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Verhandlungsverfahren | 04/2016

VOF-Verhandlungsverfahren Neugestaltung Oppelner Straße, Bonn Neu-Tannenbusch

Zuschlag

club L94

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Die Oppelner Straße in Bonn Neu-Tannenbusch formuliert im Schnittpunkt mit der Stadtbahnhaltestelle der Linien 16 (Anschluss Köln) und der Linie 63 sowie verschiedenen Buslinien einen der wichtigsten ÖPNV Knotenpunkte der Stadt. Die vielfältigen Umsteigesituationen müssen heute über einen unübersichtlichen öffentlichen Raum bewerkstelligt werden, der eine Orientierung schwierig macht. Zudem hat sich Tannenbusch Mitte heute zu einem Ort mit starkem Negativimage entwickelt. Für diesen Prozess sind verschiedene Faktoren verantwortlich. Die breiten Fahrbahnen folgen dem Prinzip der autogerechten Stadt und sind nach heutigen Maßstäben überproportioniert. Die Grünanlagen führen an vielen Stellen zu unübersichtlichen Situationen. Das Tannenbuschcenter als wichtiger Nahversorger ist stark heruntergekommen und weist einen erheblichen Sanierungsstau auf. Die Folge sind Leerstand und unattraktive Einkaufssituationen. Zum anderen ist der gesamte öffentliche Raum im Umfeld der Oppelner Straße mit seinen wichtigen Wegebeziehungen in die angrenzenden Wohnquartiere und das Schulzentrum Tannenbusch wenig attraktiv und in den Abendstunden durch seine vielen verwinkelten Ecken und unübersichtlichen Wege ein klassischer Angstraum.
Im Vergleich zur Gesamtstadt Bonn lebt in Neu-Tannenbusch ein deutlich erhöhter Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund, was zu einer Segregation in sozialer, ökonomischer und ethnischer Hinsicht führt. In Überlagerung mit den städtebaulichen Fehlentwicklungen findet man heute im Umfeld des Tannenbuschcenter einen Stadtraum mit vielen Problemen, wie Vandalismus, Sachbeschädigungen und Straßenkriminalität vor.
Mit der Umgestaltung des Tannenbuschcenters und der Stärkung des kommunikativen Zentrums sowie der Bildungs- und sozialen Einrichtungen (insb. der Stadtteilbibliothek und des Interkulturellen Bildungs- und Familienzentrums) werden wichtige Rahmenbedingungen zu Verbesserung des Images und der Lebensqualität in Neu-Tannenbusch geschaffen. Diese Attraktoren führen zu einer höheren sozialen Kontrolle durch vermehrte Nutzungen auch in den Abendstunden und werden das Entdeckerrisiko im öffentlichen Raum erhöhen, so dass eine Verdrängung von Tätergruppen erwartet werden kann. Dies wird sich nachhaltig auf die Imagewirkung und die Identifikation der Bewohner mit ihrem Wohnumfeld auswirken.

KONZEPT
Das landschaftsarchitektonische Konzept basiert auf drei wesentlichen Punkten. Zum einen wird mit der Umgestaltung der Oppelner Straße der Straßenraum in seiner Gesamtheit neu strukturiert, so dass für die vielen Umsteigesituationen eine klare Orientierung geschaffen wird. Die Querung der Fahrbahnen durch Geschwindigkeitsreduzierungen und farbliche Markierung im zentralen Bereich werden verbessert. Die Gestaltung der öffentlichen Bereiche mit einheitlichen Belägen und Ausstattungselementen führt sowohl zu einer klaren Orientierung und Großzügigkeit im Umfeld des Tannenbuschcenters, als auch zu neuen Orten mit Aufenthaltsqualität. Das stärkt die Identifizierung der Bewohner mit ihrem Quartier und führt zu einer erhöhten Sozialkontrolle im öffentlichen Raum. Der dritte Aspekt des Konzeptes bezieht sich auf die Mitgestaltung und Selbstaneignung von Räumen im Stadtteil. Dafür wird der Innenhof zwischen Tannenbuschcenter und dem Interkulturellen Bildungs- und Familienzentrums auch in Kombination mit dem Jugendhaus „Brücke“ offen und frei als „Kulturhof“ umgestaltet. Er soll in Zukunft als Bühne für vielfältige Aktionen im öffentlichen Raum bespielt werden. Diese Aktionen werden nach außen strahlen und helfen, das Zusammenleben der Menschen lebendiger zu machen, um das Image des Quartiers nachhaltig zu verbessern. In diesem Zusammenhang spielt auch die Schaffung eines Treffpunktes für Jugendliche und junge Erwachsene südlich der Oppelner Straße eine wichtige Rolle. Im sogenannten „Gangstas Paradise“ können sich Jugendliche mithilfe eines outdoor-Sportangebots austoben und austauschen. Ergänzt wird dieser Bereich mit einem kleinen Gartenraum, der im Sinne von „do it yourself“ den Bewohnern und Nutzern einen Ort bietet, mit dem sie sich identifizieren können.

