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Offener Wettbewerb | 05/2016

Schulkompetenzzentrum Ferlach - Erweiterung der H. Techn. Bundeslehr- und Versuchsanstalt u. Neubau der Fachberufsschule

1. Rang

HERTL.ARCHITEKTEN ZT GMBH

Architektur

Erläuterungstext

STÄDTEBAU UND FORMGEBUNG
Der Entwurfsansatz beruht einerseits auf einem eigenständigen Werkstättengebäude mit innerem Atrium, sowie andererseits auf einer Aufstockung des Bestandsgebäudes mit einem ringförmigen neuen Geschoss, welches der Gestalt des Hauses Prägnanz verleiht und einen visuell gefassten Eingangshof ausbildet. Darin sind sämtliche Klassenräume beider Schulen und die Verwaltung der FBS untergebracht. Der Hof wird in seiner Anmutung als Aufenthaltsort gestärkt, seine Öffnung zur Straße wird zum Portal, dessen oberer Abschluss von der neuen Bibliothek - dem symbolischen gesammelten Wissen der Bildungsstätte - geprägt wird.


DAS HERZ DER SCHULE
Auf der von der Straße abgehobenen ’Belle Etage’ weitet sich der Raum der Eingangshalle zur quer liegenden Aula. Der neu große Saal und die Kantine öffnen sich zu ihr. Sämtliche Geschosse darüber bilden Aufenthaltszonen mit Blick in den Patio aus. Die zentrale Haupterschließungsachse wird in Richtung Werkstättengebäude verlängert und sorgt für eine gute Orientierbarkeit im Raumgefüge. Auch nach oben hin bleibt die Logik der vertikalen Verbindungen erhalten.
Ein Nebeneingang in den Verbindungstrakt zwischen Bestand und neuem Werkstättengebäude erlaubt eine einfache Belieferung zwischen beiden Werkstättenbereichen.

WERKSTATT ALS LERNLANDSCHAFT
Die Werkstättenbereiche sind ringförmig um ein Atrium mit eingehängten Treppenläufen vorgesehen. Licht fällt tief ins Innere. Die eigentlichen Werkstätten sind durch Lagerflächen und Vorbereitungszonen strukturiert. Deren Positionierung ist im Grunde genommen flexibel, denn das Tragwerk lässt jegliche Aufteilung und Veränderung offen. Unterschiedliche Raumtiefen und Blickbeziehungen quer durch den Raum lassen eine spannungsreiche Landschaft entstehen.


KONSTRUKTION UND MATERIALITÄT
Das neue Gebäude ist als konstruktiver Holzskelettbau mit aussteifenden Scheiben konzipiert. Decken aus kreuzweise verleimtem Platten spannen zwischen der Stützenreihe ums Atrium und der Außenwand, welche aus Leimbinder-Rippen in einem Raster von 1m besteht. Die Zwischenräume werden mit ausgedämmten Wandpaneelen oder Glasfenstern mit vorgehängten Raffstores zur Außenbeschattung gefüllt. Von außen betrachtet treten die tragenden Rippen als Holzlamellen einer angenehm ruhigen Form in Erscheinung.
Analog dazu ist auch das Aufstockungsgeschoss als leichter Holzbau vorgesehen, der tragende Elemente des Bestandes zur linearen Lastabtragung nutzt. Eine Schattenfuge von 30cm trennt den aufgelegten Körper respektvoll vom Bestand, eine neue Kreuzlagendecke spannt über das bestehende Dach. Dadurch ist der technische und zeitliche Einfluss auf das Geschehen darunter sehr reduziert. Die Treppenhäuser werden in Stahlbeton nach oben erweitert. Eine Fachwerkkonstruktion überspannt die offene Seite des Eingangshofes und wird punktuell auf einer quer eingestellten Wandscheibe aufgelagert, welche die Lasten auf das Bestandgebäude reduziert und den großen Hof räumlich stärker definiert.
Durch die Holzfertigteile kann die offene Zeit während der Bauphase kurz gehalten werden. Zwar bedarf diese Art der Konstruktion zwar eine längeren Vorlauf und eine entsprechende Planung. Jedoch können durch die Vorfertigung viele kritische Details der luftdichten Gebäudehülle weg von der Baustelle hin die Fabrik verlagert werden, wodurch unter besseren Arbeitsbedingungen insgesamt die Qualität der Bauteile wesentlich verbessert und die Fehleranfälligkeit reduziert werden kann. Auf der Baustelle sind nur wenige, vorgefertigte Übergänge zu verbinden.


ENERGIEKONZEPT
Durch eine kompakte Baukörperform und eine wärmebrückenfreie Gebäudehülle wird die erforderliche Heizenergie, die durch eine Fernwärmeübergabestation bereit gestellt wird, auf ein Minimum reduziert. Ein hocheffektiver außenliegender Sonnenschutz zusätzlich zur Grundbeschattung durch die Lamellenstruktur reduziert den Wärmeeintrag, eine intelligente Steuerung verhindert ein Aufheizen der Gebäudemasse zu Zeiten, in denen das Gebäude ungenutzt ist. Eine Komfortlüftungsanlage (vorgewärmte Frischluft quillt langsam in den Raum, Fortluft wird über Fugen in der Decke großflächig abgesaugt) sorgt für eine konstant hohe Luftqualität in den Räumen. Ziel ist, eine möglichst reduzierte, nutzertolerante Haustechnik vorzusehen, die einerseits einfach zu bedienen ist und anderseits den Bediener nicht überfordert bzw. bevormundet.
In Summe entsteht ein Stück Stadt im Kleinen, das als inspirierender Ort vielfältiger Atmosphären zu einer Bühne des pädagogischen Lebens werden kann - und die Lust auf eine Bespielung erwecken soll.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das vorliegende Projekt besticht durch die klare und maßvolle Herangehensweise an die durchaus komplexe Aufgabenstellung der Erweiterung des Bestandsgebäudes und des Neubaus der FBS. Der/Die ProjektantIn schlägt sowohl eine Aufstockung des Bestandes, als auch einen autarken Neubau der Berufsschule vor. Durch die geschickte Aufteilung der Baumassen wird das Projekt den gestellten Anforderungen am besten gerecht. Durch die großzügige Behandlung der Bestandsflächen im EG entsteht hier der notwendige Freiraum für die Verbindung beider Schultypen. Die Setzung des Solitärbaukörpers setzt einen Kontrapunkt zur langen Bestandsfassade an der Ostseite des Planungsgebiets. Sowohl der gewählte Typus des Gebäudes als auch sein freies Umfeld lassen für die weitere Bearbeitung große Flexibilität zu. Die ringförmige Aufstockung des Bestandsgebäudes bildet einen sinnigen Abschluss zum U-förmigen Bestandsvolumen und lässt ausgezeichnete Unterrichtsräume erwarten, insbesondere die neu situierte Bibliothek. Nicht nur in architektonischer Hinsicht, sondern auch aus funktionellen und städtebaulichen Gründen erfüllt das Projekt die gestellten Anforderungen in herausragender Weise.