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Offener Wettbewerb | 12/2015

Campusgebäude mit Tiefgarage für die Medizinische Fakultät an der Johannes Kepler Universität

ein 3. Preis

HERTL.ARCHITEKTEN ZT GMBH

Architektur

wulf architekten

Architektur

wh-p Ingenieure

Tragwerksplanung

Erläuterungstext

Konzept und Anmutung
Der Leitgedanke des Entwurfes ist es, ein prägnantes Gebäude vorzuschlagen, das sich in seiner Funktion als universitäres Lehr- und Forschungsgebäude von der umgebenden, eher funktional erscheinenden Umgebungsarchitektur abhebt. Ein differenzierter Baukörper, der einen hohen architektonischen Identifikationscharakter für das gesamte Quartier transportiert und gleichzeitig sämtliche Anforderungen wie Städtebau, Funktionen und technische Strukturen, intelligent und effizient löst. Durch die architektonische Form entsteht wie selbstverständlich die Assoziation einer zellulären Struktur, ein Bindeglied zwischen Krankenhaus, Studenten und öffentlichem Raum.
Die eindeutige Wiedererkennbarkeit ist von der empfundenen Anmutung eines 'Hauses der Medizin' bestimmt. Man vermag nicht zu sagen, weshalb die gesehene Form dem Inhalt entspricht, man empfindet es einfach. Zudem entfaltet das Haus eine visuelle Offenheit, die den tatsächlichen Anforderungen abgeschlossener Bereiche trotzt und als Bildungsstätte zum Betreten einlädt.

Städtebau und soziokulturelle Einbindung
Das neue Gebäude besetzt das Baufeld auf eine sinnfällige Weise, es fügt sich in seinen Längs- und Querachsen in die vorhandene städtebauliche Struktur wie selbstverständlich ein. Durch die Gliederung des Baukörpers in 3 miteinander verschmolzene, verdrehte Pavillons wird gleichzeitig eine bauliche Differenzierung erreicht, die dem Charakter eines „Großbaus“ entgegenwirkt. Die verschiedenen Funktionen werden gut ablesbar. Das neue Campusgebäude stellen wir uns als Bindeglied zwischen Klinikensemble und Stadtraum vor, ein Gebäude, das komplexere medizinisch-technische Anforderungen erfüllt, sich aber auch als Haus der Studierenden darstellt, das sich nicht abschotten will. Mit seiner durchgehenden 5-Geschossigkeit fügt sich der Neubau gut in die bauliche Umgebung ein, trotz seiner großen Programmfläche wirkt er differenziert und gegliedert. Er strukturiert die Außenräume auf dem Campus, den in Ost-West Richtung laufenden, nunmehr gefassten Straßenraum stellen wir uns „Campus-Allee“ vor.

Erschließung und Orientierbarkeit
Die 45° Verdrehung der 3 Pavillons generiert hofartige Einstülpungen. Dadurch werden rhythmisch einschwingende Außenräume geschaffen, im Südwesten ist eine räumlich klar definierte Eingangssituation verortet. Sie ist großzügig proportioniert und bildet – auch durch das auskragende Vordach – eine klar erkennbare und gut gelegene Haupterschließung für Studierende und Lehrende. Im nördlichen Bereich befindet sich im östlichen Hof die Lade- und Andienungszone. Sie ist direkt an die bestehende Erschließungsstraße angebunden, die Ausfahrt erfolgt im Ringverkehr über die östliche Straße beim Rotkreuzgebäude.
Die innere Erschließung orientiert sich ebenfalls sinnfällig an der Gebäudeform, Personen- und Lastenaufzüge sowie Treppenhäuser befinden sich gut gelegen und intuitiv auffindbar an den Engstellen des Baukörpers. Die drei räumlich tiefen Gebäudeteile werden im Inneren von Lichtatrien erhellt. Vertikale Blickbeziehungen sind immer wieder möglich.

Funktionen und Gliederung
Den drei Bausteinen des Entwurfs sind jeweils spezifische Funktionen zugeordnet: im westlich gelegenen Bauteil liegt – an die großzügige Eingangshalle mit Cafeteria angeschlossen – der Bibliotheksbereich mit den angeschlossenen Arbeitsplätzen. Er erstreckt sich über eine Galerie in das 1. OG und schafft so eine räumlich offene und lichte Lernlandschaft. Sein Freibereich orientiert sich im Nord-Westen zum benachbarten Park hin. Der zweigeschossige Luftraum bildet das Herz des Lesesaales aus und entfaltet die Atmosphäre klassischer Bibliotheken.
Auf der anderen Seite öffnet sich das Foyer zum Hörsaalbereich hin. Es wird vom Cafe flankiert, das sich auch auf den Vorplatz entfalten kann. Am nach hinten versetzten und zur Halle geöffneten großen Hörsaal schwingt der Raum vorbei zum östlichen Bauteil hin. Die dort angrenzenden Zonen der den allgemeinen Lehre im EG und 1. OG, bilden somit einen klaren Verbund des Hörsaal- und Seminarbereichs. In den Obergeschossen 2 bis 4 liegen, ebenso wie bei den beiden anderen Bauteilen jeweils klar zugeordnet und als Nutzungseinheit ablesbar, Verwaltungs-, Büro- und Seminarräume, sowie hochinstallierte Laboreinheiten mit zugeordneten Bürozonen. Sie sind sämtlich als 2-bündige Struktur angelegt und jeweils über die 3 Innenhöfe gut belichtet und belüftet. Die geometrische Form der Baukörper ermöglicht über ihre Oberflächenvergrößerung eine optimale Fassadenabwicklung.

