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Verkaufsverfahren für Grundstücke im Konzeptwettbewerb | 09/2015

Quartiershäuser 2015, Leben am Helmut-Zilk-Park

Perspektive

Perspektive

Ein lässiger Typ in einer lässigen Gegend

Sieger / Grundst. C.17.A

StudioVlayStreeruwitz ZT-GMBH

Architektur

idealice Landschaftsarchitektur ZT

Landschaftsarchitektur

wohnbund:consult

sonstige Fachplanung

Schraubenfabrik

sonstige Fachplanung

HEIMBAU Gemeinnützige Bau-, Wohnungs- und Siedlungsgenossenschaft

Private Bauherren

Erläuterungstext

Zuallererst: es handelt sich um ein LÄSSIGES HAUS. Auf den ersten Blick ganz normal, jedoch vollkommen durchwachsen mit Außergewöhnlichem. Das Understatement seiner Erscheinung entwirft eine „Auf-den-ersten-Blick-Normalität“, die dann durch kleinere und größere Vorkommnisse wiederholt aufgehoben wird: die kleinen Fische, das doppelte Erdgeschoss (EG und OG4) mit seinen Arkadenschleifen, die ausgelassene Balkonpasserelle, die spanische Loggia und der adoleszent-verpflanzte Quartiersbaum sind sichtbare Zeichen für eine tiefgehende Andersartigkeit der gesamten Struktur, noch bevor wir den Komplex der Nutzungen bemühen müssen.

DAS ABC DES QUARTIERSHAUSES
Qualität der Nutzungsplanung, Nutzerinnenvielfalt, Prozessqualität und Realisierbarkeit werden durch das ABC des Quartiershauses garantiert.

A. RAUMKONZEPT – DIE SUGGESTIVE STRUKTUR DER PLATEAUS

Plateaus statt Zimmer prägen die erste Begegnung mit dem Raum: Raumschichten mit einer lichten Höhe von 282cm schaffen einen erweiterten Horizont für unterschiedliche Formen der Raumaneignung: Wände und Zimmer sind nicht mehr Pflicht, sondern Kür. Der Stützraster mit Kern und das Ringleitungssystem mit Zentralschacht sind die konstruktive und haustechnische Konsequenz des Plateaukonzepts. Zwei Lichtachsendichten animieren die Aneignungsspielräume und wirken subtil auf Charakter und Erscheinung der Fassade im Stadtraum ein:

A. STRUKTUR + B. KULTIVIERUNG + C. NAVIGATION
Die zentrale Idee der Nutzungsplanung geht aus deren Lässigkeit des Hauses hervor: das ABC, ein Hybrid aus Architektur und Betreiberkultur, generiert über die Jahrzehnte hinweg dauerhafte Nutzungsvielfalt. Anstatt einen konkreten Nutzungsmix festzulegen, schafft das ABC die Bedingungen für sein permanentes Entstehen: ein Zusammenspiel aus suggestiver Raumstruktur (A), differenzierter Raumkultivierung (B) und ingeniöser Raumnavigation (C).

SOCKEL (OG1-OG3) L-TYP
niedriger Oberflächen/Volums-Quotient,
Nähe zum Stadtboden:
>> erhöhte Lichtachsendichte mit Mittelwand:
> erhöht den Kontakt zum Licht und zum Straßenraum
> begünstigt Spielräume bei höheren Bespielungsdichten
>> optionale Mittelwand erlaubt konfliktfreie Koexistenz
von Wohnen und Arbeiten
>> Balkonpasserelle verbindet OG1-OG3 mit den Arkaden des Erdgeschosses und der Dachterrasse (OG4) und schafft zusätzliche Verbindungen mit Aufenthaltsqualität

TURM (OG5-OG9) PUNKT-TYP
höherer Oberflächen/Volums-Quotient,
hoch über dem Stadtboden:
> diskreter Kontakt mit Ausblick
> begünstigt nutzungsoffene, großzügige Räume

FUGE IM OG4
Gründach mit transparenter Fugennutzung
zwischen Sockel und Turm
>> zweites Erdgeschoss des Hauses mit Obstwiese und umlaufender Arkade
>> attraktive Verschränkung der Fugengeschossflächen mit den Freiräumen
>> Gartensalon an der Obstwiese
>> Salongemeinschaft/WG an der Arkadenterrasse

B. RAUMKULTIVIERUNG – 3 PAKETE FÜR UNTERSCHIEDLICHE ALLTAGSWELTEN

Drei „Kulturen“ der Raumorganisation werden für die Besiedelung der Plateaus angeboten:

Das Zusammenspiel von Raumstruktur (A) und Aneignungsmöglichkeiten (B) orchestriert souverän die Übergänge von privaten, gemeinschaftlichen und öffentlichen Bereichen: von klassischer Diskretion (Kernstiegenhaus mit privaten Einheiten) bis zu mehrgeschoßigen Kooperativen (Arbeitslofts am Shared Space der Balkonpasserelle von OG1 bis OG3), die jederzeit durch die Redundanz der Erschließung (Kern/Mittelgang) und die Intelligenz der Haustechnik (Ringleitung) auseinander dividiert werden können (Spielräume in der Nachnutzung).

