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Offener Wettbewerb | 05/2016

Bezirksgebäude Meilen - Erweiterung Bezirksgericht

Friedberg

1. Rang / 1. Preis / (nach Bereinigungsstufe)

Preisgeld: 45.000 CHF

raumfindung architekten gmbh

Architektur

wlw Bauingenieure AG

Bauingenieurwesen

hps energieconsulting ag

TGA-Fachplanung

graber allemann landschaftsarchitektur gmbh

Landschaftsarchitektur

PIRMIN JUNG

Bauphysik

Erläuterungstext

Friedberg

Der dreigeschossige Baukörper bildet die neue Adresse für die publikumsintensiven Gerichts- und Verhandlungssäle und bietet dem Bezirksgericht Meilen sowie den angrenzenden Justizeinrichtungen die Möglichkeit zu einer späteren Erweiterung ihrer Anlagen. Dem Baukörper haftet dank seiner Positionierung sowie der leicht erhöhten Stellung eine regionale Strahlkraft an.

Architektonischer Ausdruck und Identität
Der Projektvorschlag ist eine Vision für ein langlebiges und zeitloses Gerichtsgebäude, welches sowohl die Leitsätze des Bezirksgerichtes Meilen ausstrahlt, wie auch den Bedürfnissen der Mitarbeitenden, Parteien und Publikum gerecht wird. Das neue Bezirksgericht ruht solide und souverän auf der Geländeterrasse entlang der Unteren Bruech Strasse. Die präzise Setzung und die situativen Rücksprünge nehmen Bezug und Rücksicht auf die Nachbarschaft. Die Gestik der allseitig orientierten Fassaden verleiht dem Bezirksgericht einen identitätsstiftenden architektonischen Ausdruck. Die Weichheit und Farbigkeit der gewählten Fassadenmaterialisierung verleihen dem Bau eine zurückhaltende und zeitlose Ausstrahlung.

