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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2017

Neubau Kardinal-Döpfner-Haus

Perspektive auf die zwei neuen Gebäudeflügel, die das Glasfoyer rahmen

Perspektive auf die zwei neuen Gebäudeflügel, die das Glasfoyer rahmen

1. Preis

gmp Architekten von Gerkan, Marg und Partner

Architektur

Erläuterungstext

Städtebaulicher Ansatz

Der Freisinger Domberg bildet das weithin sichtbare Wahrzeichen der Stadt. Durch seine erhöhte Lage stellt das Gebäudeensemble zum einen den wichtigsten städtebaulichen Bezugspunkt dar, zum anderen bietet das Höhenplateau großartige Blickbeziehungen auf die Stadt und ins Umland.

Trotz der Vielfalt und unterschiedlichen baulichen Entstehungszeit der Einzelgebäude wirken diese durch ihre architektonische Gestaltung homogen als bauliches Ensemble. Der Grund hierfür ist die Durchgängigkeit der verwendeten Materialien: weiß geputzte Wandflächen und steil aufragende, mit roten Dachschindeln gedeckte Sattel- bzw. Walmdächer. Besonders auf der Südseite entsteht so ein Panorama ruhiger, langgestreckter Wand- und Dacharchitekturen.

Ziel des Entwurfes ist es, dass „Kardinal-Döpfner-Haus“ um einen Anbau zu erweitern, der als verbindendes Glied die Bestandsbauten ergänzt und verknüpft, gleichzeitig jedoch das Gesamterscheinungsbild des Dombergs von Süden erhält und mit zeitgemäßen architektonischen Mitteln fortschreibt. Insbesondere wird eine durchgehende innere Erschließung von Domplatz über das „Kardinal-Döpfner-Haus“ bis hin zum Museum geschaffen, welche zusätzlich an den diskutierten Schrägaufzug als südwestlichen Auftakt des Domareals anschließt.

Der auf der Nordseite L-förmig verspringende Anbau verbessert gleichermaßen die räumliche Wirkung und Sichtbarkeit des Museums, indem ein Grünbereich treppenartig zum Eingang des DMF abfällt. So werden die Besucher auf selbstverständliche Weise zum neu geschaffenen Platz zwischen DMF, KDH sowie dem ehemaligen Archivgebäude geführt.

Einmal in diesem westlichen Kraftfeld des Dombergs angekommen, erschließt sich dem Besucher die Eingangssituation zum „KardinalDöpfner-Haus“ durch eine zwischen den Zimmerflügeln angeordnete Treppenhalle, die den vorhandenen Niveausprung von 6,40 m überwindet und direkt in den Innenhof des Altbaus führt. Die genannten Gebäudeflügel - der L-förmige im Norden sowie der langgestreckte im Süden - werden zum Platz hin mit zwei hohen Giebelwänden markiert, die einen Bezug zur Architektur des ehemaligen Archivgebäudes herstellt.

Zum südlichen Tal hin wird die Rosenterrasse des „Kardinal-DöpfnerHauses“ räumlich fortgeführt und mittels einer Treppenanlage mit dem Vorplatz verbunden. Die schon im „Seidelbau“ erkennbare Gebäudefuge zwischen Anbau und Altbau findet sich auch im aktuellen Entwurf wieder, jedoch wurde auf die turmartige Überhöhung verzichtet, da diese keine inhaltliche Entsprechung aus der Aufgabenstellung hat.

Funktionale Struktur

Betritt man den Neubau von Westen durch die gebäudehohe Glasfassade, so erschließt sich dem Besucher die Struktur des Hauses auf den ersten Blick. Die große Treppe, die nicht nur als Erschließungselement, sondern auch als flexibel nutzbare Tribüne mit Sitzstufen und großartigem Blick zum Museum und ins Tal konzipiert ist, spiegelt das natürlich vorhandene Gefälle des Dombergs im Inneren des Gebäudes wieder.

