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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2016

Casino Köln

Haupteingang am Ottoplatz

Haupteingang am Ottoplatz

3. Preis

Preisgeld: 17.100 EUR

gernot schulz : architektur GmbH

Architektur

Horz + Ladewig

Tragwerksplanung

GERTEC GmbH Ingenieurgesellschaft

TGA-Fachplanung

Erläuterungstext

Erläuterungen zum Städtebau und zum architektonischen Ausdruck

Haus am Ottoplatz – Stadtbaustein und Kulturbau – mit dem Fokus auf diese Wirkungen ist das vorgeschlagene Bauwerk entwickelt.
Städtebaulich benötigt das Volumen Struktur, um zwischen der Höhenentwicklung der südlich anschließenden Blockstruktur (Constantinhöfe und angrenzende Gründerzeit-Baublöcke) und dem Denkmalensemble aus Deutzer Bahnhof und Ottoplatz zu vermitteln. Hierfür sind zwei ablesbare Höhensequenzen angelegt: Ein Materialwechsel auf Höhe der Traufkante des Deutzer Bahnhofs und die Ausbildung eines Staffelgeschoss mit Bezug der so entstehenden Brüstungskante auf die Dachkante der Constantinhöfe.

In seiner architektonischen Ausprägung ist das Haus auf eine integrierende und vermittelnde Wirkung hin ausgelegt. Erstes Haus am Platz bleibt der Bahnhof. Als einziges weiteres Haus, welches direkt am Ottoplatz adressiert ist, steht das Haus im Dialog mit der Farbe und Struktur des Ortes.

Die materielle Zweiteilung der Ansichten des neuen Gebäudes in einen steinernen Sockel und einen metallenen Dachaufbau nimmt Bezug auf die Zweiteilung der historischen Umgebungsbauten, die in verwandter proportionalem Teilungsverhältnis Fassade und steile Dachaufbauten zeigen.

Auch die Dreiteilung der Fassaden des Neubaus aus „öffentlichem Erdgeschoss“, vertikal mittels Lisenen strukturierten und zusammengefassten Obergeschossen sowie einem monolithischem in einem durchgehenden Material ausgebildetem Dachaufsatz übernimmt die Prägung des Deutzer Bahnhofs.

Den Architekten des Deutzer Bahnhofs, Hugo Röcher und Carl Biecker, war 1913 nicht dessen Wirkung als Verkehrsbauwerk sondern als königlich preußisches Repräsentationsbauwerk mit an eine Schlossarchitektur angelehnte Gliederung aus Kuppelbau und Seitenflügeln wichtig.
Der Neubau und seine Wirkung erfordern aufgrund seiner prominenten Verortung ebenfalls der funktionsübergeordneten Annäherung. Das Haus erhält den architektonischen Ausdruck eines Kulturbauwerks. Erst die Einblicke durch die großen Platzfenster des Foyers und in die Dachgeschosse durch die perforierte Metallhaut ermöglichen Rückschlüsse auf die enthaltene Nutzung.

Wichtig ist ebenfalls die Wahrnehmung des Neubaus als EIN HAUS. Dem Vorbild eines Stadtpalais folgend, dessen Fassaden in einer zusammenfassenden Gestik und nur nuancierter Strukturierung auf verschiedene Seiten und stadträumliche Situationen reagieren, sollte auch das neue Haus am Ottoplatz Fassaden mit ununterbrochener Kubatur und Materialität aufweisen. Aus dem durch den Deutzer Bahnhof definierten und gleichzeitig begrenzten Gestaltungskanon aus steinernen Flächen, Lisenenstruktur und großmaßstäblichen Öffnungen galt es nuancierte Lösungen für die verschiedenen Seiten des Neubaus und dessen Dialog mit dem jeweiligen Stadtraum zu definieren.

Das Beispiel solcher historischer Bauten zeigt, dass deren Gestalt und nachhaltige Präsenz für die Stadtgeschichte wichtig sind – unabhängig von deren Nutzung. Im Falle einer notwendig werdenden Drittverwertung wird daher vorgeschlagen und empfohlen eine kulturelle Nutzung für das neue Haus am Ottoplatz zu suchen. Diese wäre z.B. in der seit Jahrzehnten „heimatlosen“ Kunst und Museumsbibliothek der Stadt Köln zu finden. Die Flächen des Casinos als Bibliothek zu nutzen wäre – anders als die Drittverwertung als Büro oder Hotel – ohne Eingriffe in die Baukonstruktion und Fassade möglich.


Erläuterungen zur Nutzungsverteilung

Die typologische Struktur des Gebäudes folgt einer einfachen logischen Grundstruktur. Die jeweiligen Schmalseiten des Hauses nehmen Funktionen auf, die es ermöglichen einen Dialog von Gebäude und Stadtraum aufzubauen. Die Garagennutzung indes nimmt den Mittelbereich der Sockelgrundrisse ein und spannt – um die natürliche Querlüftung der Geschosse zu ermöglichen – von Längsseite und Längsseite des Gebäudes.

Zum Ottoplatz zeigt das Haus seine öffentlichste Seite. Das Foyer im EG lenkt den Blick in die darüber liegenden Geschosse. Versetzt zueinander gesetzte Lufträume ermöglichen diagonale Blickbeziehungen durch den Raum. Eine Vorfahrt ist über die Garageneinfahrt zu erreichen und lenkt von hier und den angelagerten VIP- und Valet-Parking Plätzen im EG der Garage die direkte Zuwegung in das Foyer. Auch die tägliche Anlieferung und Entsorgung erfolgt über das EG der Garage. Hierfür ist das EG der Garage mit einer lichten Höhe von 3,20m ausgelegt.

