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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2016

Neubau Naturwissenschaften an der Universität Bremen

1. Preis / Zuschlag

Preisgeld: 20.000 EUR

kister scheithauer gross architekten und stadtplaner GmbH

Architektur

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Visualisierung

Erläuterungstext

Der Entwurf erklärt sich konzeptionell aus den Bindungen der Aufgabe und des Ortes. Aus der ersten Bindung der Aufgabe als der Organisation der Labormodule entwickelt der Entwurf eine typologische Antwort. Die Kleeblattanordnung ist die effektivste und kompakteste Organisation der gewünschten Moduleinheiten. Auf kurzem Weg sind alle Module fußläufig verbunden. Zwei Fluchttreppenhäuser reichen zur Entfluchtung. Die Lehrlabore sind in das System eingebunden, eigenständig erreichbar und so in den Forschungsbereich integrierbar. Weitere Modulbausteine können unabhängig oder über eine Brücke wie „Waggons“ angehängt werden. Die zweite Bindung ist der Ort und der Stadtraum. Der geringere Flächenbedarf im EG in Bezug auf die OGs einerseits und andererseits die drei vernetzten Büromodule, die parallel in der Längsrichtung versetzt werden, erlauben durch Unterschnitte und Rückstaffelungen so eine präzise Reaktion auf den Stadtraum.

• Es wird ein Eingangsplatz in der Verlängerung des bestehenden Vorbereiches „ausgeschnitten“, der das Gebäude sowohl adressiert, als auch mit der Nachbarschaft verbindet.

• Der Unterschnitt am Eingang ermöglicht, die zentrale Erschließung soweit wie möglich in die Mitte des Gebäudes zu verschieben, um genau an der Nahtstelle von Büro und Labor die kürzesten Wege zu schaffen. Das Foyer ist durchgesteckt und kann auch vom Innenhof betreten werden, es bietet Platz für Ausstellungen und einen Zugang zum begrünten Innenhof mit überdeckter Terrasse. Ein freundliches, offenes Foyer.

• Die Staffelung des Baukörpers erlaubt eine selbstverständliche Schließung der Blockkante. Die verbleibende Öffnung zwischen Kopf und Bestand stellt beide Bauten nebeneinander mit Respekt an die Blockkante. Es bleibt ein öffentlicher Durchgang in den Innenhof bewusst offen.

• Auf den Grundriss bezogen eröffnet das Verschieben der Büromodule einen Innenhof, der die Tiefe des Labortraktes nutzt, um eine innere Welt des Lehrgebäudes entstehen zu lassen. Der Innenhof belichtet die Flure, bildet aber auch an der Stirnseite durch Loggien und einen Teeküchenbereich eine Kommunikationsmitte aus, an der sich die Wege der Mitarbeiter treffen können. Die Büromodule sind ablesbar, können aber auch ineinander übergehen. Das zentrale Treppenhaus ist über den Innenhof belichtet und wirkt daher als Haupttreppenhaus und dient doch gleichzeitig zur Entfluchtung. Vom Treppenhaus gelangt man einerseits direkt in die „frei“ zugänglichen Lehr- und Praxisbereiche der Masterstudenten, aber auch durch eine Zugangskontrolle in den Bürobereich. Dieser ist auf direktem Wege mit den Laboren verbunden. Über eine Zugangskontrolle sind wiederum die Labore mit den Praxislaboren der Lehre verbunden.
Eine dritte Bindung des Ortes ist das Material der Gestaltungssatzung. Es wird ein heller rot-beiger Ziegel gewählt mit geschlossenen Fugen, der die dunkelfarbigen Ziegel der Umgebung deutlich auffrischt und in dem Kontrast dazu eine Eigenständigkeit erhält.
Es wird aus der Funktion heraus ein besonderer Schnitt der Fensteröffnung erarbeitet. Die Geschosshöhen legen ein Oberlicht nahe. Dieses ist auf die Vorderseite der Fassade geschoben mit einer spiegelnden Bündigkeit, die verstärkt wird durch eine verlängerte Stufenglasscheibe. Diese schützt den Sonnenschutz, der außenliegend frei vor der zurückliegenden Verglasung herunterfährt. Im Scheibenzwischenraum der Oberlichter sind Okalux-Lamellen fest eingebaut, die über eine Lichtlenkfunktion verfügen. Das horizontale Fensterband bildet den Grundcharakter des langgestreckten Baukörpers einerseits ab, schafft aber eine besondere Plastizität durch das Spiel der Fensterebenen.
Der Baukörper, der sich aus einer inneren Organisation begründet, ist gleichwohl in der Lage, die städtebauliche Situation zu adressieren und eine signifikante Eigenständigkeit zu entwickeln, die bildhaft die universitäre Nutzung als Forschungsgebäude in den Stadtraum trägt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit überzeugt in ihrer städtebaulichen Setzung mit der Ausbildung eines prägnanten Kopfbaus, der einerseits den Umgang mit dem angrenzenden Bestandsgebäudes FVG im richtigen Maßstab löst und andererseits im Zusammenspiel mit den weiteren Bestandsgebäuden UFT und Marum einen gut proportionierten Vorplatz ausbildet. Folgerichtig wird von dem Vorplatz aus das Haus mit guter Adressbildung über einen Unterschnitt erschlossen. So ermöglicht die Lage des Haupteingangs die Ausbildung eines Foyerbereichs tief im Gebäude mit gutem Außenbezug zur beruhigten Hofseite und schlüssiger Anbindung an alle Funktionsbereiche. Überraschend ist die vorgeschlagene klare Trennung von Büro- und Laborbereichen. Hierbei sind die Büros an der Leobener Straße organisiert und die Labore in einem eigenen Gebäudeabschnitt Richtung Wiener Straße gestapelt. Diese Art des Gebäudelayouts wird im Preisgericht kontrovers diskutiert. Die klare Trennung der Nutzungen hat lange Wege zur Folge, die aber durch die Ausbildung eines grünen Lichthofs sowie eingestreuten informellen Aufenthaltsbereichen spannungsvoll inszeniert sind. Die Zugangskontrolle zwischen öffentlichen und gesicherten Bereichen ist hierbei durch das Angebot zweier paralleler Flure am Lichthof überzeugend gelöst. Zudem ermöglicht die Funktionsanordnung eine weitgehend freie Zuordnung von Labor- und Büroflächen zu den Arbeitsgruppen. Eine optimierte Brandschutzplanung lässt sich im Konzept darstellen. Das Tragsystem ist nicht eindeutig erkennbar. Der Außenauftritt des Gebäudes mit Bandfenstern in rötlichem Ziegelmauerwerk gegliedert durch Loggien ist angemessen. Insgesamt leistet die Arbeit durch die gute städtebauliche Vernetzung sowie die kluge interne Organisation einen wertvollen Beitrag zu der hier gestellten Aufgabe.
Die Verfasser schlagen ein schlüssig Konzept mit einem ambitionierten Ansatz im Bereich der Nachhaltigkeit im Sinne einer DGNB oder BNB Zertifizierung vor (Stichworte: Materialien, Kommunikation, Grundrissgestaltung, Sichtbezüge, Fahrradstellplätze etc.). Der Entwurf erreicht eine mäßige Kompaktheit, insbesondere durch Auskragungen und Unterschnitte. Durchdringungspunkte im Bereiche der Stützen zum Innenhof und die komplexen Fenstergeometrien müssen überarbeitet werden. Eine Nachtlüftung der Büros ist konzeptionell noch ungeklärt. Aussagen über ein Konzept zur Regenwasserentsorgung fehlen.