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Einladungswettbewerb | 07/2016

Pfarrheim St. Alto und Birgitta

ein 2. Preis

Preisgeld: 4.000 EUR

Titus Bernhard Architekten BDA

Architektur

Christiane Fink Landschaftsarchitektur und Geomantie

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Leitgedanken zum Wettbewerbsbeitrag

Dem Entwurf liegt der Leitgedanke zugrunde, den ehemaligen Klostergarten als zusammenhängende Fläche zu erhalten und die den Klostergarten prägende, solitär stehende Buche in ihrer zentralen Positionierung hervorzuheben.
Die ehemalige Remise, über die Jahrzehnte verunstaltet, wird auf ihre historischen Grundmauern und den alten Dachstuhl zurückgebaut, freigelegt und fragmentiert, gleichwohl verschmilzt die Remise mit einer neuen gläsernen Hülle mit dem Vorplatz zu einer (halb-) öffentlichen Zone. Alle verunstaltenden und historisch unbedeutenden Bauteile werden entfernt, das Bauwerk Stück für Stück „seziert“ und bekommt eine neue Bedeutung als „Entreé“ für den Pfarrsaal.

Der neue Pfarrsaal steht somit „back to back“ an der Remise, orientiert sich in seiner einfachen rechteckigen Figur nach Norden und ist auf die Buche ausgerichtet. Das Foyer dient als Verteiler, nimmt auch die Nebennutzungen auf und bietet über eine Rampe die wettergeschützte barrierefreie Verbindung zum Bischofshaus. Der momentan ungenutzte und mit Feuchteschäden durchsetzte Keller unter dem Bischofshaus wird saniert und beherbergt anschließend die Technikflächen für das Ensemble. Die Fuge wird thematisiert und stärkt somit die im historischen Kontext verständliche Orientierung des Bischofshauses ausschließlich nach Süden, ohne Bezug zum Klostergarten, ihm abgewandt, da dieser in seinen Ursprüngen den „Benediktinerinnen“ (Heute Orden der Hl. Birgitta) vorbehalten war.

Das Bischofshaus wird behutsam saniert, das Treppenhaus als zentrales gestaltendes Element wiederhergestellt und von den späteren baulichen Eingriffen befreit. Einbauten werden „freigestellt, um Eingriffe in Wände und Decken soweit wie möglich zu reduzieren.

Ein Wegenetz entlang der historischen Klostergartenmauer mit „Kreuzgang“ unter der Buche hindurch ermöglicht die öffentliche Verbindung vom westlichen Zugangshof Frauenkloster mit dem südlichen Gartentor. Der Bereich vor der Remise wird als Vorzone für das „Entreé“ des Pfarrsaales als kleine Platzfläche mit Fahrradstellplätzen und einem Behinderten-Stellplatz ausgestaltet. Der Naturstein-Belag dieser Vorzone zieht sich durch die Remise bis in den Klostergarten und bindet die Flächen zu einer Einheit.

Der ehemalige Klostergarten ist im Wesentlichen in drei Zonen geteilt:

Der Bereich im Anschluss an das Bischofshaus und im Umgriff um den Pfarrsaal ist mit Pflaster und wassergebundener Decke befestigt und bietet den vielfältigen Nutzungen der Pfarrgemeinde einen intensiv nutzbaren Außenraum. Die angrenzende Zone bietet ruhige Wiesenflächen, durch die die bestehende Buche als Mitte des Gartens erlebbar wird. In der oberen Gartenzone entsteht mit der Obstwiese ein dichter bepflanzter Bereich, in den Angebote zum Aufenthalt und Spielen integriert sind. Die Klostermauer wird mit Strahlern punktuell beleuchtet.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf besticht durch seine Knappheit und maximale Schonung der Gartenfläche, sowohl städtebaulich als auch in Bezug auf die Qualität der Freiflächen. Der im Westen vorgelagerte Platz ist sinnvoll dem Saalgebäude zugeordnet und kann auch durch den Eingang an der Südwestecke des Gartens gut erreicht werden. Kritisch wird dabei der recht hohe Versiegelungsgrad durch das Pflaster gesehen, auch wenn ein Teil der Fläche wassergebunden sein soll.

Die klare Zonierung des Freiraumes mit Vorplatz / Hof vor Pfarrsaal und großzügigem Gartenbereich überzeugt, die sehr axiale Wegeführung ist zu überprüfen. Die gewählte Belagsgestaltung mit Asphalt vom Vorplatz bis in den Garten ist dem Ort nicht angemessen. Die Freistellung der großen Buche als Mittelpunkt des Gartens und die kulissenartige Baumsetzung im Norden überzeugen.

Das direkte Heranrücken des Neubaus an den Bestand ist städtebaulich akzeptabel, zumal die Maßstäblichkeit gewahrt bleibt.

Während die Gartenfassade durch größtmögliche Zurückhaltung und Transparenz zu überzeugen weiß, ist die Inszenierung des Eingangsbauwerks völlig überzogen und dem Entwurfskonzept in gestalterischer Sicht abträglich. Zudem ist der nicht denkmalgerechte Umgang mit den Außenmauern der Remise zu kritisieren, die, wie in der Auslobung formuliert, vollständig zu erhalten sind. Die Sinnhaftigkeit der Glasdachlösung erschließt sich nicht; sie ist im denkmalgeschützten Ensemble auch aus denkmalpflegerischer Sicht nicht hinnehmbar.

Hinsichtlich der Materialwahl des Neubaus würde man sich mehr Entschiedenheit wünschen. Im Saalbau sind alle Funktionsbereiche sinnvoll angeordnet und günstig erschlossen. Das grundsätzlich geschickt in die Remise integrierte Foyer ist gut dimensioniert, die WCs gliedern sich sinnvoll an.

Ebenfalls gut gelungen ist die Anbindung an das Bischofshaus und die dort situierten Räume. Sinnvoll ist auch der separate Zugang zu den Jugendräumen an der Nordwestecke. Das Fehlen des Andachts- und Chorprobenraums ist als funktionaler Mangel zu rügen. Im Obergeschoss des Bischofshauses können die Glastrennwände und der neue nördliche Erschließungsflur denkmalpflegerisch nicht überzeugen. Die Innenraumqualität der besonders wertvollen Räume würde so zudem erheblich geschwächt werden. Das Gästeapartment ist an dieser Stelle denkbar, jedoch eigenwillig möbliert. Durch die Kompaktheit des Neubaus wäre eine gute Wirtschaftlichkeit in Herstellung und Betrieb zu erwarten. Durch das konstruktiv aufwendige und in Pflege und Unterhalt problematische Glasdach wird die Wirtschaftlichkeit jedoch geschmälert.

Insgesamt trotz der voran genannten Kritikpunkte ein sehr guter Beitrag zur Lösung der Entwurfsaufgabe.