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Einladungswettbewerb | 07/2016

Pfarrheim St. Alto und Birgitta

Modellfoto

Modellfoto

ein 4. Preis

Preisgeld: 2.000 EUR

NEUMANN & HEINSDORFF ARCHITEKTEN

Architektur

t17 Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Ein sehr repräsentatives, ehemaliges Bischofshaus und ein weitläufiger, ehemaliger Klostergarten sollen der Ort für ein neues, lebendiges Pfarrzentrum werden. Dabei soll das denkmalgeschützte Ensemble erhalten und zugleich für die Öffentlichkeit erschlossen werden. Eine knifflige Aufgabe, aber wie könnten wir das angehen? Wir schlagen vor, dem vorhandenen Ensemble aus Bischofshaus, Remise und Garten ein neues, frei im Garten stehendes Haus hinzuzufügen. Der pavillionartige Bau versteht sich als zentraler Teil des neuen Gartens. Er gliedert ihn auf selbstverständliche Weise in unterschiedliche Bereiche und bildet seinen funktionalen Mittelpunkt.

Wesentlicher Bestandteil eines Gartens ist seine Einfriedung, die ihn als solchen erfahrbar macht. Daher wird der Bestandsmauer eine hohe Aufmerksamkeit zugemessen. Ein Pflanzband begleitet den Verlauf der geometrisch klar gefassten Gartenmauer und nutzt diese als „Leinwand“ vor der sich eine lockere Pflanzung aus Gräsern und Stauden entwickelt. Um das zentrale Thema eines abgeschlossenen Gartens erlebbar zu machen, werden die vorhandenen Gegebenheiten aufgegriffen und die Eingänge in den Garten bewusst niedrig gehalten. Die Enge im Durchgang stellt eine Zäsur zwischen Innen und Aussen dar, kontrastreich verstärkt sie die Weitläufigkeit des Gartens und erhält dabei, trotz der gewünschten Öffnung des Areals, den Geist des bisher vor der Öffentlichkeit verborgenen Orts.
Innerhalb der Mauern entwickelt sich eine abwechslungsreiche Raumfolge: Ein baumüberstandener kontemplativer Hof, ein Heckengarten, eine freie Wiese, Obstbaumwiesen und geschützte Rückzugsbereiche. Die unterschiedlichen Gartenbereiche werden durch einen Rundweg erschlossen. Der neu geschaffene Zugang im Bereich der Remise wird durch eine Platzfläche mit dem Vorplatz des neuen Pfarrheims verbunden und markiert den zentralen Eintritt in den Garten. Im Süden des Neubaus gelegen, allseits baulich gefasst, hält ein von Bäumen (Eisenholzbaum I Parrotia persica) überstandener Hof mit einem Wasserbecken schattige Sitzplätze bereit. Ein unmittelbarer Austritt aus dem Pfarrsaal ermöglicht eine Nutzung des Hofs bei Veranstaltungen. In Verlängerung des Zugangs im Osten des Gartens bildet ein Heckengarten einen Vorbereich für das Bischofshaus und die Remise. Einem Klostergarten ähnlich fassen Buchenhecken (Fagus sylvatica) Pflanz- und Rasenflächen ein. Frühe Zierkirschen (Prunus ‚Accolade‘) bilden eine lockeres Raster. Eine freie Wiesenfläche bildet im Zusammenspiel mit der freistehenden Buche eine Erweiterung des Platzes vor dem Gartenhaus. Die Wiese ist frei bespielbar und bietet ausreichend Platz für Veranstaltungen und Feste. Dieser Teil des Gartens erhält durch den zur Wiese geöffneten Neubau und dem markanten Bestandsbaum einen parkartigen und großzügigen Charakter. Der nördliche Teil des Gartens, eine mit Obstbäumen bestandene Wiese, stellt eine Reminiszenz an den historischen Wirtschafts- und Nutzgarten dar. Entlang der Gartenmauer befinden sich durch das Pflanzband geformte Rückzugsbereiche zum Pausieren. Sitzmöbel aus Holz laden zu einem ruhigen Gespräch oder einer Auszeit ein. Der nördliche Zugang zum Garten wird geöffnet, ist aber bewusst zurückhaltend gestaltet und durch das Pflanzband eingefasst. Der südliche Eingangsbereich vor der ehemaligen Remise bleibt in seiner Form im wesentlichen erhalten: ein behindertengerechter Stellplatz und eine Vorfahrtsmöglichkeit werden hier untergebracht.

Die baulichen Massnahmen im Bestand bestehen in einer denkmalgerechten Instandsetzung und Sanierung des ehemaligen Bischofshauses: So werden die Bäder im Obergeschoss entfernt, die ursprüngliche Raumfolge wiederhergestellt und die Baukonstruktion umfassend ertüchtigt. Partiell werden Durchbrüche in die Klostermauer geschlossen, anderen Öffnungen wie für den Zugang zur Jugend werden reaktiviert. Alle wesentlichen baulichen Eingriffe finden im Bereich der ehemaligen Remise statt. So wird zwar das bauliche Volumen der Remise erhalten, allerdings werden hier die sanitären Einrichtungen und ein barrierefreier Zugang zum gesamten erdgeschossigen Bestand geschaffen. Die Öffnung der Klostermauer im Bereich der ehemaligen Garage wird behutsam verkleinert, zum Vorplatz hin werden die Fensteröffnungen der Remise verschlossen, allein ein kräftiger Metallrahmen markiert den Eingang zum Garten und Pfarrheim.

