modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Einladungswettbewerb | 01/2017

Umgestaltung des Kriegerdenkmals Gundelfingen zum Friedensdenkmal und Umgestaltung der Westlichen Bleiche

2. Preis

Preisgeld: 6.000 EUR

lohrer.hochrein landschaftsarchitekten und stadtplaner gmbh

Landschaftsarchitektur, Stadtplanung / Städtebau

Dagmar Pachtner

Kunst

Erläuterungstext

Situation | Die Bleiche ist allein schon durch die Nähe zur Innenstadt und durch ihre malerische Situierung im Fluss ein besonderes freiräumliches Element von hohem Wert - ein Wert, der in ihrer derzeitigen freiräumlichen Ausbildung nicht zum Ausdruck kommt. So ist beispielsweise der ehemalige Charakter einer im Fluss liegenden Wieseninsel kaum noch spürbar, die nur auf sich bezogene Inszenierung des Denkmals nimmt keinen Bezug auf den Ort und blockiert die gestalterische Einheit der Bleiche und technisch geprägte Zugänge sowie deplazierte Ausstattungen verstellen den Blick über den Fluss.

Landschaftliches Konzept | An zwei wesentlichen Aspekten setzt das landschaftliche Konzept an:
• dem Charme einer landschaftlich geprägten, offenen Wieseninsel inmitten der Brenz
• der erlebbaren gestalterischen Einheit der Bleicheinsel
Eingespannt zwischen nördlicher Stadtkante und südlicher dichten Ufervegetation entwickelt sich die Bleiche als sanft sich über der Wasserfläche emporragenden Wieseninsel. Eine transparente Baumhalle aus hoch aufgeasteteten Bäumen fasst räumlich im Norden die Insel. Lockere Solitäre bilden den Übergang nach Süden und binden das Glitzern der Brenz und deren südlichen Gehölzsaum gestalterisch in den Landschaftsraum ein.
Ganz im Sinne des klassischen Landschaftsparks bilden Denkmal und Walkmühle im Westen bzw. Osten den räumlichen visuellen Akzent. Dazwischen spannt sich zwischen den Brenz-Armen und durch die Baumkulisse leicht asymmetrisch nach Süden verlagert eine offene Wiesenlandschaft auf - mit strapazierfähigem Spielrasen in der Mitte und einem blütenreichen Staudenraum an den Rändern entlang des Flusses.
Das Wegenetz folgt diesem räumlichen Ansatz. Ein breiterer Weg – die „Promenade“ – bildet das Rückgrad und verknüpft besonderen Orte und kleinere Sitzplätze. Stichwege kreuzen, führen auf kurzem Weg über die Insel und Brücken in die angrenzenden Quartiere. Ein schmaler Saumpfad schlängelt entlang des südlichen Brenz-Armes zwischen Solitären und Blütenschleier und gewährleistet den Rundweg auf der Insel.
Im Westen wird Inselspitze mit einem zum Fluss hin terrassierten Platz neu als „Spitze“ inszeniert. Ein filigraner, barrierefrei wie hochwasserfrei situierter Fußgängersteg verbindet Insel mit den neuen Brenz-Plätzchen.
Das adaptierte Denkmal wird in diese offene Insellandschaft integriert. Die faschistische Grundhaltung mit ihrer in sich gekehrten, zentralistischen / symmetrischen Haltung wird aufgegeben. Das Ensemble steht nun nicht mehr autark neben dem öffentlichen Park, sondern mitten drin im gemeinschaftlichen Freiraum als immanentes Teil des Ganzen. Die Landschaft fließt hindurch. Der freigestellte zentrale „Tempel“ mit seinem neu geschriebenen Inhalt ist nun von allen Blickrichtungen aus gut eingebunden erkennbar.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit überzeugt ganz besonders durch ihre klare und unprätentiöse Herangehensweise an die Landschaft der Bleiche-Insel. Vorhandene Vegetationsbestände werden behutsam neu geordnet und stärken so die atmosphärische Präsenz der Brenzarme. Der offene Wiesenraum bietet die Flexibilität, die sich die Stadt für Veranstaltungen wünscht. Durch die Positionierung von Sitzplätzen entlang des Hauptweges wird der Wegeverlauf angenehm rhythmisiert und der Fokus immer wieder zur Brenz geleitet. Das Denkmal wird in der vorgeschlagenen Form selbstverständlich in das Landschaftsbild eingebunden. Seine Auflösung in drei Komponenten, die das Bestandsgebäude im Grundsatz erhalten, es jedoch in einen völlig neuen Kontext setzen, wird positiv bewertet. Hervorzuheben ist die seitliche Anordnung der Flügelmauern, die erstmals wieder die vollständige Wahrnehmung der Bleiche-Insel ermöglicht. Aus landschaftsplanerischer Sicht verfügt die Arbeit über ein hohes Maß an Angemessenheit und Ortsbezug.

Der Entwurfsverfasser erhält die gesamte Substanz des historischen Denkmals. Mit dem Kunstgriff der Umgruppierung der begleitenden Mauerscheiben in ein neben dem Denkmal gelegenes Areal wird die zentral-perspektivische Dominanz des Kriegerdenkmals aufgelöst. Das zentrale Gebäude wird mit einer begehbaren Vierkantröhre durchdrungen, damit ermöglicht der Entwurfsverfasser den Blick in den historischen Innenraum und kreiert eine zweite Zeitebene. Von der Gegenwart ist mittels der gefrästen Texte die Sicht in den alten Innenraum für den Betrachter erfahrbar. Die Sicht durch die Röhre in Richtung Osten auf die Bleiche eröffnet dem Betrachter den Blick in die zentrale Wiese. Der Entwurf vereinbart Erhalt und Neuinterpretation des Denkmals gelungen. Kritisch gesehen wird die Anordnung der Namen weiterer Opfer im Baldachin über einer Bank. Der Vorschlag des Baldachins kann in seiner formalen Ausprägung nicht überzeugen. Dagegen wird die Möglichkeit, akustisch Dokumente zu erleben, als Bereicherung für den Betrachter gesehen.

Der Entwurf ordnet das Denkmal neu im Sinne eines Ensembles, das altes und neues Gedenken verbindet. Der martialisch-pathetische Ausdruck der Anlage wird aufgebrochen. Das Gebäude wird durchlässig und durch Textwände innen neu gestaltet. Die Mauern werden in ihre Bestandteile zerlegt, neu angeordnet und erinnern damit an ein Gräberfeld. Diesem gegenüber wird ein neuer Gedenkort, ein Tor, in der gleichen Höhe wie das Tempeltor errichtet und zwar in einfacher, leichter und ganz schlichter Gestaltung, die zum Verweilen einlädt.

Durch die neue Anordnung entsteht ein Platz, an dem altes und neues Gedenken sich gegenüber stehen. In dem nun schlichten Tempelgebäude stehen Texte zur Einordnung des Geschehens, die der heutigen Form des Gedenkens entsprechen. Die Anlage, die ursprünglich wie ein Riegel wirkte, verbindet nun wie ein Scharnier die beiden Teile des Bleiche-Parks und wirkt wie ein in den Park integrierter Pavillon.
Modellansicht Denkmal

Modellansicht Denkmal

lageplan

lageplan

Struktur

Struktur

Wege und Plätze

Wege und Plätze

Beispiel Festsetzung

Beispiel Festsetzung