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Nichtoffener Wettbewerb | 01/2013

Neubau eines Forschungs- und Lehrgebäudes mit Kindertagesstätte für die Universität Mannheim und Entwicklung eines städtebaulichen Gesamtkonzepts der Stadtquadrate A 5 und B 6

Blick zur Sternwarte © wulf architekten

Blick zur Sternwarte © wulf architekten

1. Preis

wulf architekten

Architektur

AO Landschaftsarchitekten Stadtplaner + Ingenieure Mainz GmbH

Landschaftsarchitektur

Drees & Sommer Advanced Building Technologies

Energieplanung

Erläuterungstext

städtebauliches konzept

priorität hat die wiederherstellung der blockstruktur durch straßenrandbebauung. dies bedeutet auch ergänzung und komplettierung des stadtprospektes von süden im zusammenhang mit dem schloss. hierbei spielt auch die architektonische haltung der fassade eine wichtige rolle. in diesem zusammenhang erscheint es uns wichtig, dass die südostecke von b6 eine ruhige und geschlossene wirkung hat.
da der block b6 überbreite hat und demzufolge eigentlich kein quadrat ist, ist dessen innere gliederung in klare öffentliche räume von bedeutung. durch gezielte bauliche "einstülpungen“ in das blockinnere von drei straßenseiten her wird der innenbereich von b6 in mehrere räumlich gefasste freiraumfelder unterteilt und gefasst. diese überschneiden sich an zentraler stelle an der nord-süd durchwegung. auch im zusammenspiel mit dem barocken stadtmauerrest sollen öffentliche räume von unterschiedlicher einprägsamer qualität entstehen.
die neubauten erhalten ihre haupteingänge und adressen zwar an der straße, die eingangsbereiche sind aber als durchgänge zum blockinneren ausgebildet, so dass auch von hier gleichwertige zugänge entstehen.
während der blockrand typischerweise von einer relativ schmalen baustruktur gebildet wird, erhalten die "eingestülpten" bauteile eine größere gebäudetiefe, um sondernutzungen zu ermöglichen.
diese bauteile markieren auch die öffentlichen zugänge in den block.

das feld a5 gehört nicht zur stadtstruktur und befindet sich gewissermaßen vor den toren der stadt. aus diesem grund streben wir eine sehr deutliche stadträumliche zäsur zwischen b6 und a5 an. dieser freiraum soll als große straßenübergreifende baumüberstandene verbindungsfläche gestaltet sein und den blick nach osten auf die türme der sternwarte und der jesuitenkirche fokussieren. diese beiden historischen städtebaulichen wahrzeichen können somit in das neu arrangierte ensemble hineinwirken. die gestaltung dieses großen öffentlichen freiraums soll sich nach osten über die straße zwischen a4 und a5 bis zur sternwarte hinüberziehen, so dass die neugestaltete rampe der fußgängerunterführung hier direkt einmünden kann, bevor sich der blick und die wegeführung nach westen wenden.
konsequenterweise ist die vorgeschlagene bebauung als fortsetzung und abschluss der vorhandenen bebauung auf a5 zu sehen. der dabei entstehenden östlichen kopfsituation kommt in anbetracht der exponierten lage im südprospekt der stadt eine besondere bedeutung zu, die eine bewusste formale behandlung dieses abschlusses erfordert, im ideenteil aber nur schemenhaft als absicht angedeutet werden kann.

demgegenüber bildet der erste bauabschnitt auf b6 mit seiner in sich geschlossenen u-förmigen baufigur in der südostecke einen stadtbaustein, der die wichtigen städtebaulichen ziele mit eindeutiger haltung klärt und auch für sich bestand haben kann.

nutzungs- und funktionskonzept

die strukturelle gliederung der grundrisse entspricht dem städtebaulichen konzept von blockrand und einstülpung. die eingangsbereiche liegen jeweils an der nahtstelle der beiden teile und stellen verbindungen zwischen straße und blockinnerem her. sie beinhalten die großzügige und einprägsam gestaltete vertikalerschließung der fünf hauptebenen. dadurch wird das gebäude in einen bereich, der sich eher für büronutzung eignet, und einen weiteren bereich, der sich für großflächigere nutzungen eignet, unterteilt. dieses konzept ist in seiner inneren struktur so flexibel ausgelegt, was die konstruktionsart, die raumaufteilung und die technische versorgung betrifft, dass es zukünftige entwicklungen im hochschulbau aufnehmen kann.
der westliche gebäudeteil des ersten bauabschnitts ermöglicht aufgrund der raumtiefe großräumige zusammenhängende nutzungen wie seminarbereiche, studentische arbeitsflächen, kommunikationsbereiche und die kindertagesstätte, deren lage im erdgeschoss für uns gegenüber den studentischen bereichen priorität hat. die kindertagesstätte erhält einen abgegrenzten gut besonnten freibereich in der mitte des hofes. über der kita entwickelt sich ein "seminarhaus" mit zugeordneten flexiblen offenen flächen für studentische arbeitsplätze, kommunikations- und präsentationsflächen. diese bereiche sind räumlich reizvoll jeweils mit lufträumen und galerien über zwei ebenen zusammengefasst.
die bürobereiche im östlichen gebäudeflügel sind so gegliedert, dass an der städtebaulich markanten südostecke großzügige kommunikationsbereiche mit teeküchen entstehen.