Die Treppe ist Auftakt einer durchgehenden Raumsequenz über den Hof des KDH bis hin zum Domplatz. Südlich der zentralen Treppe befindet sich die neue Multifunktionshalle unterhalb des erweiterten Rosengartens. Von hier aus erblickt man über eine langgestreckte Panoramaverglasung das südlich gelegene Freising und dessen Einbettung in den Landschaftsraum. Im zentralen Schnittpunkt zwischen Altbau und Neubau erschließt eine Treppe und Aufzugsgruppe alle Ebenen des gesamten Kardinal-Döpfner-Hauses im historischen Altbau wie auch im Anbau.

Insgesamt sind auf 5 Geschossen 99 Zimmereinheiten untergebracht, 2 zusätzliche Sondereinheiten befinden sich im ehemaligen Archiv. Die Anlieferung des KDH erfolgt von der Nordseite über eine dem Zimmertrakt vorgelagerte Schleuse und einen Lastenaufzug, der alle Betten Geschosse, sowie die Service Flächen des Neubaus erreicht. Hierdurch ist es zusätzlich möglich, die Kellerräume des Altbaus mit Werkstätten und Technik zu erreichen, ebenso wie die Küche im Erdgeschoss.

Der Speisesaal im 1. OG wird nach wie vor direkt aus der Küche mit einem kleinen Service Aufzug auf direktem Weg vertikal angebunden. Aus der zentralen Position von Küche und Speisesaal ist gastronomische Bespieglung unterschiedlicher Flächen innerhalb und in den Freiflächen des KDH möglich. Über die klare Zuordnung der öffentlichen und internen Flächen des KDH werden Wegekreuzungen der Nutzergruppen ausgeschlossen.

Die Erschließung des Altbaus wird zum gegenwärtigen Stand minimal verändert. Das zum Innenhof gelegene Treppenhaus wird mit einer Verglasung hofseitig eingehaust, während die unabhängig genutzten Räume weiterhin direkt vom Hof erschlossen werden. Hierzu gehören das Domcafe, die Korbinians-Klause sowie der Küchentrakt unterhalb des Speisesaales.

Eine entscheidende Ergänzung erfolgt im 1. Obergeschoss des Altbaus. Hier wird ein gläserner Gang weit hinter den vorhandenen Arkaden auf der Ostseite des Hofes eingefügt, so dass nunmehr alle Räume von einem Niveau (+ 4,58 m) erschlossen werden können. Der Vorteil dieser Lösung liegt in einem barrierefreien Zugang für Rollstuhlfahrer, der sich auf alle im Ringschluss um den Hof befindlichen Tagungs- und Seminarräume erstreckt. Zugleich ist dieser Einbau als filigrane und reversible Stahl und Glas Konstruktion sehr gut mit dem höchst wertvollen Bestandsbau des Umgangs vereinbar.

Im obersten Geschoss schließlich befindet sich die Verwaltung des KDH, die ebenfalls über die zentral gelegene Aufzugsgruppe erschlossen wird. Auch hier ergibt sich ein Ebenen gleicher Korridor mit entsprechenden Aufweitungen für Kommunikations- und Pausenbereiche, so dass die wertvolle Bausubstanz gleichermaßen zeitgemäß und attraktiv als Verwaltungsetage genutzt werden kann.

Das äußere Erscheinungsbild
Die Einheit in der Vielfalt stellt den besonderen Reiz des Freisinger Domberges dar. Einheitlich sind die roten Dachdeckungen und die flächigen hellen Putzfassaden bei allen Gebäuden. Vielfalt entsteht durch die unterschiedliche Ausbildung und Proportionierung der Fenster. Insofern ist die Fensterarchitektur das Königsmittel der architektonischen Gestaltung und Differenzierung auf dem Domberg in Freising.

Die Fensterarchitektur des Neubaus bezieht sich hinsichtlich ihres Verhältnisses von Wand und Öffnung auf den Altbau, so dass von weitem der Eindruck einer homogenen Kette von langgestreckten Lochfassaden erhalten bleibt. Von Nahem erkennt man jedoch eine plastisch ausgebildete Fensterarchitektur, die sich auf den Archetypus der Giebelfassaden des Neubaus – wie auch des ehemaligen Archivgebäudes – bezieht. Die regelmäßig über die mit grober Körnung verputzte Mauerwerksfassade angeordneten Spitzgiebelfenster geben dem Gebäude eine besondere, unverwechselbare Prägung.

