, dazu noch umgeben von Stellflächen, richtig angeordnet ist. Die Erschließung der Jägerkaserne erfolgt über das bestehende Straßennetz. Darüber hinaus wird von der Eurener Straße eine Fuß- und Radwegeverbindung in den Innenbereich geschaffen, sodass der Nukleus verkehrsberuhigt ausschließlich den Anwohnern vorbehalten bleibt. Private Stellplätze werden in den Carports bzw. in die Gebäude integriert geschaffen. Öffentliche Stellplatzanlagen werden am Rande ausgewiesen, so dass unnötiger Suchverkehr vermieden wird. Die Stellplatzanlage entlang des Wasserbandes widerspricht allerdings der im Entwurf in Aussicht gestellten Aufenthaltsqualität. Insgesamt werden aber deutlich zu wenige Stellplätze nachgewiesen. Für den Bereich Busdepot wird zunächst eine Tiefgarage unter dem repräsentativen Block östlich der Eurener Straße geschaffen. Die wirtschaftlichen Kennwerte hinsichtlich des Raumangebotes ist in Ordnung, die Mischung der Wohnformen sehr positiv. Negativ ist der hohe finanzielle und konstruktive Aufwand, der in keinem Verhältnis zu dem eingeschränkten Nutzen des Wasserbandes notwendig ist.