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Wettbewerb für Studenten und junge Absolventen (nur für Studenten) | 04/2016

6. Bülau-Wettbewerb | Neugestaltung und Arrondierung der Hafenkante westlich des Alten Elbtunnels in Hamburg Mitte

Schöne Aussicht – Neue Hafenkante St. Pauli

Preis

Preisgeld: 2.667 EUR

Lucas Hövelmann

Student*in Landschaftsarchitektur

Joana Carvalho

Landschaftsarchitektur

Lars Schöberl

Student*in Landschaftsarchitektur

Richard Roßner

Student*in Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Schöne Aussicht - Neue Hafenkante St. Pauli

In unmittelbarer Innenstadtnähe, im Stadtteil St. Pauli, befinden sich die Landungsbrücken mit ihrem denkmalgeschützem Ensemble. Zu beiden Seiten des alten Elbtunnels liegen heute, dominiert und zerschnitten von Verkehrsflächen, Orte, die dem historischen Wert des Hamburger Hafens und dem Wahrzeichen der Landungsbrücken nicht gerecht werden.
Vor allem freiräumlich sind die potenziellen Qualitäten durch Verbauung, überlagernde Infrastrukturreste und städtebauliches Stückwerk in ihrer Erlebbarkeit stark eingeschränkt und unbefriedigend verborgen.
Ziel des Entwurfes ist es daher, die Verbindung der Elbuferpromenade vom Hamburger Oberhafen bis zum Fischmarkt in einer spannungsvollen Sequenz zweier Plätze zu ermöglichen. Unter Berücksichtigung der verkehrsräumlich vielschichtigen Abläufe gilt es durch eine Neuordnung und Neugestaltung die Identität des Ortes zu schärfen, Aufenthaltsqualität zu schaffen und die freiräumlichen Bezüge zur Hafenkante besser zu vernetzen. Begeh- und erlebbar, zum Genießen und zum Flanieren, sieht der Entwurf die St. Pauli Landungsbrücken für Hamburger und Touristen als repräsentativen Teil des Stadtbildes. Von Stadt- und Wasserseite aus schließt sich das Bild mit beruhigender Geste und entwickelt sich an der Kette des Hamburger Hafenrandes zu einer Perle, die sich unter Wahrung der historisch eindrucksvollen Substanz mit den Ansprüchen der heutigen Zeit harmonisch zusammenfügen.

AHOI
Gerahmt vom altem Elbtunnel und dem ehemaligen Empfangs- und Abfertigungsgebäude der Landungsbrücken, bietet der Ort unterhalb der „Stadtkrone“ eine eindrucksvoll städtische Bühne. Heute von Verkehrschaos geprägt, haben Rundfahrt- und Touristenbusse, Taxen und erheblicher Individualverkehr in ihrer Präsenz immer mehr von diesem Bild verschwinden lassen und den Ort komplett eingenommen. Hier sieht der Entwurf die Neuordnung der Verkehrssituation und den grundsätzlichen Wandel zu einem großzügig offenem, multifunktionalen und repräsentativen Platz vor. Dabei gilt es vor allem den Konfliktraum der verschiedenen Teilnehmer aufzulösen und dem Platz seinen Wert als Tor zur Stadt wiederzugeben.

Anknüpfend an die Elbuferpromenade östlich, verlängert sich der Fußgängerbereich umlaufend um das ehemalige Empfangs- und Abfertigungsgebäude und öffnet sich nach Norden in Richtung Stadt.
Neben Vorfahrtmöglichkeiten für Taxen, Wende und drop-off Gelegenheiten für Touristenbusse, wird die Durchquerung zur Tunneleinfahrt bestehen bleiben. Durch einen als “shared space“ funktionierenden Raum wird die Nutzungsüberlagerung durch Fußgänger und motorisierten Verkehr im nördlichen Bereich gleichberechtigt gestellt und fordert zu gegenseitiger Rücksicht und Entschleunigung auf; deutlich beruhigen wird sich der Ort durch das Auflösen der Stellplätze. Die neu errichtete Tiefgarage im westlichen Bereich des Planungsgebietes und der große Parkplatz in Richtung Fischmarkt dienen hierfür als Alternative. Für die auf Mitfahrer wartenden Sight- seeingbusse sind Stellplätze östlich des Pegelturms, entlang der Straße vorhanden.

