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Einladungswettbewerb | 12/2016

Studienauftrag Obere Weierwis

Blick von der Oberen Weierwis mit Altstadt

Blick von der Oberen Weierwis mit Altstadt

Gemini

Gewinner

raumfindung architekten gmbh

Architektur

graber allemann landschaftsarchitektur gmbh

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

„Gemini“

Das längliche Grundstück befindet sich entlang der Ausfallstrasse im Bereich des Übergangs der Wiler Vorstadt mit teils geschlossener Bebauung zur punktförmigen Villenbebauungsstruktur. Die neue Wohnüberbauung ergänzt die zweite Bebauungsreihe entlang der Konstanzerstrasse und akzentuiert die Siedlungsgrenze zur nordseitig gelegenen Oberen Weierwis. Die wertvollen Sichtachsen und Freiraumkorridore vom Kapuzinerkloster zur Oberen Weierwis werden durch den Projektansatz weiterhin ermöglicht und durch die vertikalen Bauvolumen gestärkt. Als Projektidee werden villenartige „Zwillingshäuser“ vorgeschlagen. Durch die volumetrische Komposition der vier Doppelvillen verbleiben die Fassadenbreiten im quartiersgerechten Massstab und die quartierstypische Körnigkeit der Villenüberbauung bleibt erhalten. Der Kopfbau im Westen wird als „Drillingsvilla“ kombiniert mit der gedeckten Einfahrt der Tiefgarage projektiert. Neben einem gedeckten Haupteingang mit Vorplatz verfügt jedes Haus über einen parkseitigen Gartenausgang zum gemeinschaftlichen Sitzplatz zur Oberen Weierwis.
Nutzungsverteilung und Ausnutzung
Alle Wohneinheiten werden behindertengerecht über zentrale Treppenhäuser mit Anschluss an die Tiefgaragen erreicht. Trotz der feingliedrigen Gestalt sind die Neubauten kompakt und erfüllen die Vorgaben für nachhaltiges Bauen. Vier Familienwohnungen sind als Duplexwohnungen mit Gartenbezug und Liftzugang auf jeder Etage situiert. Attraktive Eckloggien garantieren jeder Wohnung interessante Ausblicke und eine gute Besonnung. Die Wohnungen werden nach dem vorgegebenen Mix angeboten und verfügen dank dem statischen Konzept über eine langfristige Flexibilität. Insgesamt resultieren 30 Einheiten mit einer Ausnutzung von 0.63.

Siedlungskonzept
Die Neubauten werden von der Konstanzerstrasse über einen halböffentlichen Siedlungsweg erschlossen. Diese Achse bildet als dorfbauliche Fortsetzung des Süsswinkelwegs das Rückgrat der Wohnüberbauung. Entlang dieses Weges gliedern sich Aufenthaltsbereiche, Spielplätze und Sitzgelegenheiten an. Die Hauszugänge sind vom Grundstückszugang her gut einsehbar mit einem gedeckten Bereich und einladend ausgestaltet. Die gemeinschaftlichen Nutzungen wie Veloräume sind unmittelbar neben den Hauseingängen im Erdgeschoss platziert. Die Besucherparkplätze sind gemäss Vorgaben im Bereich der offenen Zufahrt angeordnet und durch die Bündelung und Belagswechsel gestalterisch von der Zufahrt getrennt. Die Einfahrt zur Tiefgarage wird in westliche Drillingsvilla integriert. Für den Langsamverkehr verbindet der neue „Weierweg“ mit max. 9% Gefälle und 2m Breite die Konstanzerstrasse mit der Parkebene.
Umgebungsgestaltung
Die Zwillingsvillen werden von intimen Gartenräumen umgeben. Die parkseitige Gartennutzung der bestehenden Villen an der Konstanzerstrasse wird mit den hauseigenen Sitzplätzen ortstypisch repetiert. Hausnah werden die Zwillingsvillen durch ein Mosaik von Rasen-, Wiesen-, Kies- und Hartflächen umspielt. Es wird die Kleinräumigkeit des Aussenraums der Nachbarsvillen aufgenommen und angewendet. Die Gartengestaltung bildet einen klaren Kontrast zur Oberen Weierwise als grossen zusammenhängenden Freiraum. Die Siedlungswege sind durch multifunktionale, sickerfähige Hart- und Kiesflächen geprägt. Spielrasen in flachen Bereichen und Wiesenflächen in geneigterem Gelände sowie Pflanzbeete bei den Eingängen der Zwillingsvillen choreographieren den Aussenraum. Einheimische Blütensträucher geben dem Süsswinkelweg eine vegetative Identität. Auf Terrainmauern wird verzichtet.

