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Einladungswettbewerb | 12/2016

"SMART LIVING" – Urbanes Wohnen am nördlichen Juri-Gagarin-Ring

2. Rundgang

Osterwold°Schmidt EXP!ANDER Architekten BDA PartGmbB

Architektur

Leonhardt, Andrä und Partner, Beratende Ingenieure VBI AG

Tragwerksplanung

Planungsgruppe Geburtig

Brandschutzplanung

Erläuterungstext

Stark perforiert und von raumstrukturellen Brüchen gekennzeichnet erscheint die Stadt in der unmittelbaren Umgebung des Bebauungsareals. Bauten unterschiedlichster Epochen, Typologien und Dimensionen prägen den Ort ebenso wie die Schneise des Juri-Gagarin-Rings (J-G-R) und die Zäsur der ehemaligen Stadtbefestigung. Die durch Verkehr, Tiefe des Flutgrabens und wenig extrovertierte Nachbarbauten scheinbare Isolation wird aktuell und interessant als Potential einer Stadtoase (WirGarten) erkannt und genutzt. Der Anspruch des Wettbewerbsbeitrages besteht in der Wandlung dieses Potentials mittels einer neuen Bebauung.
In diesem Sinne wird ein Quartier in Fügung von vier differenzierten Baukörpern um einen bergenden Hofbereich angelegt - das VIERTEL VIER.
In Reaktion auf die direkte Nachbarschaft bilden sich die Baukörper als
schlanker aufrechter Riegel nach Südost zum Nachbarn J-G-R_N° 152,
als liegender Zeilenflügel vor der Stadtmauer im Nordosten,
in dieser Verlängerung als individuelle Stadthäuser mit Garten zwischen Johannesufer und Wallgraben und selbstbewußt aufragend als Hochhaus im Blickpunkt des Rings
zum TURMQUARTIER AM RING.
Das neue Quartier vereint damit in sich die Vielfalt stadtbaulicher Größen und Formen wie Blockrand, Hochhaus und Stadthaus. Es vereinigt die Heterogenität vor Ort und gewinnt daraus einen polyvalenten Stadtbaustein.
Die vielseitige Verwendbarkeit bewährt sich in der typologischen Belegung der unterschiedlichen Baukörper. Während sich im Flügel an der Stadtmauer optimal Geschoßwohnungen zum ETAGENHAUS organisieren lassen, sind im Südostflügel optimal die Wohngemeinschaften für Senioren und das Boardinghaus zum APARTMENTHAUS organisierbar.
In der Höhe zweier Ebenen verbindet das Sockelgeschoss Apartmenthaus und TURM. Repräsentativ zeigt es sich zum Juri-Gagarin-Ring und lädt als Wandelhalle zum Besuch ein. Sie ist in diesem Verständnis großzügige Eingangshalle für das Hochhaus und birgt in sich Service- und Gemeinschaftsräume wie Lobby und Concierge sowie pavillonartige Einbauten für diverse Zusatzfunktionen für jegliche Alltags- und Komfortunterstützung, Mobilitätsservice, Gastronomie und Versorgung, Körperkultur und Freizeitangebote und dergleichen. Die Eingangshalle - das VESTIBÜL - ist ein Hybrid aus Markthalle, überdachtem Außenraum und „Palmenhaus“. Es ist Verbinder zwischen Gebäudeflügeln, Straßen- und Hofseite.
Seine Angebote ergänzen funktional das reine Wohnen und reichern mit Möglichkeiten des Treffs - auch witterungsgeschützt - die Atmosphäre im Quartier entgegen einer Anonymität an.
Erdgeschoss und 1. Obergeschoss des Hochhauses eignen sich zudem für Nutzungen als (Miet)Büros, Kanzleien, Praxen und ähnliches.
Insofern gleicht die innere Struktur mit Gassen und Plätzen, Höfen, Plateaus in unbedingter Verknüpfung mit angelagerten Funktionen einer kleinen Stadt in der Stadt.
Das Hochhaus selbst ist die gestapelte Stadt - der STAPELTURM. Effektiv um den Erschließungskern aus Aufzügen, Sicherheitstreppenraum und vertikalen Versorgungssträngen stocken sich je vier Geschosse wie ein Haus mit Versatz auf. Durch das Zusammenfassen von vier Etagen entstehen eine optisch erfassbare Maßstäblichkeit und Abschnitte spezifischer Prägungen
- zum einen im äußeren plastischen Erscheinungsbild des Hochhauses mit dem Gewinn von Terrassen und Überdachungen als auch Fassaden unterschiedlicher Materialität
- zum anderen wird eine Varianz für die Grundrisszuschnitte in wechselnden Tiefen gewonnen.
Vorgeschlagen wird mit steigender Höhe eine zunehmende Exklusivität, die sich mit räumlichen Besonderheiten wie z.B. Sauna, Patio, Pool, Wasserfall auch in den Wohnungsgrößen darstellt und folgendermaßen gegliedert werden können:
