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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2016

Casino Köln

Anerkennung

Preisgeld: 11.960 EUR

EM2N

Architektur

wh-p Ingenieure

Tragwerksplanung

Erläuterungstext

STÄDTEBAU
Das hochliegende Gleisfeld bildet eine markante städtebauliche Zäsur zwischen der südlichen gründerzeitlichen durchmischten Blockrandstruktur und der nördlichen grossflächig bebauten Messestruktur. Das Gebiet um den Deutzer Bahnhof fungiert somit einerseits als Ankunftsort für Bewohner und Besucher, als auch als programmatisches und räumliches Bindeglied zwischen diesen beiden Strukturen und Nutzungsschwerpunkten. Diese Zone spannt sich zwischen Laxess-Arena und Stadthaus auf und wird durch ensembleartige Bauten (Bahnhofgebäude, LVR, Constantin.Höfe etc.) bestimmt. Das vorgesehene Grundstück ist von sehr unterschiedlichen Qualitäten umgeben: urbaner Platz im Westen, Hauptverkehrsstrasse im Süden, Grünzug mit Langsamverkehr im Norden, grüne Freifläche im Osten. Die Volumetrie des Casino-Neubaus wird zwar stark durch die Grundstücksgeometrie bestimmt, kann jedoch mit spezifischen programmatischen und räumlichen Massnahmen auf die unterschiedlichen Nachbarschaften reagieren, so dass ein solitäres und gleichzeitig raumbildendes Gebäude entsteht. Seine Setzung vervollständigt die vorgezeichnete Ordnung des Ottoplatzes, welche durch Adressierung und Aufnahme der Horizonte von Bahnhof und LVR-Gebäude verstärkt wird.

Die Hauptfassade des Casinos am Ottoplatz lebt von der Ausstrahlung der vorgelagerten zeichenhaften Loggia-/Balkonschicht, welche mittels räumlicher Tiefe und angemessener Eleganz in Dialog mit dem wunderbaren Bahnhofsgebäude treten kann. Der Hauptzugang des Casinos befindet sich hier neben einem am Platz liegenden Bistro. Entlang der Oplader Strasse, welche hauptsächlich vom Strassenverkehr geprägt wird, befinden sich ein Teil des Bistros, die Anlieferung und die Parking-Zufahrt. Die kurze Ostseite wird ebenfalls mit einer räumlich ausgebildeten Fassade zu einem „Schaufenster“ des Casinos. Die Nordfassade übernimmt zwei Funktionen: einerseits ermöglicht sie ähnlich dem Stadthaus einen Abschluss des grossmassstäblichen Gleisfeldes und kann durch ihr charakteristisches Öffnungsverhalten auf die spezielle Nutzung verweisen. Im Erdgeschoss andererseits wertet sie den bestehenden Grünzug/ Radweg mit zusätzlichen Nutzungen auf und belebt diese wichtige Verbindungsachse zwischen Bahnhof, S-Bahn und Stadthaus.

AUSDRUCK
Das Kölner Casino tritt als elegante Kulturbaute mit Ausstrahlung auf. Die gestaffelte Komposition von horizontalen und vertikalen Scheiben und Unterzügen im Zusammenspiel mit den ausladenden Deckenstirnen aus vorgefertigten weiss eingefärbten und geschliffenen Kunststeinelementen schaffen an beiden Stirnfassaden räumliche Tiefe und führen im Zusammenspiel mit der dahinterliegenden Glasfassade (mit transparenten, transluzenten und opaken Bereichen) zu einer grosszügigen und festlichen Geste, welche bei Tag und Nacht über ein reiches Spiel aus Licht und Schatten verfügt. Die beiden Seitenfassaden sind in ihrer Ausschmückung und Tiefe reduziert, verfügen über die zwischen die umlaufenden Kunsteinbänder gespannten perforierten und hochglanzlackierten Metallpaneele ebenfalls über eine subtile (textile) Räumlichkeit. Einzelne fassadenbündige grossformatige Fenster treten in ihrer Abstraktheit am Tag als grosse Schaufenster und nachts als festliche Leuchtkästen in Erscheinung. Das Erdgeschoss wird in seinen öffentlichen Zonen mit grossformatigen Schaufenstern artikuliert. Zum Gleisbereich hin werden die erdgeschossigen Fassadenverkleidungen ebenfalls in vorgefertigten Betonelementen ausgeführt.