ENTWURF
Verkehr
Die Oppelner Straße erhält eine Charakteristik, die eine Durchfahrtsgeschwindigkeit von ca. 20 – 30 km/h erzeugt. Eine solche Geschwindigkeit wird als stadtraumverträglich eingeschätzt, sie erlaubt zudem die angestrebte gemeinsame Mitführung des Radverkehrs im Schutzraum auf der Fahrbahn. Im Bereich der offenen Platzfläche vor dem Abgang zu den Haltestellen der S-Bahn sind die zentralen Umsteigebeziehungen angeordnet. Während sich die Busse in Bushaltebuchten aufstellen können, werden im direkten gegenüber zum Stadtbahnabgang die Taxis verortet, was eine erhöhte öffentliche Kontrolle erwarten lässt. Den Bushaltebuchten sind gläserne, überdachte Bushäuschen als Witterungsschutz zu geordnet. Fahrradständer werden in die Linie der Bäume integriert. Im Bereich der TG-Zufahrt am AWO-Haus werden Besucher- und Mitarbeiterstellplätze sowie Behindertenstellplätze angeordnet. Die Parkplätze für Sparkassenbesucher werden neu geordnet und durch eine carsharing-Station für 3-4 Pkw ergänzt.

Dach am Vorplatz zum Stadtbahnabgang
Der Zugang zu den tieferliegenden Bahnsteigen der Stadtbahnhaltestelle wird über ein von Stützen getragenes Dach akzentuiert. Die leichte und schwebend wirkende Dachkonstruktion erfüllt im Entwurf zwei grundlegende Aufgaben. Zum einen soll das Dach für die Neue Mitte Tannenbusch eine signethafte Wirkung haben, die schon von weitem erkennbar ist und vor allem in den Abendstunden ein reizvoller Blick- und Orientierungspunkt für die Fahrgäste an einem der wichtigsten Kotenpunkte Bonns darstellt. Da sich das Dach selbstbewusst aus der Bebauungsflucht herausschiebt, ist der schmale Stadtbahnabgang auch tagsüber deutlich markiert.
Die zweite Qualität des Daches liegt darin, im zentralen Bereich des Vorplatzes einen witterungsgeschützten Ort zu generieren, an dem die Nutzer auf der Stadtebene warten können, bevor sie entweder ein Taxi oder die ankommende Bahn erreichen wollen. Das Dach soll mit Licht ausgestattet sein, um den zentralen Umsteigepunkt als hellen Ort zu stärken.

Raumbildung durch Bäume und Reduzierung von Strauchpflanzungen
Die Oppelner Straße erhält als Haupterschließung für das gesamte Quartier eine straßenbegleitende Baumpflanzung. Im Bereich der Brücke am Tannenbuschcenter bildet sich ein grünes Kreuz mit den Baumvolumen der S-Bahnachse aus. Räumlich öffnet sich dieser Bereich, indem sich die an ihn herangeführten Baumlinien auflösen. Die Akzentuierung der neuen Mitte von Tannenbusch kann über besondere Baumarten wie z. B. geschnittene und hoch aufgeastete Alleebäume gestärkt werden. Insgesamt sollen im Quartier die Strauchpflanzungen zu Gunsten von Rasenflächen reduziert werden, um die Übersichtlichkeit zu stärken und Angsträumen zu vermeiden.


Sitz- und Aufenthaltsbereiche
Mit der Umgestaltung wird durch das Freiräumen der unübersichtlichen Außenräume im Umfeld des Tannenbuschcenters und der Stadtbhaltestelle die Orientierung und Wahrnehmung des Ortes gesteigert. Das neue Cafe des Einkaufzentrums wird mit Sitzgelegenheiten zu Kaffee und Kuchen einladen und den Platz beleben. Für das freie Sitzen ohne Bezahlung lädt eine Rundbank im Schatten des bestehenden Baumes am Haupteingang des Tannenbuschcenters ein. Vereinzelte Sitzbänke können auch unter die Kronen der Straßenbäume angeordnet werden. Ein zweites größeres Stadtmöbel ist dem Vorplatz zum Straßenbahnabgang zugeordnet. Die Bank profitiert von ihrer Ausrichtung nach Süden und wird den Sonne liebenden Besuchern ein geschätzter Aufenthaltsbereich sein.

Ausleuchtung des Raumes
Mit dem Umbau des Tannenbuschcenters, dem Rückbau der Vorbauten, dem neuen Vordach und den vielen offenen und beleuchteten Schaufenstern wird sich der Stadtraum insgesamt heller, offener und übersichtlicher darstellen, so dass die heute unangenehme Wahrnehmung deutlich verbessert wird. Das Freiraumkonzept sieht eine gleichmäßige Ausleuchtung des zentralen Fahrbahnbereiches über Mastleuchten mit hohen Lichtpunkten vor. Die platzartigen Flächen im Vorbereich des Einkaufszentrums und des S-Bahnabganges mit den Taxi und Bushaltestellen werden mit Leuchtstelen akzentuiert, die eine erhöhte Ausleuchtung der zentralen Bewegungsflächen garantieren.

Gangstas Paradise und Kulturhof
Der Kulturhof zwischen Tannenbuschcenter und dem Interkulturellen Bildungs- und Familienzentrum wird als offener Platz umgestaltet. Dadurch ist auch die Überlagerung mit der Zufahrt in die bestehende Tiefgarage besser zu organisieren. Er soll in Zukunft als Bühne für vielfältige Aktionen im öffentlichen Raum bespielt werden.
Ein zweiter Schwerpunkt ist die Gestaltung eines Ortes für Jugendliche und junge Erwachsene südlich der Oppelner Straße. „Gangstas Paradise“ ist der Titel für einen Treffpunkt, an dem die Möglichkeit besteht, Themen der Jugendkultur wie Kraftsport, Fitness und Akrobatik anzubieten oder im „Cage“ Fußball spielen zu können.
Ergänzt wird dieser Bereich mit einem kleinen Gartenraum, indem sich aus dem angrenzenden Hochhausquartier Gemeinschaften finden können, die hier im Sinne von „Common Gardening“ gemeinsam gärtnern und kommunizieren können.