modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Offener Wettbewerb | 07/2016

Campus Geisenheim

Eingangssituation Zentralbereich Ost

Eingangssituation Zentralbereich Ost

1. Preis

Preisgeld: 38.000 EUR

Ferdinand Heide Architekt

Architektur

Die LandschaftsArchitekten. Bittkau-Bartfelder PartG mbB | Landschaftsarchitektur und Stadtplanung

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Städtebauliches Konzept
Der städtebauliche Rahmenplan ist nicht nur eine große Chance für die bauliche Entwicklung der Hoch¬schule, sondern auch für die Landschafts- und Stadtstruktur im Westen Geisenheims. Als robuste Grundlage für diese Entwicklung schlagen wir zusammenhängende sukzessive zu ent-wickelnde Baufelder in einer parkartigen Umgebung vor, die in den Bestand und die Land¬schaft behutsam eingefügt sind. Es entsteht ein ausgewogenes Gewebe aus „Clustern“ und Nut¬zungen, das stabil und flexibel ist.

Freiraumkonzept
Der Hochschulstandort befindet sich inmitten einer einzigartigen, historisch gewachsenen Kultur-landschaft und hat diese Landschaft mit seiner eigenen Entwicklungsgeschichte geprägt. Ihren Ursprung hat die Hochschule 1872 als Königlich Preußische Lehranstalt für Obst- und Weinbau. Wenig später konnte hier auch Gartenkunst studiert werden. Diese sowie alle sonstigen hinzugekommenen wie zukünftigen Studiengänge werden die Gestaltung des Freiraumes ent-sprechend ihrer Inhalte prägen. Unser Freiraumkonzept überführt die vorhandenen Mosaik¬steine mit den Neuentwicklungen zu einem Gesamtensemble zusammen. Die Voraussetzungen dazu sind ideal: Das ursprüngliche Verwaltungs¬gebäude, das man auch als bauliches ‚Herzstück‘ der Hochschule bezeichnen könnte liegt mit seinem historischen Park unmittelbar am Übergang des Stadtrandes und verknüpft sich an dieser Stelle mit der Stadt Geisenheim in Richtung Zen¬trum. Die Villa Monrepos, die sich der Gründer der Lehranstalt, Eduard von Lade, mit einer wei¬teren gro߬flächigen Parkanlage als Alterssitz erbauen ließ, bildet den südlichen Abschluss mit weitem Panorama auf die Rheinlandschaft.
Die zukünftigen Flächen der Hochschule entwickeln sich zwischen diesen beiden einzigartigen Park¬anlagen von Ost nach West bis zum bestehenden Standort der Rebenzüchtung. Nördlich wer¬¬den die Campusflächen von der weitläufigen Rheingauer Weinbergslandschaft gerahmt.

Campus östlicher Teil
Der neue Eingangsbereich ist als Adresse der Hochschule von entscheidender Bedeutung für die städtebauliche Ordnung. Er ist im historischen Schwerpunkt verortet und öffnet sich als kleine Platz¬fläche zum öffentlichen Raum. Einen signifikanten Akzent setzt das „öffentliche“ Hörsaal¬ge-bäude, welches in idealer Weise (durch das abgetreppte Gestühl seiner Hörsäle) die vor¬¬handene Topographie für einen Zugang von beiden Niveaus nutzt. Der einladende trans¬parente Baukörper und sein kraftvolles kompaktes Volumen ist durch eine innovative Über¬lagerung von konstruk-tiven und funktionalen Anforderungen möglich: Das für den Saal von 630qm Fläche er¬forder¬liche Dach¬tragwerk wird als raumhohes Trägerkreuz so über dem Saal angeordnet, dass die vier Qua-dranten im OG jeweils optimal für einen Seminarraum samt Vorbereitungsraum genutzt werden können. Attraktiv erschlossen werden sie jeweils über zum Foyer offene Galerien. Großflächige Durch¬dringungen des wandhohen Tragkreuzes, die auch statisch problematisch wären, sind bei dieser Figur nicht erforderlich.
Der Umgang mit der vorhandenen Höhensituation und die Platzierung der Neubauten ermög-lichen einen weitgehenden Erhalt des wertvollen Baumbestandes. Die darüber hinaus ge¬wünsch-te Öffnung und Verzahnung mit dem öffentlichen Raum wird durch die Wegnahme der Anbauten entlang der Falterstraße möglich. Die historischen Backsteingebäude sowie die Aula von 1907 blei¬ben erhalten und machen die bauliche Entwicklung des Hochschulstandorts ab¬les¬bar.
Der Austauschhörsaal (Ersatz für 1005) bildet zusammen mit dem großen Hörsaalgebäude eine neue raumbildende Klammer des Campusbereichs Ost, der sich als großzügiger nutzungsoffenen Freiraum zwischen diese Gebäuden spannt. Die Gestaltung bietet differenzierte Aufenthalts-qualitäten. Niveaugleiche Übergänge jeweils in die Foyerfläche der beiden Hörsaalgebäude hinein und weitere Verknüpfungen in die eigentlichen Säle über mobile Trennwände bieten zusätzlich ein enormes Potential für Veranstaltungen, Messen und Festlichkeiten.
Ergänzt wird die Figur um ein Gebäude in dem zwei Nutzungen – Logistik und Praktikum –zu-sammengefasst sind.

