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Begrenzt offen, einstufig, mit vorgeschaltetem Bewerbungsverfahren | 07/2007

Bramfelder Marktplatz, Bezirk Wandsbek . Stadtteil Bramfeld

Platzeingang von Osten

Platzeingang von Osten

1. Preis

URBAN CATALYST

Landschaftsarchitektur

Kunst + Herbert Architekten

Architektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Aktive Mitte fĂĽr Bramfeld

Bramfeld teilt das Schicksal vieler Orte am Cityrand großer Agglomerationsräume: die suburbane Entwicklung hat den ursprünglichen Ortskern fast bis zur Unkenntlichkeit überformt. Einkaufszentren, Parkplätze, Baumärkte, Geschäftshäuser und öffentliche Bauten wie Ortsamt, Bibliothek und Haus der Jugend haben sich seit den 60er Jahren scheinbar nach dem Zufallsprinzip an die Ortsmitte sukzessive angelagert. Folge ist heute ein Konglomerat aus auf sich bezogenen Gebäudekomplexen, die nicht zuletzt aufgrund widersprüchlicher Einzelinteressen der Eigentümer weder in einem räumlichen noch programmatischen Zusammenhang stehen.
Parallel zur städtebaulichen Entwicklung Bramfelds haben sich auch Wahrnehmung und Gebrauch der öffentlichen Räume frappant verändert. Der Dorfplatz hat seine Identität stiftende Rolle als zentraler öffentlicher Raum längst eingebüßt, dafür sind neue Öffentlichkeiten und Orte entstanden, die nicht in das klassische Verständnis von einem Ortszentrum passen. Die Bramfelder treffen sich vor dem Ärztehaus und auf dem Parkplatz des Hertie Kaufhauses, beobachten von Bänken an den Rändern der Asphaltfläche den Parkverkehr, und zweimal wöchentlich findet hier sogar Markt statt. Die Initiative, genau an dieser Stelle eine neue Ortsmitte zu schaffen, gleicht einem Befreiungsschlag. Sie spiegelt das intensive Bedürfnis der Bramfelder nach einem starken Kristallisationskern für vielfältige öffentliche Nutzungen. Die Chancen für das Gelingen, an dieser Stelle einen lebendigen Platz zu kreieren, stehen gut. Öffentliche Einrichtungen und Einkaufsmöglichkeiten garantieren eine hohe öffentliche Frequentierung, der künftig autofreie Raum wird zu einer erheblichen Verbesserung der Aufenthaltsqualität führen. Die Idee eines stadträumlich stark gefassten Platzes ist hier nicht anwendbar. Stattdessen haben wir die Vision, dass der Platz selbst als exakt definierte Kernzelle mit weichen und variablen Randzonen eine intensive Ausstrahlung entwickelt, die sich positiv auf die Neuordnung seines städtebaulichen Kontextes auswirkt.

Strategie
Unsere Strategie für Bramfeld zielt auf ein mehrdimensionales Handlungskonzept, das sich flexibel an sich ändernde Rahmenbedingungen anpasst und sukzessive umgesetzt werden kann:
Raum schaffen – Kernelement des Entwurfs ist ein freier Platz mit Baumband, der Bewegungsraum für Markt, Volksfest und vielseitige, alltägliche Nutzungen schafft.

Schnittstellen gestalten – Die an den Platz grenzende Bebauung eignet sich nur bedingt als direkte Platzkante. Die Schnittstellen an den Kanten werden neu definiert als Regal, Heckenband oder Neubau (Teilfläche C1).

Vernetzen – Das Entwurfskonzept bindet den Platz an die bestehenden Geh- und Radwege, die übergeordneten Grünzüge und langfristig über die Dorfpassage an den Dorfplatz an.

Nutzungsvielfalt ermöglichen – Der Platz lebt nicht allein vom „Frequenzbringer“ Kaufhaus. Der Raum gliedert sich in unterschiedliche Zonen – Platanenband, Platzfläche, Entree Ärztehaus, Regaldecks, Aktionsfläche Haus der Jugend, Heckenband, Entree Ost –, die ein breites Spektrum an Nutzungen und Aktivitäten ermöglichen.

