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Nichtoffener Wettbewerb | 08/2012

Quartiersplatz ENKA-GelÀnde

Ankauf

AO Landschaftsarchitekten Stadtplaner + Ingenieure Mainz GmbH

Landschaftsarchitektur

BS+ stÀdtebau und architektur i.L.

Architektur

ErlÀuterungstext

Mit einer einfachen Entwurfsidee wird eine poetische Antwort auf den Ort als ehemaliger Produktionsstandort formuliert. Dabei wird der Platz als offene BĂŒhne urbanen Lebens in seiner Vielschichtigkeit aus GeschĂ€ftigkeit und Kontemplation bespielt.

Die QualitĂ€t der ehemaligen ProduktionsstĂ€tte wird mit seiner prĂ€gnanten Architektursprache weiterentwickelt als atmosphĂ€rischer, öffentlicher Raum, der eine ausgewogene Balance zwischen MultifunktionalitĂ€t und Emotion – stĂ€dtebaulichen Ausdruck und quartiersbezogener AufenthaltsqualitĂ€t schafft. Die MaßstĂ€blichkeit des neuen Platzes wird durch GrĂŒn entwickelt und damit dem begrĂŒndeten Verlangen nach GrĂŒn in der urbanen Umwelt Rechnung getragen. Dabei werden die fehlenden Raumkanten an den Verbindungswegen durch versetzte Baumreihen hergestellt.
Drei HĂ€ngeweiden formulieren ein Pas de Trois als eine dialektische Antwort auf die Stringenz des Platzes mit seinen gebauten Kanten. Das innere Platzgeviert definiert den zentralen Platzraum und verweist mit seiner OberflĂ€che aus Ortbeton und feinen Linien aus Stahl sowie LichtbĂ€ndern auf die Viskosefaserproduktion der Enka‐Werke und den industrielle Entwicklung des Ortes. Die PlatzrĂ€nder bilden die infrastrukturelle Fuge zu den gebauten Raumkanten und der historischen Industriearchitektur. Sie bieten im lichten Schatten von im Raster gesetzten BĂ€umen angenehme Aufenthaltsmöglichkeiten und FlĂ€chen fĂŒr temporĂ€re Nutzungen z.B. Quartiersfeste auf.

Faser
Als Reminiszenz der industriellen Produktion der Enka‐Werke wird das Motiv der dort hergestellten ViskosefĂ€den bei der Platzgestaltung des zentralen Platzgevierts aufgegriffen und inszeniert. Dabei werden die BezĂŒge nicht in musealer Form dargestellt, sondern abstrahiert und mit einer gewissen Heiterkeit transformiert. Fragen nach dem Warum und Wieso sind erwĂŒnscht.
Der Herstellungsprozess, das Pressen der Vikose durch sogenannte SpinndĂŒsen, dem sogenannten ‚Trockenspinnverfahren‘ wird in der BelagsoberflĂ€che des zentralen Gevierts und durch die Aststruktur der drei HĂ€ngeweiden aufgegriffen.

GrĂŒne Metapher
Das Motiv der Viskosefasern und FaserbĂŒndel wird durch die langen, dĂŒnnen und fadenartigen Zweigen der HĂ€ngeweiden, die als transparente Schleier herabhĂ€ngen, auf einfache Weise und mit einer gewissen Heiterkeit erzĂ€hlt.
Die krĂ€ftig gelben Zweige konterkarieren den dunklen Klinker der umgebenden Werksarchitektur. Auch die gewohnte Assoziation dieses Charakterbaumes mit einem romantisch‐idyllischen Bild einer Naturlandschaft wird ein heiterer Kontrast zu der Stringenz des ehemaligen Industriestandortes erzeugt. RundbĂ€nke aus farbigem aus Verbundwerkstoff bieten AufenthaltsqualitĂ€t unter den Weiden und bilden sinnbildlich die SpinndĂŒsen der Viskoseherstellung ab.

