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Offener Wettbewerb | 07/2016

Campus Geisenheim

Vogelperspektive von Südwesten

Vogelperspektive von Südwesten

2. Preis

Preisgeld: 23.000 EUR

rheinflügel severin

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

el:ch landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

bueroKleinekort architecture | urbanism | research

Stadtforschung, Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

Verbindung
Der städtebauliche Entwurf gibt dem Campus ein erkennbares Gesicht ohne dabei als Fremdkörper im städtischen Gefüge zu erscheinen. Grundlegend dafür ist die konsequente Öffnung und optimale Vernetzung der Hochschulflächen innerhalb der Stadt. Daneben spielt die situativ differenzierte Einbindung in die jeweilige Situation eine wichtige Rolle, sei es die Ausrichtung an historischen Fluchten und Sichtachsen oder an der örtlichen Topographie der nach Süden abfallenden Weinberge. Die bis an den Campus heranreichenden Rebenkulturen verdeutlichen die Besonderheit dieser Anlage. Damit ist nicht nur die landschaftlich reizvolle Lage im Rheingau gemeint, sondern vor allem auch die Verknüpfung der umgebenden Landwirtschaft mit den Lehr- und Forschungsinhalten der „grünen Hochschule“. Versuchsfelder, hochschuleigene Anbauflächen und historische Parkanlagen verbinden sich mit den neuen und bestehenden baulichen Anlagen der Hochschule zu einem vielschichtigen und wechselseitig befruchtenden Patchwork und definieren darüber einen selbstverständlichen wie zeitgemäßen Campus in Ortsrandlage.

Organisation
Der Zentralbereich des Campus erstreckt sich zwischen der Falterstraße und der Bahntrasse, wobei der Falterstraße zugleich die Funktion der äußeren Erschließung zukommt, die in ihrer eindeutigen Organisation mit dezentralen, den Nutzungseinheiten zugeordneten Stellplätzen für Besucher schnell erkennbar wird. Die innere Erschließung übernimmt eine zentrale Promenade für Fußgänger und Radfahrer, welche auf halber Höhe zwischen Falterstraße und Bahntrasse verläuft. Die Promenade bildet das Rückgrat der Campusanlage mit großzügigen Freiflächen auf der Südseite. Sie überwindet die durch die Von-Lade-Straße hervorgerufene Teilung und verknüpft den östlichen mit dem westlichen Zentralbereich. Aufgrund der verschiedenen räumlichen Gegebenheiten wurden die beiden Zentralbereiche auf differenzierte Weise entwickelt, mit der Intention, den Campus behutsam in seinen Kontext einzufügen

Campus Ost
Im östlichen Zentralbereich nimmt der Solitär des historischen Hauptgebäudes weiterhin die zentrale Position ein. Alle neuen Gebäude richten sich auf diese Mitte aus und ordnen sich in ihrer Materialität der Farbigkeit und Massivität des vorherrschenden roten Backsteins unter. Das Institut für Logistik und das neue Hörsaalzentrum geben diesem Campusbereich nun nach Westen einen räumlichen Abschluss, sodass ein funktionales Gegengewicht zu dem bestehenden Hörsaalkomplex mit Bibliothek und Mensa entsteht. Der Hörsaalpool wird an selber Stelle in einem neuen Gebäude untergebracht. Dieses Gebäude schließt den Campus nach Osten ab und definiert gemeinsam mit der südlich verlaufenden Promenade eine klar formulierte Raumkante zur denkmalgeschützten Parkanlage. Die Promenade endet hier in Anbindung an das bestehende Wegesystem nach Norden zur Haasenstraße wie nach Südosten zur Beinstraße.

