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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2016

Erweiterung des Gymnasiums Kirchheim mit Freianlagen

2. Preis

Hess / Talhof / Kusmierz Architekten und Stadtplaner

Architektur

Burger Landschaftsarchitekten Susanne Burger und Peter Kühn Partnerschaft

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Schule ist mehr als nur ein Ort zum Lernen.
Schule ist Lebensraum, in dem Schüler und Lehrer viel Zeit miteinander verbringen. Größter Wert wird deshalb auf räumliche Vielfalt gelegt.
Die Schule organisiert sich wie eine Stadt im Kleinen - mit Elementen wie Häusern, Straßen, Plätzen, Höfen, Brücken, Terrassen sowie Garten- und Grünflächen. Die einzelnen Elemente sind dabei differenziert miteinander verbunden - sowohl räumlich als auch über Blickbeziehungen. Unterschiedliche Räume und deren Verknüpfungen bieten zahlreiche Möglichkeiten der flexiblen Nutzung. Dabei gibt es Bereiche der Kommunikation und der Konzentration. Schüler und Lehrer können je nach Situation entscheiden, ob und wie weit sie sich zur Gemeinschaft öffnen oder sich zurückziehen.

Der mäanderförmige Baukörper bildet zur Heimstettner Strasse im Osten und zum zukünftigen Ortspark im Westen differenzierte Freiräume aus, die die Schule sowohl mit dem Stadtraum als auch mit dem Landschaftsraum verbinden und verzahnen.
Die Schule wirkt nicht hermetisch abgeriegelt, sondern gliedert sich in die umliegenden Funktionen und Raumaufteilungen ein. Die Gestaltung ermöglicht die Aufnahme des ‚Straßenthemas‘ in der Architektur wie Landschaftsarchitektur.
Entlang der Hauptbewegungsrichtung im Pausenhof sind alle wichtigen Freiraumanlagen angegliedert und einsehbar.

Zentrales Element der Schule ist die zentrale Straße, die alle Bereiche über die drei Geschosse hinweg verbindet. Über die Funktion als Haupterschließung hinaus bildet sie eine große, kommunikative Gemeinschaftszone. Dezentrale Lernbereiche der Jahrgangsbereiche und die Bibliothek sind Teil der Straße, die somit auch Lernort ist. Lufträume, Treppen und Lichthöfe rhythmisieren die Lernstraße. Die Lichthöfe können in vielerlei Hinsicht genutzt werden, z.B. als Freibereich zum Sitzen und Essen für die Mensa, als Außenklassenzimmer für Fächer wie Kunst und Biologie, als Ruheraum und Rückzugsort für Besprechungen von Schülerorganisationen oder Lehrer.
Im Süden fügen sich alternierend an die Magistrale jahrgangsbezogen die Lernhäuser an. Im Norden mit Abschluss der verbindenden Tribüne der großen Halle ist im Zentrum der Lernstraße die Bibliothek mit Ausblick ins Freie. Die Zugänge zu den unterschiedlichen Jahrgangsklassen sind klar und deutlich in der Gebäudestruktur erkennbar.
Sieben Klassenzimmer ordnen sich um einen gemeinsamen Lernbereich. Der Lernbereich bildet das Zentrum des Unterrichtsalltags und wird über Blickbeziehungen nach Außen und einen Innenhof ausreichend natürlich belichtet. Elementierte, verschiebbare Raumteiler, die zusätzlichen Stauraum bieten, können von den Lehrern und Schülern genutzt werden schnell unterschiedliche Gruppenarbeitsplätze anzuordnen.
Die Trennwände zwischen dem Mehrzweckbereich und den Individualräumen werden als multifunktional nutzbare Konstruktionselemente gestaltet: den Klassenzimmern zugeordnet befinden sich die Garderoben mit Staufächern. Dem Raster folgend öffnet sich der Lernbereich der Klasse zur anderen Hälfte transparent der gemeinsamen Mitte. Im Klassenbereich erlaubt die Mittelwandzone Stauraum für Lernmittel. Jeweils vier Jahrgangsbereiche teilen sich einen großen Außenbereich für Unterricht im Freien im ersten Obergeschoss zwischen den Clustern. Neben dem zentralen Gemeinschaftsbereich gibt es zu jedem Lernhaus auch einen weiteren Gemeinschaftsbereich als Teil der Lernstraße. Hier ist ein Austausch mit Schülern anderer Jahrgänge möglich - z.B. gezielt durch die Ausstellung von Arbeitsergebnissen von Themenwochen oder auch auf informeller Ebene.

