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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2016

Erweiterung Kongresshaus

1. Preis / Zuschlag

Preisgeld: 52.500 EUR

HENCHION REUTER ARCHITEKTEN

Architektur

EiSat GmbH, Engineered Structures

Tragwerksplanung

Ilko Mauruschat

Brandschutzplanung

Katrin Helmbold l ArchitekturModellbau

Modellbau

Bjorn Rolle - Visualisierungen

Visualisierung

Erläuterungstext

Tradition trifft Moderne / Laptop und Lederhose

Nach dem Leitbild „Tradition trifft Moderne“ prägen die folgenden Gedanken den Entwurf für die Erweiterung und Sanierung des Kongresshauses Garmisch-Partenkirchen:
- Moderne Gestaltung unter Berücksichtigung des örtlichen Maßstabs sowie traditioneller Grundstrukturen und Materialien.
- Kongresshaus GAP weiterbauen - Berücksichtigung und Integration der vorhandenen Bausubstanz durch eine behutsame, den Bestand aufwertende Sanierung sowie die Erweiterung ohne auf eine moderne, zeitgenössische, identitätsstiftende sowie einmalige und starke Erscheinung und Räumlichkeit innen wie außen zu verzichten.
- Nachhaltigkeit durch maximalen Erhalt des bestehenden Bauwerks und den Einsatz von umweltverträglichen sowie traditionellen Baumaterialien wie z.B. Holz für die Trag- und Dachkonstruktion des Erweiterungsbaus.
- Einsatz traditioneller und örtlich vorhandener Materialien in hochmoderner Bauweise über den Werkstoff Holz für ein optimiertes Holzfaltdachtragwerk in Elementbauweise.
- Authentizität von Inhalt bzw. Nutzung, Gestalt und Konstruktion.
- Schlüssiges und klares Gesamtkonzept bezüglich der Funktion, Gestaltung und Konstruktion sowie zwischen Bestand und Neubau.

Städtebauliche Einordnung
Für die Erweiterung des Kongresshauses wird ein differenziert gestaffelter Baukörper in Forstsetzung der bestehenden, giebelständigen Fassade nach Osten vorgeschlagen, der sich in seiner formalen Ausprägung maßstäblich und somit selbstverständlich in die bestehende eher heterogene Umgebung einfügt. Die Silhouette der Giebel wird zum repräsentativen Erscheinungsbild und neuen Logo für das Kongresshaus in Garmisch-Partenkirchen. Eine logische Weiterentwicklung der vorhandenen Strukturen.
Der neu geschaffene Vorplatz über der Tiefgarage an der Parkstraße versteht sich als Fortsetzung der Fußgängerzone bzw. des Richard-Strauss-Platzes, fasst das Kongresshaus nach Osten ein und verbindet somit gleichwertig die Eingänge „Richard-Strauss-Saal“ und „Festsaal-Werdenfels“. Neben den 50 Pkw-Stellplätzen kann dieser Platz für Sonderveranstaltung in direkter Verbindung mit dem neuen Panoramafoyer genutzt werden.
Die Zufahrt für Tiefgarage und Anlieferung im Untergeschoss ist von der Parkstrasse aus diskret in der nordöstlichen Grundstücksecke vorgesehen.
Der Ersatzneubau für den Richard-Strauss-Saal im Kurpark wird präzise und mit minimalem Eingriff in den Bestand, in Fortsetzung des Erweiterungsbaus Panoramafoyer entwickelt und errichtet.

Gebäude / Neubau
Über den Erweiterungsbau mit Panoramafoyer erhält das Kongresshaus eine neue, wichtige Fassade und somit ein neues Erscheinungsbild im Straßenraum von Garmisch-Partenkirchen.

Das gesamte Erdgeschoss mit sämtlichen Zugängen, Foyers, Sälen, der Gastronomie etc. sowie dem neuen Platz im Osten vor dem Panoramafoyer liegt auf einem Niveau und ist somit barrierefrei zugänglich.

