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Nicht offener architektonischer Realisierungswettbewerb mit Ideenteil nach RPW 2013 und VOF 2009 | 10/2016

Historische Mitte

ein 3. Preis

Preisgeld: 66.000 EUR

Caruso St John Architects

Architektur

Erläuterungstext

Figuren am Roncalliplatz

Der Roncalliplatz rahmt das prächtige Südportal des Kölner Doms und ist der Mittelpunkt des Quartiers. Das mittelalterlich dichte Netzwerk an Straßen rund um den Dom weitet sich zu einem großen öffentlichen Raum, dessen Maßstab die Qualität eines städtischen Forums aufweist. Der vorgeschlagene Neubau für das Kurienhaus und das Stadtmuseum fügt sich ein in eine Reihe weiterer bedeutungsvoller und repräsentativer Gebäude im Zentrum von Köln. Die Möglichkeit, auf dieser zentralen Parzelle einen Neubau zu errichten, erlaubt an dieser historisch komplexen Stelle räumliche Klarheit zu schaffen. Die Räume rund um den Dom sind nicht besonders eindeutig. Ausgeschnitten aus dem umliegenden, mittelalterlichen Straßenmuster und durch die teils dramatische Topografie zusätzlich komplex geformt, haben die Stadträume eher die Qualitäten überlappender Felder, deren Kanten nicht immer ausreichend definiert sind. Mit diesem Neubau besteht die Möglichkeit diese wichtige Stelle im Stadtzentrum neu zu definieren und so einen Übergang zwischen der römischen, der mittelalterlichen und der zeitgenössischen Stadt zu schaffen.

Unterschiedliche Zeiten

Im Zentrum der städtebaulichen Form des Neubaus steht der erheblich verbesserte öffentliche Verbindungsweg zwischen dem Kurt-Hackenberg-Platz und dem Roncalliplatz, der zwischen dem Fluss und der Domplatte sowie zwischen der römischen und der mittelalterlichen Stadt vermittelt. Die Stadt Köln hat einen erheblichen Aufwand investiert um diese so wichtige Verbindung im Zentrum der Stadt zu stärken und unser Entwurf bekräftigt dies formal und räumlich. Die Pflasterung mit rauem römischem Basalt wird dem unteren Platz eine spezifische Qualität verleihen und zudem die großzügigen Stufen rahmen, die von der Ebene des ehemaligen römischen Hafens Richtung Dom aufsteigen. Die Ostfassade des Neubaus besitzt die Proportionen eines vornehmen Stadthauses, deren formale und gestalterische Qualität die städtebaulichen Bemühungen unterstreicht, das östliche Ende der Parzelle von einer Rückseite in ein neues Tor zur Domplatte zu verwandeln. Richtung Norden besitzt der Neubau eine großzügige, zum Dom hin orientierte Arkade, die einerseits das östliche Tor der öffentlichen Passage bildet und andererseits sicherstellt, dass der ‚Kopf‘ des Neubaus die diversen ihn umringenden Elemente wirksam verknüpft. Dieser Raum orientiert sich stark Richtung Römisch-Germanisches Museum, so dass das gemeinsame Programm der zwei Museen räumlich abgebildet wird. Die Arkade verlängert zudem den Eingang des Stadtmuseums auf den Roncalliplatz. Der ‚Kopf‘ ist wie eine stehende Figur am Rand des Roncalliplatzes. Die Lage und das Volumen ermöglichen dem Gebäude, eine klare Grenze zwischen der Straße Unter Goldschmied und dem Roncalliplatz zu bilden. Der großzügige Übergang zwischen Straße und Platz führt über eine breite Treppenanlage. Die öffentlichen Einrichtungen rund um die drei Seiten des Volumens werden den öffentlichen Charakter des Platzes stärken.

Das Museum als Stadt

Wir stellen uns das Museum als eine Analogie der Stadt vor. Eine Morphologie von geschlossenen Häusern und offenen Räumen, die im Museum den thematischen und offenen Ausstellungsräumen entsprechen, reflektieren den vertrauten Maßstab und die unregelmäßige Struktur mittelalterlicher Straßen im Süden der Parzelle. Das komplexe und offene Erscheinungsbild der Grundrisse ist in ein betont klares Volumen gehüllt, mit Fassaden, deren Komposition und materielle Qualität im Bezug zum monumentalen Maßstab des Roncalliplatzes stehen. Der Neubau bildet außerdem ein starkes räumliches Ensemble mit dem benachbarten Römisch-Germanischen Museum. Die beiden Eingänge bilden als Paar ein Tor zwischen dem Kurt-Hackenberg-Platz und dem Roncalliplatz. Die in der Auslobung gewünschte Realteilbarkeit von Kurienhaus und Museum wird gewährleistet. Gleichwohl wird diese formale Trennung der beiden Gebäudeteile in den Grundrissen und am äußeren Erscheinungsbild nicht noch weiter betont. Wir finden es spannend, ein Projekt zu schaffen, das die unterschiedlichen Teile verbindet: die Nachbargebäude, Straße und Platz gleichwohl wie die unterschiedlichen Bereiche des Raumprogramms. Die Arkade im Erdgeschoss verbindet das Kurienhaus mit dem Stadtmuseum und dem Römisch-Germanischen Museum und erzeugt gleichzeitig eine starke Geste Richtung Platz und Dom. Die Einrichtungen des Kurienhauses sind einem Stadtpalais ähnlich vertikal strukturiert und zum Platz hin orientiert. Obwohl die Geschosshöhen dieses Baukörpers nach oben hin abnehmen, machen der figürliche Charakter des Volumens und seine komplexen und mineralischen Fassaden klar, dass dieses monumentale Gebäude zum Platz dazugehört. Das Museum ist auf vier Geschossen angeordnet. Das Erd- und das Untergeschoss sind weitläufig und erlauben dem Besucher, sich vom Dom bis zum Fluss zu bewegen. Die Obergeschosse des Museums sind kompakter: Das erhabene oberste Geschoss beherbergt das Stadtmodel und bietet Ausblicke über den Platz und auf den Dom.

