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Mehrfachbeauftragung | 06/2016

Neubau Bahnhofsgebäude

Skizze Bahnhofsplatz

Skizze Bahnhofsplatz

2. Rang

benjamin heller freier architekt msc eth

Architektur

Erläuterungstext

Gestalterische Konzeption:

Das neue Bahnhofsgebäude, die Porta Via, soll als eigenständiger Baustein an der neu gestalteten Achse zwischen Altstadt und Seeufer wahrgenommen werden. Die deutliche Absetzung von der Architektur der Seetorquerung unterstreicht diesen Solitärcharakter. Die Flächen- und Gebäudegestaltung betonen die Funktion als Ort der Begegnungen, an dem sich Individual- und öffentlicher Verkehr treffen. Die Formgebung der neuen Fassade lehnt sich an alte Verkehrs- und Brückenbauwerke (Viadukte) an. Neben dem „Seetor“ spannen sich dadurch nun mehrere bogenförmige „Tore“ über das Bahnhofsgebäude, die dem Besucher die jeweiligen Eingänge zu den unterschiedlichen Nutzungsbereichen signalisieren. Rundherum auskragende Vordächer mit abgerundeten Ecken erinnern an die Stromlinienform, die seit dem Beginn des modernen Verkehrsdesigns regelmässig verwendet wird und so auch als Symbol für Verkehr und Fortbewegung bezeichnet werden kann. Die vorgehängte, hinterlüftete Glasmosaikfassade begünstigt die Umsetzung dieser dynamischen Formgebung. In den glatten Oberflächen der 50x50mm grossen weissen Glasfliesen sowie des nach innen versetzten Glaskubus wird die Umgebung dezent reflektiert. Die Oberflächen weisen so dieselbe Eigenschaft auf wie das nahegelegene Wasser des Bodensees. Die umlaufenden Vordächer schaffen überdeckte Außenräume. Der Übergang zwischen Innen und Außen erhält dadurch eine Filterzone. Besucher des Bahnhofsgeländes finden darunter Schutz vor Witterungseinflüssen. Durch die in Richtung Westen und Süden weiten Überstände kann auf eine zusätzliche Verschattungsmöglichkeit verzichtet werden. Einzig die östliche Fassadenfläche des Neubaus sowie die südlichen Fenster im Bestandsteil werden durch zusätzliche Jalousien ergänzt.


Aussenraum:

Auf dem Dach des bestehenden Gebäudes sind zwei Schiffscontainer als markante Punkte installiert. Mit dieser Signaletik wird auf die neue Dachlounge aufmerksam gemacht. Die Erschliessung erfolgt über eine Treppe im vertikalen Container, die vom Vorraum der Gaststätte aus begehbar ist. Im horizontalen Container sind eine Bar und ein Lager für den saisonalen Betrieb untergebracht. Es besteht zudem die Möglichkeit einen Personenlift bzw. eine zusätzliche Treppe vom Inneren der Gastronomie aus einzurichten. Die Aussenfläche der Gastronomie zum Bahnhofsplatz hin wird vergrössert, um die Wahrnehmbarkeit zu stärken.


Bodenbeläge:

Für die Bodenbeläge werden quadratische Formate als Weiterführung der Fassade verwendet. Der überdeckte Bereich zwischen den Bögen und dem Glaskubus wird in einem kleinen 10x10cm Format, die Aussenplätze mit grossformatigen Platten im 80x80cm Format ausgeführt. Durch den Einsatz von Betonplatten ergibt sich eine grosse Vielfalt an Gestaltungsmöglichkeiten in Oberfläche, Farbe und Grösse. Die Bodenbeläge an der Porta Via sind geometrisch klar von den angrenzenden Bodenbelägen abgetrennt, was die Zugehörigkeit zum Gebäude unterstreicht.
Zum benachbarten Bahnhofsplatz hin sind die Randbereiche und Übergänge asphaltiert. Eingestreute Seekiesel im Asphaltbelags, der in seiner Dichte vom Gebäude weg nach Aussen ausläuft, lassen einen sanften Übergang zwischen den unterschiedlichen Materialien zu.
Um Fussgängern und Radfahrern ausreichend Platz zu bieten, verzichtet der Entwurf auf die Parkplätze direkt vor dem Bahnhofsgebäude. Ein Hochbordabschluss zum Bahnhofsplatz hin unterstützt diese Absicht. Im Bereich der Seetorquerung hingegen ist die Strasse mit einem Pflasterbelag und das Hochbord flächenbündig ausgeführt. So entsteht eine barrierefreie Begegnungszone auf die Autofahrer zusätzlich durch größer werdende und sich verdichtende Kreise im Belag hingewiesen werden.


