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Landschaftsplanerisches Auswahlverfahren | 12/2016

Neugestaltung des Besselparks

Perspektive Besselplatz mit Wunschbrunnen

Perspektive Besselplatz mit Wunschbrunnen

Gewinner

Rehwaldt Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Konzept
Der Besselpark wird als ein Bestandteil des innerstädtischen Freiraumsystems konzipiert, behält jedoch seine räumliche und gestalterische Eigenständigkeit. Dies betrifft sowohl die enge Anlehnung an den Bestand als auch den Charakter als ein vorwiegend grüner, unversiegelter Stadtpark.
Insofern sind die vorgeschlagenen Maßnahmen nicht als eine grundsätzliche Umformung, sondern eher als eine Qualifizierung zu verstehen. Dabei gilt es vor allem, eine Balance zwischen der notwendigen Funktion als ein Transitraum und einer verbesserten Aufenthaltsqualität zu schaffen.
Thematisch steht die Anlage in einer Beziehung zu den Freiflächen an der Jüdischen Akademie, insbesondere dem Ort der ehemaligen Sternwarte mit dem historischen Höhenfestpunkt, worauf ja auch bereits die Namensgebung nach dem Geodäten Friedrich Wilhelm Bessel (1784 1846) hinweist.
Das Motiv der Lichtstrahlen und Meßlinien greift die historische Bedeutung des Ortes auf und verleiht den neu hinzugefügten Elementen des Parkes ihre gestalterische Begründung. Sowohl die Wegeführung („Besselbahnen“) als auch entwurfliche Details (Fugen) sind von den freien „Weltlinien“ im Raum inspiriert, übernehmen jedoch auch konkrete funktionelle Aufgaben.
Die Ausformung von Oberflächen und Ausstattungselementen folgt den Grundsätzen der nachhaltigen Planung. Im Fokus steht dabei vor allem eine robuste und dauerhafte Gestaltung der einzelnen Elemente, um die Lebenszykluskosten der Anlage möglichst zu minimieren.

Flächengliederung
Die vorhandene Gliederung wird grundsätzlich beibehalten. Während sich zur Friedrichstraße eine platzähnliche Fläche orientiert (wassergebundene Decke), erstreckt sich in den übrigen Bereichen eine großzügige Parkwiese. Diese wird lediglich durch die vorhandenen und neu hinzugefügten Wege unterbrochen. Im westlichen Teil wird der Bereich des ehemaligen Parkplatzes der Wiesenfläche zugeschlagen und leicht abgesenkt, um Durchquerungen zu erschweren.

Besselbahnen
Die neu eingefügten Wege orientieren sich an noch fehlenden funktionellen Verbindungen und greifen in ihrer diagonalen Führung gleichzeitig das Thema der „Weltlinien“ auf. Ein heller Ortbeton transportiert das Licht auf den „Besselbahnen“ in den Park und bietet robuste Nutzungsmöglichkeiten. Teilweise werden am Rand der Wege Aufkantungen als informelle Sitzgelegenheiten hinzugefügt. Auch sie unterstützen den Schutz der Rasenflächen als ein atmosphärischer, ruhiger Aufenthaltsraum. Die Verknüpfungsstellen der Wege zum Park verbinden als „Zutrittspunkte“ die Grünflächen allseitig mit der Umgebung.

Abgrenzung
Die aus funktionalen Gründen erforderliche Abgrenzung des Parkes wird auf ein Mindestmaß beschränkt und möglichst beiläufig und transparent gestaltet. Ziel ist es, den Transitverkehr in funktionierende Bahnen zu lenken und damit einen großen Anteil an ungestörten Aufenthaltsflächen zu erzeugen.
Für die bauliche Ausformung der Abgrenzung werden unterschiedliche Typologien entwickelt. So übernehmen auf der westlichen Seite (Friedrichstrasse) vorwiegend die dort aufgestellten Bänke sowie die Aufkantung des Wasserspiels diese Funktion. Auch östlich (Enckestrasse) wird eine relativ offene Situation erzeugt, teilweise werden unerwünschte Querungen durch Absenkungen der Rasenfläche (ehemaliger Parkplatz) bzw. leichte Aufkantungen erschwert. Auf der Nord- und Südseite wird ein schmales, transparentes Geländer mit einem durchlaufenden Holm als oberer Abschluß vorgesehen. Der Holm aus Metall ist in bequemer Höhe zum Anlehnen oder auch Abstellen eines Cafè Latte angeordnet („Lattebalken“). Damit wird eine unerwünschte gastronomische Nutzung verhindert, ohne jedoch diesen Flächen ihre Raumqualität zu nehmen.