architektonisches gestaltkonzept

das äußere erscheinungsbild der gebäude im öffentlichen raum setzt sich mit der frage der angemessenheit der fassadengestalt im historischen umfeld auseinander. eine zurückhaltende klare und ruhige ausstrahlung mit urbanem charakter unter verwendung tradierter fassadentypologie in ausgewogenem verhältnis von wand und fensteröffnung innerhalb einer klaren und strengen grundstruktur erscheint uns an diesem ort der geeignete weg. die außenschale der fassade zeigt ein strukturgerüst aus eingefärbten betonelementen, die das gestalteerische grundelement, das quadratische fenster in subtiler abstufung mehrfach einrahmen.
dadurch erhält die fassade eine zurückhaltende plastizität. besondere bedeutung kommt dem erdgeschoss und dem eingang zu. hier wird die plastizität durch die schuppenartige schrägstellung der fassadenfelder verstärkt, wobei die drehung immer richtung eingang weist, also nicht rundum gleich ausfällt.

im inneren sind besondere raumqualitäten u.a. in der kindertagesstätte vorgesehen, wo aufgrund der größeren raumhöhe teilweise eine zweite ebene eingezogen werden kann und die mittelzone mit den nebenräumen als überkletterbare spielskulptur ausgebildet werden soll.

im seminarhaus gibt es zwei lufträume, die sich durch den außenbezug und die lichtführung in ihrem raumcharakter unterscheiden und jeweils vertikale raumbezüge ermöglichen.
die materialwahl soll hier karg und authentisch im sinn der konstruktion sein und dabei von sehr sorgfältig entwickelten dauerhaft robusten details gekennzeichnet sein. transparente elemente sollen, soweit es der brandschutz ermöglicht, vorrang vor geschlossenen raumabschlüssen haben. hier sollten bewährte revidierbare systeme zum einsatz kommen. generell liegt dem gebäudekonzept ein hohes maß an vorfertigung sowohl im ausbau wie in der fassade zugrunde.

ökonomisches und ökologisches konzept

der nutzung angepasste gebäudetiefe
hohe flexibilität des tragwerks- fassaden- und ausbaukonzepts
gebäude als veredelter rohbau mit bauteilaktivierung und gezielter raumakustik,
dauerhafte, pflegeleichte fassade mit integriertem sonnenschutz
klare konturen des baukörpers mit gutem a/v verhältnis,
keine großen glasflächen in der gebäudehülle.

energiekonzept

alle wärmeverbraucher werden auf niedrige temperaturen ausgelegt, um eine effiziente energieausnutzung sicherzustellen. grundpfeiler des energiekonzepts ist die geothermie. erdwärme dient als wärmesenke für den betrieb einer wärmepumpe zum heizen. aufgrund der geringen genehmigungsfähigen bohrtiefe werden erdkollektoren eingesetzt. die fernwärme versorgt die hochtemperatur wärmeverbraucher (heizkörper) und dient als spitzenlastabdeckung.
der kühlenergiebedarf wird durch bauliche und technische maßnahmen reduziert, so dass eine freie kühlung über geothermie ausreichend ist, um eine sehr hohe behaglichkeit bei geringen betriebskosten und umweltauswirkungen sicherstellen zu können. alle lüftungsanlagen erhalten eine adiabate abluftbefeuchtung, um damit die außenluft im sommer abzukühlen.
zur reduzierung des externen strombezugs empfehlen wir den einsatz von photovoltaikmodulen gezielt in das gebäudekonzept einzubeziehen. die dafür notwendigen anschlüsse sind in form von elektrischen steckdosen vorgesehen.
im zusammenspiel aller energieerzeugungsarten sowie aller energiesparenden maßnahmen kann ein fast nullenergiegebäude errichtet werden.

nachhaltigkeit

der entwurf berücksichtigt durch die modulare anordnung bereits die anforderungen an flächeneffizienz, flexibilität und umnutzungsfähigkeit.

raumklimakonzept

eine hochwärmegedämmte fassade mit moderatem glasanteil reduziert die transmissionswärmeverluste im winter auf ein minimum. gleichzeitig wird der energieeintrag dadurch sowie durch den außenliegenden sonnenschutz minimiert.

büro
die büroflächen werden natürlich belüftet; die grundtemperierung erfolgt über eine flächendeckende bauteilaktivierung, heizkörper dienen als schnelles regelelement.
im sommerfall werden die thermischen lasten über die bauteilaktivierung abgeführt. auf grund der strahlungswärme genügt dieses system höchsten komfortansprüchen.

besprechung
die besprechungsräume werden mechanisch belüftet; die temperierung erfolgt über eine flächendeckende bauteilaktivierung.
im sommerfall werden die thermischen lasten über die bauteilaktivierung abgeführt. auf grund der strahlungswärme genügt dieses system höchsten komfortansprüchen.

kindertagesstätte
die kindertagesstätte wird mechanisch belüftet; die temperierung erfolgt über eine flächendeckende bauteilaktivierung und einer fußbodenheizung.
im sommerfall werden die thermischen lasten über die bauteilaktivierung abgeführt. auf grund der strahlungswärme genügt dieses system höchsten komfortansprüchen.