Bausteine
Platz – Der neue Bramfelder Marktplatz (ca. 5300qm) gliedert sich in ein Platanenband (geleitet und geschnitten) an der Nordseite und eine nach Süden orientierte freie Platzfläche (3900qm), die sich für flächenextensive Nutzungen (Markt, Volksfest, Flohmarkt, Messe) eignet. Bei größeren Veranstaltungen kann der Platz um die Vorzone des Gesundheitszentrums erweitert werden (insgesamt ca. 5000qm). Das Platanenband formuliert eine klare räumliche Kante und integriert eine Bushaltestation, Fahrradständer sowie zahlreiche Bänke. Die Platzfläche wird durch drei 12m hohe Lichtmasten und die erhaltenswerten Bäume vor dem Ortsamt räumlich akzentuiert. Die befahrbare Oberfläche des Platzes wird aus farblich changierendem Natursteinplatten (60x40cm) gestaltet. Ein in den Belag integriertes Wasserspiel an der Ostseite belebt den Raum im Sommer. Zwischen Kaufhaus und Platanenband befindet sich die gepflasterte Busfahrspur, die sich im Bereich der Bestandsbäume einspurig verengt. Mit dem Bau des Platzes wird diese im Bereich des Kaufhauses angelegt. Ein weiterer Anschluss an die Heukoppel erfolgt mit der Einrichtung der Buslinie Herthastraße.

Das Bramfelder Regal – Das Haus der Jugend ist auf den bisherigen Standort fixiert, halten wir eine Neubebauung der südlichen Platzkante (Fläche B1) aufgrund der vorhersehbaren Nutzungskonflikte für unrealistisch. Anstelle eines neuen Gebäudes schlagen wir an der Schnittstelle zwischen dem Haus der Jugend und dem neuen Platz das „Bramfelder Regal“ vor, eine vielfältig nutzbare Gerüststruktur auf drei Ebenen, die sowohl vom Platz als auch vom Haus der Jugend bespielbar ist. In die Regalkonstruktion können Objekte eingestellt werden, die die Infrastruktur des Platzes stärken und anschieben sollen, wie beispielsweise ein Cafe, Kiosk, Obst- und Saftstand, Ticketcenter oder auch das Marktbüro. Saisonal oder bei Festbetrieb können diese kommerziellen Nutzungen auch auf das Vereinsdeck oder die Dachterrasse ausgeweitet werden. Als Schnittstelle zwischen den Aktivitäten des Kernplatzes und dem Bereich zum Haus der Jugend ist die Spielfläche im EG des Regals zu sehen. Die Fläche ist leicht angehoben und mit einem \"besitzbaren\" Belag versehen. Sie stellt Anziehungspunkt und Kontaktstelle der verschiedenen Nutzungsgruppen auf dem Platz dar, kann spontan als Bühne oder bei Veranstaltungen als Backstagebereich genutzt werden.
Die Leichtkonstruktion aus Aluminium besteht aus Hohlprofilen. Die Decken sind eingehängte Hohlkammerelemente oder in Sondersituationen ein Holzgrating aus Banquirai. Diese Konstruktion ist dem mobilen Brückenbau entlehnt, sie ist absolut wartungsfrei und auch innerhalb weniger Tage an einem anderen Ort ganz oder teilweise neu zu errichten. Die Rohkonstruktion wird, kombiniert mit freien Feldern, großflächig mit einseitig gespannten Edelstahlgeweben verhüllt. Der westliche Teil des Regales ist berankt und bildet im Inneren ein grünes Zimmer aus. Dies ermöglicht eine differenzierte Nutzung bei höchstmöglicher Transparenz sowohl zum Platz als auch zum Spielfeld am Haus der Jugend. Die Gewebe sind bedruckbar z.B. mit Logos der Regalsponsoren oder Nutzergruppen. In den unverhangenen Bereichen können temporär Großbanner mit Veranstaltungshinweisen etc. eingespannt werden. Die Regalkonstruktion nimmt sämtliche Unterelemente, wie Beleuchtung, Lautsprecher etc. auf. Ebenso können Elemente zum Klettern und Spielen daran angebracht sein. Das Edelstahlgitter dient in diesem Fall als Ballfanggitter.
Neben den an Cafe, Kiosk oder andere Nutzer verpachteten Einheiten im EG werden fĂĽr die ĂĽbrigen Teilbereiche des Bramfelder Regals Patenschaften vergeben. Idee ist, dass sich unterschiedliche Bramfelder Institutionen und Initiativen wie etwa das Haus der Jugend, der Brakula, die BĂĽcherhalle, der Heimatverein oder Bramfelder Schulen mit der Patenschaft verantwortlich fĂĽr die Pflege von Teildecks zeigen, im Gegenzug erhalten sie ein zeitlich vereinbartes Nutzungsrecht fĂĽr Lesungen, Bandproben, FilmvorfĂĽhrungen etc.