Fassade und Haptik
Die eindeutige Form wird von einer flächigen Gebäudehülle unterstützt. Eine vorhangartige Struktur aus vertikalen Beschattungslamellen erzeugt ein transparentes und weiches Erscheinungsbild. Einzig die Eingangshalle tritt im Erdgeschoss aus der ausgebuchteten Fassadenflucht heraus und wird damit zum klar lesbaren Zugang am Vorplatz.
Die Gebäudehülle wurde so angelegt, dass sie einerseits in ihrem Ausdruck das Wesen von Inhalt und Architektur eines modernen Hochschulbaus interpretiert, andererseits ein Höchstmaß an Effizienz bezüglich Belichtung, Belüftung und Sonnenschutz und Lichtlenkung ermöglicht. Die vor der Fassade liegende, elegant wirkende vertikale Struktur aus weißlichen bedruckten Glaslamellen ist, wo nötig aus drehbaren Sonnenschutzlamellen konzipiert, durch ihre helle Transluzenz gewährleisten sie gleichzeitig eine hohe Tageslichtausbeute. Die Fassade selbst ist eine Pfosten-Riegel-Konstruktion mit geschlossenen Bereichen, die einen einfachen Brandschutz und Wärmehaushalt bewerkstelligen.
Im Inneren bringen Birkenvertäfelungen an Wänden Eleganz in den Raum, teilweise sind sie als lichtdurchlässige Lamellentextur ausgebildet. Boden, Decken und Möbel sind in weiss gedacht, sie erhöhen durch Helligkeit die offene Wirkung des Hauses.

Beurteilung durch das Preisgericht

Charakteristisch für die vorgeschlagene Lösung ist der äußerst gelungene Versuch, das Gesamtbauvolumen durch eine raffinierte Gliederung kleinteilig erscheinen zu lassen. Das gelingt dadurch, dass drei quadratisch angeordnete „Blöcke“ sich jeweils um einen Innenhof gruppieren. Über die Diagonale dieser quadratischen Blöcke sind sie mit einander verbunden und bilden dadurch wieder eine organisatorische Einheit.

Die Dimensionierung der Höfe ist allerdings zu eng ausgefallen und müsste überarbeitet werden. Die Überprüfung seitens der Jury hat ergeben, dass dies ohne eine signifikante Erhöhung der Bruttogeschossfläche möglich sei. Das Grundprinzip der Erschließung und Anordnung der Räume bliebe durch diese Optimierungsmaßnahme e rhalten und würde zusätzlich die Belichtungssituation maßgeblich verbessern. Speziell die Belichtung der zu den Innenhöfen orientierten Büros und Arbeitsplätzen ist im Eckbereich der Höfe kritisch.

Zusätzlich entstehen durch diese besondere Komposition ins gesamt vier zurückgesetzte Halbhöfe, denen in naheliegender Weise jeweils Sonderfunktionen (Erschließung, Ver- und Entsorgung etc.) zugeordnet sind. Nicht zuletzt dadurch ist der Zugang zum Campusgebäude äußert souverän gelöst. Ein kleiner, teilweise überd achter Vorplatz entsteht. Allerdings konterkariert die Zu- und Ausfahrt zur Tiefgarage vor diesem Platz die Qualität der Idee deutlich und müsste überarbeitet werden. Besonders wird bei dieser Gebäude- und Grundrisslösung die Anordnung der Hörsäle sowie da s reichhaltige Angebot an Begegnungs- und Aufenthaltszonen begrüßt. Der äußerst ruhige und moderne Eindruck der Fassadenlösung wird positiv hervorgehoben. Das Angebot an beweglichen Lamellen wird jedoch in Frage gestellt, insbesondere vor dem Hintergrund des zu erwartenden Wartungs- und Betriebskostenaufwands.

Ein Nachteil des Projekts besteht darin, dass eine Erweiterung der Gebäudekomposition im Sinne des Kompositionsprinzipes offensichtlich nicht möglich ist. Im Übrigen haben die Verfasser dafür auch keine Vorschläge angeboten. Der Nachweis für Details der Gebäudetechnik für eine ausreichende Versorgung der Geschosse wurde nicht erbracht und müsste nachgeholt bzw. optimiert werden.

Der vorgeschlagene Entwurf bietet eine eigenständige Lösung mit einem hoh en Wiedererkennungswert, der geradezu ikonografisch Geist und Haltung einer modernen medizinischen Fakultät zum Ausdruck bringen könnte.
Lageplan

Lageplan

Modell

Modell

Rendering

Rendering

Perspektive Innenraum

Perspektive Innenraum