modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Gutachterverfahren | 06/2015

Weiterentwicklung der Innenstadt im Umfeld der Bahnhofstraße und Brückenstraße

1. Preis / Empfehlungen zur weiteren Bearbeitung

Preisgeld: 15.000 EUR

lohrer.hochrein landschaftsarchitekten und stadtplaner gmbh

Landschaftsarchitektur, Stadtplanung / Städtebau

löhle neubauer architekten BDA pmbb

Architektur

ambrosius blanke verkehr.infrastruktur

Verkehrsplanung

Erläuterungstext

Konzept | Die weitere Entwicklung der Innenstadt von Chemnitz über den historischen Footprint hinaus ist durch topographische, landschaftliche und insbesondere verkehrliche Zäsuren stark eingeschränkt. Die für Fußgänger erhebliche Breite und die hohe verkehrliche Dichte des rahmenden Straßenringes lässt eine Erweiterung der Einkaufslagen über den Ring hinaus auf die dort direkt angrenzenden und verfügbaren Flächen kaum ohne merklichen Bruch im Einkaufsfluss erwarten.
Betrachtet man die unterschiedlichen Abschnitte, so bietet eine Querung in Richtung Brühl die größten Potentiale für eine weitere städtebauliche Entwicklung. Zum einen besitzt der Straßenabschnitt hier vergleichbar geringe Verkehrslasten – ein Aufkommen, das eventuell in den Folgejahren durch den Entlastungsring noch reduziert werden könnte. Zum anderen besitzt das nachfolgende Areal des Brühls mit den bestehenden gründerzeitlichen Strukturen sowie den geplanten Ansiedelungen der Universität sowohl erhebliche städtebauliche Reserven wie anknüpfungsfähige Potentiale.
Mit diesen Ansatz rückt der bisher im Stadtgrundriss eher als trennendes Element inszenierte Bereich vom Stadtpark über die Stadthalle bis zum SIB Areal ins Zentrum der Überlegungen: können diese Strukturen unter Beibehalt ihrer jeweils prägenden Eigenart (hier insbesondere die der Moderne) zum verbindenden urbanen Bindeglied entwickelt werden?

Die Entwicklung dieses Konzeptes basiert auf folgenden sechs Prämissen:
• Eingespannt zwischen Mühlenstrasse/Brühl und Strasse der Nationen entwickelt sich eine modulare Struktur, die Schritt um Schnitt in arrondierten Teilquartieren weiter nach Norden entwickelt werden kann.
• Mühlenstrasse/Brühl und Strasse der Nationen bilden zusammen mit den jeweiligen West-Ost Stichen das tragende, leiterartige Wegegrid.
• Hauptlast des Verkehrs liegt in den Nord-Süd Achsen, die West-Ost Achsen werden in ihrer Barrierewirkung abgemildert und optisch Teil der Freiraumfolge.
• Öffentliche, grün geprägte Freiräume unterschiedlichster Couleur bilden die jeweilige Mitte dieser Teilquartiere und formen im Zusammenspiel ein einladendes grünes Band.
• Die begleitenden Ränder werden verdichtet und verstärkt mit „in die Tiefe führenden“, belebenden öffentlichen Nutzungen ausgestattet.
• Die seitlichen Baufelder haben eher ergänzende / verstärkende Funktion und werden als in sich geschlossene Quartiere entwickelt.

Stadthallenareal und Umfeld SIB-Gebäude werden als eigene Teilquartiere Teil dieser Gesamtabfolge

Stadthallenareal | Das Areal ist erste Baustein der angedachten Folge. Die Ränder an der Theaterstrasse und an der Straße der Nationen werden angebotsorientiert belebend verdichtet. Wesentlicher Baustein ist ein neues, im Erdgeschoss stark durchlässiges und stark stimulierendes Gebäude( Flagstore…), dass die für Fußgänger Barriere bildende Weite der Strasse der Nationen bricht und in Richtung neuem Durchgang SIB Gebäude und darüber hinweg zum neuen Theaterquartier führt.