Campus westlicher Teil

Die Verknüpfung beider Campusbereiche erfolgt nicht mehr allein über die vorhandene Brücke, sondern auch über den neuen Eingangsplatz. Diese Verbindungen finden in beide Richtungen mit Wegen und Baumpflanzungen eine Fortsetzung und bilden das Rückgrat der Campus¬er-schließung.
Westlich des ZIG Laborgebäudes schließen sich die neuen Entwicklungsflächen an. Das Zentrum und Gelenk bildet der neue Campusplatz, von dem auch der südliche Campus¬bereich, der durch die trennende Bahnlinie abgekoppelt war, barrierefrei erschlossen wird. Dies wird durch die beidseitig der Bahnlinie angeordneten Baukörper der beiden Ersatzgebäude 1000.2 möglich, deren Foyer und - Erschlie¬ßungszonen über eine Brücke effizient und attraktiv miteinander ver-bun¬den sind. Über die normalen Gebäudeaufzüge und über die großzügigen Treppenaufgänge, die mit dem Ort spielen: Von diesem erhöhten Standort lassen sich einmalige Sichtbeziehungen auf alle die Landschaft so einzigartig machenden Sehenswürdigkeiten – zum Geisenheimer Dom, zur Villa Monrepos mit Rheinverlauf, zum St. Hildegardis-Kloster bis hin zum Niederwalddenkmal – erleben. Mit der Brücke werden idealerweise zwei Häuser miteinander verbunden, die ohnehin zusammenhängend und in Nähe zum ZIG liegen sollen. Alle weiteren Neubauten und Gewächs-häuser sind entsprechend ihrer bauabschnittsweisen Ab¬folge als kompakte Figur linearer Elemente ausgebildet, die den Muttergarten nach Norden fasst. Den Auftakt bildet das Getränkezentrum. Zwischen den einzelnen Gebäuden sind Freiflächen an¬¬ge¬ordnet, die in ihrer Ausgestaltung thematisch Bezug zu den jeweiligen Forschungs- und Studieninhalten nehmen können. Der Campusplatz wird mit einer Cafeteria ergänzt, dient der Kommunikation und kann vielfältig wie z.B. für Sommerkino o. ä. genutzt werden.



Campus südlicher Bereich

Der Campus Süd hat seine historische Kernzelle in der Villa Monrepos. Um diesem wichtigen Gebäude aber auch dem neuen Verbindungsbau über die Bahngleise einen noch schöneren Auftritt zu verleihen, wird nördlich der Straße mit axialem Bezug auf Monrepos ein neuer Ter¬ras-sengarten angelegt. Die räumliche Fassung zu den Bahngleisen bildet nicht nur der Neubau sondern auch die erhaltenen Gebäude 6501, in denen die Kita und ein Spielhaus mit angeglie-derter Freispielfläche untergebracht sind. Das Gebäude 6601 Rüdesheimer Straße 28 wird er¬hal-ten und durch ein weiteres Gebäude ergänzt. Hier werden zukünftig studiengang¬übergreifende Nutzungen wie Seminarräume, Praktikumsflächen o. ä. angeboten, die das studen¬tische Leben ergänzen. Zur weiteren Unterstützung der Verknüpfung der Campusbereiche Süd und West werden zwei weitere Treppenanlagen in die seit¬lichen Mauer¬wangen der Unterführung eingefügt.