C. RAUMNAVIGATION – INSPIRATIVE VERGABE UND BEGLEITUNG

ORGANISATIONSFORM VEREIN FÜR KOMMUNALE INTELLIGENZ

Als Entwicklungsmotor wird der „Verein für kommunale Intelligenz“ gegründet, der auf ingeniöse Weise den nutzertragenen Besiedelungsprozess in Abstimmung mit Bauträger navigiert. Er trägt den Gesamtprozess von der ersten Veröffentlichung des Projektes über die Findung und Vernetzung von NutzerInnen bis zum Alltagsbetrieb. Vereinsgründer sind das Büro wohnbund:consult* und der Co-Working-Space Schraubenfabrik**.

KLEINE FISCHE GROßE NETZE

Angesprochen werden lokale, kleine Gewerbetreibende (EPU, KMU) aus der Kreativwirtschaft sowie engagierte Betreiber als Entwickler und Organisatoren der gewerblichen Bereiche. An ihren Bedürfnissen und Nutzungsinteressen orientiert sich der Prozess des Entwickelns und der Konfiguration des gewerblichen Angebots sowie geeigneter Organisationsstrukturen, die auch die Bandbreite der Wohnmodelle erweitern können.

* wohnbund:consult ist ein unabhängiges Büro für nachhaltige Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen. Das Büro ist Mitglied im europaweit tätigen Wohnbund-Netzwerk. Das Team von wohnbund:consult plant und begleitet seit vielen Jahren wohnpolitische Initiativen, innovative Wohnprojekte und städtische Entwicklungsprozesse mit Fachwissen und großem Engagement.
www.wohnbund.at

** Die Schraubenfabrik war der erste Co-Working Space in Wien, gegründet 2002 in den Räumen einer leerstehenden Hinterhof-Fabrik im 2.Bezirk. Die Initiatoren der Schraubenfabrik haben mittlerweile als „leitner-sidl & pöll OG“ zwei weitere Co-Working Spaces in Wien aufgebaut, Rochuspark und Hutfabrik. Das spezifische unternehmerische Know-How und soziale Gespür schafft die Bedingungen Co-Working für eine kollekivere Organisation des Alltags. Die Idee einer kommunalen Intelligenz soll darüber hinaus auch in Bereiche der Pädagogik und der Stadtplanung reichen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Auch dieses Projekt hat einen großen Sprung in Konzept und Ausformulierung gemacht, es wirkt sehr spielerisch und poetisch mit einem herausragenden, konzeptiven Ansatz. Das Gebäude ist stark gegliedert durch die klare Höhendifferenzierung und den zusätzlichen Bruch/ Gliederung in der Höhenentwicklung. Die schmalen, kleinen Balkone werden ähnlich gründerzeitlichen oder mediterranen Klopfbalkonen gelesen, die in der Masse der Putzfassade individuell nach außen treten. Diese Individualität könnte sogar noch verstärkt werden. Die dunkle Fassade sollte vor allem hinsichtlich des prominenten Standortes zugunsten einer helleren, lebhafteren Farbe jedenfalls überdacht werden; insbesondere in mikroklimatischer Hinsicht wird die Farbwahl als sehr problematisch gesehen. Die Hofgestaltung mit dem großen Baum und die „Obstwiese“ im OG4 sind herausragende Elemente der Freiraumgestaltung. Das Wohnungsangebot umfasst etwa ein Viertel Mietwohnungen nach WGG, was sehr positiv gesehen wird. Die Abstimmung mit den Nachbarn wird positiv gewertet. Das Projekt besticht vor allem durch sein starkes Betreiberkonzept mit der Vereinsgründung als herausragendem Element, die Prozessdarstellung ist exemplarisch. Es sollte geprüft werden, ob der Verein auch über das Gebäude hinaus eine Funktion fürs Quartier übernehmen könnte, um beispielsweise mit Leerständen zu arbeiten. Die dahinter stehenden AkteurInnen wecken Vertrauen in die Realisierung. Die kleinen Gewerbebausteine im Erdgeschoß sind auch in der Zusammenschau ein herausragendes Spezifikum, das ein positives Bild für das Stadtviertel abgeben kann, werden aber kontrovers diskutiert. Vor allem die Frage der Situierung an genau diesem Ort und die Öffentlichkeits-Orientierung des Konzeptes Kleingewerbe werden intensiv diskutiert: Es könnte ebenso gut ein Modell für einen Umgang mit Leerstand im angrenzenden Bestand sein, die Übertragung auf Neubau erscheint fraglich („konstruierte Nischen“). Die Möglichkeit der Zusammenlegung der sehr kleinen Einheiten oder deren Flexibilität sollte geprüft werden. Eine Belebung an Wochenenden scheint jedenfalls gegeben, wünschenswert wären auch öffentlichkeitswirksame Nutzungen, die einen Beitrag zur Nutzung als Eintritt ins Quartier leisten können. Die Umsetzung des Projektes soll dem Grätzel Mut zum Experiment geben und das Angebot machen, an den hier initiierten Prozessen mitzuwirken und so Lebendigkeit in den Stadtteil zu bringen.
Raumkonzept

Raumkonzept

Besiedelungsmodell

Besiedelungsmodell

EG Stadtloggia, MikropilotInnen und Quartiersbaum

EG Stadtloggia, MikropilotInnen und Quartiersbaum

EG MikropilotInnen

EG MikropilotInnen

OG1 Co-Working

OG1 Co-Working

OG 2-3 Wohnen und Arbeiten

OG 2-3 Wohnen und Arbeiten

OG 4 - Fugengeschoß

OG 4 - Fugengeschoß

OG 5-9 Turm

OG 5-9 Turm