Aussenmöblierung und Bepflanzung:

Die Aussenmöblierung ist als Weiterführung des Bodenbelags gedacht und ebenfalls in Betonelementen ausgeführt. An allen drei zum Gebäude gehörenden Plätzen sind Baumumrahmungen mit integrierten Sitzmöglichkeiten installiert. Die Platane am nördlichen Platz bleibt erhalten. Im westlichen Aussenbereich des Backshop-Cafés und auf der südöstlichen Aussenanlage der Gastronomie ist jeweils eine Rosskastanie gepflanzt. Diese sind schnell im Wachstum, haben einen auffallend schönen Blütenstand und wirken als klassischer „Biergartenbaum“ besonders einladend. Durch entsprechende Positionierung werfen die beiden Kastanien an langen Sommertagen zusätzlichen Schatten auf die Ost- bzw. Westfassade des Neubaus. Der Neubau trägt eine „Schilfkrone“, eine Art Hochgarten als Ausgleichsfläche zu den umliegenden versiegelten Platzbelägen, die gleichzeitig die natürliche Verbindung zum unweiten Seeufer herstellt. Eine Verschmälerung der bestehenden Parkplätze auf der gegenüberliegenden Strassenseite macht eine zusätzliche Baumreihe möglich. Der Zugang zum See wird durch die Bepflanzungsmaßnahmen zu einem grünen Tor, das für einen harmonischen Übergang zwischen Altstadt und Seepromenade sorgt.


Konstruktion Fassaden:

Das Tragwerk der vorgelagerten Bögen wird aus CLT-Massivholzplatten (D=20cm) auf Stahl-Fusselementen ausgeführt. Zur Überspannung der Felder sowie der Auskragungen kommen Leimbinder mit einem Querschnitt von 150x20cm zum Einsatz. Die Eckverbindungen der Leimbinder erfolgen mittels Kopfplatten aus Stahl. Die Lastübertragung zur neuen Stahlbetondecke erfolgt mittels punktuell einbetonierter Auflagerkonsolen aus Stahl. Im Bereich des Bestandes sind die vorhandenen Vordächer zurückgebaut und mit dem Vordachkonzept des Neubaus neu erstellt. So wird ein durchlaufender Dämmperimeter ohne Verlust der bestehenden lichten Raumhöhe erreicht. Die Fassade und die Untersicht des Vordaches werden als hinterlüftete Konstruktion realisiert. Die Glasmosaikfliesen in den Dimensionen 50x50mm kleben auf Trägerplatten die wiederum über Aluprofile an der Tragstruktur aus Holz befestigt sind. (System: STO VENTEC M) Der eingezogene Glaskubus ist sowohl beim Neu- als auch beim Altbau als selbstragende Pfostenriegelfassade mit 3-fach Verglasung und Passivhauszertifizierung ausgeführt. (System: Schüco FWS 50.SI) Beim Bestandsgebäude wird der Glaskubus im Bereich der existierenden Massivaussenwände als gedämmte hinterlüftete Fassade mit vorgehängten Glaspanelen und offenen Fugen umgesetzt. (System STO VENTEC GLASS). Die neuen Fenster sind fassadenbündig um eine möglichst homogene Fassadenfläche zu realisieren.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser nehmen die Grundrisskonfiguration der Machbarkeitsstudie unverändert auf und erhalten das Bestandsgebäude vollumfänglich, auch in seiner Konstruktion. Der trapezförmige Grundriss im Neubau bietet die notwendige funktionale Flexibilität im Inneren und wird demnach positiv bewertet. Die Verbindung Alt/Neu gelingt auf einfache und stimmige Art und Weise.

Attika- /Gebäudehöhe des Neubauteils entwickeln die Verfasser aus der vorhandenen Höhe des Bestandsgebäudes, beide Gebäudeteile werden mit einer einheitlichen vorgelagerten Fassade umhüllt. Zwischen der eher inszeniert wirkenden bogenförmigen Schaufassade und der eigentlichen thermischen Fassade entsteht eine tiefe, attraktive gedeckte Vorzone, ein der vielfältigen Nutzungen gerecht werdender funktionaler Mehrwert. Das vorgeschlagene Fassadenmaterial Mosaikfliese wirkt als Anleihe zum Wasser eher plakativ angestrengt und wenig charmant. Die auf dem Flachdach siedelnden Aufbauten im Überseecontainerlook entsprechen ebenfalls dieser Wahrnehmung.

Die annähernd vollflächige Begehbarkeit des Flachdachs über dem Neubau wird grundsätzlich sehr positiv bewertet, hier wäre bei einer Realisierung eine zusätzliche Außenbewirtschaftung wünschenswert und Attraktivitätssteigernd. Über eine direkte öffentliche Zugänglichkeit sollte nachgedacht werden, ebenso über die barrierefreie Erschließung.

Die vollflächige Nutzung als Dachterrasse führt jedoch auch zu einer schematischen – allseitig gleichen – Anmutung sowohl Stadt- als auch Seeseitig. Die Jury sieht in dieser Lösung mehrheitlich keine angemessene Antwort auf die an dieser Stelle städtebaulich differenzierten Anforderungen und Erwartungen.

Alles in Allem eine Arbeit die der Aufgabenstellung funktional entspricht, auch eine Arbeit die wirtschaftlich umsetzbar erscheint, aber eben auch eine Arbeit die in der vorgetragenen Form im Schematischen verharrt.
Skizze Bahnsteig

Skizze Bahnsteig