PROGRAMMVERTEILUNG
Der erdgeschossige Foyerteil liegt an der Nordwestecke zwischen Bistro und Retailflächen. Im ersten Obergeschoss liegen Foyer mit Garderobe und Rezeption, von dem man direkt in das Restaurant gelangt und über eine Rolltreppe in den letzten Foyerbereich, welcher im zweiten Obergeschoss in offener Beziehung zur AS-Kasse und dem Automatenbereich steht, welcher ostseitig eine Bar mit Balkon aufweist. Die zuschaltbare Fläche zu Restaurant oder Casino liegt flexibel abtrennbar westseitig mit Abendsonne und vorgelagertem Balkon. Im dritten Obergeschoss befinden sich am Ankunftspunkt die KS-Kasse, das klassische Spiel mit je einer Bar am westlich und östlich liegenden Balkon, durch welche zudem eine zusätzliche Fläche des Automatenspiels angeboten wird. Im darüber liegenden Zwischengeschoss liegt die grosszügige das Casino überblickende Poker-Galerie mit eigener Bar sowie die Verwaltung. Im vierten Obergeschoss schliesslich liegen die Sozialräume und Nebenräume insbesondere der Abrechnung, sowie grosse Teile der Haustechnik. Das Parkhaus erstreckt sich vom Untergeschoss über fünf darüber liegende Geschosse.

ERSCHLIESSUNG & ANLIEFERUNG
Der Hauptzugang befindet sich am Ottoplatz. Von allen Niveaus der Garage ist dieser per Lift erreichbar. Eine kaskadenartige, gestaffelte Raumsequenz über alle Geschosse beinhaltet die Haupterschliessung und verbindet visuell alle Geschosse miteinander. Mittels Lift und über Rolltreppe ist die Rezeption vom Erdgeschoss und den Parkebenen aus zugänglich. Von hier können mittels einer zweiten, internen Liftanlage alle Casino-Geschosse erreicht werden. Eine weitere Rolltreppe führt direkt auf das erste Spielgeschoss. Von diesem sind die weiteren Spielgeschosse über zwei grosszügige peripher liegende Wendeltreppen als Shortcuts und die mittig liegende Haupttreppe erreichbar. Ein separater Personaleingang mit Lift in alle Geschosse befindet sich auf der Nordseite. Die notwendige Anzahl an Fluchttreppen führt jeweils direkt ins Freie. Die innenliegende und abschliessbare Anlieferung wird von der Opladerstrasse erschlossen und ist mittels Warenlift direkt an Entsorgung, Lager, Küche, Tresorraum und Spielbereiche angebunden. Die Feuerwehr erhält Zugriffspunkte entlang aller Fassaden für DL.

FREIRAUM
Die zwei begrünten Balkonschichten in Ost und West ermöglichen den Casinobesuchern zu jeder Tageszeit qualitätvolle Pausen. Der westliche Vorbereich des Casinos wird im gestalterischen Sinne des Ottoplatzes weitergeführt. Der südliche Bereich mit Anlieferung und Parkhauszufahrt wird entsprechend der Strassenraumgestaltung der Opladener Strasse entwickelt. Der nordöstlich liegende Bereich ist wichtiger Teil der ÖV- und Langsamverkehrsvernetzung und wird aus diesem Kontext gestaltet. Die dortigen Grünbereiche werden durch die Ergänzung mit einzelnen strassen- und wegbegleitenden Bäumen aufgewertet. Ersatz-Fahrradparkplätze befinden sich östlich des Gebäudes.

HAUSTECHNIK
Die Haustechnikräume im obersten Geschoss mit WRG liegen entlang der Kernzonen mit direkter Zuführung zur vertikalen Verteilung. Die Horizontalverteilung der Lüftung erfolgt von den Decken aus zwischen den Unterzügen. Die Verteilung der Medien erfolgt über ein flexibles System mit Doppelboden. Die Technikräume im Keller sind Hausanschlussräume und für die anliegenden Bereiche von Gastronomie- und Retailnutzung vorgesehen. Der Neubau wird den Anforderungen der jeweils gültigen EnEV genügen. Fragen der ressourcenschonenden Energieversorgung (Erdwärme, PV, FW etc.) sind standortabhängig im weiteren Planungsprozess zu klären.

TRAGWERK
Der bestehende U-Bahn Tunnel stellt für das Tragwerk eine der wesentlichen Randbedingungen dar, da das Gebäude über eine Breite von 13,50m bzw. 16,0m nicht gegründet werden kann. Das gewählte Tragwerk reagiert auf diese Randbedingung mit regelmässig angeordneten Wandscheiben im Untergeschoss. Die Scheiben sind parallel zu den Stellplätzen gerichtet und haben einen Abstand von drei Stellplätzen. Sie werden einseitig von jeweils einem Pfahl getragen.
Die Geschossdecke des Untergeschosses und die dünne Bodenplatte übernehmen jeweils Zug- bzw. Druckkräfte und leiten dadurch mit einem günstigen Lastfluss die Lasten aus den Parkgeschossen über die Wandscheiben mit einer schrägen Druckstrebe in die Pfähle.
Ab dem Erdgeschoss sind keine Wandscheiben mehr erforderlich. Zur Reduzierung der Spannweite zugunsten der Deckendicke sind Stützen oberhalb der Wandscheiben vorgesehen.
Die beiden Spindeln werden ebenfalls über Wandscheiben oberhalb des U-Bahn Tunnels abgefangen und über Pfähle gegründet.