Durch die Reduzierung und Beruhigung des motorisierten Verkehrs, ohne diesen gänzlich auszuschließen, bietet der Ort zukünftig vielfältige freie Bewegungsmöglichkeiten für den Hauptakteur Fußgänger. Barrierefrei, multifunktional offen und hochwertig robust gibt der Ort nun geeigneter die Möglichkeit für Veranstaltungen, wie den alljährlich stattfindenden Hafengeburtstag. Der Wiedereinbau des gesägten Bestands-Großsteinpflasters veredelt den Platz ohne seine historischen Flair zu verlieren; vor dieser denkmalgeschützten Silhouette sieht die Neugestaltung ein belebtes Wasserspiel mit Fontänen vor. Akzentuiert von Bänken bildet sich ein urbaner Platz, der zum Beobachten, Bespielen und Zeit verbringen einlädt und dabei immer die Beziehung zum rahmenden Geesthang im
678208 Blick behält. Die Durchwegungsmöglichkeiten zu den Landungsbrücken bleiben uneingeschränkt frei und inszenieren den Wandel zwischen wasserzu- und abgewandter Seite.

MOIN
Die Erlebbarkeit des Raumes westlich des Elbtunnels ist momentan aufgrund des hohen Verkehrsaufkommen und des großen Geländeversprungs von der Hafenstraße bis zur Wasserkante ist kaum möglich. Allein ein schmaler Weg, ohne Promendenanschluss, zwischen Hochwasserschutzmauer und Uferkante gibt die Möglichkeit der verkehrsfreien Bewegung. Der Rückbau der alten Parkpalette bietet die Gelegenheit der grundlegenden Neuordnung und Neuausrichtung des Ortes zu einem attraktiv grünen Aufenthaltsort mit neuer Identität. Auf der Platzfläche wird auf den motorisierten Verkehr verzichtet, um den aktuell unterrepräsentierten Freiraumbezug zwischen Fischmarkt und den Landungsbrücken herzustellen.

Um die Barrierewirkung der nachträglich ergänzten Hochwasserschutzeinrichtungen und die aktuell vorherrschende Talsituation Richtung Hafenstraße aufzulösen, sieht der Entwurf die Anhebung des Geländes auf die Höhe der heutigen Schutzmauer vor (7,80m). Wasserseitig, akzentuiert durch sonnige Sitzstufen, ist der Ort über sanft ansteigende Rampen auch barrierefrei erlebbar. Durch die Geländeerhöhung verringert sich zugleich der trennende Versprung in Richtung Davidtreppe und Hafenstraße sowie dem angrenzenden Stadtraum, der durch die Gebäudeneusetzung und Integration von drei breiten Treppenanlagen angenehm verbunden wird. Unter Berücksichtigung des westlichen, zu erhaltenden Gebäudes, gliedert die neue Architektur konsequent und bleibt dennoch durchlässig. Als zeitgemäße Interpretation tradierter Bauweise, stehen sie mit ihrer schlanken Form - zurückhaltend in Zeile gesetzt - zum Patz gewandt. Zur Uferseite hin öffnen sich große Glasfronten, die eine attraktive Lage für Restaurants bieten und eine vielfältig durchmischte Nutzung auch für den Außenraum ermöglichen. Die aktuell auf dem Parkdeck gelegenen Beachclubs finden auf den westlich angelagerten Flächen ihren neuen Standort. Durch ein gebäudegebundenes Konzept ohne Einzäunung der Freiflächen bleibt dieses Areal der Öffentlichkeit ohne Einschränkungen gänzlich erhalten.
Als neuer urbaner Stadtraum bietet der Ort in seiner grünen, außergewöhnlichen Erscheinung neue Aufenthaltsqualitäten; große, ebene Rasenflächen laden zum Bleiben, Sonne genießen, zu sportlichen Aktivitäten und zur freien Aneignung ein. Locker stehende Bäume spenden an heißen Sommertagen Schatten und intensivieren den durchlaufenden Grünraum als Anschluss an die bestehende Promenade zum Fischmarkt. In den angrenzenden Flächen aus wassergebundener Wegedecke können die Besucher – einzeln oder in Gruppen - mit dem mobilen Mobiliar ihren Lieblingsplatz finden.
Wasserzugewandt sieht der Entwurf eine Abtreppung zum bestehenden Weg an der Uferkante vor; in einem durchlaufenden Band aus Sitz- und Gehstufen bildet sie zugleich Sitzmöglichkeit und neue Hochwasserschutzkante. Als Besonderheit befindet sich im Bereich von Brücke Neun, eine Aufweitung als Balkon zur Elbe.
Am “Alten Elbtunnel“ macht der neue Geländeverlauf die bestehende Hochwasserschutzmauer wieder sichtbar und wahrt dabei gegenüber dem historisch wertvollen Gebäude einen respektvollen Abstand. Durch den Wechsel des Bodenmaterials wird an dieser Stelle der Übergang zwischen den zwei unterschiedlichen Bereichen erfahrbar: Der stadt- und der uferzugewandten Seite.