2. - 7. Geschoß > 5-Spänner
8. - 11. Geschoß > 4-Spänner
12. - 15. Geschoß > 3-Spänner.
Grundsätzlich erlaubt das Tragprinzip des Hauses eine Flexibiliät in der Grundrissteilung und mit Blick auf die fernere Zukunft ebenso einen Nutzungswandel z.B. von Wohnen zu Büro oder Hotel.
Besondere räumliche Angebote weiten den Erschließungskern mit Terrassen, Galerien und Stadtlogen auf, schaffen angenehme natürliche Belichtung, einprägsame Ausblicke, Räume für gute Nachbarschaft und vertikale Raumverknüpfungen, die potentiell etagenübergreifende Umnutzungen unterstützen.
Auch in diesem Verständnis soll Nachhaltigkeit und Langlebigkeit für den Turm gegeben sein, da für den wirtschaftlichen Aufwand des Hochhauses eine nicht unbeträchtliche bauliche Masse und Nutzfläche konzipiert wird. Neben der Flächenverdichtung in der Stadt sollten weitere ökologische und ressourcenschonende Faktoren Berücksichtigung finden wie
- Gleichgewicht von Energieerzeugung und -verbrauch z.B. durch Einsatz energieerzeugender Aufzüge,
Solarenergiegewinnung (Dach Apartmenthaus);
- die Kompensation bebauter Fläche als „geraubte“ Pflanzfläche durch vertikale Gärten & Gründächer, Bepflanzung
von Innenräumen (Lobby, Halle), Terrassen und Loggien zur Verbesserung des Stadt- und Raumklimas, Luftreinigung, CO2-Bindung und Sauerstoffproduktion, Luftbefeuchtung, Erhöhung der Artenvielfalt in der Stadt, Lebensraum für Fauna und Flora sowie Lärmdämmung
Angestrebt werden urbane Ökosysteme als dauerhafte Pflanzen- und Substratwahl mit gesteuerter Bewässerung und Düngung.
Neben dem ökologischen Ansatz werden Gemeinschaftsförderung durch Gärtnern als Verbindung und Bindung durch Eigenpflege und Verantwortung erwartet.
Der Schwerpunkt Wohnen mit ca. 82 Wohneinheiten und 30-40 Apartments soll mit innovativen, bedarfsorientierten, nicht nur standardisierten Wohnmodellen als zeitgemäße Antwort auf gesellschaftliche Entwicklungen bedient werden. Flexible unterschiedlich zugeschnittene Wohneinheiten bilden die Grundlage für eine Vielfalt der Bewohnerschaft in Alters- und Familienkonstellationen, Komfort- und Ausstattungsansprüchen sowie Raumnutzungsvorstellungen.
Diesbezüglich werden Grundrisslösungen für Familienwohnen, Seniorenwohnen, vermietbare Zusatzzimmer, Wohngemeinschaften angeboten, die strukturell Integration und Inklusion von Bedarfsgruppen wie Alleinerziehende, Senioren ermöglichen.
In den Grundrissen stellen sich in diversen Raumkonstellationen dar beispielsweise als
- klassisch trennbare Zimmer z.B. Etagenhaus E_2_13
- umlaufbares Raumkontinuum z.B. Turm T_12_49
- Einraum mit Individualräumen z.B. Etagenhaus E_2_16
- luxuriöses Penthouse z.B. Turm T_15_58
- Wohngemeinschaften mit individuellem Rückzug & Versorgung für „unbetreutes“ Wohnen, Studenten, Pendler
z.B. Apartmenthaus A_0_05.
- fließende Raumfigur mit Zusatzzimmer für Arbeit, Langzeitbesucher oder heranwachsende Kinder etc. z.B.
Etagenhaus E_0_03
„Shared Rooms“ als aus Wohnungen ausgelagerte Funktionen bilden mit Zusatzräumen und den Service- und Raumangeboten im Sockelgeschoss des Turms ein zukunftsfähiges Wohnen an.
Alle Wohnungen haben zugeordnete Balkone oder Loggien. Den Apartments stehen Gemeinschaftsterrassen zur Verfügung. Die großen Fensteröffnungen in den Apartments sind vollständig auffaltbar und simulieren eine Loggia als wirtschaftliche Raumlösung in der Kleinstwohnung.
Die Bewohner profitieren von dem lärmgeschützten grünen Hof als Garten für alle. Kulissengärten beschirmen die Erdgeschossterrassen der Wohnungen.
Der ruhende Verkehr wird unter effektiver Ausnutzung der vorhandenen Baugrube in der Tiefgarage organisiert - bei Bedarf in einer zweiten Tiefebene.
Tragwerk
Die tragenden Bauteile, Decken, Wände und Stützen bestehen im Wesentlichen aus einer Ortbetonkonstruktion, so dass Einspanneffekte für die Minimierung der Querschnittsabmessungen aktiviert werden können.