Geviert
Die Textur aus streng linearen FaserbĂŒndeln wird in der OberflĂ€chentextur des Ortbetonbelags durch die manuell aufgebrachte BesenstrichoberflĂ€che umgesetzt und durch feine ‚Linien‘ aus Stahl‐ und LichtbĂ€ndern gegliedert. Es entsteht ein vielfĂ€ltig interpretierbares Bild, das auch in den Abendstunden durch die Lichtlinien inszeniert wird. Dabei wahrt die OberflĂ€chenstruktur des Ortbetons den Charakter des Produktionsstandortes. Dieses Geviert wird zur Mitte leicht wie ein Schildkrötenpanzer aufgewölbt und fĂŒhrt das Regenwasser zu umlaufenden EntwĂ€sserungsrinnen ab. Liegt das Wasser nach einem Regen als dĂŒnner Film auf der Platte, spiegeln sich Himmel und Wolken. Kleine FontĂ€nen, die den atmosphĂ€rischen Charakter des Platzes unterstreichen. Trocknet der Besenstrich langsam ab, ergibt sich das Bild der Fasern als neues Bild – ein Bild das sich stĂ€ndig wandelt, als Verweis auf die Wandlung der ProduktionsstĂ€tte zum stĂ€dtischen Lebensort.

Belagskonzept
Das Belagskonzept sieht vor allem großrĂ€umige, flĂ€chige Materialen vor, die dem industriellen Charakter entsprechen und das neu entstehende GebĂ€udeensemble großzĂŒgig umspĂŒlen. Dabei wird das Prinzip der Angemessenheit angewandt. So wird das sogenannte ‚UmspĂŒlen‘ mit Asphaltbelag mit heller Kalksplittbeschichtung und das zentrale Geviert als feingewobener Teppich aus Ortbeton mit
BesenstrichoberflĂ€che umgesetzt. Durch die hellen BelĂ€ge wird die sommerliche Aufheizung minimiert. Die Dehnungsfugen der OrtbetonflĂ€che werden durch die Stahl‐ und Lichtlinien aufgenommen. Die Sitzmöbel in den PlatzrĂ€ndern und Zuwegen werden in Belagsstreifen aus Ortbeton integriert.

GrĂŒnes Passepartout und Filter
Durch die Stellung und Artenwahl der BĂ€ume wird eine klare rĂ€umliche Struktur entwickelt und deutlich zwischen Platzrand (Passepartout) und zentralem Platz differenziert. Kleinkronige BĂ€ume fassen als Passepartout den Quartiersplatz und die Wegeachsen in Ost‐West bis zu der geplanten Achse zum Main zu einem schlĂŒssigen Ensemble und bieten angenehme Verweilmöglichkeit im lichten Schatten der BĂ€ume. Hier wird durch die Verwendung von Rot‐Ahorn (Acer rubrum ‚Scanlon‘) und Blutpflaume (Prunus ceracifera ‚Nigra‘) ein interessantes Farbspiel erzeugt, das mit der Klinkerfassade der historischen Industriebauten korrespondiert.
Zum Parkplatz nach SĂŒden bilden monochrome GrĂ€serpflanzungen einen Filter aus Reitgras. Die Sitzmöbel aus Beton entwickeln sich aus einem durchgĂ€ngigen Belagsband und laden zum informellen Sitzen ein.

Ausstattung
Die neuen PlatzrĂ€ume werden in einem einheitlichen, industriellen Design mit funktionalen wie informellen Sitzmöbeln, Beschilderung, FahrradabstellplĂ€tzen als gerichtete Raummöbel bespielt. Das zentrale Platzgeviert wird durch leicht schwebende Bankkreise betont als besonderer Bezug zu den SpinndĂŒsen der Viskosefaserherstellung.

Pavillon – CafĂ©
Zur Etablierung eines angenehm proportionierten Platzraumes schlĂ€gt der Verfasser fĂŒr den Standort eines CafĂ©s oder Ă€hnlicher öffentlicher Nutzungen die Unterbringung im ehemaligen KantinengebĂ€ude vor. Dadurch können bei der Umsetzung der Platzgestaltung AbhĂ€ngigkeiten von eventuellen Investoren vermieden werden. Optional wĂ€re ein CafĂ©/Pavillon an der SĂŒdostseite im Bereich des GrĂŒnen Passepartouts denkbar.

