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Einstufiger, begrenzt offener, städtebaulicher Realisierungswettbewerb mit vorgeschaltetem, offenen Bewerbungsverfahren mit Losentscheid gem. GRW 1995 | 04/2004

Olympisches Dorf Leipzig 2012

Übersicht Olympisches Dorf Leipzig 2012

Übersicht Olympisches Dorf Leipzig 2012

Preisgruppe 1

Preisgeld: 32.500 EUR

ASTOC ARCHITECTS AND PLANNERS GmbH

Architektur

KCAP

Architektur

Erläuterungstext

Wasserstadt Leipzig
Leipzig ist eine Stadt am Wasser, 211 km Fließgewässer und mehrere Mühlengräben durchziehen das innerstädtische Gebiet, das Wasser ist von jeher stadtbildendes Parameter. In den Jahrhunderten ist ein umfassendes Leben am und auf dem Wasser entstanden, die Identifikation der Bürger mit dem Element ist groß und zeigt sich in Veranstaltungen wie dem Leipziger Wasserfest, aber auch in der vielfältigen und breitgefächerten Nutzung durch den Wassersport.
Olympia Fieber
Städtebauliche Entwicklungen erhalten durch Großereignisse wie Olympia eine besondere Dynamik. Projekte, die normalerweise in mehreren Stufen umgesetzt, in einer langen Laufzeit in kleinen Margen am Markt platziert und so gut abgesetzt werden können, werden hierbei in einem Zuge gebaut. Die „gebaute Masse Olympias“ birgt nach Abschluss des Großereignisses sowohl Potential als auch Probleme.
Auf der einen Seite tragen die infrastrukturellen Maßnahmen dazu bei, dass sich die Stadt gesund und kontrolliert weiterentwickeln kann. Auf der anderen Seite kann das plötzlich frei werdende Immobilienangebot nur schwer vom Markt absorbiert werden. Deshalb muss bereits bei der Entwicklung des olympischen Dorfes die Nutzung nach Olympia im Blick behalten werden, der Übergang in einen gleichberechtigten Stadtteil gewährleistet sein. Es muss, einer vielfältigen Nachnutzung Raum gegeben und zugleich mit einem Sonderaspekt, einem außergewöhnlichen Marktsegment, ein positives, spezifisches Image für das Gebiet erzeugt werden.
Dieser Sonderaspekt „Olympia“ der ersten Phase wird in der Nachnutzung gewandelt in den Aspekt Freiraumbezug und Wassersport.
„Wohnst Du noch, oder lebst Du schon?“
Die Entscheidung für eine Wohnform ist längst zu einer Frage des Lifestyle geworden.
Die Diversifizierung der demokratischen Gesellschaft in eine Vielzahl von Lebenseinstellungen und Lebensentwürfe hat eine große Bandbreite an Wohnformen hervorgerufen. Zugleich hat die Kommerzialisierung des Alltags dazu geführt, dass diese Lebens- und Wohnformen einen speziellen (nicht unbedingt individuellen) Ausdruck benötigen, ein Label wie eine Jeans. Das klassische Einfamilienhaus im Grünen wird zwar interessant bleiben, stadtnahes, städtisches Wohnen jedoch an Reiz gewinnen.

Diese drei Parameter - Wasserstadt, Olympiafieber und Wohnen als Lifestyle - sind die Grundlagen des Konzeptes.