Das neue Gebäude steht in unmittelbarem Kontext zum Bürokomplex „Brückenstrasse“ und zeigt eine ähnliche architektonische Haltung. Erdgeschossig werden drei flexible Zonen mit „durchgesteckten“ Läden und Erschließung der Oberschosse verortet. Großzügige Passagen verknüpfen die innerstädtischen Bereiche mit dem „Park am roten Turm“.
In den Obergeschossen werden hochwertige Büroeinheiten unterschiedlicher Größe angeboten; analog zur Brückenstrasse werden Eventterrassen bzw. Loggien als innerstädtische Pausenbereiche angeboten. Raumhohe Verglasungen mit Ausblick zum „Park am roten Turm“ bzw. in die innerstädtischen Zonen bereichern die Qualität der Büros.
Um die gewünschte städtebauliche Führung zu unterstreichen, wird der Park am roten Turm optisch deutlich nach Norden in Richtung Marx-Denkmal geöffnet, die Brückenstrasse trotz weiterhin vorhandener Verkehrslast durch breite „Trittlinien“ auf der ganzen Länge gut querbar gemacht und die Höhenunterschiede zum SIB über die gesamte Länge hinweg durch flache und direkte führende Rampen und geneigte Plätze überwunden.
Ein lockerer Sprawl hoch aufgeasteter Solitärbäume bildet optisch mit dem Bild des lichten Hutehains den für dieses Teilquartier prägenden verbindenden Parkcharakter

SIB Gebäude | Das Gebäude erfährt abgeleitet aus dem Gesamtkonzeptes eine Wandlung von der bisher abschließend fassenden Raumkante hin zu einem transmittierenden, osmotischen Element, das die Brücke zwischen dem bisherigen Zentrum und seiner zukünftigen Erweiterung schlägt.
Dem mächtigen Gebäudevolumen des Verwaltungskomplexes an der Brückenstraße wird Masse entzogen und deutlich mehr Transparenz verliehen. Sichtachsen und Perspektiven öffnen sich und das Erahnen eines attraktiven „Dahinterliegenden“ wird ermöglicht.

Städtebauliche Durchlässigkeit gewährleisten zum einen ein großzügiger Durchgang zum dahinterliegenden Theaterquartier sowie zwei großformatige Öffnungen über mehrere Geschosse. Diese Öffnungen fungieren als „Fenster“ zum Theaterquartier, wirken bereits vom „Park am roten Turm“ und verknüpfen visuell das neue, arrondierte Theaterquartier mit der Innenstadt. Diese „Fenster“ dienen auch als große innerstädtische grüne Dachgärten und neue zeitgemäße Aufenthaltsbereiche für den Bürokomplex.
Im Erdgeschoss gewährleisten „durchgesteckte“ Ladenzonen die spürbare Belebung und Verknüpfung der Bereiche. Öffentlichkeitsbezogenen Nutzungen wie das Bürgerbüro sowie die bisherigen Erschließungselemente bleiben erdgeschossig nahezu unverändert bestehen. Ergänzend zu den beiden „Fenstern“ in den Obergeschossen werden bereichsweise Loggien in die bisher monotone Bandfassade geschnitten und lockern diese auf.

Konstruktiv wird das „große Fenster“ durch „abhängen“ der Stützen der beiden obersten Geschosse vom Dach bewerkstelligt; hierfür werden Stahlträger über die Dachdecke im Bereich des „Fensters“ gelegt und die Stützen der beiden Geschosse werden an die Stahlträger angehängt. Beim zweiten „Fenster“ werden lediglich nicht mehr benötigte Stützen zurückgebaut; die Dachscheibe wird analog an Stahlträger gehängt.

