modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 06/2016

Neubau einer Dreifeld-Sporthalle

Anerkennung

motorplan Architekten BDA

Architektur

Prof. Dr. Alexander Stahr

Tragwerksplanung

Erläuterungstext

Situation
Das Umfeld der Carl-Friedrich-Gauss-Schule ist geprägt durch freistehende, meist eingeschossige Wohnhäuser, größtenteils geputzt mit rotem Ziegeldach sowie landwirtschaftliche Zweckbauten, ebenfalls mit Ziegeldächern. Das Ensemble der Schulgebäude definiert mit bis zu drei Geschossen einen eigenen Maßstab mit eigenen Dachformen (Flachdach); alle Bauphasen werden verknüpft durch den roten Backstein der Fassaden und die gemeinsame Ausrichtung entlang der „Bönnecker Straße“; nur die Bestandshalle weicht mit ihrer Ausrichtung parallel zum Kirschgarten hiervon ab, wodurch das Ensemble und die verbleibenden Außenräume geschwächt werden.

Einfügung
Der neue Baukörper vermittelt mit seiner charakteristischen Form zwischen den unterschiedlichen Richtungen und wird so zum neuen Bindeglied.
Während die eigentliche Halle mit den Geräteräumen die Flucht der Gebäude und Bäume „am Kirschgarten“ fortsetzt, nehmen die Umkleiden, Serviceräume und Foyer mit Haupteingang das Richtungssystem der Schule auf und bilden zusammen mit dem „Neubau“ der Schule einen klar definierten Schulhof.
Der Haupteingang liegt am Knickpunkt der neuen Halle bewusst zwischen dem Zugang zur Schulaula und dem Zugang vom „Kirschgarten“präsentiert die Halle also in zwei Richtungen.
Der eingeschossige Backsteinsockel fügt sich in die Materialität des Ensembles ein und vermittelt zur Maßstäblichkeit der umliegenden Wohnbebauung. Zwei gläserne „Laternen“ gliedern den Baukörper und präsentieren die Halle und den Gymnastikraum nach außen; die Reduktion auf das unbedingt notwendige Volumen und die matte Profilbauglasfassade lassen die Halle trotz ihrer Größe leicht erscheinen.

Form und Funktion
Die Form der neuen Sporthalle folgt konsequent dem Anspruch der Volumen- und Aufwandsminimierung. Im Sinne einfacher und konsequenter Barrierefreiheit sowie der Vermeidung aufwendiger Vertikalerschließungen sind alle Funktionen auf demselben Erdgeschossniveau angeordnet.
Zur Vermeidung langer Wege und zusätzlicher Bauvolumen werden alle Nebenfunktionen – mit Ausnahme der nur über die Halle anzudienenden Geräteräume – kompakt im Norden der Halle angeordnet. Umkleiden, Sanitärräume, Hausmeister, Sportler-WCs und Lehrerumkleiden –als Aufsichtsräume mit direktem Zugang zur Halle- liegen übersichtlich gereiht und nah beieinander.
Halle und Gymnastikraum werden gleichermaßen öffentlich über das gemeinsame Foyer -mit großzügiger Sichtverbindung- angedient, wie intern von den Umkleiden aus. Während im Schulalltag alle Hallenteile ohne Querung des Foyers von den Umkleiden aus erreicht werden, erfolgt im Falle von Sportereignissen mit Zuschauern die öffentliche Erschließung über das Foyer im Osten, für Sportler besteht ein kreuzungsfreier Zugang von Westen. Indem die Stirnseiten der Halle direkt an den Außenraum anschließen, ist eine direkte Entfluchtung aus der Halle in den Außenraum mit minimalen Fluchtwegelängen möglich.
Die Tribüne wird als von unten begangene Teleskoptribüne ausgebildet, sodass nur die Anforderungen an erdgeschossige Versammlungsstätten zu berücksichtigen sind (z.B. Tragwerk F30); außerdem können so zusätzliche Fläche und Volumen minimiert werden. Eine Teleskoptribüne hat zudem den Vorteil, dass die Hallenteile bei eingefahrener Tribüne fugenlos mit optimaler Schalldämmung durch die Trennvorhänge geteilt werden können.