Mitarbeiter: Dipl.-Ing. Berit Jennrich, Dipl.-Ing. Yeon Yung Choi, B.Sc. Aleksandar Kableshkov

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebaulich überzeugt die Arbeit durch eine subtile und handwerklich gut
konfigurierte Antwort auf die Aufgabenstellung im sensiblen Kernstadtgefüge von
Mannheim. Mittels dreier unterschiedlich ausgeprägter Stadthaussteine schaffen es
die Verfasser sowohl im 1. BA als auch bei den möglichen weiteren Bauabschnitten
stadträumlich elegant zu transformieren und Lücken zu schließen. Hervorzuheben
ist hierbei die Wahl des Bausteins für den 1. BA, der sowohl in seiner ersten
Bauphase als auch in einer Ergänzung dem Stadtgefüge konsequent gute
Antworten bietet.

Besonders gelungen erscheint auch der Lösungsvorschlag für das Baufeld A5 und
den dazu angebotenen verkehrsberuhigten Stadtraum, der die vorhandene
Nachbarschaft gekonnt aufgreift. Die vorgeschlagene Etablierung der Baukörper für
die möglichen Erweiterungen bieten jegliche Möglichkeiten für die Phasen der
Zwischennutzung. Die Reaktion des bauplastisch differenziert vorgetragenen
Entwurfs im Bezug zu den unterschiedlichsten Nachbarbebauungen im Bestand
zeugen von Respekt und Rücksicht, aber auch von Wissen um baurechtliche
Belange.

Die Adressierung aller Gebäudeteile und insbesondere des 1. BA sind typologisch
konsequent gesetzt und im Stadtraum entsprechend lokalisiert. Der erste 1. BA
erschließt unter einem prägnanten großzügigen Zugang sowohl das Forschungs- und
Lehrgebäude als auch die Kita. Im Inneren der Eingangshalle lässt die weitere
Zugänglichkeit der Hauptnutzung allerdings zu wünschen übrig, hier insbesondere
der Kita.

Eine Niveauanhebung des Erdgeschosses von Forschungs- und Lehrgebäude
sollte zu Gunsten großzügiger Obergeschosse vor allen im Seminarbereich überlegt
werden, auch die Kita kann durch eine Höhenminderung den darunterliegenden
Geschossen mehr lichte Raumhöhe anbieten.
Im Innenraumgefüge sind besonders die markante Raumtreppenerschließung als
auch die geschickte Trennung von Seminar und Bürobereichen anzusprechen, die
jeweils in sich gut rhythmisiert und nutzbar sind. Flure und Treppenräume liegen
gut, im südöstlichen Bauteil ist die Länge der nötigen Fluchtwege zu überprüfen.
Die Flursituation im östlichen Gebäudeschenkel sollte in Hinsicht auf eine gute
natürliche Belichtung nochmals genauer betrachtet werden.
Interessant ist die Ausführung der so genannten Seminargeschosse, die im
Wechsel der Ebenen die Kommunikationszonen räumlich gut ansiedelt und
ausbelichtet.

Die Kita im Erdgeschoss ist strukturell gut ausgearbeitet, der kurze Weg zum
Freiraum im Innenhof wird nicht nachteilig gesehen. Lediglich eine separate
Zugänglichkeit direkt zum Außenbereich sollte wohl vorgesehen werden.
Die Ausführung und die Detailgestaltung des 1.BA zeugt von einer konsequent
vorgetragenen architektonischen Haltung. Eine wohltuende und passende Antwort
auf die Identität des Ortes und der Stadt.

Die energetischen Kennzahlen der Arbeit sind ausgezeichnet. Der Kompakte und
dennoch nicht räumlich beengt wirkende Typus lässt sich je nach Investition bis zu
einem Passivhaus entwickeln ohne gestalterische Einbußen. Baurechtlich und
wirtschaftlich liegt die Arbeit in einem guten Fahrwasser und lässt in diesem
Stadium eine gut machbare Umsetzung erwarten.
Insgesamt eine gekonnt und in den meisten Punkten der Aufgabenstellung
nachvollziehbare Arbeit, die mit einfachen architektonischen Mitteln eine hohe
Nutzungseffizienz und eine stadtbildlich verträgliche Lösung anbietet.
Lageplan ©wulf architekten

Lageplan ©wulf architekten

Ansicht Süd ©wulf architekten

Ansicht Süd ©wulf architekten

Grundriss Erdgeschoss ©wulf architekten

Grundriss Erdgeschoss ©wulf architekten

Detail Fassade ©wulf architekten

Detail Fassade ©wulf architekten