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Städtebauliches Gutachterverfahren | 01/2017

Neue Nutzungen auf dem Friedhof St. Johannes Evangelist

Teilnahme

Stadt Land Fluss, Büro für Städtebau und Stadtplanung BDA, SRL

Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

Entwurfskonzept
Für die langfristig vorgesehene Transformation des Friedhofs Johannes-Evangelist zu einem gemischt genutzten urbanen Wohn- und Stadtquartier werden der städtebauliche Kontext aufgegriffen und neue Vernetzungen zwischen und mit den angrenzenden Quartieren geschaffen. Im südlichen Teilabschnitt A schaffen die offenen Wohnhöfe eine Fassung der gemeinschaftlichen Freiflächen gegenüber der öffentlichen Grün- und Stadträume.. Das Entwurfskonzept sieht im Teilbereich A (1. Bauabschnitt) an der Barfusstraße eine dichtere Randbebauung mit Hofbildung und klarerer Fassung der Außenräume vor. Für die nördlich angrenzenden Flächen des Teilbereichs B (Ideenbereich, Umsetzung ab ca. 2045) um den dann als öffentlichen Park genutzten ehemaligen Friedhof wird eine Zeilenbebauung vorgeschlagen, welche die offenen Gebäudestrukturen an der Oxforder Straße bzw. Corker Straße aufgreift und den Freiraum in die umliegenden Wohngebiete fließen lässt.

Die existierende Mittelallee des Friedhofs und der prägende Baumbestand werden als identitätsstiftende Grundelemente in die Konzeption aufgenommen und bilden gemeinsam mit dem neuangelegten Quartiersplatz das freiräumliche Gerüst des neuen Quartiers. Der Quartiersplatz an der Ecke Barfusstraße / Corker Straße markiert den Eingangsbereich und dient als Auftakt sowohl zum neuen Quartier als auch zur Siedlung Schillerpark. Übergeordnet wird mit dem neuen Platz ein weiterer urbaner Freiraum in der Abfolge vom Schillerpark / Schwyzer Str. sowie dem Schillerhof geschaffen.

Die historische Siedlung Schillerpark wurde von 1926 bis 1959 in fünf Bauabschnitten mit unterschiedlichen und markanten Architekturen auf Grundlage des städtebaulichen Konzeptes errichtet. Mit dem Plangebiet und der Umnutzung des St. Johannes-Evangelist Friedhofsgeländes entsteht ein weiterer Baustein des Siedlungsgefüges. Das Einfügen in den Kontext der denkmalgeschützten Siedlung Schillerpark im Westen und Schillerhof im Osten erfolgt einerseits über neue Wegeverbindungen / Freiraumbezüge und großzügig angelegte gemeinschaftlich nutzbare Grünräume. Zur östlich angrenzenden Schillerhof Siedlung wird eine Verbindung hergestellt, eine früher bestehende Trennung wird aufgehoben. Der grüne, verschlossene Stadtraum des Friedhofsgeländes wird nun zu einem zentralen und vernetzten Verbindungsglied. Baulich wird der Bezug insbesondere durch die Berücksichtigung der bestehenden Traufhöhen sowie der Fassadengestaltung aufgenommen. Die für die Schillerpark-Siedlung prägende Typologie der Zeile wird im Teilbereich B angeboten, wodurch der Bezug zwischen den bestehenden Siedlungsbereichen und dem neu zu schaffenden Park gestärkt wird.

Mit dem neuen Wohngebiet „Park Gemeinschaft“ soll die Tradition eines sozial orientierten Wohnungsbaus aufgenommen und neu interpretiert werden. Zentrale Elemente der Gemeinschaft sind zum einen flexible Raumeinheiten vorrangig in den Erdgeschossen, welche auf unterschiedliche Weise durch die Nachbarschaft bespielt werden können. Zum anderen sind es die gemeinschaftlichen Freiflächen in Form von Wohnhöfen (im Teilbereich A) sowie Wohnwegen als aktiven Begegnungszonen und gemeinschaftlichen Freiflächen am Park (im Teilbereich B). Es wird damit Bezug auf die Siedlung Schillerhof aus der Zeit der Weimarer Republik genommen, die durch räumlich dichte, gemeinsame Hofgärten und Nutzungsmischung die soziale Vernetzung und Gemeinschaften gestärkt hat.

Freiräume
Das übergeordnete Freiraumsystem besteht aus der Mittelallee mit Quartierspark sowie der Anbindung an den Grünzug Oxforder Straße. Dadurch wird eine direkte Vernetzung zum Schillerpark und zum nördlich angrenzenden Friedhof Golgatha-Gnaden- und Johannes-Evangelist-Friedhof geschaffen. Ein Quartiersplatz an der Barfusstraße bildet das Entrée zum Quartier, führt in den Park und bietet Raum für den Dialog zwischen dem Rand der Schillersiedlung und der neuen Bebauung.