Material und Nachhaltigkeit
Im Sinne des Ensembles wird für den Sockel ein roter Backstein analog der bestehenden Schulgebäude eingesetzt. Den relativ hohen Erstellungskosten stehen minimale Folgekosten und eine große Robustheit und Langlebigkeit gegenüber. Die Gussglaskonstruktion der „Laternen“ ist eine kostengünstige und langlebige Konstruktion aus dem Industriebau. Diese präsentiert die Sporthalle nicht nur als leuchtenden Körper nach außen, sondern bietet im Innenraum optimale blendfreie Belichtung und geprüfte Ballwurfsicherheit. Analog der Ziegelbekleidung von außen erhalten die Sporträume eine hölzerne Auskleidung („Prallwand“) von Innen, welche die optische und technische Integration der Teleskoptribüne, Tore, Kletterwände, und Akustik ermöglicht. Ein (optionales) gespanntes Glasfasergewebe unterhalb der Träger und Leuchten verhindert ein Liegenbleiben von Bällen sowie Beschädigungen an Leuchten und Schallabsorbern.
Optisch analog zur farbigen PUR-Oberfläche des punktelastischen Sporthallenbodens, werden die übrigen Bereiche (mit Ausnahme der gefliesten Sanitärbereiche) mit einem Kautschukboden belegt.

Dem Wunsch nach Vermeidung von bituminösen Abdichtungen tragen die Dächer der Sporträume aus Sandwichpaneelen (mit Mineralfaserkern) und die Flachdächer mit Folienabdichtung Rechnung; letztere wird geschützt durch eine extensive Begrünung, die zugleich die anfallende Wassermenge bei Regen reduziert bzw. verzögert.

Tragwerk
Während der Sockel der Sporthalle als klassischer Massivbau ausgeführt wird, wird der obere Teil der Halle als schlankes Stahltragwerk in Form eines Stützen-Binder-Systems konstruiert. Geschweißte Stahlprofile im Achsraster von ca. 5m mit dazwischenliegenden Doppel-T-Profilen als Sekundärträger überspannen die Hallenbreite. Die Träger haben ein Dachprofil; in Feldmitte erreichen sie ihre maximale Höhe (Bereich maximaler Biegebeanspruchung) und stellen so gleichzeitig die Dachneigung für die Bedachung aus Sandwichpaneelen her. Die Windlasten werden über partiell angeordnete Kreuzverbände im Zusammenspiel mit den Elementen des Primär- und Sekundärtragwerks (Stützen, Träger, Pfetten) in den Massivbau eingeleitet. Die F30-Anforderung wird über einen entsprechenden Brandschutzanstrich sichergestellt.