Theaterquartier | Zwischen SIB Gebäude und Käthe Kollwitz Strasse entwickelt sich das neue „Theaterquartier“. Mit seinen öffentlichen Räumen knüpft es an die Raumfolgen der City an und vermittelt strukturell zwischen modernem SIB Gebäude und nachfolgendem gründerzeitlichen Blockstrukturen.
Die gegeneinander versetzten Räume verknüpfen die Bewegungslinien vom Brühl und Strasse der Nationen nach Süden hin.
Die ausgewiesenen Baufelder sollen mit einer lebendigen Mischung vom Stadthaus bis zu größeren Einkaufslagen versehen werden. In den oberen Geschossen entsteht dichtes neues urbanes Wohnen.
Die inneren Plätze und Wege sind verkehrsberuhigt. Die erforderlichen Stellplätze sind in Tiefgaragen untergebracht. Diese werden weitgehend an die beiden seitlichen Hauptachsen angebunden. Besucherstellplätze sind oberirdisch vorgesehen.
Die vorhandene SIB Tiefgarage kann je nach Baufortschritt innerhalb der aufgezeigten Strukturen Abschnittsweise zurück- und umgebaut werden.

Westliche Brückenstrasse | Im Chemnitz nahen Abschnitt der Brückenstrasse wird das klassische Profil vollständig aufgegeben. Über dem zukünftigen Regenrückhaltebecken fließt die Parklandschaft mittels freier, clumpartig gesetzten Baumgruppen ein und erhält vor der Kreuzung zur Mühlenstrasse mit einem neuen Wohn- und Gewerbebau mit Tiefgarage eine akzentuierende bauliche Verengung.
Das großflächige Parken in der westlichen Brückenstrasse sollte mittelfristig zugunsten der einströmenden Parklandschaft aufgegeben werden und könnte durch ein ansprechendes Pattern von gemeinschaftlichen Urban Gardening stadtstrukturell attraktiver entwickelt werden.

Quartier Johanniskirchplatz / nördlich Kaufhof Tietz | Entlang der Bahnhofstrasse entstehen zwei neue Quartiere. Gewerbebauten schirmen zur hoch belasteten Strasse ab. Um kleinere quartiersprägende Plätze mit Blick auf die prägenden Bauten (Kirche / Kaufhaus Titz) entstehen angenehme innenstadtnahe Wohnquartiere.
Erdgeschossig werden platzseitig großzügig verglaste Ladenzonen mit entsprechenden Lagerflächen zur Verfügung gestellt; die Ladenzonen orientieren sich hierbei zum Quartiersplatz und beleben diesen.
Die Andienung der größeren Parkhäuser (auch als Ersatz für den derzeitigen Großparkplatz) erfolgt direkt von der Bahnhofstrasse aus.

Beurteilung durch das Preisgericht

Baufeld J5
- Die vorgeschlagene Idee wird als innovatives Konzept gesehen, jedoch erscheint das Projekt als eine sehr große Baumaßnahme mit vielen Abhän-gigkeiten. Es bestehen Bedenken hinsichtlich der Funktionalität (Wohnen mit Einzelhandel auf mehreren Ebenen) und der Topographie (Funktionsfä-higkeit von Einzelhandel im UG).
- In der nächsten Phase werden vertiefende Aussagen zur
- schrittweisen Entwicklung (Flexibilität)
- der Machbarkeit von Wohnen und Einzelhandel auf mehreren Ebenen
- Zugänglichkeit / Einladungscharakter / Attraktivität
- Erschließung/ Parken
erwartet.
- Die Hauptlauflinien von der Kernstadt zum Baufeld J5 sind zu prüfen. Insge-samt ist das Baufeld stärker von der Straße der Nationen aus zu denken
„Beschleuniger“
- Der „Beschleuniger“ wird grundsätzlich positiv gesehen, allerdings wird die mögliche Beeinträchtigung des Parks Am Roten Turm (Rückenlage) kritisch diskutiert.
Der Baukörper ist aufgrund seiner prominenten Lage in der nächsten Phase im Spannungsfeld zwischen notwendiger funktionsfähiger Baumasse und geringer Eingriffstiefe in den Park Am Roten Turm weiter auszuarbeiten und mit Aussagen zur Funktionalität, Fassadengestaltung und Erschließung / An-dienung / Parken zu qualifizieren.
- Der Beitrag des Gebäudes zur Weiterqualifizierung des Parks Am Roten Turm ist darzulegen.
- Die Sinnhaftigkeit und Erforderlichkeit der parallelen Wegeführung beidsei-tig des Beschleunigers wird hinterfragt.