Der langfristige Transformationsprozess vom Friedhof zu einem Park mit umgebender Wohnbebauung beginnt mit einer sukzessiven Entnahme von geschädigten Bäumen und einem Bodenauftrag (ca. 50cm) auf den einzelnen Rasenflächen. Ggf. können hierbei Teile des Bodenaushubs aus den unterschiedlichen Bauphasen verwendet werden. Um die zu erhaltenden Großbäume bleibt das aktuelle Niveau erhalten. Es entsteht eine offene und großzügige Parkwiese deren einzelne Felder als „Rasenkissen“ leicht erhaben liegen, Die Ränder des neuen Parks werden durch Grünstreifen mit Hecken und ergänzenden locker gestellten Baumreihen betont. In die Grünstreifen sind partiell Sitzbänke integriert.

Der prägende und erhaltenswerte Baumbestand wird soweit wie möglich in das Entwurfskonzept integriert. In den Wohnhöfen bilden markante Einzelbäume einen durchgrünten Charakter. Die Wohnhöfe mit einer Vorgartenzone werden durch Schnitthecken bis maximal 0,8 m Höhe gegenüber dem öffentlich nutzbaren Wegenetz des Parks abgegrenzt.

Kinderspielflächen werden in den Höfen (Teilbereich A) und den gemeinschaftlichen Grünflächen (Teilbereich B) angeboten. Weiterhin ist ein Bürger- und Spielgarten im nördlichen Bereich des Parks vorgesehen.

Gemeinschaftsgrünflächen werden teilweise als Versickerungsflächen genutzt. Die Regenwasserversickerung ist dezentral innerhalb des Planungsgebietes in den Grünflächen vorgesehen (z.B. in Mulden).

Erschließung / Durchwegung
Das Entwurfskonzept sieht die Reduzierung der Verkehrsflächen und eine Anbindung an das bestehende Straßennetz über zwei Privatstraßen vor.

Für den ersten Entwicklungsabschnitt Teilbereich A wird nur ein Teilabschnitt der östlichen Privatstraße erforderlich. Um die Wohnhöfe wird eine Notüberfahrt mit Anbindung an die Corker Straße geschaffen. Die Corker Straße behält den Charakter einer internen Wohnstraße.

Die interne Erschließung im Teilbereich B erfolgt über zwei Privatstraßen, die von der Holländerstraße zur Barfusstraße bzw. Oxforder Straße anbinden und als 5 m breite Mischverkehrsfläche (shared space) ausgebildet werden. In der Mischverkehrsfläche erfolgt eine gleichberechtigte Nutzung durch Auto, Fahrrad und Fußgänger. Die Gebäude werden über 5 m breite Stichwege erschlossen, die am Ende über eine Wendemöglichkeit für Pkw verfügen. Die jeweils zwei angeschlossenen Tiefgaragen liegen in der Nähe der Holländerstraße bzw. Oxforder Straße, so dass der Verkehr direkt abfließen kann und nicht in das neue Wohnquartier eingezogen wird.

Für die ca. 130 Wohneinheiten im Teilbereich A wird ein Stellplatzbedarf von 65 Stpl. sowie 7 Besucherparkplätze ermittelt. Die zentrale Versorgung erfolgt über die zwischen den beiden Wohnhöfen gelegene Tiefgarage (ca. 65 St.), die von der Barfusstraße erschlossen wird. Besucherstellplätze werden an der Barfusstraße angeboten. Im Straßenraum sind 14 Besucherparkplätze vorgesehen.

Die erforderlichen Fahrradabstellplätze sind in den Gebäuden integriert (Fahrradräume im Erdgeschoss) sowie ergänzend in den Hofbereichen über Anlehnbügel vorgesehen.

Bauabschnitte
Im Teilbereich A an der Barfusstraße erfolgt der erste Bauabschnitt. Für die drei Wohnhöfe mit rund 150 Wohnungen erfolgt die Erschließung über die Barfusstraße sowie ergänzende private befahrbare Wohnwege. Eine Umsetzung ist kurz- bis mittelfristig vorgesehen.

Langfristig wird für die Flächen beidseitig des Friedhofgeländes im Teilbereich B eine Wohnbauentwicklung mit ca. 240 Wohnungen angestrebt. Die Erschließung erfolgt über Privatstraßen (Mischverkehrsfläche), die von der Holländerstraße zur Oxforder Straße bzw. Barfusstraße anbinden. Eine schrittweise Umsetzung ist entsprechend entlang der Erschließungsstraßen denkbar.

Nutzungskonzept / Wohnungstypologien
Die angestrebte Wohnungsvielfalt und damit auch eine soziale Durchmischung des Quartiers soll über differenzierte Wohntypologien und Grundrissgrößen erzielt werden. Nach dem Prinzip „Design for all“ sollen die Bedürfnisse aller betrachtet und ein Zusammenleben unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen gefördert werden.