Raumfolge und Orientierung der Besucher
Über den einladend gestalteten Zugang betritt der Besucher das Bezirksgericht, wo er sich am Empfang anmelden und bei Bedarf auf den Einlass warten kann. Die hochfrequentierten Räume befinden sich direkt in Eingangsnähe im Erdgeschoss: Der grosse Saal mit Wartebereich, die Kasse mit Diskretschalter und die Besuchertoiletten. Über eine mit Tageslicht beleuchtete Treppe gelangen Publikum und Parteien in die oberen beiden Geschosse, wo sich die übrigen Gerichtssäle, sowie die weiteren Sitzungszimmer befinden. Über die zentrale Erschliessung werden die Besucher auf kurzen Wegen zum zugewiesenen Gerichtssaal geleitet. Jeder Saal verfügt über einen hellen und angemessen dimensionierten Wartebereich mit Ausblick sowie ein dazugehöriges Sitzungszimmer. Die Erschliessungszonen sind nischenartig gegliedert und formen die Wartebereiche als Rückzugsmöglichkeiten für Parteien und Publikum.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt Friedberg organisiert seine Nutzungen in einem kompakten, dreigeschossigen Baukörper, der zunächst an einen Würfel erinnert. Mittels äusserst diffe- renzierter Volumengliederung reagiert dieser aber auf seine Nachbarschaft, indem er einerseits teilweise deren Fluchten aufnimmt, und andererseits durch die Kompositionen von ineinander verschränkten kleineren Quadern, wie sie in ihren Ausmassen und Proportionen quartiertypisch sind. Die Kompaktheit und die geschickte Situierung im Südwesten der Parzelle schafft die Fläche für einen attraktiven Aussenraum – aufgespannt zwischen den Zugängen zum Bestandesbau sowie zur Gerichtserweiterung. Dabei werden Passanten bzw. Nutzer des Gerichts auf eine elegante und selbstverständliche Art entlang dem Gebäude bis zum Eingang geführt und gelenkt. Der Baukörper schafft sehr selbstverständlich eine neue Adresse und den neuen Schwerpunkt für die gesamte Bezirksanlage. Die Eingangssituation wird als freundliche Einladungsgeste wahrgenommen. Das Zusammenspiel von Windfang, Empfang, Wartebereich und Schleuse entsprach in der Wettbewerbsstufe nicht vollständig den Anforderungen. In der Überarbeitung ist der Empfangsbereich im Erdgeschoss umorganisiert worden und nun betrieblich besser nutzbar. Die Platzverhältnisse im Zugangsbereich sollen in der weiteren Projektierung noch optimiert werden. Die hochfrequentierten Räume befinden sich im Erdgeschoss. Der zuvor knapp bemessene Wartebereich vor dem grossen Gerichtssaal ist in der Überarbeitung vergrössert worden. Nicht durch Spektakel oder eine unangemessene Materialisierung, sondern durch eine ausserordentliche Raumhöhe erlangt der grosse Gerichtssaal seine Würde. Durch geschickte Integration eines niedrigen Technik-Zwischengeschosses wird der räumlichen Oekonomie Rechnung getragen. Die Raumdisposition in den oberen Geschossen besticht durch die konsequente Zuordnung der Wartezonen vor den Sälen, den Verhandlungs- und den Besprechungszimmern. Insbesondere durch seine poetische und hierarchisch korrekte Abfolge von Räumen, durch das gekonnte Wechselspiel von Dichte und Öffnung und das Erkennen der Bedeutung von Rückzugsräumen in Form der Wartebereiche und Besprechungszonen vermag der Projektvorschlag gelassen und selbstbewusst zu überzeugen. Die brandschutztechnischen Anforderungen sind noch nicht in allen Teilbereichen gelöst und sind in der weiteren Projektierung entsprechend zu bearbeiten. Die Fassadengestaltung erfüllt mit ihrer Materialität und der allseitigen Orientierung den Anspruch an ein öffentliches Gebäude, welches mit seiner Funktion als Bezirksgericht und somit als Repräsentant der staatlichen Rechtssprechung zusätzlich die anspruchsvolle Gratwanderung zwischen würdevollem und selbstbewusstem Auftritt einerseits und demokratischer Bescheidenheit andererseits bestehen soll. Die Projektverfasser haben sich allen wesentlichen Aspekten der Statik, der Gebäudetechnik, der Konstruktion und der Nachhaltigkeit mit einer grossen Ernsthaftigkeit gestellt und intelligente Lösungsansätze entwickelt. Der kompakte Baukörper lässt im Kostenvergleich eher unterdurchschnittliche Investitionskosten erwarten. Die Graue Energie des Neubaus ist durchschnittlich, was auf die vergleichsweise kompakte Gebäudeform, jedoch aufwändige Bauweise zurückzuführen ist: Die 80cm dicken Aussenwände sind als Verbundmauerwerk mit hinterlüfteter Klinkerschale angedacht. Mit der gewählten Konstruktion, der eher günstigen Gebäudehüllzahl und dem tiefen Fensteranteil sind die Anforderungen nach Minergie-P zu erreichen. Das eingeschobene Zwischengeschoss lässt eine einfache Medienführung zu, die allerdings noch nicht alle Räume erschliesst. Der Projektvorschlag Friedberg zeigt auf, wie den Ansprüchen an ein würdevolles Bezirksgericht auf erstaunlich elegante und atmosphärische Art entsprochen werden kann. Er berücksichtigt die Ansprüche an Repräsentanz ohne in übertriebene Machtdarstellung zu verfallen. Die geschickte Situierung bietet auch die Möglichkeit für eine spätere Erweiterung. Die ausserodentlich präzise und spezifische Umsetzung des Raumprogramms und der funktionstypischen Abläufe gibt dem Projektvorschlag den Charakter eines Massanzuges: Alles sitzt perfekt, befindet sich am richtigen Ort und verfügt über den passenden Ausdruck.