Aktionsfläche Haus der Jugend – Zwischen Regal und Haus der Jugend spannt sich auf der heute ungenutzten Fläche ein neuer Aktionsraum auf, der von den Jugendlichen als Sportfläche, Experimentierfeld oder Treffpunkt für Gruppen bespielt werden kann. So entsteht für das Haus der Jugend ein Plusraum, der sich in enger Symbiose mit dem Bramfelder Regal zu einem öffentlichen Magneten entwickeln kann. Durch die Konzentration der Freiraumaktivitäten auf die nördliche Seite des Gebäudes entschärft sich der Lärmkonflikt mit der südlich angrenzenden Wohnbebauung.

Ortsamt – Das Ortsamt ist ein ambivalentes Gebäude. Einerseits bildet es zum Platz eine räumliche Kante aus, auf der anderen Seite wirkt es sehr abweisend zum Platz. Der Entwurf thematisiert diese Ambivalenz und stärkt mit dem Heckenband die östliche Raumkante des Platzes bis zur Bücherhalle. Gleichzeitig bilden sich zwischen den Hainbuchenhecken und eingestreuten Felsenbirnen attraktive Zwischenräume, Nischen zum Sonnen, Lesen, auf den Platz schauen oder Leibesübungen an versteckten Fitnessgeräten.

Neubau –Wir schlagen vor, im Bereich des östlichen Platzzuganges einen hochbaulich gefassten Zugang zu entwickeln. Dieses viergeschossige Gebäude (ca. 4000qm BGF) ist sowohl Platzkante, aber auch markantes Entree zum Marktplatz von der Heukoppel aus. Es werden vielschichtige Anforderungen an seine Gestalt gestellt: Zwei trichterförmige Räume werden gebildet, die den dahinter liegenden Platz ankündigen. Die geknickte Form des Gebäudes markiert den öffentlichen Durchgang vom Ortsamt zum nördlichen Parkplatz und ermöglicht gleichzeitig den Erhalt der zwei wertvollen Dorfeichen. Im Erdgeschoss sollen Ladennutzungen aufgenommen werden, z.B. eine Bankfiliale, Drogerie oder Supermarkt. In den Obergeschossen sind Büronutzungen denkbar, aber auch betreutes Wohnen für ältere Menschen.
Die prägnante Formung des Baukörpers wird durch seine massive Materialität mit sehr großen Öffnungselementen und einer plastisch geformten Dachlandschaft zu einem signifikanten, aber auch ordnenden Element am Platz.

Phasierung
„Provisorien leben am längsten“: Bei den vagen Zukunftsprognosen für die künftigen Entwicklungen rund um den neuen Marktplatz scheint dieses Motto auch in Bramfeld die aktuelle Situation treffend zu schildern. Umso notwendiger wird es, ein autarkes Platzkonzept zu entwickeln, das auch funktioniert, wenn sich zunächst an der Gestaltung der Platzränder nichts ändert. Als Kernelement einer ersten Phase sieht der Entwurf den Marktplatz einschließlich Bramfelder Regal und Aktionsfläche, Heckenband, Entree Ost mit Parkplatz sowie der Vorzone Gesundheitszentrum und Kaufhaus vor. Der Neubau Ost und die städtebauliche Neuordnung des nördlichen Quartierbereiches können sukzessive realisiert werden. Langfristig kann nach einer Umsiedlung des Haus der Jugend auch die südliche Platzkante baulich neu formuliert werden. Das Bramfelder Regal ist leicht demontierbar und lässt sich an anderer Stelle re-installieren. Bis dahin sollte es aber seiner Rolle als Markenzeichen des Bramfelder Marktplatzes gerecht werden.
Mittelfristige Entwicklung Bramfelder Marktplatz

Mittelfristige Entwicklung Bramfelder Marktplatz

Bramfelder Regal

Bramfelder Regal