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Gesamtleistungswettbewerb | 11/2016

Instandsetzung Konvikt Chur

WENIGER IST MEHR

1. Rang

Pablo Horváth

Architektur

Implenia Schweiz AG

Private Bauherren, Projektentwicklung

Bänziger Partner AG

Bauingenieurwesen

R+B Engineering AG

TGA-Fachplanung

Alex Jost

Landschaftsarchitektur

B3 | Engineering und Management am Bau

Brandschutzplanung

Broenner AG

TGA-Fachplanung

Pernette + Wilhelm Ingenieure (PWI)

Bauphysik

Marco Felix AG

TGA-Fachplanung

Erläuterungstext

Geschichte verpflichtet

Das Konvikt repräsentiert einen wichtigen Zeitzeugen der Nachkriegsmoderne in Graubünden. Seine besondere städtebauliche Lage als östlicher Abschluss der Stadt sowie seine noch heute herausragende bauliche Qualität verlangen nach einem substanziellen Erhalt. Der Instandsetzungsvorschlag ist geprägt von einem respektvollen Umgang mit der Bausubstanz und trägt in höchstem Masse zum Erhalt des historischen Erbes bei.

Architektur

Das Projekt hält an den architektonischen und räumlichen Qualitäten des Baus fest. Im Sinne einer behutsamen und sensiblen Instandsetzung soll der Gebäudecharakter erhalten bleiben und mittels präziser Eingriffe nur punktuell ergänzt werden. Ziel ist es, den kraftvollen architektonischen Ausdruck des Konvikts innen und aussen zu erhalten, ihm einen neuen, frischen Glanz zu verleihen und dabei den statischen, bauphysikalischen und betrieblichen Anforderungen zu genügen.

Instandsetzungskonzept - Erhalten und erneuern

Die vorgeschlagene Gesamtsanierung sieht eine punktuelle Ausbesserung der Sichtbetonfassade vor. Nach der Reinigung schadhafter und korrodierter Stellen sowie einer damit einhergehenden Tiefenhydrophobierung wird die Fassade in der ursprünglichen Gestalt und Tonalität wiederhergestellt. Dabei wird auf die bestehende Schalungsstruktur des Sichtbetons behutsam geachtet.
Die bestehenden Holzfenster werden durch dauerhafte, den heutigen Anforderungen entsprechende Holzfenster ersetzt und mit einem gedämmten, in Naturholz verkleideten Storenkasten versehen. Dabei wird besonders Wert darauf gelegt, dass die feine und filigrane Profilierung der Fensterrahmen sowie deren Unterteilung beibehalten wird. Neue Holzrolladen für die Schülerzimmer und Lamellenstoren für die öffentlichen Bereiche sorgen dafür, dass das markante Erscheinungsbild des Konvikt erhalten bleibt und die Innenräume heutigen Ansprüchen an Behaglichkeit und Wärmeschutz gerecht werden.
Im Innern folgen die architektonischen Massnahmen derselben Maxime. Der gestalterische Ausdruck, welcher sich durch die dunkelbraunen Klinkerplatten des Bodenbelags, die grob verputzten und weiss gestrichenen Wände und Decken sowie die teils mit Naturholz verkleideten Raumpartien zeigt, bleibt weiterhin bestehen. Der zurückhaltende, einfache Innenausbau wird bewahrt, die vorgefundene Originalmöblierung wie Tische und Beleuchtung wieder verwendet und nur dort ergänzt, wo dies nötig ist.
Räumlich wird das Gebäude durch die Nutzung des vorhandenen Hohlraumes entlastet. Nebenräume werden sinnvoll zusammengefasst und können zusammen mit den neu benötigten Technik- und Sanitärräumen kompakt und effizient angeordnet werden.

Haustechnik

Die Innenräume des Konvikts entsprechen nicht mehr den heutigen Anforderungen hinsichtlich Infrastruktur und Behaglichkeit und verlangen nach einer architektonischen Intervention.

Steigzonen

Die Waschbereiche der Studentenzimmer werden zu neuen Steigzonen ausgebildet, die zusammen mit den bestehenden Lichtschächten und dem nicht mehr benötigten Kamin eine pragmatische und funktionelle Versorgung der Räume gewährleisten.
Dieser nur punktuelle Eingriff in die Bewohnerzimmer ermöglicht es, dass nur in den überhohen Geschossen abgehängte Decken vonnöten sind. Dadurch können in den übrigen Geschossen die ursprünglichen Raumproportionen und der innere Ausdruck des Gebäudes erhalten bleiben.
Der Waschbereich bleibt in seiner ursprünglichen Gestalt und Materialisierung weitestgehend bestehen, erfährt aber durch einen minimalen Vorsprung aus der bestehenden Trennwand sowie einer Verbreiterung um ein Klinkermass eine leichte Veränderung.

LeitungsfĂĽhrung

Die Ausbildung der neuen Steigzonen in den Bewohnerzimmern birgt jedoch nicht nur raumästhetische Vorteile. So können sämtliche elektrische, lüftungstechnische und sanitäre Leitungen wie Dachwasser-, Schmutzwasser sowie Kalt- und Warmwasserleitungen kompakt und effizient zusammengefasst werden. Vormals in die Trennwände integrierte Leitungen befinden sich nun leicht zugänglich innerhalb der neuen Steigzone und erhöhen die betriebliche Führung auch für die Zukunft in hohem Masse, wodurch die Langlebigkeit des Konvikts nachhaltig erhöht wird.

