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Planungskonkurrenz | 04/2016

Marktplatz/Rheinstraße

Anerkennung

Preisgeld: 5.000 EUR

club L94

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Die Geschichte der Stadt Breisach ist fest verknüpft mit der besonderen topographischen Situation des Münsterbergs und Eckartsberg sowie der unmittelbaren Lage am Rhein. Die Unterstadt mit dem zentralen Marktplatz ist im Vergleich zur Altstadt um das Münster noch jung und hat sich im 19. Jhd. vor allem als Handelsstadt am Rhein entwickelt. Zu dem lebt die ganze Region vom Weinbau, der nicht nur kulturgeschichtlich das Leben geprägt hat, sondern auch heute das Flair des kleinen Städtchens ausmacht.
Die zentrale Lage um den Marktplatz mit Rheinstraße, Neutorstraße und dem Bereich um das Gutgesellentor wird gegenwärtig als geschäftliche, stadtgemeinschaftliche und touristische Mitte der Stadt wahrgenommen und erlebt.
Die Tallage der Stadt zieht wie in vielen anderen Städten eine besondere Verkehrsbelastung mit sich, da es zu den Hauptadern, wie hier der Rheinstraße, meist keine Alternativen gibt und eine stringente Reduzierung der Verkehre nur vereinzelt möglich ist. Eine Verbesserung der Situation ist durch die Ausweisung der zentralen innerstädtischen Straßen als verkehrsberuhigter Geschäftsbereich bereits geschehen.
Der Marktplatz selbst ist bis heute vor allem durch den großflächig angeordneten, ruhenden Verkehr funktional und gestalterisch geprägt.
Neben dem Wochenmarkt an Samstagen wird der Platz über das Jahr durch Festivitäten wie das Stadtpatrozinium und die Gauklertage belebt. Die Platzränder sind schon heute von Gastronomie und Cafés besetzt, die mit ihren Außenbestuhlungen den öffentlichen Raum beleben.

Konzept
Das landschaftsarchitektonische Konzept verfolgt zwei grundsätzliche Ziele.
Zum einen soll der Gesamteindruck der Innenstadt durch ein einheitliches Material und Gestaltungkonzept gestärkt werden. Dabei werden die vorhandenen und bewährten Beläge aus den Seitenbereichen aufgenommen und mit einem neuen Thema ergänzt, indem in die Betonsteinflächen regional typische Natursteine eingewoben werden. Die Fahrbahn für Busse und dem MIV werden im zentralen Bereich mit eingefärbten Beton oder Asphalt ausgebaut, um ein möglichst einheitliches und homogenes Straßenbild zu erzielen.
Zum anderen soll der Marktplatz als offener, steinerner Platz eine eigene starke Identität erhalten, indem seine räumliche Wahrnehmung in der Sequenz der Stadträume gestärkt wird und die schönen Fassaden frei gestellt werden. Dadurch wird die malerische Kulisse des Münsterbergs und der Blick auf die pittoreske Silhouette des Münsters noch stärker inszeniert. Der Platzraum erhält einen präzise gesetzten gestalterischen Akzent mit der Daubenschale. Im Schatten der kleinen Lindengruppe hat das Sitz- und Wasserobjekt das Potential, als Identifikations- und Treffpunkt im öffentlichen Raum eine wichtige Rolle zu spielen.
Entwurf
Die Entwurfselemente des öffentlichen Raumes nehmen sich insgesamt zurück und beziehen sich auf regionaltypische Themen wie den Weinbau und die besondere Geologie der Landschaft.
Ein aus dem vorhandenen Belagsbild abgeleitetes Plattenmuster im römischen Verband kennzeichnet die Unterstadt als zusammenhängenden Raum. Im Bereich des Marktplatzes als Zentrum der Stadt verdichten sich in den Belag eingewobene Natursteinintarsien aus Gesteinen der Kaiserstuhlregion wie z.B. Tephrit oder Phonolith und erzeugen ein lebendiges, identitätsprägendes „Breisacher Stadtpflaster“.
Die Platzmitte bleibt weitestgehend von Einbauten frei, um für stadttypische und belebende Veranstaltungen multifunktional zur Verfügung zu stehen. Lediglich unter der Gruppe der bestehenden großen Linden bietet die „Daubenschale“ einen Treffpunkt im lichten Schatten der Bäume. Die Gestaltung dieses Brunnenelementes ist den traditionellen Materialien des Weinbaus entlehnt. Die Sitzflächen aus Holz erinnern in ihrer Form an Dauben, die für die Herstellung der Fässer Verwendung fanden, in denen der Wein gelagert wurde. Kleine Fontänen lassen Wasser über den in der Mitte befindlichen Quellstein fließen und erzeugen ein leichtes angenehmes Plätschern. Der bestehende Europabrunnen wird, wie vorgeschlagen, an den Europaplatz versetzt.
An den Platzrändern werden neben der Außenbestuhlung der Gastronomiebetriebe auch nicht-kommerzielle Sitzmöglichkeiten angeboten. Kleine „Daubenbänke“ in Kombination mit Pflanztöpfen finden sich in unregelmäßigen Abständen entlang der Fassaden des Marktplatzes bis zum Spector. Die Gestaltung dieser Objekte nimmt ebenfalls Bezug auf Elemente des Weinbaus und der Weinernte. Der Pflanztopf in Form einer Traubenschütte könnte z.B. von den Anwohnern und Geschäftsbetreibern individuell bepflanzt werden und auf diese Weise zu einem lebendigen blühenden Bild der Innenstadt beitragen.

