modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Zweistufiger Planungsworkshop | 05/2016

Neugestaltung des Bauhausplatzes am Domagpark

3. Preis

LATZ+PARTNER LandschaftsArchitektur Stadtplanung

Landschaftsarchitektur, Stadtplanung / Städtebau

M + M Marc Weis + Martin De Mattia

Kunst

Erläuterungstext

Konzept

Der Bauhausplatz ist der zentrale öffentliche Raum eines neu entstehenden Stadtviertels für beinahe 4 000 Bewohner mit unterschiedlichem sozialen Hintergrund. Durch die Umrahmung von Leopoldstraße, Frankfurter Ring, Domagkstraße und der Autobahn A 9 prägt das Quartier einen inselähnlichen Charakter aus.
Im Projekt „Brunnenhaus“ werden Wasser und Licht als grundlegende Ressourcen verstanden, die von jeher im sozialen Zusammenleben geteilt wurden. Der gesellschaftliche Enzymcharakter beider Elemente ist Ausgangspunkt der Konzeption.
Ziel des Konzeptes ist es, dem Bauhausplatz eine kommunikations- und identitätsstiftende Qualität zu geben für seine neuen Bewohner, die zum Teil in hochpreisigere Stadtvillen, in private Eigentumswohnungen oder auch in Sozialwohnungen mehrstöckiger Mietshäuser einziehen.
Auf dem Platz soll ein schmales langgestrecktes Brunnenbassin entstehen, das gänzlich von einem schlichten Satteldach überspannt wird. Das Dach dieses Pavillons ist trotz seiner Länge durch die Verwendung eines neuen Werkstoffes, eines ultrafesten Carbonbetons außergewöhnlich dünn, statisch auf das Minimum reduziert und liegt auf nur vier Pfeilern auf. Die Statik prägt dabei durchaus sichtbar die individuelle Geometrie des Daches. Es wirkt fast so, als hätte man ein gefaltetes Papier auf vier Pfosten gelegt. Das Bassin zeichnet sich durch sehr breite Ränder aus, die zum Sitzen einladen. Trotz der Offenheit dieses pavillonähnlichen Ortes, entsteht durch die spezifische Akustik von Dach und Wasser eine fast intime Stimmung. Die Länge des Beckenrandes ermöglicht es für eine Vielzahl an Menschen sich dort aufzuhalten, sich kurz zu entspannen und im Sommer im Schatten Kühle und Erfrischung zu tanken.
Der Bautyp entspricht in einigen charakteristischen Punkten den Waschhäusern oder französischen Lavoirs, die vor der Einführung industrieller Reinigung oder technischer Entwicklungen wie der Waschmaschine den Bewohnern von Orten die Reinigung ihrer Kleider mit frischem fließenden Wasser ermöglichten. Vor allem entwickelten sie sich für die Anwohner zu Orten der Begegnung und des Austauschs mit einer erheblichen Aufenthaltsqualität. An letztere Eigenschaften knüpft der ruhige, zentral gelegene Pavillon an.
Unter dem Dach des Pavillons hängt am Tag der Einweihung eine große Anzahl an kleinen, eigens entwickelten Lampen. Innerhalb dieser akkumulierten Lichtwolke steht für jede der 1800 Wohneinheiten eine solche Lampe bereit, die mit nach Hause genommen werden kann. Eine ausreichende Anzahl an Lampen bleibt fest installiert vor Ort, um ihn abends und nachts weiterhin mit dem spezifischen Licht zu erhellen. Die Lampe ist charakterisiert durch ein ganz eigenes warmes atmosphärisches Licht. Die neuen Bewohner des Stadtviertels können ihre eigenen Lampen zu Hause verwenden, aber - Dank deren Mobilität - auch mit sich in den Park oder zum Pavillon mitnehmen und dort wieder einhängen, um diesen entsprechend stärker zu erleuchten. Die Lampe wird zu einem gemeinsamen verbindenden Gegenstand.
Ab Eröffnungstag werden die Objekte über Mitnahme sukzessive in dem kleinen Stadtviertel auf dem Areal der ehemaligen Funkerkaserne verteilt. Einerseits verweilt die Basisstation und Quelle in Form des Pavillons am Bauhaus-Platz, andererseits aber tauchen die Elemente vom „Brunnenhaus“ in Form der einzelnen Lampen mobil in den Quartierraum ein. So wandern sie in Privaträume, aber eventuell auch an anderen Stellen des öffentlichen Raums oder des Parks. Die Objekte werden mit nach Hause oder an die Arbeitsstelle genommen, finden sich in der Schule oder anderen Einrichtungen und Orten im öffentlichen Raum wieder. Immer verweisen sie auf ihren Ursprungsort und sind weiterhin Teil des Gesamtensembles.
Lampen und Pavillon ergänzen sich, verbinden die neuen Nachbarn nach Sonnenuntergang durch das gleiche Licht und bieten ihnen auf dem Bauhausplatz selbst einen zentralen Ort für zufällige Begegnungen. Die Lampen sind latent Teil des Pavillons, in dem weiterhin eine Anzahl von ihnen leuchtet. Gleichzeitig haben sie durch ihre fast verflüssigt wirkende Form und die am Platz verbliebenen Beleuchtungskörper sowie ihre eigenen ehemaligen Aufhängungen dort auch immer einen materiellen Bezug zu der Basisstation. In der Fragmentierung dieser ursprünglich zusammenhängenden Vielzahl erweist sich im Umkehrschluss die Bewohnerschaft der einzelnen Wohneinheiten als gesellschaftliche Einheit.
Der fokussierende und gleichzeitig ausstrahlende Charakter dieses Pavillons wird zudem durch die materielle Ausweitung auf die umgebende Bodengestaltung deutlich gemacht. Ein großes Rechteck zieht sich über den Platz, das aus langen schmalen Bodenplatten mit den Maßen 20 x 80 cm besteht, die linear angeordnet sind. Diese Platten zeichnen sich neben ihrer langgestreckten Form auch durch den gleichen Materialcharakter, der auch das Becken und die Dachkonstruktion des Waschhauses charakterisieren. An einigen Stellen wird das Bodenfeld durch Bäume oder frei angeordnete Bänke unterbrochen.
Vor den Gebäuden und Wegführungen wechselt der Boden dann zu einem entsprechend anderen Belag, der Münchener Platte im Norden, Osten und Westen und zu einer Mischung aus wassergebundener Decke und Asphalt mit Splitteinstreu im Süden. In diesem südlichen Bereich vor der Schule werden Elemente des Parks, Baumbepflanzung und Bodengestaltung, in den urbanen Raum unterhalb des Platzes weitergeführt. So tritt eine enge Verzahnung mit dem Park als zweiter wesentlicher Aufenthaltsraum des Viertels ein, die gleichzeitig die Konzentration der nördlichen Platzgestaltung akzentuiert und nach Süden locker konterkariert.