Das neue Panoramafoyer liegt zwischen dem Foyer Festsaal Werdenfels und dem Foyer Richard-Strauss-Saal. So werden die beiden bestehenden Foyers im EG sowie OG über den Neubau direkt miteinander verbunden. Die beiden an der Nahtstelle eingestellten Treppenhauskerne erhöhen die Flexibilität für die Nutzungsvarianten. Wahlweise und Veranstaltungsabhängig sind, von der offenen Großveranstaltung im ganzen Haus, über eine separate Nutzung des Panoramafoyers als ein Veranstaltungsraum, oder als abgetrennter Veranstaltungsraum in verschiedenen Größen und über die Foyers Werdenfels oder Richard-Strauss-Saal erschlossen, unterschiedlichste Nutzungsvarianten möglich. Unabhängig gibt es dazu einen „Bypass“ zur Erschließung und Verbindung der verschiedenen Erdgeschosszonen und zur Erhöhung der Flexibilität. Das Panoramafoyer ist über eine große Glasfassade mit Blick nach Osten auf den Wank ausgerichtet. Über innenliegende vertikale Lamellen im oberen Fassadenbereich sowie Vorhänge kann eine entsprechende Verdunkelung erfolgen. Die gewünschte Teilung des Multifunktionssaals in zwei kleiner und einen größeren Raum erfolgt über ein flexibles Trennwandsystem, welches in den dafür vorgesehenen Parktaschen verstaut ist. Im Obergeschoss wird an zwei Raumseiten eine Galerie vorgesehen.

Der Verwaltungsbereich von GaPa-Tourismus im Obergeschoss wird über ein eigenes Treppenhaus am Windfang Foyer Richard-Strauss-Saal separat erschlossen bzw. ist auf diese Weise bei Veranstaltungen ein kreuzungsfreier Zugang gewährleistet. Der Konferenzsaal von GaPa-Tourismus liegt im ersten OG über dem neuen Foyer des Richard-Strauss-Saals und wird über eine Treppe aus dem EG-Foyer erreicht, oder aber über das separate Treppenhaus direkt aus dem Windfang Richard-Strauss- Saal. Eine weitere Verbindung führt über die Galerie des Panoramafoyers zu Foyer Festsaal Werdenfels.

Die Erschließung des Restaurants Adlwärth entspricht den Anforderungen mit einem Zugang von Osten über das Richard-Strauss-Foyer, welches gleichzeitig einen Durchgang zum Kurpark bietet.
Küche und Nebenräume werden über eine großzügige, natürlich belichtete und belüftete Anlieferzone im Untergeschoss ver-/entsorgt, welche für den Besucher nicht einsehbar ist. Über den Lichthof werden auch weite Teile der Küche in UG und EG natürlich belichtet und belüftet.

Der große Lastenaufzug zwischen EG und UG liegt ebenfalls an der Lieferzone mit Laderampe im UG. Über diesen werden neben den Lagerräumen unter dem Festsaal die Bühne des Festsaals sowie das Panoramafoyer/ Multifunktionssaal erreicht.
Für den Küchen- und Gastrobetrieb ist ein separater Aufzug im Bestand vorhanden.

Die Tiefgarage über zwei Geschosse wird über eine Zufahrt in der nordöstlichen Grundstücksecke erreicht und bietet 208 Stellplätze mit einem entsprechenden Anteil an Behindertenstellplätzen. Baukonstruktiv wird das zweite Untergeschoss von den Bestandbauten entsprechend abgerückt um aufwendige Gründungsunterfangungen zu sparen.

Gebäude / Bestand
Zu Gunsten einer großzügigen Anbindung des Foyers Festsaal Werdenfels an das neue Panoramafoyer wird die bestehende Treppenanlage, welche ins OG auf die Tribüne etc. sowie ins UG zu den Serviceräumen führt, neben den Windfang nach Süden verlegt.
Die östliche Erdgeschossfassade aus dem Foyer Festsaal Werdenfels auf den neuen Vorplatz wird raumhoch geöffnet, was innen und außen eine erhebliche Aufwertung mit sich bringt. Bezüglich der Nutzung kann hier flexibel von Garderobe bis Bar etc., je nach Veranstaltung angepasst, reagiert werden.