In der ersten Entwicklungsphase (Teilbereich A) sind insgesamt ca. 129 - 143 WE mit Wohnungsgrößen für unterschiedliche Bedürfnisse (Mikroapartments, klassische 1- bis 5-Zimmerwohnungen, flexibel zuschaltbare Räume, Maisonette) vorgesehen. Alle Gebäude und Wohnungen sind durch einen Zugang zu einem Fahrstuhl barrierefrei erreichbar. Ausnahme stellen 8 Maisonettewohnungen sowie 5 Wohnungen im Erdgeschoss an der Barfusstraße dar, die aufgrund des 0,8 m erhöhten Niveaus über wohnungsinterne Stufen erschlossen werden.

Die Wohnungstypologien ermöglichen einen Anteil von einem Drittel förderfähiger Wohnungen. Zusätzliche Flächen für flexible Räume stehen für optionale Nutzungen wie z.B. Gästewohnung, WGs, Zuschaltraum oder Büro zur Verfügung.

Im Erdgeschoss der Wohnhöfe werden insgesamt sechs Gemeinschafts- und Multifunktionsräume für die Bewohner vorgesehen. Die beiden Dachterrassen auf den Verbindungsbauten sind als Gemeinschaftsterrassen / Dachgärten konzipiert. Um den Quartiersplatz an der Barfusstraße werden Räumlichkeiten für Läden, Kiosk und Gastronomie zur Versorgung des neuen Wohnquartiers und der Umgebung sowie Studios als Gewerbeeinheiten und Dienstleistungen angeboten.

In der zweiten Entwicklungsphase (Teilbereich B) sind rund 220 - 265 WE und eine Kita / Kinderladen mit ca. 40 Plätzen vorgesehen (zweigeschossige Nutzung und Freibereich mit ca. 410 m2). Der Zugang an der Oxforder Straße ermöglicht eine Vernetzung mit der Wohnsiedlung Schillerpark. Am nordwestlichen Gebietseingang an der Holländerstraße dient ein Gebäude dem betreuten Wohnen.

Die viergeschossigen Wohnzeilen beinhalten im Regelfall jeweils rund 28 Wohneinheiten mit gemeinschaftlicher Grünfläche. Für zwei Gebäude wird eine Nutzung mit jeweils 8-9 Stadthäusern mit eigenem Garten vorgeschlagen. Die viergeschossigen Einheiten lassen sich auch in zweigeschossige Maisonetten unterteilen bzw. als normale Geschoßwohnungsbauten entwickeln.

Fassadengestaltung
Das Prinzip der klaren Baukörper soll auch bei der Fassadengestaltung angewendet werden. Nach Außen sollen die Wohngebäude durch eine zurückhaltende Selbstverständlichkeit geprägt sein und im heterogenen Kontext der angrenzenden Architektursprachen den neuen Siedlungsteil durch eine eigene dezente und klare Gestaltung auszeichnen.

Merkmale sind eine einfache Putzfassaden mit Hervorhebung der Fensterrahmungen und des Sockelbereiches. Die Farbpalette von gebrochenen Weißtönen behauptet sich gegenüber der Klinkerstruktur der Schillerpark Siedlung. Für die Außenwände werden verputzte Porenbetonsteine oder ähnliche Materialien mit einer hohen Dämmfähigkeit eingesetzt. Die privaten Außenwohnbereiche sind als Loggien in die Fassade integriert.

Nach innen zu den Wohnhöfen bzw. zu den Parkflächen ist eine stärkere Öffnung durch größere Fensterformate und Loggien vorgesehen.

Ein Flachdach mit Attika sowie zurückhaltend gestaltete Dachüberstände entsprechen der angestrebten schlichten Architektursprache. Im überwiegenden Teil der Bebauung wird eine Dachbegrünung für eine natürliche Regenwasserspeicherung und Verbesserung des Stadtklimas angestrebt.

Die Hochbauentwürfe mit Fassaden sind in einem Architekturwettbewerb zu entwickeln.

Kulturraum Kapelle
Die zentral gelegene ehemalige Friedhofskapelle wird zum Gelenk der Hauptwegeverbindungen im Park und Ort der Besinnung / Reflexion. Die denkmalgeschützte Kapelle wird schrittweise in einen vielfältig bespielbaren und offenen Kulturraum transformiert. Der Ort wird durch Musik, Installationen, Performances, Hörgalerie und Veranstaltungen zu einer Kulturkoordinate im Norden Berlins. In der Kapelle sollte als Haus-in-Haus Prinzip ein Büro für Kunstproduktion und Management eingerichtet werden. Die Nutzungen werden durch ein Kuratorium ausgewählt und temporär verändert. Die Bespielung kann sich auch auf den Außenraum ausdehnen.

Als Basisinfrastruktur sind ein Büro, Teeküche sowie WC einzurichten. Zur helleren Innenausleuchtung wird der Ersatz der farbigen Kirchenfenster durch Klarglas und die Erneuerung der weißen Innenwände vorgeschlagen. Das Chorgestühl sollte zur Schaffung eines großzügigen und flexibel nutzbaren Raumes herausgeräumt und zwischengelagert werden.

Die kulturelle Nutzung ist kurzfristig umsetzbar und mit der Friedhofsnutzung verträglich.
Masterplan M 1:500

Masterplan M 1:500