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Award / Auszeichnung | 06/2007

Architekturpreis Zukunft Wohnen 2007

Stadthäuser in der Shakespearestraße, Leipzig

Lobende Erwähnung

GRUNWALD & GRUNWALD

Architektur

GBR-Shakespearestraße 14

Private Bauherren

Erläuterungstext

Im Rahmen des Leipziger Selbstnutzerprogrammes, das es den Bürgern seit 2003 ermöglicht, in innerstädtischen Lagen Wohneigentum zu schaffen, entstanden in der gründerzeitlich geprägten Südvorstadt Leipzigs zwei neue Stadthäuser.
Die Gebäude stellen den ersten Abschnitt einer Bebauung dar, die eine vorhandene Baulücke schließen soll. Auf der Grundlage des Architektenentwurfs und einer präzisen Kostenschätzung gelang es mit aktiver Unterstützung der Selbstnutzerinitiative der Stadt, eine Bauherrengruppe aus fünf Familien zu gründen, die sich als GBR-Shakespearestraße“ organisierte.
Die GBR beauftragte die erforderlichen Architektenleistungen und organisierte den Kauf des Grundstücks. Das Projekt wurde ohne Bauträger - auf der Basis eines klassischen Architekten-Bauherren-Verhältnisses - realisiert. Die städtebauliche Einordnung der Gebäude, Kubatur, bauliche Hülle und gemeinsame Erschließung waren durch den Architektenentwurf vorgegeben, die Bauherren hatten jedoch die Möglichkeit, individuelle Vorstellungen bei der Innenraumgestaltung zu realisieren und Eigenleistungen zu übernehmen. Das Umfeld der Baulücke in der Shakespearestraße prägen repräsentative Gründerzeitbauten. Ein Fluchtlinienplan aus dem Jahr 1905 gibt die geschlossene Bauweise vor. Das Stadthausprojekt nimmt nun die historischen Baufluchten auf. Das viergeschossige Vorderhaus schließt mit einem Zwischenbaukörper und einer Durchfahrt an die vorhandene Nachbarbebauung an. Auf dem über die Durchfahrt erreichbaren rückwärtigen Grundstück entstanden ein freistehendes Gartenhaus für eine Familie sowie eine Heiz- und Technikzentrale, die beide Gebäude mit Erdwärme versorgt. Die Fläche zwischen den Häusern ist für alle Bewohner gemeinschaftlich nutzbar.
Die Idee für diese Stadthausbebauung wurde aus dem städtebaulichen Kontext entwickelt. Wenngleich die benachbarten Gebäude in der Regel ein Geschoss mehr aufweisen, übernehmen die neuen Baukörper Merkmale der Gründerzeitbauten und entwickeln sie zeitgemäß weiter. Das gilt nicht nur für die Gebäudestellung, sondern auch für die vertikale Gliederung der Fassade, die Ausbildung eines Gebäudesockels oder den Umgang mit den sandsteinfarbenen Putzflächen.

Die beiden viergeschossigen, vertikal gegliederten Baukörper des Vorderhauses mit zwei übereinanderliegenden Maisonette-Wohnungen sind über das gemeinsame offene Treppenhaus miteinander verbunden. Durch den von der Straße zurückspringenden Treppenraum wird eine Gebäudefuge ausgebildet, in der sich der Eingangsbereich befindet. Den beiden unteren Wohnungen ist eine ebenerdige Terrasse zugeordnet, den oberen eine großzügige Dachterrasse im dritten Obergeschoss.
Die Kubatur des zweigeschossigen Gartenhauses zeigt an wichtigen Stellen Einschnitte, die mit Farbnuancen schattiert sind. Eingangszone und Dachterrasse wurden so plastisch herausgearbeitet. Die großformatigen Fenster, die sich an den Proportionen des Vorder-hauses orientieren, beleben im freien Wechselspiel die Putzfassade.

Ein klar gegliedertes Fassadenraster, welches durch ein Wechselspiel von offenen und geschlossenen Fensterelementen gekennzeichnet ist, prägt die rationale Formensprache der Gebäude. Zur Straßenseite wurden im Einklang mit der Raumnutzung Holzelemente aus Lärche eingesetzt. Die Holzflächen strukturieren und gliedern die Putzfassade, die sich farblich an den gedeckten Sandsteintönen der Nachbarbauten orientiert.
Die Gebäude fügen sich selbstverständlich in das vorhandene Denkmalensemble ein.
Durch die Verwendung gleicher Proportionen, gleicher Materialien und gleicher Farben entsteht für beide eine gemeinsame architektonische Grammatik. Die rationale Gestalt der Bauten bildet den Rahmen für Individualität im Innenraum und fungiert als Schnittstelle zwischen städtischen Gefüge und privatem Wohnraum.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die beiden Stadthäuser belegen den ersten Bauabschnitt einer Baulücke in einer von Gründerzeitbauten geprägten Straße der Leipziger Südvorstadt. Sie fügen sich als moderne Baukörper ganz unspektakulär in die vorgegebene geschlossene Bauweise der Straßenfront. Sie nehmen von den Gründerzeitbauten der Umgebung den ausgeprägten Gebäudesockel auf sowie die vertikale Gliederung der Fassade und sandsteinfarbene Putzflächen. Dennoch bieten die Gebäude Wohnqualitäten, wie sie bislang vornehmlich im Eigenheim am Stadtrand realisiert sind: Pro Haus zwei zweigeschossige geräumige Maisonettewohnungen mit individuellem Freiraum auf grosszügigen Garten- bzw. Dachterrassen, mit Garagenstellplatz und Abstellräumen (auch Speisekammern!) innerhalb der Wohnungen und der Garagen, da auf Keller verzichtet wurde. Die einfache offene Treppenanlage zwischen den beiden Vorderhäusern gewährleistet jeder Wohnung ihren eigenen Eingang. Im hinteren Teil des Grundstücks entstand ein Gartenhaus in ähnlicher Manier; des weiteren das Heizhaus für eine Erdwärmeanlage, die die Fußbodenheizung aller fünf Wohnungen versorgt. Trotz der beiden Bauten im Inneren des Grundstücks verbleibt ausreichend Raum für eine Gemeinschaftsfläche, die von allen Bewohnern genutzt werden kann.
Realisiert wurde das Ensemble von einer Bauherrengruppe aus fünf Familien im Rahmen eines lokalen Förderprogramms für Selbstnutzer: eine erfolgreiche Bindung von Familienhaushalten mit Kindern an eine innerstädtische Wohnlage, die häufig nur noch von Paar- und Singlehaushalten genutzt wird.