Vorsatzschale in den Studentenzimmern

Eine nur wenige Zentimeter dicke Vorsatzschale an der Innenseite der Zimmertrennwände sorgt nicht nur für eine wesentliche Verbesserung des Schallschutzes innerhalb der Bewohnerzimmer, sondern dient zusätzlich noch als Installationsebene für die elektrische Leitungsverlegung. Zusammen mit dem Einbau neuer Zimmertüren aus Holz wird nicht nur ein umfassender Schallschutz gewährleistet, sondern auch dafür gesorgt, dass den heutigen Anforderungen an den Brandschutz Rechnung getragen wird.

FensterfalzlĂĽftung

Eine in die neuen Holzfenster eingebaute Fensterfalzlüftung sorgt für eine ausreichende Versorgung mit Frischluft und für ein behagliches Raumklima. Durch ein in die neue Steigzone integriertes Abluftsystem findet ein regulierter Luftaustausch innerhalb der Bewohnerzimmer statt und beugt dadurch der Schimmelpilzbildung vor, wodurch das Gebäude ökologisch nachhaltig verbessert wird.

Weniger ist mehr

Das Instandsetzungsprojekt zollt der historischen Baubstanz und damit dem geistigen Erbe des Konvikts in höchstem Masse Respekt. Es konserviert durch den baulichen Erhalt auch seinen noch immer spürbaren corbusianischen Geist, den Otto Glaus und Ruedi Lienhard ihm vor knapp 50 Jahren eingehaucht hatten.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Projektvorschlag zeugt von einem respektvollen und sensiblen Umgang mit der bestehenden Bausubstanz . Die baulichen Eingriffe sind minimiert und beschränkt auf das Notwendige . Der Wille, das Gebäude in seinem ursprünglichen Ausdruck und seinen hohen Raumqualitäten zu erhalten, ist spürbar . Die Betoninstandsetzung wird gut beschrieben, interessant ist der Vorschlag, die Betonoberfläche im Trockeneisstrahl-Verfahren zu reinigen und ihr dadurch die ursprüngliche Helligkeit zurückzugeben . Der Umgang mit dem bestehenden Tragwerk ist schonend . Die Massnahmen zum Brandschutznachweis der Tragwerke unter Berücksichtigung von Redundanzen sind zweckmässig .
Betrieblich erfüllt das Konzept die Nutzeranforderungen gut . Die Innenraumqualitäten und somit auch die Atmosphäre bleiben erhalten . Die bestehenden Materialien Klinker, grober Verputz und Naturholz wie auch der Innenausbau werden übernommen . Die vorhandenen Möbel werden weiterverwendet . Die Originallampen werden mit LED bestückt . Raumergänzungen erfolgen zurückhaltend in den Hohlraum im 4 . und 5 . Obergeschoss . Diese Grundhaltung der Bescheidenheit führt in der Folge zu sparsam bemessenen gemeinsamen Sanitärräumen . Die Fenster, Rollladen und Lamellenstoren werden durch neue, den heutigen Anforderungen genügende Bauteile ersetzt . Die Brüstungen werden innenliegend gedämmt . Der Schallschutz zwischen den Zimmern wird durch eine einseitig aufgebrachte Vorsatzschale verbessert . Die Trittschallproblematik bleibt durch das Belassen der Klinkerplatten in den Zimmern unberücksichtigt .
Im Bereich der Waschbecken der Bewohnerzimmer werden gut zugängliche Steigzonen für die Haustechnikleitungen platziert . Die horizontale Verteilung erfolgt in abgehängten Deckenbereichen in den überhohen Geschossen . Je nach Ausgestaltung werden die abgehängten Decken die Raumproportionen verändern . Gelüftet werden die Zimmer über eine Fensterfalzlüftung mit Abluft über die neue Steigzone . Mit geringem Aufwand kann so für eine ausreichende, bau - schadenfreie Belüftung der Zimmer gesorgt werden . Leider wird mit dieser Lösung auch die Behaglichkeit durch kalte Zugluft verschlechtert . Dieser Lösungsvorschlag vermag nicht zu überzeugen .

Auf der Dachterrasse werden neue Pflanztröge als Absturzsicherung genutzt und die bestehenden Geländer entfernt . Durch diese Massnahme geht die Stimmung auf der Terrasse mit dem spannungsvollen Herantreten an die Brüstung verloren 37 Im 3 . Obergeschoss wird eine neue Ausgestaltung und Nutzung des Innenhofs, der heute als Vorbereich von Studentenzimmern dient, vorgeschlagen . Aus betrieblicher Sicht ist dies unbefriedigend und zu hinterfragen . Die nichtbegehbaren Flachdächer werden alle extensiv begrünt, was aus ökologischer Sicht begrüssenswert ist . Der Parkplatz wird gegen Norden mittels einer Plattform moderat erweitert . Die Zufahrt wird dadurch etwas verbessert . Die Manövrierbarkeit auf dem Parkdeck ist nach wie vor erschwert . Der darunter entstehende Raum ist als gedeckter Freiraum nutzbar . Der Habitus des Konvikts mit seiner expressiven Architektur wird erhalten und auch die Innenräume bleiben in ihrer Gestaltung und Materialisierung weitgehend unverändert . Der programmatische Ansatz des Projektvorschlags «WENIGER IST MEHR» führt zu einer bescheidenen Komfortverbesserung für die Bewohnenden . Innovative Ideen für ein zukünftiges Wohnen wurden nicht aufgezeigt . Mit unterdurchschnittlichen Investitionskosten von 23,4 Mio . Franken und durchschnittlichen Betriebskosten bildet das Konzept eine tragfähige Grundlage .