Die Sporthalle steht eigenständig als abschließender Baukörper am Ende des Raumgefüges. Die Sportfläche ist um ein Geschoss versenkt. Einerseits wirkt die Sporthalle mit einem hohen Grad an Transparenz nach Außen und ermöglicht Ein- und
Ausblicke der Sportler und Passanten ohne praktische Erfordernisse von Geräteräumen und Prallwänden einzuschränken. Auf der anderen Seite werden die Zuschauer bei Veranstaltungen ebenerdig über das Foyer in den Zuschauerbereich geleitet und Schaffen in der Wechselwirkung mit den angrenzenden Freisportanlagen eine symbiotische Verknüpfung. Schüler und externe Sportler erreichen geschützt über ein eigenes Foyer die Sporthalle. Die Umkleidekabinen befinden sich alle auf Niveau der Sportflächen im Untergeschoss und sind über einen eigenen Aufzug barrierefrei erreichbar. Dienende Nutzungen für Großveranstaltungen wie Getränkeverkauf und WC-Anlagen sind auf der Ebene der Zuschauertribüne als freistehende Elemente angeordnet. Über die parallel zur Fassade verlaufenden Treppen sind die weiteren Sportflächen im ersten Obergeschoss gut erreichbar. Mit großzügigen Blick in den Landschaftspark erfahren die oberen Sporträume einen eigenständigen Charakter.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebaulich fügt sich die Arbeit sehr gut ein. Der Baukörper entwickelt klare Bezüge sowohl an der Heimstettner Straße wie auch zur bestehenden Grund- und Mittelschule und nimmt überzeugend bestehende Fluchten auf. Mit den mäandrierenden Fingern von Gebäude und Außenraum wird ein spannungsreicher Rhythmus erzeugt. Es werden vielfältige Sichtbeziehungen zum Außenraum hergestellt.
Der Baukörper überzeugt ansprechend mit seiner Geschossigkeit und Proportion. Die Lage des Haupteingangs an der Heimstettner Straße liegt ausgewogen und wird positiv bewertet, ebenso die Situierung der Mensa und des zugehörigen Freibereichs, welche direkt dem Eingangsbereich zugeordnet ist. Techniklager und Stuhllager versperren hier die Durchsicht, was schade ist. Der Nebeneingang zur Schule von der Bushaltestelle ist gut angelegt.

Das Raumerlebnis der Aula als dreigeschossiger Raum ist mit der großen und einladenden Treppe sehr geglückt, wobei die Belichtung über die Dachverglasung zur Atmosphäre positiv beiträgt. Die Bühne der Aula mit seinen mittig angelegten Ausgängen wird als kritisch angesehen. Es wird eine dauerhafte Bühnenlösung gewünscht, deren Ausgänge ins Freie links und rechts der Bühne angeordnet werden können.
Die als Lernstrasse bezeichnete innere Erschließung ist angemessen breit ausgestaltet und lässt erlebnisreiche Bespielbarkeit erwarten. Die Ausformulierung der Cluster ist wird insgesamt positiv bewertet, Der Lärmübertrag in die angrenzenden Bereiche muss überarbeitet werden.
Das Gebäude ist in Holzbauweise mit Holz- Beton- Verbunddecken geplant. Der hohe Vorfertigungsgrad lässt eine kurze Bauzeit erwarten. Die Fassade als Elementfassade mit Holverkleidung vermittelt eine architektonisch ansprechende Anmutung.

Die Sporthalle ist direkt über die Lernstraße erschlossen und teilweise eingegraben, was positiv bewertet wird. Die Tribüne entlang der Sporthalle wird als belebendes Element begrüßt.
Die Rettungswege funktionieren über Bypasslösungen. Im Turnhallenfoyer müssen die Treppen voneinander getrennt werden. Das offene Foyer ist daher in dieser Form nicht durchführbar.

Die Freianlagen halten sich insgesamt an die Grenze des Baufeldes, lediglich die Laufbahn ragt entlang der Wegeverbindung in OW Richtung südlich der Grund- und Mittelschule in den Ortspark hinein Die Verbindung zur Grund- und Mittelschule ist über die Sportflächen verkehrsfrei möglich, da die TG-Zufahrt direkt und übersichtlich an die Heimstettner Straße angebunden ist. Die Integration der Allwetterplätze in den Pausenhof erscheint sinnvoll, allerdings müssen die zwei Plätze gedreht werden und schneiden dann in den Ortspark ein, sofern Gebäude / Aula hier nicht etwas zur Straße rücken können. Über die Freiflächen bis in die Höfe zwischen den Schulbereichen verzahnen sich die Freiflächen überzeugend zum Ortspark hin. Der Entwurf sieht keinen Erhalt des Wall-Wäldchens vor; im öffentlichen Ortspark wäre jedoch ein Resterhalt möglich.

Insgesamt stellt die Arbeit hinsichtlich Innenraumqualität, Materialität und Ausformulierung einen sehr guten Beitrag dar.
Lageplan

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