Ersatzneubau Richard-Strauss-Saal
Der Ersatzneubau des Richsrd-Strauss-Saales setzt die Gebäudestruktur des neuen Panorama-Foyers fort. Leicht gedreht zum Bestand ergänzt der neue Saal durch die Ausbildung weiterer Giebel die Ansicht und Dachlandschaft. Die Ausrichtung mit der Bühne im östlichen Abschnitt bietet wieder einen Ausblick in den Kurpark nach Norden. Unter dem Saal werden neben der Zufahrt zur Anlieferung ins UG ähnlich dem Bestand Nebenräume wie WC-Anlagen, Garderoben und auch weitere Konferenzräume angeordnet.

Außenraumgestaltung
Der östliche Vorplatz vor dem Panorama-Foyer bildet eine große flexibel nutzbare Fläche. Der Übergang zur nach Norden leicht abfallenden Parkstraße ist im südlichen Bereich ebenerdig, im mittleren Bereich vermittelt eine Sitzstufe, die im Norden in eine breite Treppenanlage übergeht. Den Abschluß vor der Zufahrt in die Tiefgarage und zur Anlieferung bildet eine bepflanze Böschung.

Für den Normalbetrieb wird der Vorplatz durch flexible Poller in einenn Fußgänger Zugangsbereich vor der Fassade und einen Parkplatz für 50 Pkw gegliedert. Die Parkplatzmarkierungen sind in den Pflasterbelag integriert. Die im übrigen ebene Platzgestaltung ohne feste Elemente ermöglich eine flexible Nutzung für Veranstaltungen im Freien und / oder in direkter Verbindung mit dem Panoramafoyer. Ebenso ist eine Anlieferung für große Liefergüter direkt von außen ins Panoramafoyer möglich.

Konstruktionskonzept
Der Neubau wird in den bereits vorhandenen Komplex nahtlos eingebunden. Dabei werden fünf neue Giebel als Querschiffe an die Bestandsarchitektur angelehnt und gleichzeitig neu und eigenständig akzentuiert. Die Dächer werden als Faltwerk aus Funierschichtholzplatten (z.B. Baubuche Q) als gestalterisch hochwertige und innovative Konstruktion vorgeschlagen. Dabei spannen „gondelförmige Rautenhütchen“ in Verbund mit der Deckschicht der Außenfläche des Daches als Hohlkörper aus verleimten Plattenwerkstoffen in Querrichtung der multifunktionalen Säle. In den Hohlräumen des tragenden Holzquerschnitts können Lüftung und Installation geführt werden. Die maximale Spannweite beträgt bei den hölzernen Faltwerken rund 14 Meter und erreicht damit optimale Abmessung für die vorgefertigte Elementbauweise. An den Bauteilkanten erfolgt die kraftschlüssige Fügung der Flächenelemente über eingeleimte Nagelblechstreifen. Im Bereich der Raumtrennung lagern die Faltwerke auf satteldachförmigen Schweißprofilen in Stahl auf. Diese überspannen die Raumabmessungen dann von bis zu 26 Meter. Es entsteht ein Hallentragwerk, welches flexibel nutzbar ist und nur in den Eckpunkten auf vier Stützen auflagert. Die Dachlandschaft zeigt nach innen eine attraktive gegliederte Oberfläche. Nach außen zeigt sich eine wartungsarme, ruhige Oberfläche in Anlehnung an die Bestandsarchitektur.
Die neuen Säle stehen auf der zweigeschossigen Tiefgarage. Dabei werden die zentralen Auflagerpunkte der Dachkonstruktion bis zur Gründungsebene durchgeführt. Die Umfassungswände und die Sohle als elastisch gebettete Platte werden in WU-Beton hergestellt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser schlagen eine Erweiterung vor, bei der Alt und Neu eine Einheit bildet. Eine Ensembleerweiterung die den Bestand im Sinne eines „Weiterbauens“ schlüssig in angemessenem Maßstab weiterführt. Die moderne, architektonische Sprache und die Konstruktion als moderner Holzbau, entspricht dem Leitbild und den Nachhaltigkeitszielen. Die vorgeschlagenen Aluminiumoberflächen der Fassaden werden jedoch als nicht zwingend angesehen.