Im Kontrast zu den aus der Sprache der Altbauten abgeleiteten massiven Flügel der Gästezimmer steht die filigrane Glashalle, die viel Tageslicht und somit Orientierung ins Gebäude einleitet. Diese Stahl-Glas-Konstruktion wird durch hölzerne Wandflächen ergänzt, die eine intime, behagliche Atmosphäre erzeugen.

Energie und Nachhaltigkeit

Bei der Weiterentwicklung und Neugestaltung des Dombergs in Freising mit der Sanierung des Altbaus des Kardinal-Döpfner-Hauses und des angrenzenden Neubaus steht vor allem eine zukunftsweisende Planung im Fokus. Dabei hat die nachhaltige Ausrichtung der Gebäudekonzeption hinsichtlich Energieeffizienz, Ökologie und Ökonomie einen besonderen Schwerpunkt. Im Folgenden werden Konzepte zu den einzelnen Gebäuden erläutert.
Der Altbau des Kardinal-Döpfner-Hauses bleibt auf Grund des Denkmalschutzes weitgehend unberührt. Unter Einhaltung der Energieeinsparverordnung (EnEV) werden die Fenster saniert. Hierzu werden die bestehenden Holzrahmenfenster in Bereichen, die besonders exponiert und einsehbar sind, saniert und mit einer 2-Scheiben-Wärmeschutzverglasung ausgestattet. Die übrigen Bereiche können alternativ auch mit kostengünstigeren Aluminiumrahmenfester, die ebenfalls mit einer Scheiben-Wärmeschutzverglasung ausgestattet sind, versehen werden. Maßnahme nach Abschätzung des Aufwands in Absprache mit Denkmalschutz.
Das Gebäude wird weiterhin natürlich über eine Fensterlüftung je nach Bedarf belüftet. Auf Grund der massiven Bauweise mit großen Speichermassen ist weiterhin ein ausgeglichenes Raumklima gegeben, außerdem können damit Böden, Decken und Wände unangetastet bleiben, da keine zusätzliche Technik in den Räumen installiert werden muss.
Im Zuge des angrenzenden Neubaus wird über eine neue Energiezentrale die Wärmeversorgung vom Neubau aus sichergestellt. Die Unterverteilung im Altbau wird hierfür saniert. Hierfür werden Rohrleitung in der Unterverteilung gedämmt, Heizungspumpen durch sparsame HocheffizienzPumpen getauscht und das Heizsystem hydraulisch abgeglichen. Damit ist auch im Bestand ein effizienter Betrieb der Heizungsanlage sichergestellt.
Die Gebäudehülle des Neubaus des Kardinal-Döpfner-Hauses erfüllt ebenfalls die aktuellen Anforderungen der Energieeinsparverordnung (EnEV). Für den sommerlichen Wärmeschutz wird ein außenliegender Sonnenschutz vorgesehen. Der Neubau soll ihn Anlehnung an den bestehenden Altbau in einer monolithischen Massivbauweise realisiert werden. Hierbei kann durch entsprechend breites Mauerwerk auf ein mehrere Zentimeter starkes Wärmedämmverbundsystem verzichtet werden. Stattdessen sind nur geringe Dämmschichten notwendig, die mit nachhaltigem Dämmstoff wie Mineralwolle oder auch Holzfasern ausgeführt werden.
Das Gebäude wird mittels Fußbodenheizung beheizt und vorwiegend natürlich belüftet. Die Beherbergungszimmer verfügen über eine Fensterlüftung sowie eine maschinelle Grundlüftung für den hygienischen Mindestluftwechsel über die Bad- / WC-Abluft und eine Nachströmung über Außenluftdurchlasselemente in der Fassade oder den Fenstern. Für einzelne Bereich, wie dem Empfangsbereich und die Tagungsbereiche, wird für eine hohe Luftqualität und einen hohen Raumkomfort bedarfsgerecht eine Zu- / Abluftanlage mit hocheffizienter Wärmerückgewinnung eingesetzt. Damit ist ein hoher Lüftungskomfort bei Veranstaltungen und für konzentriertes Arbeiten gegeben.
Optional können der Empfangs- und die Tagungsbereiche sowie die Beherbergungszimmer bei hohen Außentemperaturen für einen guten Komfort gekühlt werden. Die Grundtemperierung erfolgt dabei über die Fußbodenheizung, die im Sommer zur Kühlung betrieben wird. Hohe thermische Lasten im Empfangs- und Tagungsbereich können durch zusätzliche effiziente Flächenkühlsysteme abgeführt werden. Die für die Kühlung benötigte Energie wird selbst über eine dafür dimensionierte Photovoltaik-Anlage auf dem Gebäude erzeugt.
Zentrale Wärmeversorgung im Neubau
In der Heizzentrale im Neubau werden ein erdgasbetriebenes Blockheizkraftwerk (BHKW) für die Grundlast und ein Erdgas-Brennwertkessel für die Spitzenlast betrieben. Da das BHKW sehr effizient Wärme- und Strom gleichzeitig erzeugt, ergeben sich ökologische Vorteile in der Energieerzeugung für beide Gebäudeteile sowohl hinsichtlich der Primärenergie als auch hinsichtlich der CO2-Emissionen. Der hohe Eigennutzungsanteil von erzeugtem Strom macht den Einsatz eines BHKW besonders wirtschaftlich.