Architektonische Ausformulierung

Die Architektur der Neubauten sollte sich an dem Leitbild des Ensembles orientieren. Demzufolge könnten die Neubauten eine Architektursprache haben, die der des letzten Neubaus ZIG recht ähnlich ist: Eine moderne Baukörperstruktur und zeitgemäße konstruktive Fügung wird ergänzt um einen sensiblen Materialeinsatz: Der Massivität Bruchstein oder Holzverkleideter Wände (Hörsaalgebäude) wird z. B. die Filigranität von Glasfassaden gegenübergestellt.
Ein ähnliches Spiel zwischen schweren geschlossenen Volumen und transparenten, einladenden Foyerfassaden wie bei dem dargestellten Hörsaalgebäude könnte zum architektonischen Leitbild des neuen Campus werden. Wichtig dabei ist, dass es sich um in der Kontur und im Volumen jeweils klar ablesbare Baukörper handelt, die einerseits als Volumen und Wände für den Campus raumbildend sind und anderseits trotz der Volumenvorgabe eine differenzierte Architektur zeigen.

Verkehrliche Erschließung und Parkraumangebot
Die verkehrliche Erschließung des östlichen Campusbereiches erfolgt unverändert über die an-grenzenden Straßen im westlichen Campusbereich als Erweiterung und Ausbau der Falter¬straße bis zur nördlichen Zufahrt der neuen Parkplätze, die den größten Anteil an Pkw-Stellplätzen decken werden. Dieser Parkplatz kann – um Zwischennutzungen ermöglichen –sukzessive zur Bedarfsentwicklung ausgebaut werden Bei einem steigenden Stellplatzbedarf kann auf die in der Auslobung angedachten Einrichtung eines Parkdecks parallel zur Bahnlinie an der Bren¬ta-nostrasse 9 zurückgegriffen werden. Der Campusbereich ist bis auf temporäre Andienungs¬er-fordernisse autofrei. Für die Hochschulverwaltung sind einzelne, auch barrierefreie, Stellplätze gebäudenah angeordnet.

Fazit „Ein Ensemble ganz besonderer Qualität“
Das Nebeneinander von historischen Gebäuden und sensibel gesetzten und signifikant gestal¬te-ten Architekturen in einer herausragenden Landschaft und schönen Gärten verleit dem Campus Geisenheim eine ganz besondere bauliche Identität in der deutschen Hochschulland¬schaft.