Die Zufahrt zur Garage erfolgt über eine Längsquerung des EG-Bereichs, welches gleichzeitig die Rückstaufläche für den KFZ-Verkehr darstellt.

Alle Seiten des EG weisen zu den umgebenden Stadträumen Flächen für Gastronomie oder anderes Gewerbe auf. Es wird vorgeschlagen, das EG für die Öffentlichkeit von Nord nach Süd durchquerbar zu machen, um somit der Entwicklung der Nordseite als „Rückseite“ zusätzlich entgegen zu treten. Auch wenn sich hier dienende und öffentliche Funktionen überlagern, kann diese Durchquerung durch eine architektonisch hochwertige Gestaltung einen Mehrwert darstellen.

Aus dem Foyer ermöglichen Rolltreppen die bequeme und schnelle Vertikalverteilung der Nutzer. Bewusst wird dieser Bewegungsfluss im vorletzten Geschoss unterbrochen, um dem Nutzer die ab hier geänderte Wahrnehmung von Raum und Nutzung zu ermöglichen, bevor über eine weitere an einem Hof angelagerte Rolltreppe das oberste Geschoss erreichbar ist. Umlaufend gläserne Fassaden lassen die Dachgeschosse in den Stadtraum „strahlen“ und ermöglichen Ein- und Ausblicke.

Zum Ottoplatz sind in den oberen beiden Geschossen die Erweiterungsfläche für Event- und Bankettnutzung und das Restaurant orientiert. Dem Restaurant ist eine Terrasse vorgelagert. Das Haus steht somit in allen Geschossen und zu jeder Tageszeit im Dialog mit dem Platzraum des Ottoplatzes.

Restaurant und Eventfläche sind aus dem Foyer auch direkt über die Aufzüge zu erreichen.

Zur entgegengesetzten Seite ermöglicht die Situierung der Verwaltungsräume in den Obergeschossen einen angemessen Dialog des Hauses mit dem Stadtraum. EG und DGs werden durch Gastronomieflächen „bespielt“ und reagieren somit auf die aus weiter Entfernung wahrnehmbare Position im Stadtraum und auf die bestehende Wegeführung an der Nordseite des Gebäudes.

Die nur bedingt mögliche Unterkellerung des Gebäudes wird unter dem Foyer für einen in kurzer Entfernung zugänglichen Spielbereich genutzt. Zwischen der erforderlichen Schottenstruktur der Statik für die Überbrückung des U-Bahn-Tunnels wird nahe liegend die Gebäudetechnik situiert, um somit das Dach frei von jeglichen Technikaufbauten zu halten.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf bezieht sich mit seiner Höhenentwicklung auf den Bahnhof sowie die Konstantinhöfe und bildet zum Ottoplatz einen deutlichen Gebäudekopf aus. Der kompakte Baukörper bleibt hierbei knapp unter der Hochhausgrenze. Die Höhe der Gebäudeattika mit einer Höhe von 27,50 m erfüllt die Vorgaben der Stadt Köln.

Die Anlieferung und die Zufahrt der Garage werden geschickt in einer Einfahrt kombiniert; es wird allerding kontrovers diskutiert, ob hier nicht zu viele Funktionen (Vorfahrt, Anlieferung, VIP-Parken, Zufahrt Parkhaus) gebündelt werden und der entstehende Raum in Hinblick auf Höhe, Tiefe und Belichtung den Anspruch an eine attraktive Eingangsgestaltung erfüllen kann. Das Gebäude bietet allseitig Nutzungsangebote zum öffentlichen Raum an, wodurch eine gute Einbindung des Hauses in den Stadtraum von Deutz gewährleistet wird.

Vom doppelgeschossigen öffentlichen Foyer gelangt man über Rolltreppen ins Casino, das sich über vier Etagen nach oben entwickelt. Die Verteilung der Spielflächen über vier Etagen wird als eher nachteilig beurteilt. Insgesamt wird das Raumprogramm erfüllt und die vorhandenen Erschließungsräume werden als realistisch eingeschätzt. Die Gebäudekosten liegen leicht über dem Wettbewerbsdurchschnitt.

Die Gliederung des Hauses in Sockel und Krone wird prinzipiell als positiv beurteilt. Die Materialwahl (Klinker für den Sockel und eloxiertes Aluminium für die Krone) kann nachvollzogen werden. Der hohe Fensteranteil und die kleinteilige Fassadenstruktur scheinen weniger zur Entwurfsaufgabe Casino zu passen. Die Fassade zum Ottoplatz wird durch einen positiv zu beurteilenden großen Eingangsbereich geprägt. Die große vertikale Fensteröffnung im ersten und zweiten Obergeschoss wirkt unmotiviert und ist auch funktional nicht nachvollziehbar. Die Eingangshalle erscheint eher sachlich. Räumliche oder atmosphärische Qualitäten der Spielbereiche werden nicht vermittelt.

Insgesamt bietet der Entwurf eine städtebaulich und funktional befriedigende Lösung. Gestalterisch erscheint die Gestaltung des Gebäudes eher etwas konventionell. Die Jury stellt sich die Frage, inwieweit das gestalterische Potential einer Spielbank hier wirklich ausgenutzt wurde.