“Moin“ und “Ahoi“ - Sinnbild der Gegensätze, die sich dennoch anziehen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf besticht durch seine einfache, klare städtebauliche Konzeption: Zwei Plätze - der eine offen zur Stadt, der andere zur Elbe - inszenieren den Abschnitt der Elbuferpromenade zwischen Fischmarkt und Helgoländer Allee als neuen, urbanen Stadtraum und rücken das denkmalgeschützte Ensemble von Elbtunnel und Landungsbrücken in den Mittelpunkt. Die bestehende Bebauung entlang der Kaikante erhält ein Pendant südlich der Hafenstraße am Fuß des Geesthanges. Dabei werden Sichtbezüge und Vernetzung berücksichtigt. Die Ausgestaltung der neuen Baukörper scheint dagegen eher historisierend und dem Ort weniger angemessen.

Durch die verkehrliche Neuordnung des Areals entstehen vielfältig nutzbare Freiräume mit einer hohen Aufenthaltsqualität. So schafft die Verlagerung der Stellplätze vor den Landungsbrücken Raum für eine Inszenierung des Ankommens und Verweilens. Dabei bleibt die Zufahrt zum Alten Elbtunnel erhalten und dient gleichzeitig zur Erschließung der neuen Tiefgarage.

Im Westen, zwischen Elbtunnel und Pumpwerk, ermöglicht die Aufgabe der Parkpalette und Anhebung der Fläche auf Flutschutzniveau eine weite Aussicht über die Anlegestege hinweg auf die Elbe. Es entsteht eine hochwertige, jedermann zugängliche bespielbare Fläche als „Bühne am Wasser“, die sowohl den Besuchern der Stadt als auch für die Bewohner von St. Pauli zur Verfügung steht.
Zusammen mit einem Band aus Sitz- und Gehstufen entlang der Fußgängerpromenade wird so die neue Hafenkante des Stadtteils ausformuliert.

Durch die überwiegend grün gestalteten Platzflächen werden unterschiedliche Atmosphären und Aneignungsorte geschaffen, wenngleich das Ausmaß der Bepflanzung sowohl in Bezug auf den maritimen Charakter als auch in Beziehung zum Geesthang durchaus kritisch gesehen wird.

Mit der Niveauanhebung des Geländes ist der Hochwasserschutz gegeben und durch die Abtreppung am Rand seine Barrierewirkung aufgehoben. In Teilen sind jedoch Anpassungen an vorhandene Flutschutzeinrichtungen und die aktuelle Höhe von 8,30 m erforderlich.

Die Durchgängigkeit von Ost nach West entlang der Elbe ist durch die Uferpromenade und den Uferweg vor dem Landungsbrückenbauwerk gewährleistet. Der Elberadweg wird durchgängig entlang der Hafenstraße geführt.

Die hochbaulichen Potenziale werden nicht weiter ausformuliert, Aussagen zu Erschließung bleiben vage. Insgesamt ist die Arbeit jedoch im Zusammenspiel von Freiraum und städtebaulicher Anmutung ein überzeugender Beitrag zur Lösung der Aufgabe.
Plan 1

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Plan 2

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Plan 3

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Plan 4

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