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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2016

Wilhelmsburg Ulm – die Stadt in der Festung | Innere Erschließung - Neugestaltung des gesamten Innenhofs

Bühne frei: Wilhelmsburg Ulm

Bühne frei: Wilhelmsburg Ulm

2. Preis

Preisgeld: 5.000 EUR

GREENBOX Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Exerzierplatz

Historisch wurde der Innenhof der Wilhelmsburg als Exerzierplatz der jeweils dort stationierten Truppe genutzt. Der als große, leere Platzfläche angelegte Hof erfüllte die klar funktionale Aufgabe, Platz für Appelle und Truppenübungen zu bieten.
Diese weite, offene Fläche, die zeitweise intensiv bespielt wird, diente uns als Leitbild für unsere Gestaltung. So begreifen wir die gesamte Fläche des Innenhofs konsequent als eine Art „freie Bühne" die sowohl durch Großveranstaltungen wie den Ulmer Theatersommer und Veranstaltungen der Bundeswehr als auch durch die tägliche Nutzung der neuen Mieter der Räume der Wilhelmsburg flexibel „bespielt" werden kann. Wir transformieren somit die historische Nutzung in ein kreativ-spielerisches Element, welches den neuen Standort als „Kreativquartier" kennzeichnen wird.

Die neuen Gebäudeeingänge werden über die Fassaden flankierende Rampen und Treppen erschlossen. Die durch die Rampenkonstruktion verdeckten Kellerfenster können über Belichtungsöffnungen belichtet werden. Abgesehen von diesen Rampen wird gänzlich auf statische Freiraumelemente verzichtet um den historischen Charakter des Hofes hervortreten zu lassen, die Architektur in ihre Gesamtheit zur Wirkung zu bringen und die Kraft der Weite, die man heute schon auf dem Hof empfindet, maximal zu steigern. Zwei mobile Elementgruppen, die „Soldatenbäume" und die „Willis", beleben den Platz und tragen zur neuen Marke „Wilhelmsburg" bei.

Soldatenbäume

Anstatt eines lnfanterieregiments gehen auf dem Platz 30 Bäume in mobilen Pflanzkübeln „in Stellung". Je nach Bedarf können sie in verschiedenen „Formationen" aufgestellt werden, wodurch sie unterschiedliche Funktionen übernehmen und sich das Erscheinungsbild des Platzes vielfältig ändern lässt.

Die „WILLIs"

Als interaktives, spielerisches Element stellen wir die ,,Wilhelmsburger Lümmel-Inseln", kurz WILLls vor. Das aus drei Modulen bestehende Möbelstück gibt es in Sitz- und Tischhöhe und es assoziiert sich hervorragend mit den Baumkübeln. Die Module können von den Nutzern der Wilhelmsburg von einem Ort zum anderen bewegt werden und zu allen möglichen Konstellationen zusammengeschoben werden. Spontan können so zum Beispiel eine Sitzrunde, eine Theke oder eine kleine Bühne entstehen.

Materialität

Im gesamten Hof wird ein robustes Betonsteinpflaster mit Natursteinvorsatz in den Formaten 20x20 cm und 20x30 cm verlegt, das in seinem Erscheinungsbild dem rauen Charakter der Burg entspricht. Durch die Belagswahl Betonsteinpflaster sind Flächenöffnungen für spätere Leitungsverlegungen ohne großen Aufwand zu realisieren. Die gesamte Platzoberfläche wird schwerlastbefahrbar konzipiert. Ein weiterer Grund für die Wahl eines Pflasterbelags ist die dokumentierte Bodenbeschaffenheit, die eine flächige Versickerung weitgehend ausschließt. Wir schlagen eine dezentrale Versickerung in Rigolen vor. Die Grundbeleuchtung des Innenhofs wird durch Unterflur-Fassadenstrahler erzielt. Alle Eingänge sind von der Feuerwehr leicht und mit ausreichend Aufstellfläche zu erreichen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser übersetzen die derzeitige Ungewissheit im Hinblick auf die künftige Nutzung in ein sehr kräftiges und offenes Konzept. Auf einer homogenen befestigten Oberfläche werden dezidiert kontrastierende moderne Möblierungselemente verteilt, die unterschiedliche Gliederungen der Fläche ermöglichen. Damit bleibt die gesamte Hoffläche offen für jegliche künftige Nutzung, es ergibt sich ein Höchstmaß an Flexibilität. Durch die vielfältig kombinierbaren Elemente mit integrierten Baumtrögen lassen sich darüber hinaus unterschiedliche räumliche Situationen schaffen, die auch kleinräumig qualitätvolle Aufenthaltsorte ergeben. Mit diesem offenen Konzept wird der eigentlichen Architektur ein hoher Stellenwert eingeräumt, was durch die zurückhaltende und vielleicht etwas nüchtern geratenen Erschließungselemente sowie die Beleuchtung entlang der Gebäudefassaden konsequent unterstrichen wird. Aufgrund des einheitlichen Belags aus vergleichsweise kleinformatigen Betonplatten ergibt sich jedoch eine sehr große und ungegliederte Fläche. Für diese große Geste erscheint das gewählte Material etwas zu banal. Auch der direkte Anschluss der Betonplatten an das Gebäude wird kritisch gesehen. Es bleibt die Frage offen, ob die Möblierungselemente ausreichend Kraft entwickeln, um die große leere Fläche zu bespielen. Der Aufwand für Unterhalt und Pflege von Möblierung und Bäumen wird darüber hinaus vergleichsweise hoch eingeschätzt und es wird in Frage gestellt, ob die Bäume in den Pflanztrögen tatsächlich eine raumbildende Größe erreichen können. Schade ist, dass die Verfasser die bestehenden und räumlich wirksamen Kastanien nicht in das Konzept integrieren wollten. Insgesamt bietet die Arbeit eine sehr starke Idee, die ein gutes Gerüst und viel Raum für künftige Nutzungen bietet.