Beleuchtung
Die Ausleuchtung des Stadtraumes trägt neben der Gewährleistung der Sicherheit in den Abend- und Nachtstunden auch zur Attraktivierung der Freiräume und Straßen bei. Vor diesem Hintergrund wird vorgeschlagen, über klassisch elegante Peitschenmastleuchten entlang der Straßen die Beleuchtung der Fahrbahnen vorzunehmen. Die Rheinstraße wird gegenwärtig durch Überspannungsleuchten erhellt. Dieses System soll beibehalten werden, um die trotz der Einbahnstraßenregelung engen Seitenräume nicht noch durch zusätzliche Ausstattungsobjekte zuzustellen. Eine Aufwertung durch gestalterisch hochwertige und dem Stand der Technik entsprechende Leuchtkörper ist vorgesehen.
Die Gehwege und Platzränder werden durch Leuchten an den Häuserfassaden beleuchtet. Kleine, in ihrer Gestalt dem Stadtbild angemessene Leuchten erhellen die von Fußgängern frequentierten Wege und Hauseingänge. Darüberhinaus könnten besondere Häuser und Fassadenmerkmale durch Effektbeleuchtung in Szene gesetzt werden, um stadtbildprägende Gebäude auch nachts erlebbar zu machen. Ausstattungselemente wie die Daubenschale und Aufenthaltsbereiche unter Bäumen könnten durch Strahler und Lichtlinien einen besonderen Akzent im nächtlichen Breisach darstellen.

Verkehr
Die Bushaltestelle am Marktplatz bleibt an ihrer Stelle bestehen und erhält jeweils einen kleinen gestalterisch reduzierten Wetterschutz. 14 Stellplätze verbleiben für die Geschäfte und Einzelhändler auf der Südseite des Platzes. Sie können von der Rheinstraße aus angefahren werden. Die Stellplätze und die Platzüberfahrt werden mithilfe von Markierungsnägeln im Belag gekennzeichnet. Ziel ist, diesen Bereich als untergeordneten Verkehrsraum nur für Parkplatzsuchende und Anlieger der Spitalgasse bzw. Marienau anzubieten, um den Platz mit seinen großzügigen Außengastronomieflächen weitestgehend frei von MIV zu halten. In der Rheinstraße und Gutgesellenstraße werden nur dort straßenbegleitende Stellplätze angeboten, wo die Seitenbereiche ausreichend Platz für Fußgänger zwischen Parken und Hausfassade bieten. Der Radverkehr soll mit dem motorisierten Verkehr auf der Straße geführt werden. Fahrradabstellmöglichkeiten finden sich in kleinen Gruppen dezentral vor den Hauseingängen im Innenstadtgebiet verteilt.
Insgesamt sind der Marktplatz und seine ihn querenden Straßen niveaugleich und barrierefrei konzipiert.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf ist geprägt von einer zurückhaltenden, klaren Gesamtheit. Dies gewährleistet eine flexible Nutzung des Marktplatzes als zentrales Element. Gestalterisch wird mit einem kleinteiligen Belag in unterschiedlicher Dichte gearbeitet. Die vorgeschlagene Durchmischung sowie die Konzentration von Natursteinelementen zum zentralen Brunnen hin ist sehr ansprechend. Die Bushaltestelle wird im nordwestlichen Bereich des Marktplatzes angeordnet. Sie erfüllt zwar die technische Anforderung, wäre jedoch weiter westlich, außerhalb der Marktplatzfläche besser situiert. Schwachstellen des Entwurfs sind die Anordnung der Parkflächen im südlichen Bereich des Marktplatzes. Dies verursacht zusätzlichen Parksuchverkehr. Die Materialwahl der Fahrbahnflächen in eingefärbten Asphalt überzeugt nicht. Der Entwurf reduziert vorhandene Grünelemente und sieht lediglich den Erhalt der drei Linden am Europabrunnen vor. Dieser soll, durch einen neuen Brunnen stilisiert als „Weinbaudaube“ ersetzt werden. Die Verfasser greifen das Weinbauthema auf und thematisieren die Daube in Gestaltungsdetails. Insgesamt überzeugt der Entwurf durch seine nüchterne Klarheit, allerdings werden die räumlichen, städtebaulichen Eigenarten der einzelnen Teilräume nicht genügend herausgearbeitet.