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5. Rang 6 / 6

Offener Wettbewerb | 04/2016

Neubau Werkhof und Verwaltungsgebäude Forsthaus Bern

6. Rang / 6. Preis

Preisgeld: 10.000 CHF

Architekt Jürgen Haidacher

Architektur

till lensing architect

Architektur

Nipkow Landschaftsarchitektur BSLA SIA

Landschaftsarchitektur

Dr. Schwartz Consulting AG

Bauingenieurwesen

Beag Engineering AG

TGA-Fachplanung

B+S Ingenieur AG

Verkehrsplanung

Klaus Architekten Innenarchitekten AG

Innenarchitektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Momentum
Die Verfassenden schlagen ein quadratisches Hofgebäude vor, welches mit seiner eigenständigen Geometrie als Solitär in Erscheinung tritt, der Einfahrt zur Stadt einen glaubwürdigen Akzent und dem Ort eine eigene Identität verleiht. In den ersten beiden Prioritäten der ersten Bearbeitungsstufe entspricht die städtebauliche Präsenz der Baukörper noch nicht dem erwünschten Mass; in der zweiten Bearbeitungsstufe aber entfaltet das Gebäude zur Stadt hin die nötige Ausstrahlung und Kraft. Die Platzierung des Gebäudes kollidiert mit der Interessenbaulinie des Bundes. Der Anteil an zusätzlicher Büronutzung ist in dieser Stufe zudem so hoch, dass das Gebäude differenzierte Eingangssituationen für Leute, die zu Fuss gehen, und eine Adressbildung benötigen würde.

Auf den Plänen sind ausser den Funktionszuteilungen keine Aussagen zur Umgebung abzulesen. Das Potenzial für eine stimmige Einbindung ist eingeschränkt, da die Kernaussage des Projektes, die allseitig gleichwertige Anfahrbarkeit und die Flexibilität für die Funktionen des Werkhofes, gleichzeitig auch eine Einschränkung für andere Nutzungen des Areals bedeutet. Damit wird ein Auftritt und Gesicht Richtung Stadt in Form eines angemessenen Zugangs nur schwer machbar. Da nebst dem Werkhof auch ein Bauhaus Teil der Aufgabe ist, genügt die gezeigte Umgebung in keiner Weise den Ansprüchen der Nutzungen. Der Hauptzugang für Beschäftigte wie auch Besucherinnen und Besucher ist von einer Lastwagenschleppkurve überlagert, und beim Auftakt zum Areal an der Kreuzung ist ein Durchkommen für Fussgängerinnen, Fussgänger und Velofahrende durch die Anordnung verschiedener Parkplätze verunmöglicht.

Durch ein zugespitztes Tragwerk ist das Erdgeschoss mit Ausnahme der vier Eckpfeiler stützenfrei ausgebildet. Diese Stützenfreiheit ermöglicht grosszügige und allseitige Zufahrten für alle Fahrzeuge. Auch das Innere des Erdgeschosses weist viele räumliche Vorteile und eine grosse Flexibilität auf. Die zentralen Anordnungen der Lager im Erdgeschoss und der Garderoben im Zwischengeschoss unter dem Hof sind optimal. Die Qualität der allseitigen Zufahrten schränkt aber die Bildung guter Eingänge ein. Insbesondere für die Benutzenden der oberen Bürogeschosse fehlt ein angemessener Eingangs- und Empfangsbereich. Auf den Büroetagen ermöglicht die Bautiefe eine gute zweibündige, jedoch keine dreibündige Organisation der Bürolandschaft. Eine flexible Unterteilbarkeit der Bürogeschosse wird zudem durch die tragenden Verbindungswände der Fassaden eingeschränkt.

Der durch die Tragwirkung der Aussenfassaden bedingte Öffnungsgrad ist bezüglich Ausdruck und Gestaltung der Obergeschosse einschränkend und erzeugt introvertierte Innenräume. Die Ausbildung als Tragwerk über alle Obergeschosse sowie das zusätzliche Anhängen der inneren Hoffassaden werfen auch in Bezug auf den bautechnischen Aufwand noch Fragen auf. Eine Beschränkung der Tragwirkung auf ein oder zwei Geschosse hätte die Stützenfreiheit und Flexibilität im Erdgeschoss bewahrt, jedoch eine grössere Freiheit in der Fassadengestaltung und Raumorganisation der Obergeschosse ermöglicht. Der Aufenthalt auf der Terrasse im Innenhof ist durch die strenge Fassadenausbildung ohne möglichen Raumbezug unattraktiv.