Einordnung in den städtischen Kontext - Makroebene - Inseln
Leipzig besteht aus vielfältigen Stadtteilen mit hoher Prägnanz, deren Differenzierungen baulich ablesbar sind. Da sie zugleich stark miteinander verwoben sind, ist Leipzig quasi ein Flechtwerk aus Stadtinseln.
Das olympische Dorf wird durch die Sicherheitsbereiche während des Betriebes eine Insel sein und passt sich dadurch bereits der städtebaulichen Struktur an. Diesen Inselcharakter herauszuarbeiten und zugleich das Gebiet mit den anliegenden Stadtteilen zu vernetzen, ist Ziel des Entwurfes.
Planungsgebiet Lindenauer Hafen - Mikroebene
Die Strukturen auf dem Planungsgebiet sind durch die Hafenanlagen bereits linear geordnet: Das Hafenbecken, die Kaimauer und die Speicher. Diese Richtung ist zurückzuführen auf den tonangebenden topographischen Versprung im Gelände.
In der weiteren Entwicklung wird der Bestand des Hafengebietes erhalten und umgenutzt, neue Bebauung ergänzt die Strukturen, das Thema der Linearität wird aufgenommen, weitergeführt und z.T. übersteigert.
Es werden nebeneinanderliegende und gegeneinander verschobene Bänder entwickelt, die in ihrem Zusammenspiel als Partner und Antagonisten eine vielfältige Spannung aufbauen. Die Freiräume dienen über diese Streifen hinweg als verbindende Elemente und wechseln sich mit den Baustreifen ab.
An das Planungsgebiet Lindenauer Hafen grenzen viele Stadtteile mit unterschiedlichen Charakteren, Belegungen und räumlich prägenden Richtungen, die das Gebiet an seinen Rändern beeinflussen, sich in die Entwicklung einmischen und so die Linearität aufbrechen.
Das Gebiet ist nicht zentral aufgebaut, da die Mitte vom Hafenbecken eingenommen wird. Es werden deshalb mehrere Kristallisationspunkte in den einzelnen Streifen herausgebildet, die miteinander über das Gebiet hinweg in Verbindung stehen.
Wasser
Da der Wasserbezug und der Wassersport in der Nachnutzung identitätsstiftendes Elemente des Stadtteils sein werden, werden die Wasserflächen raumbildend inszeniert, es wird dabei nicht das Hafenbecken an sich vergrößert, sondern der Anteil des Gebietes an Uferkanten. Der Durchstich und zahlreiche Querverbindungen / Kanäle schärfen das Profil der Stadt am Wasser und greifen zugleich das Inselthema wieder auf.
Die Anknüpfung und Fortführung der Sportnutzungen auf dem Karl-Heine-Kanal ermöglicht die räumliche und ideelle Anbindung an die Stadt, die Etablierung eines Wassertaxis stärkt diese Verzahnung über das Wasser.
Das fein verästelte Kanalnetz bildet die Basis für Infrastruktur und Atmosphäre, der Bezug zum Wasser besteht dadurch nicht nur für Wohnungen in der ersten Reihe, sondern reicht durch kleine Querkanäle und Hafentaschen bis tief in das Gebiet hinein.
Die Option, mit dem „Wasserauto“ vor der Haustür eine Einkaufsfahrt in die Innenstadt zu unternehmen, wird zum Alleinstellungsmerkmal dieses Quartiers.
Bauliche Strukturen
Alle Streifen entwickeln ein individuelles Thema, das im Kontext mit der Nachbarschaft steht.
Die bebauten Streifen sind generell mit Wohnen belegt und durch Einstreuungen von öffentlichen Nutzungen belebt, der zentralste Streifen ist nur öffentlich genutzt. Die Themen der Freiraumstreifen sind übergeordnet Wasser und Vegetation, - Landschaftsschutzgebiet Schönauer Lachen, Promenade, Kanalweg, grüne Geländekante, Kleinbahn eingebettet in Grün, Kanäle, Gräben usw. Die Gebäude der einzelnen Streifen führen dabei die Verschiebung der Streifen gegeneinander durch.