Architektonischer Ausdruck
Die fünf Villen treten als zurückhaltende Wohnbauten in Erscheinung. Durch die Grundkonzeption als Zwillingsvillen passen sich die Wohnhäuser in der Proportion und dem Massstab in das umliegende Quartier ein. Entlang der Oberen Weierwis treten die Häuser als viergeschossige Wohnhäuser mit stehender Fassadenproportion in Erscheinung und bilden einen klar definierten Siedlungsabschluss zum Park. Die um ein Halbgeschoss tiefer gesetzten Teilvolumen vermitteln zu der hangseitigen, im Süden gelegenen Nachbarschaft und garantieren deren Ausblicke zum Park. Die Fassaden der Wohnhäuser werden durch die mehrgeschossigen verputzten Mauerpfeiler gegliedert. Die Loggien verleihen mit einer lammellenartigen Verkleidung den Baukörpern Tiefe innerhalb der klar definierten Gesamtgeometrie. Die flach geneigten Giebeldächer vermitteln zwischen den bestehenden Nachbarshäusern und dem fallenden Terrain. Die verputzten Neubauten übernehmen ortstypische Themen wie die Sockelausbildung und sind zugleich zeitgemäss im architektonischen Duktus. Die grosszügigen, innenseitig in Lärchenholz ausgekleideten Loggien vermitteln im Sommer zur Oberen Wierwis und den Siedlungsfreiräumen. Die Zimmerfenster werden als konventionelle, stehende Fenster mit öffenbaren Flügeln konzipiert. Die Eckloggien sind auf Grund der Proportionen gut nutzbar, verfügen über attraktive mehrseitige Ausblicke und verleihen dem Neubau zusätzlich einen wohnlichen Gesamteindruck.

Baurecht, Gestaltungsplan und erweiterbare Tiefgarage
Der vorliegende Projektansatz ist kombiniert mit einem Sondernutzungsplan bewilligungsfähig. Durch die vorgeschlagene Anordnung und Ausrichtung der Baukörper wirken die Freiräume grosszügig und es entstehen gemäss dem Quartiercharakter attraktive Sichtbezüge zur Oberen Weierwise. Die Grenzabstände und Gebäudeabstände werden eingehalten und verfügen über einen sinnvollen Spielraum für die Weiterbearbeitung des Projektes. Die Besucherparkplätze für die Neubauten befinden sich vor dem Tor zu den Bewohnerparkplätzen. Jedes Haus hat einen Zugang aus der Tiefgarage direkt zum Liftkern und den Kellerräumen. Die Tiefgarageneinfahrt erfolgt innerhalb des Baukörpers der „Drillingsvilla“ im Westen. Die Tiefgarage umfasst 62 Parkplätze, insgesamt stehen total 67 Parkplätze (ober- und unterirdisch) zur Verfügung. Optional kann die Tiefgarage gegen Westen für ein zusätzliches Parkierungsangebot der Nachbarschaft erweitert werden.
Nutzungsverteilung und Flexibilität
Insgesamt werden 30 Wohnungen mit gut besonnten Eckloggien angeboten. Jede Zwillingsvilla verfügt über einen gedeckten Eingangsbereich kombiniert mit dem Veloraum und zusätzlich einem Gartenausgang zum gemeinschaftlichen Sitzplatz mit Blick über die Obere Weierwise. Im Gartengeschoss befinden sich in den vier Zwillingsvillen je eine Familienwohnung mit Liftzugang pro Etage als Garten- und Maisonettwohnungen. In den Obergeschossen befinden sich die mittleren und kleinen Wohnungen mit Weitblick. Der vorgegebene Wohnungsmix wird eingehalten. Innerhalb einer Wohnung bildet der Eingangsbereich mit den Ess- und Wohnräumen eine fliessende Raumfigur. Es entstehen interessante Aussenraumbezüge mit idealer Tageslichtnutzung. Die Schlafzimmer sind mit Bad gruppiert - dadurch wird der Wohn- und Schlafbereich räumlich getrennt. Auf Grund des statischen Konzeptes können die Wohnungen längerfristig verändert werden: raumtrennende Innenwände ohne Installationen werden nichttragend ausgebildet.