Die schematischen Darstellungen lassen nur eine beschränkte Überprüfung des Betriebs zu. Die Zufahrt zum Untergeschoss muss gleichzeitiges Ein- und Ausfahren ermöglichen. Die Verkehrsflächen im Untergeschoss sollten entsprechend dem Verkehrsaufkommen und die Lagerräume entsprechend der geplanten Nutzung angeordnet und dimensioniert werden. Für den Warentransport zwischen Erd- und Untergeschoss wäre mindestens ein Warenlift nötig. Die Innenbereiche des Erdgeschosses hingegen lassen sich sehr flexibel gestalten. Sämtliche Bedürfnisse des Werkhofs an das Erdgeschoss können umgesetzt werden. Die Beziehung der Garderoben im Zwischengeschoss zu den Werkstätten ist gut gelöst. Das Beladen der Salzsilos sowie die Befüllung der Einsatzfahrzeuge kann ohne grössere Fahrmanöver bewerkstelligt werden. Diverse Konflikte bestehen in der Verkehrsführung. Der Werksverkehr wird direkt über den Zugangsbereich des Gebäudes gelenkt, und die Rangierflächen im Aussenbereich sind sehr knapp. Mit der Anordnung der Salzsilos kann die Betriebssicherheit des Winterdienstes nicht gewährleistet werden.

Die prononcierte Ausbildung des Tragwerks ist bezüglich der Vorteile für das Erdgeschoss plausibel. Die am stärksten beanspruchten Bauteile sind im Detail aber nicht erläutert. In Beton sind sie infolge aller bauphysikalischen Anforderungen nur mit hohem Aufwand realisierbar. Die Spannweiten der Decken sollten kleiner sein (Verformungen). In absoluten Zahlen sind Geschossflächen und Gebäudevolumen verhältnismässig hoch. Mit der aufwändigen Fassadenkonstruktion ergeben sich im Vergleich aller berechneten Projekte hohe Gesamtkosten. Das Gebäudetechnikkonzept ist textlich beschrieben, in den Plänen jedoch nicht ersichtlich. Die Zentralen im 4. Untergeschoss werfen bezüglich Wirtschaftlichkeit Fragen auf. Die Schachtanzahl ist sehr minimiert, was einen erhöhten Platzanspruch in der Horizontalverteilung bedeuten würde. Die Erfüllbarkeit von Minergie-P-ECO ist textlich beschrieben, im Projekt jedoch nicht nachvollziehbar umgesetzt.
Das Bauvorhaben weist einzelne Brandschutzmängel auf, welche durch planerische Änderungen korrigiert werden könnten. Der Innenhof ist brandschutztechnisch als Atrium auszuführen.

Der Verkehr wird grundsätzlich im Uhrzeigersinn und oberirdisch um das ganze Gebäude herum geführt. Dies führt zu mehreren Konfliktstellen für alle Verkehrsteilnehmenden. In die Untergeschosse führt eine praktikable Rampenschnecke; allerdings ist eine dritte Parkierungsebene für Personenwagen nötig. Die geforderte Anzahl Veloabstellplätze ist im Untergeschoss nicht nachgewiesen, und die Liftanlage dürfte nicht genügend Leistung erbringen. Die Aktivierung der Bundesbaulinie würde das Umfahren des Gebäudes und die Nutzung der östlichen Lastwagenparkierung im Werkhof verunmöglichen.

Das Projekt überzeugt durch eine klare städtebauliche Haltung und die Vorteile eines stützenfreien Erdgeschosses, in welcher die Anforderungen an den Werkhof und an ein ortsprägendes Stadtgebäude vereint werden. Bei der Adressbildung, der räumlichen Differenzierung und der architektonischen Gestaltung bestehen aber einige Mängel, welche durch die Radikalität des Ansatzes nicht wettgemacht werden.
5. Rang 6 / 6