Die Streifen
1 Übergangsbereich
Die Zone entlang des Geländesprungs fungiert als Vermittler zwischen Neubau und bestehendem Stadtgebiet. Die Bebauungen wechseln hier zwischen dichten Strukturen, die abblocken und so Spannung aufbauen, bis zu den anliegenden Freiräumen, die Durchblicke und Durchwegungen ermöglichen. Zusätzlich mildern diffuse Strukturen die sehr dominante Abfolge.
Dieser Bereich ist während der Olympianutzung durch den Sicherheitsbereich eher passiv und entwickelt sein komplettes vermittelndes Potential aktiv erst für den Stadtteil Lindenauer Hafen.
2 Der Grünzug
Der Grünstreifen direkt an dem Geländesprung dient als Ruhepol zwischen den Arealen und bettet die Museumsfeldbahn und den Sicherheitszaun ein, er enthält zudem den Durchstich zum Karl-Heine-Kanal.
Er bildet die Kulisse für die Elemente des olympischen Dorfes, dient quasi als Hintergrund und Rückgrat.
3 Kaianlage
Die auf der Kaianlage bestehenden Speichergebäude bilden ein dominantes Ensemble. Um keine Konkurrenz hierzu aufzubauen, wird lediglich eine kleinteilige Wohnstruktur eingefügt.
4 Die Insel – „Klein Venedig“
Dies ist der einzige Streifen, der vollständig von Wasser umschlossen ist, er hat somit eine Sonderstellung und setzt am eindruckvollsten Leipzigs Bezug zum Wasser um. Er ist allseitig auf das Wasser ausgerichtet, die Kanäle und die Abfolge von Bebauung und Freiräumen schafft vielfältige Bezüge zur Umgebung. So kann die Insel über das Wasser hinweg in Kontakt zu den umliegenden Gebieten treten, das Wasser selbst wird, z.B. durch ein Wassershuttle, zum Vermittler.
5 Der Kopf zur Stadt
Der urbanste Streifen ist über seine öffentliche Nutzung und seinen dichten Charakter der Mittler zur Stadt. Die Mensa des olympischen Dorfes befindet sich auf diesem Streifen, sie kann durch ihre spätere Funktion als Shopping-Mal mit den Nutzungen der gegenüberliegenden Schönauer Seite korrespondieren. Als öffentlichster Streifen bildet dieser Bereich am Kopf zum Wasser ein Entertainmentcenter aus.
6 Wohnen am Wasser
Der Wohnstreifen am Hafenbecken vermittelt zwischen der städtischen Struktur und der lockeren, kleinteiligen Struktur in der Grünfläche durch Einbeziehung von Grünstreifen und der Öffnung zum Wasser.
7 Der Sportstreifen
Der westlichste Streifen orientiert sich zu den Schönauer Lachen, ist kleinteilig und ermöglicht Durchblicke in das umliegende Grünareal. Die Sportflächen öffnen sich zum Landschaftsraum. Hier wird das attraktive Wohnen im Grünen atmosphärisch am stärksten hervorgehoben.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Konzept entwickelt eine bandförmige Bebauungsstruktur, die logisch aus der Topografie und dem linearen Hafenbecken des Lindenauer Hafens abgeleitet wird. Das eigentlich Überzeugende an der Arbeit aber ist, dass diese Struktur durch eine selbstverständliche Anbindung des Karl-Heine-Kanals einen geschlossenen und reizvollen Gesamtcharakter als Wasserstadt erhält und am Auslauf des Kanals ein räumlich erfahrbares Zentrum ausbildet. Zugleich wird das Gebiet durch die Kanäle sinnfällig gegliedert und es entsteht ein Zusammenspiel aus wohlüberlegten Bau-strukturen in sehr schönen und abwechselungsreichen Stadträumen.

Die Abgrenzung zum vorhandenen Gebäudebestand an der Plautstrasse erfolgt durch die Freihaltung der eigentlichen Geländekante. Unmittelbar an der Strasse soll die vorhandene Bebauung nacholympisch sukzessive ergänzt werden. Im ersten Schritt ist vorgesehen, dort die International Zone anzusiedeln, die allerdings wegen der beengten Verhältnisse und hinsichtlich der städtebaulichen Typologie als Entreé zum olympischen Dorf nicht überzeugen kann.

Leider kann die Arbeit auch hinsichtlich anderer Anforderungen zur Durchführung der Olympischen Spiele 2012 nicht ganz befriedigen. Es entstehen durchweg zu lange Wege zu den zentralen Einrichtungen des Dorfes, was insbesondere bei der zentra-len Mensa ins Auge springt. Sie liegt unverständlicherweise völlig dezentral an der Lützner Strasse und somit am Ende des Dorfes. Insgesamt ist die zentrale Service-zone für die olympische Nutzung zu groß ausgefallen, bietet jedoch in ihrer Lage im Hinblick auf die nacholympische Vermarktung und Anbindung des Quartier an die Lützener Strasse und den ÖPNV gute Vorraussetzungen.

Auch ansonsten ist das differenzierte Angebot überwiegend niedriggeschossiger Bauten unter dem Gesichtspunkt einer erfolgreichen späteren Vermarktbarkeit an unterschiedliche Nutzergruppen attraktiv. Unterstützt wird dieses durch das wasser- und naturräumliche Potential, welches die Verfasser zum wesentlichen Bestandteil ihres Konzeptes machen und auch langfristig eine Sport- und Freizeitprägung für das olympische Dorf ermöglicht. Damit verleiht es dem Standort die notwendige spezifi-sche Identität.

Besondere ökologische Aspekte spielen in diesem Konzept leider ebenso wenig eine nachvollziehbare Rolle wie die Durchführung der Paralympischen Spiele.
Urbaner Auftakt von der Lützner Strasse aus

Urbaner Auftakt von der Lützner Strasse aus

Atmosphäre „KleinVenedig“

Atmosphäre „KleinVenedig“

Entwurfsstrategien

Entwurfsstrategien

Strukturen während den Olympischen Spielen

Strukturen während den Olympischen Spielen

Neuer Stadtteil Lindenauer Hafen

Neuer Stadtteil Lindenauer Hafen