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Offener Wettbewerb | 07/2016

„Brunnenstraße I Schulstraße I Kirchstraße“

ein 1. Preis

Preisgeld: 8.750 EUR

citiplan

Stadtplanung / Städtebau

RIEHLE KOETH

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

Freiraumplanung Sigmund Landschaftsarchitekten GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

NEUE NACHBARSCHAFTEN
Es besteht heute ein Bedarf an neuen, gemeinschaftsbezogenen, generationenübergreifenden, barrierefreien und zentral gelegenen Wohnformen im Feld zwischen familienbezogenem Wohnen (im Einfamilienhaus mit Garten) und institutionell betreutem Wohnen (Betreutes Wohnen, Pflegeheim). Diese Zielgruppe kann dazu beitragen, Ortskerne neu zu beleben, da sie bewusst zentrale Lagen sucht. Das Quartier „Schulstraße“ eignet sich aufgrund dessen hervorragend für ein solches Konzept. Es entstehen barrierearme und barrierefreie Wohnungen für unterschiedliche Altersgruppen. Der durch die Bewohner weitgehend selbstorganisierte und durch die Wohnungen mitfinanzierte Quartiers-Treff wird zum Kristallisationspunkt für die Entwicklung der neuen Nachbarschaften.

HERZ DES ORTES
Rathaus und Kirche definieren das Herz eines Ortes. Sie werden in diesem Konzept enger miteinander verbunden. Der öffentliche Raum wird räumlich aufgewertet und weiterentwickelt, der historisch-dörfliche Charakter durch eine Folge von großen und kleinen Plätzen betont. In diesen Strukturen entstehen neue Nachbarschaften nicht nur organisiert innerhalb der Gebäude, sondern auch klassisch im öffentlichen Raum.

Es entsteht eine „Achse des Gemeinwesen“ vom Pflegeheim im Norden des Ortskerns über Rathaus, Altes Rathaus und dem neuen Mehrgenerationen-Quartier bis zur Kirche im Süden.

STADTRAUM UND STÄDTEBAULICHE EINBINDUNG
Die neuen Baukörper fügen sich in Körnung und Volumen in die Bestandsstruktur ein und tragen zur Weiterentwicklung spannungsvoller öffentlicher Räume bei. Sie sind so orientiert, dass sie einerseits ihre raumbildende Funktion erfüllen, andererseits aber auch eine ausreichend natürlich belichtet sind. Durch die wechselnden Orientierungen entstehen dörflich-typische Verzahnungen zwischen den Gebäuden und geschützte Freiräume.

Die Eingänge sind so gewählt, dass sie die öffentlichen Räume „Schulstraße“ und „Kirchplatz“ betonen. Der Quartiers-Treff stellt eine geeignete Erdgeschossnutzung in topografisch schwierigem Gelände dar und belebt dadurch auch den Straßenraum.

STRAßEN-, PLATZ- UND FREIRÄUME
In einer eher beengten innerörtlichen Lage sind Platz- und Freiräume wichtige Bausteine für eine gute Wohnqualität. Die Straßen- und Platzräume werden so gestaltet, dass die fußläufige Verbindung zwischen Rathaus und Kirche sowie die Aufenthaltsqualität im Vordergrund stehen. Die Freitreppe zwischen Kirchplatz und Schulstraße bindet Rathaus und Kirche enger zusammen und bietet neue, unbekannte Ausblicke über das Neckartal und den Ortskern. Die Wegeachsen folgen den Blickachsen und umgekehrt. Ruhepunkte werden in das Straßenbild integriert. Wiederkehrende Elemente (Sitzstufen, Treppen, Materialien) schaffen Zusammenhalt.

Die „Achse des Gemeinwesens“ zwischen Pflegeheim und Kirche soll baulich weitgehend barrierefrei gestaltet werden. Die vorhandene Straßengestaltung mit einer Gehbahn mit rollgerechten Oberflächen und taktil erfassbaren Kanten bietet hier gute Ansätze, die weiterentwickelt werden sollen. Die gebäudezugehörigen Aufzüge können helfen, die Topografie im öffentlichen Raum zwischen Schulstraße und Kirchplatz zu überwinden. Der Aufzug am Quartiers-Treff ist nutzbar, ohne das Gebäude selbst dabei zu betreten.

Die Kirchstraße wird durchgehend als gemischt genutzte Verkehrsfläche gestaltet, wodurch Fußgängerquerungen und Aufenthalt erleichtert werden.

Private Freiräume sind so orientiert, dass sie in der Regel trotz der innerörtlichen Enge eine gewisse Privatheit ermöglichen.

NUTZUNGS- UND FUNKTIONSKONZEPT
Das Nutzungskonzept sieht barrierearme und barrierefreie Wohnungen unterschiedlicher Größe für generationengemischtes, gemeinschaftsbezogenes Wohnen vor. Ein zentraler Quartiers-Treff ist hierfür die organisatorische Drehscheibe. Weitere Nutzungen wie Tagespflege, inklusives Wohnen, ambulant betreutes Wohnen oder Kleinkindbetreuung können in Abstimmung mit den künftigen Bewohnern und/oder Eigentümern ergänzt werden. Diese können ggf. auch zur Belebung der Erdgeschosszone zum Kirchplatz beitragen. Die geplanten etwa 18 Wohneinheiten sind eine gute Größenordnung für eine sozial und altersmäßig gemischte Gruppe, die ein solches Projekt auch organisatorisch stemmen kann.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Vorschlag einer „Achse des Gemeinwesens“ als städtebaulicher Ansatz, in die das Wettbewerbsgebiet „eingehängt“ ist, wird anerkannt. Körnung und Volumina der Neubebauung mit Mehrfamilienhäusern fügt sich in die Bestandsstruktur ein. Allerdings erscheint das mit der Traufseite zur Kirchstraße platzierte Mehrfamilienhaus gegenüber der Nachbarbebauung in der Höhenentwicklung zu massiv und beeinträchtigt damit den Blick auf die Kirche. Proportionen und Zuordnung der Baukörper zwischen der Schul- und der Brunnenstraße lässt einen hohen Wohnwert mit Aufenthaltsqualität erwarten. Ein Wohnungsmix wird angeboten, auch für generationsübergreifendes Wohnen. Das Konzept der beiden zugeordneten Tiefgaragen scheint zu funktionieren, allerdings ist die Zufahrt zur südlichen Tiefgarage problematisch, da die Fahrzeuge die geplante Platzfläche überfahren müssen. Die öffentlichen Stellplätze werden weitgehend nachgewiesen. Das als „Achse“ vorgeschlagene Freiraumkonzept wird begrüßt. Der angebotene Quartierstreff mit einer klar strukturierten, trapezförmig angelagerten Grünfläche und Stufenanlage zur Überwindung des Höhenunterschieds in Richtung Kirche wird positiv bewertet. Sie findet ihre Fortsetzung sinnfällig in der maßvollen Gestaltung des überfahrbaren Kirchplatzes. Allerdings sind keine er-kennbaren planerischen Hinweise zur Barrierefreiheit erkennbar. Eine abschnittsweise Realisierung ist problemlos gewährleistet. Insgesamt kann sowohl die städtebauliche Neuordnung als auch eine adäquate Freiraumgestaltung und zielgerichtete Wegeführung einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung der Ortsmitte leisten.