Positiv aufgefallen, ist die filigrane Bauweise, die reduzierten Baukörper, die Prägnanz trotz Vielheit und die klare akzentuierte Linienführung.

Die Verbindung der beiden Plätze (neue Vorplatz an der Parkstraße und Richard-Strauss-
Platz) erscheinen sehr besucherfreundlich.

Eine sehr gute Auffindbarkeit und Adressbildung des neuen Eingangs wird durch herausrücken und Drehung aus der gestaffelten Raumkante zum Platz generiert.

Auch der Neubau des Richard Strauss Konzertsaals (Ideenteil) fügt sich (u.a. durch gute Maßstäblichkeit) selbstverständlich ins Ensemble ein und erscheint nicht zu dominant.

Funktionale Anforderungen / Innenraum
Die Raumbildung ist gut durchdacht, lässt eine gute und multifunktionelle Bespielbarkeit erwarten. Die gefaltete Holz-Innenfläche der Veranstaltungsräume innerhalb der Dachlandschaft ermöglicht gute Teilbarkeit / Raumproportionen / Raumzuschnitte bei guter Akustik. Zudem kann die Integration der Haustechnik / Lüftung etc. in den Zwischenraum der inneren und äußeren Raumhülle erfolgen.

Ungeteilt ist das Panoramafoyer als „Festsaal“ geeignet, mit zeitgemäßer repräsentativer Gestaltung durch gestalterische Reduktion, Präzision und die klare Architektursprache. Es ergeben sich gute Erweiterungs- und Kombinationsmöglichkeiten mit temporären Bauten auf der ruhigen Freifläche. Die Zufahrt zur Tiefgarage und die Organisation der Parkierung sind richtig situiert und für die anzunehmenden Nutzungen und Besucherstöme richtig ausgebildet.

Einhaltung planungs- und baurechtlicher Belange
Das Vorhaben fügt sich selbstverständlich in die Umgebung ein und scheint baurechtlich (z.B. Gebäudehöhen, Abstandsflächen etc.) unproblematisch.

Wirtschaftlichkeit / Flächen
Die Arbeit ist ausgewogen, passend im Rahmen der Aufgabenstellung und liegt bei den wesentlichen Aspekten bzgl. der Wirtschaftlichkeit insgesamt im Mittelwert.

Der Neubau eines neuen Konzertsaals (Ideenteil) lässt sich baulich gut (auch im laufenden Betrieb, da nur geringe Berührungspunkte zwischen Alt- und Neubau bestehen) realisieren.

Gesamtwertung
Der Entwurf ist in seinen einzelnen Elementen präzise durchgearbeitet und besticht auch durch die innenräumliche Vorstellung, die z.B. in der Innenraumperspektive die gelungene Verbindung zwischen Innen und Außen (Panorama) bestechend visualisiert. Bei einer Realisierung sollte die Außenwahrnehmung / Auftritt des Neubaus noch signifikanter akzentuiert werden durch die Ausbildung der Horizontalen und eines Schriftzuges.

Auch beim gefalteten Innenraum sieht das Preisgericht das potential, dessen Aussenwahrnehmung zu steigern. Funktional sollte die Galerie abtrennbar sein (Schallschutz bei getrennten Räumen) und die Integration der Haustechnik (Bodentanks, Hängepunkte etc.) sehr sorgfältig erfolgen, um die einfache und klare Gestaltung nicht zu stören.

Insgesamt eine zukunftsweisende und nachhaltige Arbeit, die trotz oder gerade wegen der Berücksichtigung des örtlichen Maßstabs, einfacher Materialien und Konstruktionen die Verknüpfung von Tradition und Moderne gelingt.