Über einen filigranen Laubengang erreicht der Besucher das neue Pfarrsaalgebäude. Das umlaufend aufgeglaste Gartenhaus wird im Wesentlichen durch einen frei eingestellten Kernbereich für Küche, Sanitär- und Lagerräume gegliedert. Dadurch entstehen sehr unterschiedliche Räume: zum einen das weitläufige Foyer, das sich -einem Wintergarten gleich- vollständig nach Südwesten zum Park hin öffnet, den Blick auf die Pfarr- und Klosterkirche St.Alto freigibt und den Besuchern einen großzügigen Empfang bietet. Zum anderen erstreckt sich, auf der gegenüberliegenden, zur Klostermauer ausgerichteten Seite eine flexibel bespielbare Raumfolge aus Pfarrsaal, Mehrzweckraum und Chorraum.
Den etwas ephemeren Charakter von Gartenhäusern aufnehmend wird der Neubau als ein reiner Holzbau vorgeschlagen. In moderner, massiver Holzbauweise errichtet lagert der Bau zur Minimierung der Eingriffe in den Untergrund auf Punktfundamenten. Prägendes Element des Baus sind seine überwölbten Räume. Die Gewölbedecken gliedern die einzelnen Räume wohltuend und spielen auf vorhandene historische Motive der Klosterbaus und den Bischofshaus an.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das städtebauliche Entwurfskonzept beruht auf der peripheren Positionierung des Saalgebäudes im Osten des historischen Gartens, eng angelehnt an die historische Klostermauer. Damit wird eine geringe Fläche des Gartens beansprucht, leider wirkt der kubische Baukörper aber relativ massig.

Mit der einfachen Erschließung über einen gedeckten Gang in Verlängerung des vom Auslober angebotenen Durchbruchs im Bereich der Garagen des Remisengebäudes gelingt eine zwanglose Wegeführung und die Blickverbindung vom St.-Birgittenhof in den historischen Pfarrgarten. Die geometrisch bedingte Einengung des Durchgangs wird durch die Einfügung eines breiteren Portals in Verbindung mit einer trichterförmigen Verglasung elegant überspielt. Die bestehenden Fenster des Remisengebäudes werden vermauert, um den Eingang zusätzlich zu betonen. Die Zonierung in Heckengarten/Hof, freie Wiese und Obstwiese ist abgeleitet aus der Gebäudekonfiguration und bildet eine attraktive Freiraumabfolge. Der Terrassenteil im Wurzelraum der Buche wird kritisch gesehen. Der Besucher wird selbstverständlich auf den geplanten Wegen durch den Garten geführt.

Positiv bewertet wird die konsequente Zweiteilung der umlaufend gleichen Fassaden mit einer „erdgeschossigen“ Verglasung und der darüber liegenden „holzbekleideten Attika“. Die damit umlaufende verbundene visuelle Öffnung des Gebäudes bedingt im Grundriss die nötigen gut funktionierenden Nebenräume, unbelichtet als „Filter“ zwischen Foyer und Saal (bzw. Mehrzweckraum und Chorraum) anzuordnen.

Die strenge geometrische Grundrissordnung findet ihre Entsprechung in den halb- und viertelzylindrischen Deckenformen. Sie erinnern an historische Raumformen, und stellen mit ihren modernen Konstruktionen eine legitime und angenehme Referenz zum Ort her. Durch die doch zu geringe Distanz der Saalfassade zur Klostermauer fehlt der Außenraumbezug des Saales zum Garten. Mehrzweckraum und Chorraum an den Schmalseiten des Baukörpers können dem Saal über flexible Wände dem Saal zugeschlagen werden und bieten schöne Ausblicke in den Garten bzw. einen wohlproportionierten Hof zwischen Neubau und dem Altbaubestand im Südosten. Konstruktiv lässt sich der gedachte Holzbau leicht und wirtschaftlich realisieren, zum Dachtragwerk liegt keine Aussage vor.

Altbau: Denkmalpflegerisch ist der Entwurf unproblematisch. Funktional sind allerdings Defizite bei der Erfüllung der Flächenansprüche (Gruppenräume) und Bereichsgliederung (Jugendbereich) anzumerken. Um das Gastzimmer im Osten des Obergeschosses neutral zu erreichen, wird eine nicht geforderte Bibliothek angeboten.

Insgesamt bietet die Arbeit ein starkes städtebauliches Konzept, das in der konkreten Umsetzung leider einige Schwächen aufweist.
Lageplan

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Städtebau

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Lageplan

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Schnitte

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