Lichtkonzept
Im zentralen Platzgeviert wird die Viskoseherstellung thematisiert, durch im Belag integrierte‚ LeuchtfĂ€den‘ aus ca. 2‐3 cm breiten LED‐Lichtlinien. Innerhalb der Linien findet ein langsamer Farbwechsel statt, mit der Lichtfarbe warmweiß als Grundfarbe und einem grĂŒnen Licht als bewegtes Licht, das die Linien durchströmt wie die Viskose die SpinndĂŒse.
Farbig illuminierte RundbĂ€nke greifen als schwebende Kreis symbolisch das Motiv der SpinndĂŒsen auf und verleihen dem Platz Leichtigkeit. Die Beleuchtung der BĂ€nke erfolgt ebenfalls mit RGB‐LED‐Technik, da diese eine exakte Einstellung von Farbe und IntensitĂ€t ermöglicht.
Die Kontur des neuen Platzensembles wird in den RĂ€ndern durch regelmĂ€ĂŸig positionierte Leuchtstelen mit einer Lichtpunkthöhe von ca. 4m gestĂ€rkt und dient der Orientierung auf den VerkehrsflĂ€chen bei einer mittleren BeleuchtungsstĂ€rke von ca.10 lx. Durch einen integrierten, vertikalen ‚Leuchtfaden‘ aus LED wird der Bezug zu der Viskosefaserherstellung aufgegriffen.
Die Raumkanten der GebĂ€ude werden ausschließlich im zentralen Quartiersplatz mit multifunktionalen Lichtstelen, die die WegflĂ€chen ausleuchten und gleichzeitig die prĂ€gnanten Fassaden mit einem dezenten Lichtschein zurĂŒckhaltend inszenieren. Die Lichtstelen am Weg und auf dem Platz geben ein warmweißes, weiches Licht an die Umgebung ab.

Beurteilung durch das Preisgericht

Großer Rahmen
Das vorgeschlagene grĂŒne Passepartout als verbindendes Gestaltungsmotiv wird positiv bewertet. Die Spiel- und Sitzmöglichkeiten unter den BĂ€umen sind ein gutes Angebot an die Nutzer. Die Anordnung am Rand des zentralen Platzes besticht durch ihre Klarheit. Die Auswahl von zwei dunkellaubigen BĂ€umen erscheint fragwĂŒrdig vor dem Hintergrund dem Anspruch ein grĂŒnes Passepartout ausbilden zu wollen. Die Abgrenzung zum Parkplatz mit einem GrĂ€serband wirkt zu schwach. Der optionale Standort fĂŒr einen Pavillon ist rĂ€umlich sehr gut gewĂ€hlt. Ihn am Knotenpunkt der unterschiedlichen Wege- und Sichtachsen zu platzieren und wĂŒrde dem Platz einen rĂ€umlichen Abschluss geben.

Die Entscheidung das gesamte Wettbewerbsgebiet mit einem hellen Asphalt aus Kalksplitt zu versehen ist gut, weil es alles zusammenbindet. Der Aspekt der Reduzierung der Aufheizung im Sommer ist plausibel. In zentraler Position wird in die AsphaltflÀche ein Teppich aus Ortbeton hineingelegt. Die Herleitung seiner Struktur ist schwer nachzuvollziehen. Die HÀngeweiden erschienen am Standort nicht geeignet.
Die Detaillierung des Belages ist wesentlich fĂŒr die QualitĂ€t der Platzgestaltung, sie wurde leider im Plan nicht ausreichend und wenig ĂŒberzeugend dargestellt. Sie bleibt zu sehr im Stadium einer Grafik.
Das Wasserspiel auf der PlatzflĂ€che ist in Lage und GrĂ¶ĂŸe angemessen.
Die verbleibende freie PlatzflĂ€che ist gut fĂŒr Veranstaltungen nutzbar.

Das Lichtkonzept des umlaufenden grĂŒnen Passepartout und innerhalb der PlatzflĂ€che ist schlĂŒssig.

Die Arbeit bleibt in vielen Punkten unkonkret und bedĂŒrfte bei der Umsetzung einer starken Konkretisierung. Wesentliche Elemente bleiben unklar und sind fĂŒr einen Realisierungswettbewerb nicht aussagekrĂ€ftig genug. Um die Arbeit in ihrer ganzen Tiefe zu beurteilen bedarf es einer grĂŒndlichen Detaillierung.

Die Realisierung dieses Beitrages erscheint im vorgegebenen Kostenrahmen möglich.
Lageplan

Lageplan

Detail 1

Detail 1

Detail 2

Detail 2

Beleuchtung

Beleuchtung

Schnitt 1

Schnitt 1

Schnitt 2

Schnitt 2