Die Versprünge der einzelnen Geschosse werden durch die räumliche Tragwirkung, die sich aus einer Kombination von auskragenden Wandscheiben, Stützen und punktuellen Deckenverdickungen ergeben, abgefangen. Die Abfangung der aufgehenden Gebäudeteile über der Tiefgarage erfolgt durch Unterzüge die einen Trägerrost bilden.
Die Bodenplatte und die Außenwände werden als weiße Wanne ausgebildet und übernimmt dabei gleichzeitig auch die Abdichtung gegen drückendes Wasser. Die Gründung des Bauwerkes ist als Flachgründung in den tragfähigen Kiesschichten geplant. In den höher belasteten Bereichen des Hochhauses können je nach Tragfähigkeit des Bodens die Gebäudelasten über eine kombinierte Bohrpfahl- Plattengründung abgetragen werden.
Der Energieaufwand für die Errichtung des Tragwerkes beträgt ca. 50%-65% des Gesamtenergiebedarfs aller Prozesse. Ziel ist ein Tragwerk zu entwerfen, das Grundrissänderungen und Änderungen an der Haustechnik weitestgehend ohne Umbauten an den tragenden Bauteilen ermöglicht. Das bedeutet je länger das Tragwerk nutzbar ist, umso geringer ist der Energieaufwand pro Jahr und trägt somit zur Nachhaltigkeit bei.
Brandschutz
Alle tragenden und aussteifenden sowie raumabschließenden Bauteile werden gemäß den Anforderungen ausgeführt, die sich aus der geltenden Thüringer Landesbauordnung (ThürBO) bzw. der Muster-Hochhaus-Richtlinie (MHHR) ergeben. Dabei werden die geplanten Versprünge der Geschosse entsprechend berücksichtigt.
Die Rettungswege für das Hochhaus werden über einen Sicherheitstreppenraum nach geltender MHHR geplant, die für die Bebauung bis zur Gebäudeklasse 5 über jeweils einen baulichen, während der 2. Rettungsweg über die Rettungsgeräte der Feuerwehr geführt wird. Die Erreichbarkeit der 2. Rettungswege (50m-Bereich) wird durch die vorliegende Planung gewährleistet. Die Rettungswege für den zweigeschossigen gewerblichen Bereich werden ebenfalls baulich nachgewiesen. Für das Hochhaus werden ein Feuerwehraufzug und trockene Steigleitungen eingeplant, die von der Bewegungsfläche des Vorplatzes aus zu erreichen sind.
Das Thema der Fassadenbegrünung und des Einsatzes von geschlossenen hölzernen Oberflächen am Hochhaus wird individuell über ein Brandschutzkonzept abgeklärt. Um eine Brandausbreitung ausreichend zu behindern, werden im Bereich der betroffenen Öffnungen geeignete Brandsperren integriert, die dieses Schutzziel erreichen. Dämmungen werden beim Hochhaus konsequent nichtbrennbar geplant. Es ist der Einsatz von Pflanzenarten und Vegetationsformen mit einer geringen Brandlast (z. B. Sukkulente, immergrüne Arten) vorzuziehen. Aus bisherigen Erkenntnissen der Dachbegrünung kann davon ausgegangen werden, dass bei Extensivbegrünungen am Dach – wie auch an der Fassade – die Brandlast vertrockneter Pflanzenteile in den niedrig und lückig wachsenden Vegetationsbeständen in der Regel gering ist. Bei Beständen mit sukkulenten Pflanzen ist sie noch weiter eingeschränkt. Bei Dachbegrünungen tritt an höheren Gras/Kraut-Beständen ein rasches Abflammen und Verlöschen auf, dass es nach den bisherigen Erfahrungen zu keinem Übergreifen auf Bauteile gekommen ist. Ein dichter oberirdischer Pflanzenbestandes im vertrocknenden Zustand ist regelmäßig zu beseitigen. Die Brüstungen oder Verglasungsbereiche werden, soweit im Detail erforderlich, feuerhemmend ausgebildet. Die entsprechenden Erleichterungen von der MHHR werden unter Würdigung der detaillierten baulich-konstruktiven Brandschutzmaßnahmen im Fassadenbereich aus Sachverständigensicht deswegen für möglich erachtet.
Für die Großgarage werden die Anforderungen der Thüringer Garagenverordnung (ThürGarVO) gleichsam erfüllt. Wegen der vorgesehen Größe der Tiefgarage wird eine Gliederung in zwei Rauchabschnitte geplant, wodurch Abschnitte mit in etwa maximalen Größen von 2.500 m2 entstehen. Die Lüftung der Garage mit geringem Zu- und Abgangsverkehr soll gemäß § 15 (2) ThürGarVO natürlich erfolgen.
Ausreichende Bewegungsflächen für die Feuerwehr stehen umlaufend zur Verfügung.