Minergie(-A) mit bewährter Gebäudetechnik
Die gewählte Baustruktur, die ökologischen Baumaterialien und die gute Tageslichtnutzung in den Wohnungen garantieren die hohe Behaglichkeit in den Räumen. Die kompakte Gebäudeform, die konsequent geführte thermische Gebäudehülle und die guten Dämmwerte erfüllen die Minergie-Anforderungen. Bei der Gebäudetechnik werden bewährte Systeme wie Niedertemperaturbodenheizung, Erdsonden-Wärmepumpe und eine einfache Lüftungsanlage pro Wohnung vorgeschlagen. Alle Räume werden mit einer minimalen Aussenluftrate be- und entlüftet. Die Zuluft strömt über Deckenauslässe in die Wohnräume und die Abluft wird in den Bädern abgesaugt. Die Lüftungsgeräte werden in den Reduits platziert und die Aussen-/Fortluft wird in einer zentralen Steigzone pro Wohneinheit über Dach geführt. Um den Anteil an erneuerbaren Energien für die Wärmeerzeugung zu erhöhen werden eine Photovoltaikanlage oder Sonnenkollektoren für die Warmwasseraufbereitung auf dem Dach flächig integriert platziert. Beim Einsatz von erneuerbarer Energie kann das Projekt die Minergie-A-Anforderungen problemlos erfüllen.
Konstruktion und Wirtschaftlichkeit
Die Tragkonstruktion basiert auf einer effizienten und dauerhaften Massivbauweise mit schlaff bewehrten Betondecken und -wänden. Die Aussenwände werden aus verputztem Einsteinmauerwerk erstellt. Dabei wird das Untergeschoss als unterhaltsarmes, monolithisch zusammenhängendes Bauteil erstellt, welches zudem die Anforderungen an das Abdichtungssystem „Weisse Wanne“ erfüllt. Die Gebäudestabilität (Erdbeben) wird über die innenliegenden und durchgehenden Betonscheiben (Wohnungstrennwände und Liftkerne) gewährleistet. Die pfeilerartigen Mauerscheiben sind mit vertikal strukturiertem Verputz materialisiert und in edlem dunkelgrün gehalten. Ein aussenliegender Sonnenschutz schützt vor der sommerlichen Überhitzung. Die Holzmetallfenster sind langlebig und dreifachverglast. Die Loggien sind aus Holz konstruiert, architektonisch in den Baukörper eingebunden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt «Gemini» komplettiert zum Landschaftsraum Obere Weierwis hin die vorstädtische Villenbebauung an der Konstanzer Strasse mit einer zweiten Reihe aus vier Zwillingshäusern, die analog zu den bestehenden Villen in einem regelmässigen Rhythmus nebeneinandergesetzt sind. Leicht abgerückt davon bildet im Übergang zur westlichen Vorstadt eine grössere «Drillingsvilla» den Auftakt des Ensembles, die gleichzeitig elegant die Tiefgaragenrampe integriert. Diese offene, feinkörnige Setzung sichert trotz substanzieller Verdichtung die charakteristische Transparenz der heutigen Situation, insbesondere die wertvollen Blickbeziehungen zwischen Kapuzinerkloster und Landschaftsraum.
Der Zugang von der Konstanzerstrasse gliedert sich einfach in Fuss- und Fahrweg sowie Besucherparkplätze und schafft einen kleinen, terrassenartigen Platzraum, der als Entrée zur Siedlung gleichzeitig der öffentlichen Durchwegung zur Oberen Weierwis räumlich Ausdruck gibt. Von dort spannt sich entlang der bestehenden Stützmauer der Erschliessungsweg für die vier Wohnhäuser auf. Die Sequenz der hintereinander gestaffelten Hauseingänge entfaltet einen räumlich stimmigen Charakter des Nachhausekommens. Der vertikale Takt der gegliederten und entlang der sanft gebogenen Hangkante leicht versetzten Zwillingshäuser antwortet auf reizvolle Weise auf die abgesenkte Situation entlang der Stützmauer.
Von den kleinen, gedeckten Vorplätzen werden jeweils seitlich, direkt von aussen, die Veloräume und die kompakten, aber angemessen dimensionierten Eingangsfoyers erschlossen. Geschickt wird in die Fuge der beiden Haushälften ein von aussen belichtetes Splitlevel-Treppenhaus eingeschoben, das erlaubt, die beiden Haushälften noch stärker freizuspielen und feiner in die Topographie einzubetten. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, im Sockel jeweils eine schöne Familienwohnung als Duplexeinheit anzuordnen, die ebenerdig an den Garten zur Oberen Weierwis anschliesst, und daneben eine Wohnung im Hochparterre, vor der ein gut nutzbarer kollektiver Aussensitzplatz angelegt ist. Durch eine Hecke vom Landschaftsraum getrennt formuliert diese Aussensituation eine glaubwürdige Haltung zur Oberen Weierwis, die vorhandenen Themen in der Nachbarschaft neu interpretiert.