Pflanzkonzept
Das vorhandene Baumdach wird erhalten, Raumeindruck und Lichteinfall jedoch durch Aufastung und Auslichtung verbessert. Die neu eingefügten Wege sollen das Raster der Baumstämme möglichst nicht beeinträchtigen. Sie werden daher teilweise leicht erhöht geführt und über dem Wurzelraum abgestützt.
Auf den neu entstehenden Flächen werden zusätzliche Baumpflanzungen vorgesehen, das Motiv der „Schnurbaumschnur“ wird vom Vorplatz der Jüdischen Akademie im Verlauf der Enckestraße weitergeführt.
Hecken und weitere niedrige Pflanzungen werden entfernt, um die Übersichtlichkeit des
Parkraumes zu verbessern. Die Rasenflächen werden durch das Einbringen von Frühblühern aufgewertet (Krokuslichtung).

Möblierung
Als Sitzmöbel wird grundsätzlich die Berliner Standardbank verwendet. Entlang der neuen Wegebahnen werden teilweise niedrige Aufkantungen in gleichem Material (Beton) vorgesehen. Dies ermöglicht ein „informelles“, zur Rasenfläche ausgerichtetes Sitzen. Die weiteren Möblierungselemente wie Leuchten, Fahrradbügel und Abfallbehälter entsprechen dem im Umfeld vorhandenen Sortiment. Die beiden vorhandenen Podeste bleiben erhalten, auch das Kunstwerk behält seine Position.
Als ergänzende Einbauten werden im nordwestlichen Bereich ein Trinkbrunnen sowie ein WC angeordnet.

Wunschbrunnen
Auf der Westseite des Parkes wird ein flaches, leicht aufgekantetes Wasserbecken vorgesehen. Der „Wunschbrunnen“ ist wie auch andere Elemente vom besonderen Charakter des Ortes inspiriert. Er greift das Motiv der „Weltlinien“ auf und fügt ihrem Verlauf jeweils einen Wunsch hinzu. Diese Wünsche, die traditionell dem Lauf einer Sternschnuppe folgen, werden als geschriebene Worte im Brunnen eingelassen. In einigen Bereichen sind Wasserfontänen angeordnet, so daß sich ein Wechselspiel von trockenen und nassen Zonen entwickelt.
Die in das Wasserspiel eingefügten Worte dokumentieren die Vielfalt der Kulturen in den angrenzenden Quartieren. Sie sind ganz persönliche Beiträge der hier lebenden Menschen und werden in verschiedenen Sprachen niedergeschrieben. Der „Wunschbrunnen“ entsteht in seiner konkreten Ausformung in einem partizipativen Prozess. Er ist Ergebnis der gemeinschaftlichen Mitwirkung von Bürgern mit unterschiedlichem kulturellem Hintergrund und ebenso ein Abbild individueller Lebenswelten.

Östliche Fläche
Auf der östlichen Teilfläche wird der Birkenhain erhalten und durch eine weitere Baumgruppe ergänzt. Vorgeschlagen wird eine teilweise Öffnung des Spielplatzes, um die verschiedenen Teilflächen des Parkes in Zukunft besser miteinander zu verknüpfen.

Enckestraße
Die Enkestraße wird als steinerne Verlängerung der Plätze an der Akademie Jüdisches Museum verstanden. Materialität und die Schnurbaumschnur verweisen auf die Zusammengehörigkeit. Die geforderte Wendefläche ist südlich eingeordnet.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit überzeugt, indem der Bestand, insbesondere die Wegeverbindungen, aufgenommen und schlüssig mit der Entwurfsidee der Besselbahnen verbunden wird. Der Entwurf greift darüber hinaus den Bezug des Parks mit dem Vorplatz der Akademie des Jüdischen Museums auf und gestaltet diese Verbindung unter anderem durch die Materialverwendung und die Fortführung der Schnurbäume überzeugend. Der Platzbereich mit den versetzten Bänken an der Friedrichstraße dient als Vermittler zwischen Stadtraum und Park und wird positiv bewertet. Die Anlage des Wunschbrunnens stellt eine Qualität dar und wird begrüßt. Die Einfriedung wird auf ein Minimum reduziert, erscheint jedoch schlüssig. Es gibt dadurch eine Trennung aber keine Zerschneidung. Positiv bewertet wird auch der Erhalt des Baumbestandes. Die südliche Wegeverbindung zu den angrenzenden Neubauten wird in ihrer Dimension als nicht ausreichend gesehen.
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Blatt 2

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