In den Casino-Geschossen wird zugunsten der Flexibilität und vor allem auch zur Reduktion der Belastung der beschriebenen Wandscheiben auf Innenstützen verzichtet. Die Geschossdecken spannen mit einer Rippendecke von der Aussenkante bis zur Kernzone. Damit werden die Belastungen aus Eigengewicht und Nutzlast bereits ausserhalb der Zone des U-Bahn Tunnels gesammelt und müssen nicht im Untergeschoss abgefangen werden.

Die Erschliessungskerne sind im Grundriss parallel zum U-Bahn Tunnel platziert und übernehmen den vertikalen Lastabtrag der Rippendecken, sowie die Aussteifung des Gebäudes für Wind- und Erdbebenlasten. Der Steifigkeitsschwerpunkt der Aussteifungskerne liegt fast im Flächenschwerpunkt der Geschosse. Dadurch werden hinsichtlich Erdbebenbeanspruchungen gutmütige erste Eigenformen erreicht.

Die Neben- und Bürobereiche werden mit einer Flachdecke ohne weitere Innenstützen überspannt. Die Flachdecke liegt dabei auf Randstützen in Fassadennähe, sowie auf den Kernwänden auf.

Die Rippendecken im Casino-Bereich sind zum Teil mit grossflächigen Öffnungen ausgestattet. Die notwenige Steifigkeit wird im Bereich der Öffnungen durch die tragenden Brüstungen erreicht.

Für die Gründung wird der Vorschlag aus dem Vorbericht Baugrund übernommen: das komplette Gebäude wird mittels Pfählen gegründet. Diese sind beidseitig neben dem U-Bahn Tunnel platziert, unter der Aussenkante des Gebäudes, sowie unterhalb der aussteifenden Kerne.

WIRTSCHAFTLICHKEIT
Der Gebäudekörper setzt sich aus strukturell unterschiedlich ausgebildeten durchgehenden Teilen zusammen, welche auf die spezifischen Anforderungen der Nutzungsbereiche reagieren und so ein betrieblich und wirtschaftlich optimiertes Gebäude ermöglichen. Dies führt zu einer klaren funktionalen räumlichen Organisation bei hoher Effizienz der Erschliessungsflächen. Das Verhältnis von verglaster zu opaker Fassadenfläche und die Tageslichtversorgung sind gut. Kompaktheit und vorfabrizierte, repetitive Elemente führen zu einem hohen Grad an Wirtschaftlichkeit. Das genannte Kostenziel ist für die Aufgabenstellung unter den lokalen Gegebenheiten und den mitunter noch unklaren Anforderungen der Nutzung als ambitioniert zu bezeichnen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Grundrissorganisation baut auf einer klaren, vertikalen Zweiteilung auf. Über die unteren 5 Ebenen, beginnend mit der Ebene -1, erstreckt sich die Garagenfläche. Die Organisation dieser Flächen mit den 2 kopfseitigen Rampen wird als übersichtlicher Raum positiv bewertet.

So gut die innere Organisation funktioniert, so wenig leistet die Monofunktionalität des gesamten unteren Bereiches einen Beitrag zum Stadtraum. Dies kann auch durch die schmale, nordseitige Fläche mit dem Einzelhandel nicht kompensiert werden.

Auch in den 4 Obergeschossen wirkt sich die strikte Trennung in 2 Funktionsstränge positiv für die Organisation der Spielbereiche aus. Der schmale nordseitige Zwickel enthält alle „dienenden“ Flächen wie die Verwaltung, die sogenannten „zusätzlichen“ Räume und alle Nebenräume und ermöglicht so im Gegenzug eine einfache Organisation der Spielräume als „bediente“ Flächen nach Süden. Die Sinnfälligkeit dieser Organisation kommt der Organisation der Parkebenen gleich.

Auf der Fassade bildet sich die Zweiteilung in eine rechteckige Hauptfunktionsfläche und eine spitzwinklig zulaufende Nebenfunktionsfläche leider nicht ab. Im Gegenteil wird hier der Versuch unternommen, mit der Fassade eine Spiegelsymmetrie zu suggerieren, die die innere Organisation nicht wiedergibt.

So werden die Außenfassaden als vielfach zu deutende Maske empfunden, die nur wenig an ein Casino erinnern. Auch der Wechsel aus Kunststeinbändern und großflächigen Fenstern über Brüstungen weckt keine Assoziation mit einem Casino.

Die Flächen des Raumprogrammes sind zum Teil übererfüllt. Wirtschaftlich liegt der Entwurf im mittleren Bereich.

Insgesamt ist der Inhalt des Gebäudes nach außen nicht abgebildet. Das Gebäude verfehlt die Chance, für seine Nutzung im Stadtraum zu werben.