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Einladungswettbewerb | 07/2016

Fassadengestaltung Ikea Einrichtungskaufhaus

3. Rang

baurmann.dürr Architekten

Architektur

Rakete GmbH - Visuelle Kommunikation für Bauten und Projekte

Visualisierung

Erläuterungstext

La luz es materia! ( L.N. Baldeweg)

Komposition, Rhythmus, Harmonie, Gleichklang, Tiefe, Körperhaftigkeit, Räumlichkeit, Ausdruck... Das sind Begriffe die wir vor allem aus der Musik kennen. Mit diesen Begriffen kann man aber auch eine Fassade beschreiben. Im Unterschied zur Musik ist es nicht der virtuose Mensch, der die Fassade zum Klingen bringt. Es ist das Licht! Erst das Spiel von Licht und Schatten verleiht der Fassade Tiefe, Körperhaftigkeit und Räumlichkeit.

Dieser Ansatz liegt unserem Entwurf der Fassade für das IKEA Einrichtungskaufhaus in Karlsruhe zu Grunde. In dem wir eine Struktur aus vertikalen und horizontalen Elementen der technischen Hülle vorblenden ermöglichen wir das Spiel von Licht und Schatten, erzeugen wir Tiefe und Plastizität und machen damit die Fassade erst räumlich wirksam. Wie Noten auf den Notenlinien sitzen die Stäbe zwischen den horizontalen Schichten und geben den Rhythmus vor, einen modernen leichten urbanen Rhythmus, wie die Konzeption eines Möbels der IKEA PS-Serie.

Runde weiße Stäbe, in unterschiedlichen Abständen liegen vor dem dominanten IKEA Blau. Wie hinter einem Vorhang, der mal aufgezogen oder zugezogen ist, zeigt sich das Blau, nie direkt. Mit der Bewegung beginnt das Spiel. Nie gleich präsentiert sich die Fassade. Auch aus nur einem Blickwinkel bleibt die Veränderung sichtbar. In der verkürzten Perspektive ziehen sich die weißen Stäbe wie ein Vorhang zu und verhüllen das Blau, in der frontalen Ansicht bleibt der Vorhang geöffnet und das Blau zeigt sich, jedoch nicht eindimensional als Fläche, sondern als Farbraum, rhythmisiert durch den Schatten der Stäbe. Hinter dieser Komposition aus runden weißen Stäben sitzen auch die Fensteröffnungen, die sich als Bänder in den einzelnen Schichten zeigen.

Zur weiteren Gliederung zeichnen sich große zweigeschossige Öffnungen in der Fassade ab. Hier wird die strenge horizontale Schichtung unterbrochen. Die Stäbe überspielen an diesen Stellen ein Geschoss. Dahinter liegen die Parketagen, dazwischen rankt sich mit Hilfe von Seilen das gelb blühende Geißblatt (lonicera tellmanniana) empor. Wie ein großes Blumenfenster präsentiert sich die Öffnung zur Stadt.

An der prominenten Ecke zur Durlacher Allee zeigt sich der Eingang offen und transparent. Vor den großen Glasflächen liegen die weißen Stäbe, die an dieser besonderen Stelle von gelben Stäben durchsetzt sind. Durch eine Verdichtung wird das IKEA Gelb sichtbar und kommuniziert den Eingang.


Diese leichte beschwingte Fassade mit ihrem sich verändernden Farbenspiel sitzt auf einem hellen Sockel aus Beton, der gezielt durch große Verglasungen durchbrochen wird.

Durch das Fassadenkonzept wird aus der anonymen Box ein Stadtbaustein mit eigenem Charakter.

Aber wie verwebt man das Erdgeschoss mit dem Stadtraum an dieser Stelle? Wie schafft man den Übergang von dem innen liegenden Marktplatz zu einer offenen Markthalle? Durch einen Übergang der beschützt, aber nicht verschließt und der an dieser Stelle aus Fußgängerperspektive räumlich wirksam wird. Unser Entwurf sieht dafür das „Urban Roof“ vor, das sich als weiterer Filter hinter die Bäume legt vor das Sockelgeschoss entlang der Durlacher Allee. Auf einem Wald aus Stützen liegt ein begrüntes Dach mit Öffnungen und bildet den Übergang von innen nach außen, begleitet die Fußgänger zum Eingang, schützt die untergestellten Fahrräder und schafft Bereiche für Außenbestuhlung und Aufenthalt. Gleichzeitig verbirgt es durch eine Verdichtung der Stützen in diesem Bereich den Anlieferhof und blendet ihn aus dem Straßenraum aus. Das Dach findet seinen Abschluss bzw. Beginn mit dem IKEA-Schriftzug.

Durch eine Neuordnung der Außenanlagen entlang der Durlacher Allee wir die Vernetzung von Stadtraum und IKEA–Vorbereich erst richtig ermöglicht. Die erste Baumreihe direkt an der Straße behält den durchgehenden Grünstreifen und liegt schützend und abschirmend vor der verkehrsreichen Straße. Der bisher durchgehende Grünstreifen der zweiten Baumreihe löst sich hin zum Eingang immer weiter auf und wandelt sich an der Ecke in einen platzartigen Außenraum in dem die Bäume in großen Pflanzinseln eingefasst sind. Dadurch erweitert sich der Außenraum von IKEA und wird mit dem Stadtraum vernäht.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Thema der Fassadengestaltung wird von rhythmisch grafischen Elementen wie bspw. einer Partitur aus der Musik abgeleitet. Im Ergebnis wird eine Fassade aufgezeigt, die vergleichbar zu einer elektronisch lesbaren Codierung ist, die sich als ein grafisch-vertikal strukturiertes Muster vor blauem Grund entwickelt. Diese feingliedrige Anordnung wird je nach Blickwinkel unterschiedlich wahrgenommen und entwickelt beim mobilen Passanten eine eigene Dynamik. Die Stöße der vertikalen Stäbe werden zu horizontalen Bänderungen zusammengefasst, die zumindest in der Nachtwirkung für einige Jurymitglieder im Konflikt zur gewählten Vertikalstruktur stehen. Der Hochwertigkeit der Fassade haftet allerdings auch eine optisch stark wirkende Introvertiertheit des Gesamtvolumens an. Leider sind die "kommunikativen" Elemente wie Treppenräume und das Restaurant des IKEA wenig stark ausgeprägt und verstärken damit diesen Eindruck. Das umlaufende Vordach wird als günstige und raumprägende Ordnungsmaßnahme verstanden, um die nützlichen Unregelmäßigkeiten der Erdgeschossfassade zusammen zu binden. Insgesamt besticht der Entwurf durch seine feinsinnige Haltung, kann aber leider die notwendige Transparenz und Wechselbeziehung von Gebäudenutzung und Öffentlichem Raum nicht überzeugend nachweisen.