Das Gebäude als Gefäß

Der Neubau ist wie eine an der Ecke des Roncalliplatzes aufgeschichtete Figur. Er ist gleichzeitig eine klare Grenze zwischen der Straße Unter Goldschmied und dem Platz sowie ein Tor vom Fluss zur Domplatte. Der Bau ist ein städtischer Angelpunkt an dieser sehr komplexen Stelle in der Stadt. Das Erscheinungsbild beabsichtigt eine starke, durch den Städtebau erforderliche Identität mit einer im Ort und im Programm verwurzelten Komplexität zu kombinieren. Die Fassaden sind durch breite, die Geschosse des Kurienhauses und des Museums stützende, horizontale Bänder gegliedert und bieten dem Neubau eine Plattform für den reichhaltigen und diversen Inhalt des Kurienhaus und des Museums. Die Bänder werden durch Wände aus großen Basaltblöcken getragen, einem dunklen mineralischen Material, das Bezug nimmt auf die Geschichte Kölns. Große Fenster durchbrechen die Fassaden, verleihen diesen einen angemessen repräsentativen Charakter und bilden eine direkte räumliche Verbindung zwischen den großzügigen Innenräumen, der Kathedrale und dem umliegenden Quartier. Die Fassaden sind gleichermaßen horizontal und vertikal und haben sowohl den Geist des Klassischen, wie auch des Gotischen. Am Roncalliplatz und am Kurt-Hackenberg-Platz werden große Sandstein Figuren, in der Tradition der figürlichen Skulpturen welche die Domfassade beleben, in die Basaltfassade eingearbeitet, um die Geschichte der Stadt von den alten Römern bis heute zu erzählen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Leitbild: ‘Museum als Analogie einer Stadt
Es wird ein gegliederter, gut strukturierter Baukörper vorgeschlagen, der die Maßstäblichkeit der umgebenden Bebauung aufnimmt, Enge und Weite abbildet und die Ablesbarkeit der Institutionen thematisiert. Durch Staffelung der Baukörper in der Straße am Hof entsteht eine spannungsreiche Raumbildung, die der Komplexität des Kontextes entspricht.
Auf der Nordseite des Gebäudes zum Römisch-Germanischen Museum bilden die vorgeschlagen Arkaden eine angemessene Gliederung des gut proportionierten Wegeraums zum Kurt-Hackenberg-Platz. Positiv ist hier auch die angemessene Akzentuierung der Eingänge.
Beiden Plätzen - Roncallliplatz und Kurt-Hackenberg-Platz - sind ‘würdige‘ Kopfgebäude zugeordnet, die wohlproportioniert und fast palastartig wirken. Funktional wird leider die Chance nicht genutzt, eine Adresse am Kurt-Hackenberg-Platz zu bilden.
Die Gebäudetypologie ‘Palazzo‘ wird durch die horizontale Schichtung und Gliederung der Fassade in eine Arkadenzone, in Piano Nobile mit Obergeschossen sehr gut herausgearbeitet und durch die vertikale Gliederung mit Materialwechsel und eingestellten Bildhauerarbeiten aus der Stadtgeschichte artikuliert. Obwohl die plastische Fassadebehandlung mit figürlichen Darstellungen als interessanter Vorschlag gesehen wird, wird die Angemessenheit auch kontrovers diskutiert.
Die aus städtebaulichen Gedanken und eigentumsrechtlichen Gegebenheiten logisch entwickelte Baukörperstruktur findet ihre Entsprechung in der innenräumlichen Komposition. Angeboten wird ein in der Höhenentwicklung differenziertes Raumkontinuum mit eingestellten Kabinetten. Erkennbar ist, dass der Entwurf sich ausführlich mit dem Ausstellungskonzept auseinandergesetzt hat. Allerdings werden die entwickelten Raumabfolgen seitens der Nutzer des Kölnischen Stadtmuseums KSM aufgrund der räumlichen Unterteilungen im Ausstellungsbereich auch kritisch gesehen. Übereinstimmung besteht, dass hier eine Überarbeitung möglich wäre. Positiv bewertet wird, dass eine mehrläufige Treppe die Ausstellungsebenen auf effiziente Weise erschließt.
Der vorliegende Entwurf zeigt, dass sich die gewünschten Synergien zwischen den Institution, bei gleichzeitiger Bewahrung ihrer Eigenständigkeit gut abbilden lassen. Diese wird durch die zeichenhafte Baukörpergestaltung gefördert.
Die vorgeschlagene Gebäudekonfiguration ist identitätsstiftend, unverwechselbar und dem Ort höchst angemessen.