Beurteilung durch das Preisgericht

Ausgehend von den hochwertigen, historischen Parkanlagen und einem Bestand geschichtlich und baukulturell für die Entwicklung des Campus prägender Gebäude, eingebettet in die Rheingauer Weinbergslandschaft, schlägt die Arbeit ein Gewebe aus Clustern und Nutzungen vor, das gleichsam stabil für Entwicklung und flexibel für Anpassungsbedarfe ist. Der zukünftige Campus der Hochschule entwickelt sich zwischen der historischen Parkanlage am Altstandort in ihrer Verknüpfung zur Innenstadt und dem Park um Monrepos mit seinem Raumbezug in die Rheinlandschaft. Entsprechend werden die vorgeschlagenen Räume in ihren Orientierungen, Erschließungssystemen und Maßstäblichkeiten differenziert für die beiden Standorte Ost und West entwickelt.
Am östlichen Standort wird über die Setzung von Hörsaal- und Praktikumsbau mit klaren Baukörpern an der Ecke ein neuer Eingangsplatz definiert, der sich zum öffentlichen Raum öffnet, in den innenliegenden Campusraum einlädt, und mit den Neubauten im Westen verknüpfen kann. Das neue Hörsaalgebäude setzt architektonisch differenziert einen signifikanten baulichen Akzent, der adressbildend wirkt, und als Typus den topographischen Höhenversatz und die beidseitigen Erschließungsanforderungen produktiv aufnehmen kann. Der Neubauriegel des Praktikumsgebäudes erscheint in der Höhenentwicklung weniger differenziert und überlastet das benachbarte historische Gebäude, allerdings kann das Programm ggf. über Entnahme des Bereichs Lebensmittelsicherheit in der Baumasse reduziert werden.
Der gesamte Innenbereich des Ostcampus entwickelt- abgeschlossen über den späteren Ersatzbau von 1005 im Westen - eine innere Raumspange, die maßstäblich die historischen Gebäude und Raumfolgen zusammenführen kann und die eigene Identität des historischen Campus sensibel weiterentwickeln und stärken kann. Besonders die Freiraumqualitäten werden anerkannt.
Der Westcampus bezieht sich in seiner Entwicklung auf die mit dem ZIG vorgegebene Strukturgrenze und Maßstäblichkeit und lagert in klar strukturierten Baufeldern einfache Kubaturen für die Neubauten gut erschlossen an. Während das GTZ in naher Zuordnung nördlich situiert ist, entstehen die Ersatzgebäude 1001 und 1002 als komplexer Typus aus 2 Volumen mit Brückenbau, der die Verknüpfung über die Bahn nach Süden integrieren soll. In der Architektursprache soll Raumbildung, Typologie und Materialeinsatz auf das ZIG-Gebäude Bezug nehmen, und so auch im Westcampus Kontext und Ensemble weiterentwickelt werden.
Während die Zuordnung von Cluster 1 zu den Gewächshäusern aus Nutzersicht etwas weit entfernt erscheint, wird die räumliche Nähe von Urbanem Gartenbau zum Studiengang Landschaftsarchitektur als Potential für die interdisziplinäre Lehre gesehen. Die Inwertsetzung historischer Gebäude für die Kita gegenüber Monrepos wird über die Nähe zum Park und dort angebotene Programme für Kinder ebenfalls als umgesetztes Potential bewertet.
Die großflächige Sammelparkierung auf für die Hochschule bedeutenden Obstanbauflächen wird kontrovers diskutiert, obgleich im Umfang realistisch und in der Zuordnung funktional. Auch wenn die Gliederung mit den Strukturen der Wingertflächen einen Dialog sucht, wird die Angemessenheit hinterfragt. Die Geschosshöhen des Projektes sind realistisch dargestellt, einzig die Heiz-Zentrale mit 3m zu niedrig dimensioniert. Die vorgeschlagenen Bauphasen sind aus Nutzersicht stringent und realistisch im Rahmen der Programmziele umzusetzen; für die Realisierung des GTZ ist ein Teilabriss von Gebäude 1000 zu berücksichtigen.
Dem vorliegenden Detailierungsgrad der Planung entsprechend dürfen die hessischen Anforderungen zur Energieeffizienz mit den vorgeschlagenen Hochbauten als erfüllbar bewertet werden. Das vorliegende Energiekonzept der Hochschule ist im Rahmen des Entwurfs umsetzbar. Es bestehen große zusammenhängende Fassaden- und Flachdachflächen, die sich für Photovoltaik und Solarthermie, auch in Kombination mit einer Begrünung, anbieten. Die Ausrichtung der Gebäude zur Sonne und die Zuordnung untereinander unterstützt das zusätzlich. Die in den Plänen dargestellten Fassaden werden wegen ihres allgemein niedrigen Glasflächenanteils als angemessen bewertet. Die punktuell eingesetzten großflächigen Verglasungen lassen den Schluss zu, dass zumindest diese Flächen in den Sommermonaten aktiv gekühlt werden müssen. Vor diesem Hintergrund wird das rundum gebäudehoch verglaste neue Hörsaalgebäude kritisch bewertet.
Insgesamt entsteht über sensible Setzungen und signifikante Gestaltung sowohl in der städtebaulichen Struktur als auch in der vorgeschlagenen Haltung der folgenden Architekturprojekte ein Ensemble hoher Funktionalität, Raumqualität und Identität
Campuswiese mit Blick auf Hörsaalgebäude

Campuswiese mit Blick auf Hörsaalgebäude

Lageplan

Lageplan