Energie
Grundlage des Energiekonzeptes sind die Minimierung des Bauvolumens, die kompakte Bauform und hochgedämmte Fassaden, Boden und Dachbereiche. Durch den Einsatz von transluzenter Wärmedämmung zwischen zwei Lagen Profilbauglas (mit Lo-E-Beschichtung zur Verringerung des Energieeintrages und Verbesserung des U-Wertes), die blendfreies Licht bis in die Tiefe des Raumes bringt, in Kombination mit hocheffzienten LED-Leuchtmitteln, zonenweiser Steuerung, Tageslichtregelung und Präsenzmeldern kann der Anteil elektrischer Energie für die Beleuchtung minimiert werden.
Die Beheizung der Hallen und der Nebenräume erfolgt über eine Fußbodenheizung. Durch die bodennahe Strahlungswärme müssen die Luftmengen in der Höhe des Raumes weniger erwärmt werden und die Transmissionswärmeverluste werden reduziert. Besonders bei bodennaher Gymnastik wird zudem die Behaglichkeit erhöht.
Der Einsatz mechanischer Lüftung wird auf das notwendige Minimum reduziert. Lamellen in der Profilglasfassade ermöglichen eine natürliche Querlüftung aller Hallenteile, die Umkleiden können durch Oberlichter natürlich entlüftet werden.
Getrennte Lüftungsanlagen für Halle und Umkleiden / Sanitärräume ermöglichen eine optimierte Leistungsanpassung. Die Zuluft erfolgt für die Nebenräume über die Flure, die Abluft in den Sanitärräumen, um Geruchsausbreitung entgegenzuwirken. In der Halle erfolgt die Zuluft als Quellluft im Bereich der Teleskoptribünen, die Abluft wird in den Geräteräumen abgesaugt, die durch Überströmöffnungen mit der Halle verbunden sind. So wird im Zuschauerbereich eine optimale Luftqualität sichergestellt. Die Lüftungsanlage erhält neben einem hocheffizienten Wärmetauscher eine integrierte Wärmepumpe, um Abwärme auch für die Warmwasserbereitung nutzen zu können. Im Bereich der Baugrube der Bestandshalle wird – aufgrund des Rückbaus ohne zusätzliche Aushubarbeiten – ein Luftkanal zur Vorkühlung bzw. Vorwärmung verlegt, der regenerative Energie zur Verfügung stellt. Eine zusätzliche Frischluftansaugung im Norden direkt am Technikraum ermöglicht eine optimierte Vormischung der Zuluft. Die Lüftungsanlage wird über Raumluftfühler gesteuert. Das auf dem Dach der Halle anfallende Regenwasser wird in einer Zisterne gespeichert, um eine adiabate Kühlung zu ermöglichen. Die Wärmeversorgung erfolgt über die Nahwärme der Schule. Optional können Photovolatikelemente im Dachbereich angeordnet werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Dem neuen Baukörper gelingt es, durch die parallel zum Kirschgarten liegende Halle die Flucht der vorhandenen Gebäude aufzugreifen und gleichwohl durch den leicht verschwenkten nördlichen flacheren Funktionsbereich eine Korrespondenz mit dem gegenüber liegenden Schulgebäude herzustellen. Damit entsteht ein klar definierter Raum für die Schulhofnutzung. Der großzügige Eingang liegt sehr gut angeordnet am Knickpunkt der neuen Halle, bewusst zwischen dem Zugang zur Schulaula und dem Zugang vom Kirschgarten. Der eingeschossige Backsteinsockel fügt sich hervorragend in die Materialität des Ensembles ein und die Glaskörper im oberen Teil erfüllen in sehr guter Weise die Forderung nach mehr natürlicher Belichtung und Transparenz. Der Sockel ist aufgrund der Materialwahl langlebig, robust (z.B. Ballspiele auf dem Schulhof) und nachhaltig. Das Raumprogramm wurde konsequent umgesetzt; insbesondere die innere Erschließung ist durch kurze Wege von allen Umkleiden auf gut dimensionierten Fluren gekennzeichnet. Konisch ausgeformte Stichflure zu den Hallenbereichen schaffen hierbei Weite. Lediglich das Foyer könnte etwas großzügiger bemessen sein. Die Zuordnung des Gymnastikraums zum Foyer ermöglicht seine Einbeziehung bei Veranstaltungen und wird positiv gesehen. Die einfache und konsequente Barrierefreiheit wird durch die Anordnung aller Funktionen auf dem Erdgeschossniveau hundertprozentig erreicht. Die vorgeschlagene Teleskoptribüne ermöglicht eine optimale Schalldämmung durch Trennvorhänge. Das Gesamtkonzept führt bei den Bauwerkskosten zu einer sehr wirtschaftlichen Lösung. Die Lage der Lüftungszentrale erscheint fraglich, gleichwohl lassen die getroffenen Aussagen zum energetischen Konzept und dem Dämmstandard für die raumumschließenden Bauteile energetische Effizienz erwarten, Photovoltaikanlagen können zusätzlich installiert werden.