Campus West
Für den westlichen Zentralbereich einschließlich der Optionsfläche 1 geben die bestehenden Gebäude um das zentrale Laborgebäude die Richtung für eine Fortsetzung der Promenade und die weitere bauliche Entwicklung vor. Zunächst werden nach Umsetzung des Folientunnels das Getränketechnische Zentrum (GTZ) und die neue Heizzentrale südlich des später abzureißenden Gebäudes 1000 realisiert. Zeitgleich entsteht südlich der Bahntrasse das Praktikumsgebäude Lebensmittelsicherheit. Im nächsten Bauabschnitt folgen westlich gegenüber dem Praktikumsgebäude Cluster 1 und im Norden an der Falterstraße Cluster 2 als Ersatz für Gebäude 1000. Weitere Maßnahmen dieses Bauabschnitts sind die Realisierung des Forschungsbaus westlich neben Cluster 2 sowie der Bau der Kindertagesstätte im Südosten des Zentralbereichs West. Die Gewächshäuser können sukzessive entlang der Promenade erneuert werden. Sie entwickeln sich nun unter idealen Belichtungsbedingungen in einer Reihe auf der Nordseite der Promenade. Nördlich davon ist die Realisierung zukünftiger Hochschulgebäude vorgesehen. So entsteht über die verschiedenen Bauabschnitte im westlichen Zentralbereich eine winkelförmige Bebauung, die das Areal südlich der Bahntrasse miteinbezieht. Es wird eine unmittelbare Verbindung mit Blick- und Wegebeziehungen zur Villa Monrepos geschaffen und durch die städtebauliche Form verdeutlicht. Im 90° Winkel zur Promenade wird nach dem Prinzip von Cardo und Decumanus eine zweite Fußwegeachse etabliert, welche die Bahntrasse in Tieflage quert und auf diese Weise die Villa Monrepos mit der Falterstraße verbindet. Beginnend ab der Rüdesheimer Straße im Süden wird dieser Weg von verschiedenartigen, dem Nutzungscharakter des Umfeldes entsprechenden Grünflächen begleitet. Am Kreuzungspunkt beider Wegeachsen wird ein zentraler Platz für den westlichen Campus ausgebildet. Charakteristisch für die Raumsituation ist die Ausbildung klarer Raumkanten einerseits, der freie Blick auf den Muttergarten sowie die Villa Monrepos andererseits. Es entsteht ein Campus mit vielfältigen Bezügen, der den Inhalt einer „grünen Hochschule“ unter Einbeziehung der baulichen Zeugen der Geisenheimer Hochschulgeschichte auf selbstverständliche Art und Weise zum Ausdruck bringt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die städtebauliche Idee wird über die von West nach Ost verlaufende zentrale Promenade definiert. Von Nord nach Süd schafft eine stringent parallel zum ZIG und zur vorhandenen Bebauung geführte Wegeverbindung eine neue Orientierung zur Villa Monrepos. Die richtig nach Süden angeordneten Gewächshäuser bilden zusammen mit dem Muttergarten das neue Herzstück des Hochschulcampus. Die bauliche Rahmung erfolgt auf schlüssige Art und Weise. Charakteristisch für den Entwurf ist die Nutzungsentwicklung nach Westen, die aber unter dem Aspekt der Funktionalität (lange Wege) kritisch diskutiert wird. Das GTZ liegt an zentraler Stelle, die sofort zur Bebauung zur Verfügung steht. Die nachfolgenden Bauabschnitte entwickeln die Verfasser durch schlüssige, orthogonale Baufelder, die eine sukzessive Umsetzung logisch ermöglichen. Im Schnittpunkt des Achsenkreuzes entsteht ein gut proportionierter Platz als Gelenk- und Treffpunkt.
Im Campusbereich Ost gelingt den Verfassern durch eine Freistellung und behutsame Ergänzung der historischen Bausubstanz eine neue Adressbildung. Die neuen Gebäude werden in eine grüne Grundstruktur, die die Idee des bestehenden Landschaftsgartens weiterentwickelt, hineingestellt. Der Versiegelungsgrad wird unter Wahrung des vorhandenen Baumbestandes angenehm reduziert. Das neue Hörsaalgebäude ist richtig positioniert und bildet ein gutes Gegengewicht zum Mensa- und Bibliothekskomplex. Die nördlich angeordnete Stellplatzanlage erscheint an dieser Stelle problematisch und nutzt vorhandene Potentiale nicht aus. Insgesamt wird die Anzahl der geforderten Stellplätze nicht ganz erreicht und ihre räumliche Anordnung kann nicht ganz überzeugen.
Dem vorliegenden Detailierungsgrad der Planung entsprechend dürfen die hessischen Anforderungen zur Energieeffizienz mit den vorgeschlagenen Hochbauten als erfüllbar bewertet werden. Das vorliegende Energiekonzept der Hochschule ist im Rahmen des Entwurfs gut umsetzbar. Es bestehen große zusammenhängende Fassaden- und Flachdachflächen die sich für Photovoltaik und Solarthermie, auch in Kombination mit einer Begrünung, anbieten. Die Ausrichtung der Gebäude zur Sonne und die Zuordnung untereinander unterstützt das in besonderem Maße. Die in den Plänen dargestellten Fassaden werden wegen ihres Glasflächenanteils als noch vertretbar bewertet. Dennoch müssen, auch bei einem guten sommerlichen Wärmeschutz, in den Sommermonaten zumindest Teilbereiche aktiv gekühlt werden.
Die Bausteine für das studentische Wohnen an der Kreuzung Von Lade Straße / Rüdesheimer Straße sind wohlproportioniert und gut angeordnet. Die Lage der Kita in direkter Nähe zur Bahntrasse sowie ihre verkehrliche Erschließung erscheint problematisch. Auch an anderer Stelle ist die Funktionszuweisung der einzelnen Gebäude nicht immer optimal, weist aber Potential auf.
Der Entwurf zeichnet sich durch eine klare Neuordnung des sehr heterogenen Bestandes und sensible Einbindung in die reizvolle landschaftliche Umgebung aus und stellt einen sehr guten Beitrag zur Lösung der gestellten Aufgabe dar.
Lageplan

Lageplan

Hochschuleinrichtungen in Geisenheim

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Fußgängerperspektive Campus West

Fußgängerperspektive Campus West

Fußgängerperspektive Campus Ost

Fußgängerperspektive Campus Ost