Die drei Normalgeschosse zeigen souveräne Wohnungsgrundrisse, die ihre Stärke gerade aus dem Gegensatz zwischen Ausblick und Besonnung gewinnen und dabei sehr selbstverständlich Tag- und Nachtbereiche ausbilden. Um eine nach Südwesten ausgerichtete Eckloggia entwickelt sich jeweils eine S-förmige Raumfigur mit Küche, Essplatz und Wohnen. Nach Norden zur Oberen Weierwis liegen die Hauptschlafzimmer, die jeweils mit einer schmalen Loggia nach Osten oder Westen kombiniert sind. Der innovative Vorschlag eines Gartenzimmers als Erweiterung des Schlafzimmers in der kleineren 2.5- Zimmerwohnung bietet charmante Nutzungsoptionen.

Die vorgeschlagene Konstruktion mit monolithischem Mauerwerk über einem Sockelgeschoss in Ortbeton ist für den vorgeschlagenen Haustyp glaubwürdig und nachhaltig. Der architektonische Ausdruck betont die Vertikalität der gegliederten Zwillingshäuser mittels stehender Fenster- und Wandbänder. Diese formale Zuspitzung schafft gegenüber der Weite des Naturraums der Oberen Weierwis einen ebenso selbstbewussten wie wohltuenden Kontrast. Im Zusammenspiel von Baukörper, Fassaden und leicht geneigtem Dach entstehen spezifische Hausphysiognomien, die sich eigenständig in die traditionelle Wohnhausarchitektur des Ortes einbinden. In der weiteren Bearbeitung wird zu prüfen sein, inwieweit die grossflächige Verglasung der Treppenhausfuge die Hauseinheit zu sprengen droht und ob die Fenster zum Garten zugunsten einer höheren Funktionalität (Bäder) und deutlicheren Sockelwirkung gegen- über den Hauptgeschossen stärker differenziert sein könnten.

Aus Sicht des Aussenraumes sind Raumbildung, Durchlässigkeit und Einbindung in die Topographie gut gelöst und schaffen nachvollziehbare Typologien und Nutzungszonen, die allerdings der Schärfung und gestalterischen Ausarbeitung bedürfen. Die Erschliessung des Perimeters und die Lage des Platzes sind stimmig, der barrierefreie Durchgang zum Park funktioniert, ist aber noch zu ungelenk in den Kontext eingebunden. Der Platz ist zu spröde gestaltet, um seine soziale wie räumliche Scharnierfunktion zu erfüllen. Der Spielplatz ist hier richtig angeschlossen, seine Einbindung aber noch besser zu lösen. Bei der Parallelerschliessung der Gasse für Fussgänger und Autos ist eine einfachere Lösung erwünscht. Zwischen den Neubauten entstehen relativ grosszügige Grünräume, die nutzergerecht besser zu differenzieren sind. Die Heckenfragmente als «Abstandhalter» zur Gasse und zum Park sind zugunsten geeigneterer Anschlüsse zu überdenken. Bei den Gartensitzplätzen ist eine gestalterische Ausarbeitung im Sinne des Charmes der Visualisierung erwünscht.

Insgesamt stellt das Projekt «Gemini» einen beeindruckenden Beitrag zur gestellten Aufgabe dar, indem aus den Bedingungen des Ortes eine präzise städtebauliche Setzung abgleitet wird, aus der wiederum charakteristische Haus-, Wohn- und Aussenraumtypologien von hoher Qualität entwickelt werden.
Situationsplan

Situationsplan

Dachaufsicht

Dachaufsicht

Erdgeschoss mit Umgebung

Erdgeschoss mit Umgebung

Konzeptschnitt

Konzeptschnitt

Aussensitzplatz

Aussensitzplatz

Regelgeschoss

Regelgeschoss

Innenraumbild

Innenraumbild