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Begrenzt offener Realisierungswettbewerb nach GRW 95 mit vorgeschaltetem Auswahlverfahren nach § 20 und § 25 VOF und 7 Zuladungen | 06/2004

Neubau/Erweiterungsbau Ausstellungsräume Moritzburg

1. Preis

Nieto Sobejano Arquitectos

Architektur

Erläuterungstext

Der Entwurf von Nieto Sobejano basiert auf einer ebenso einfachen wie raffinierten architektonischen Idee: West- und Nordflügel der Burg werden durch ein von Oberlichtern plastisch geformtes, mit Aluminium gedecktes Dach zusammengebunden, das sich wie eine unregelmäßig gefaltete Plattform hebt und senkt, dabei aber über der Mauerkrone flach zurückweicht. So tritt zu den historischen Baustilen und -formen aus den verschiedenen Epochen in der Moritzburg die Moderne hinzu, markiert von der modernen Dachlandschaft, die auf die bewegte Sprache der bestehenden historischen Satteldächer und Giebel antwortet und zum Zeichen des neuen Museums wird. West- und Nordflügel der Moritzburg werden in ihrer gesamten Ausdehnung als große Raumformen innerhalb der alten Bausubstanz belassen. Die Obergeschosse der Ausstellungsräume sind als weiße Boxen von der Dachkonstruktion abgehängt und über eine Galerie entlang der Außenmauern zu erreichen. Sie füllen die Geschossebenen nicht voll aus, so dass neben ihnen zweigeschossige Großräume von überwältigenden Dimensionen entstehen. Im Westflügel sind die Außenmauern der Burg steinsichtig belassen und halten als historische Gebäudehülle die Erinnerung an die ehemalige Westruine wach. Mit dieser Gestaltung entsteht ein spannungsreiches Wechselspiel kleiner und großer, moderner und historischer Räume. Die architektonischen Mittel der Moderne bleiben selbständig und treten mit dem historischen Bau in einen spannenden Dialog. Von den Galerien eröffnen sich faszinierende Ausblicke auf die Stadt, das alte Halle mit seinen fünf Türmen wie auch auf Halle-Neustadt mit seinen Plattenbauten.

Der Eingang zum Museum ist in der nordwestlichen Ecke des Innenhofes platziert. Er ist als vorgesetztes Bauwerk in der Architektursprache des Daches ausgebildet und ebenfalls mit Aluminium verkleidet. Schon auf den ersten Blick hebt er sich beim Betreten des Hofes als Haupteingang von den vielen Nebeneingängen der Burg ab. Im Erdgeschoss des Nordflügels befinden sich das Foyer mit Kasse und Garderobe, der Museumsshop und das Museumscafé mit Freisitz im Hof, das Treppenhaus mit Fahrstuhl. In dem Gewölbe des Untergeschosses sind Toiletten und Schließfächer untergebracht. Die gestalterische Idee der Box kehrt im Kassenraum wieder, welcher als Segment abgetrennt werden kann, und im Sanitärbereich, der als Quader in den Gewölberaum des Untergeschosses eingestellt ist. Alle neuen Bauelemente wurden in derselben abstrakten Formsprache ausgebildet. Außen sind sie mit Aluminium verkleidet und durch eine Fuge vom Bestand getrennt, innen durch ihre Verkleidung mit weißen Gipskartonwänden oder Zementfaserplatten von der historischen Gebäudehülle abgesetzt.

Eine geschickte Erschließung ermöglicht vom Eingangsfoyer ausgehend über ein zentrales, alle Ebenen verbindendes Treppenhaus, das an der Nahtstelle zwischen Nord- und Westflügel eingefügt ist, den Rundgang vom Nordflügel durch den Westflügel zum südlichen Talamt und anschließenden Wehrgang. Die Kunstanlieferung erfolgt über einen Treppenturm mit Lastenaufzug an der Stelle des zerstörten Südwestturms, der wiederum die Form des Daches aufgreift und von der Burgmauer mit den Resten des im Dreißigjährigen Krieg gesprengten Turmes abgerückt ist. Unter Einbeziehung von Nord- und Westflügel wird für das Museum eine zusätzliche Ausstellungsfläche von über 2000m² hinzugewonnen, davon 1500m² für Dauerausstellungen und 600m² für Sonderausstellungen sowie 400m² für Servicebereiche; mit Verkehrs- und Funktionsflächen sowie Technikräumen bemisst sich die gesamte Nutzfläche auf 4000m².

Die Architekten Nieto Sobejano haben in ihrem Projekt einen spannenden Dialog zwischen der vorhandenen Burganlage und der neuen Architektur aufgemacht, der Reminiszenzen an die Malerei des Expressionismus und die Formenwelt Lyonel Feiningers ebenso beinhaltet wie er dem historischen Baubestand mit Respekt begegnet. West- und Nordflügel, die einst die Repräsentationsräume und Wohngemächer der Magdeburger Erzbischöfe beherbergten, sind in ihrem Entwurf wieder zu einer Einheit zusammengezogen und haben etwas von ihrer ursprünglichen monumentalen Wirkung zurückgewonnen. So gelingt es, den Ort und seine abwechslungsreiche Geschichte künstlerisch in die Gegenwart zu übersetzen. Die neuen Bauelemente der Moritzburg stehen für die Erneuerung des Museums und symbolisieren seine Einbindung ins 21. Jahrhundert.

Weitere Informationen zum Umbau Nord- und Westflügel: www.moritzburg-halle.de