Durch das Energiekonzept werden mehrere Ansprüche hinsichtlich Nachhaltigkeit und Zukunftsorientierung erfüllt. Die Gebäude werden über nur eine Energiezentrale mit Wärme versorgt, zudem erfolgt eine dezentrale Eigenerzeugung und Eigenversorgung mit Strom. Die Gebäude erfüllen somit auch alle Anforderungen übergeordneter landes- und bundesweiten Klimaschutzziele.
Während des Neubaus wird der Altbau über eine mobile Heizzentrale versorgt. Diese gibt es in passender Leistungsklasse und wird temporär in einem Container oder mobil auf einem Anhänger zur Verfügung gestellt. Die mobile Heizzentrale kann mit dem vorhandenen Erdgas umweltschonend betrieben werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der vorgeschlagene Neubau fügt sich stimmig und in sehr angemessener Weise in den städtebaulichen Kontext des Dombergs ein. Die Maßstäblichkeit wird sowohl in den beiden – durch die Halle verbundenen – Baukörpern als auch in der Gestaltung der Fassaden gewahrt. Auch die ruhigen, durch keine Aufbauten gestörten Dachflächen tragen wesentlich zu diesem Gesamteindruck bei.
Durch die Setzung des Neubaus entsteht im Gegenüber des Diözesanmuseums ein wohlproportionierter Platz mit hoher Aufenthaltsqualität. Das zu erhaltende Archivgebäude wird dabei geschickt als raumbildendes Element integriert. Auch die Anbindung der Freiflächen im östlichen Teil wird auf geschickte und selbstverständlich wirkende Weise erreicht.
Dem erklärten Ziel des Auslobers, dass sich das neue KDH als offenes und der Öffentlichkeit zugewandtes Gebäude und Einrichtung präsentieren soll, wird die Situierung der großzügigen Eingangshalle in besonderer Weise gerecht. Der Niveauunterschied zwischen dem historischen Gebäude und dem Eingangsbereich des Neubaus wird durch die, mit Sitzmöglichkeiten ausgestaltete Treppenanlage, geschickt überwunden. Hier ist ein Ort der Begegnung und des Austausches möglich. Die Verortung des teilbaren Mehrzweckraums auf der Ebene des Museumsplatzes ist richtig gewählt und eröffnet in diesem Bereich auch die Möglichkeit für externe Nutzungen. Ebenso kann der Bezug von Innen- und Außenraum sehr gut überzeugen.
Die innere Durchwegung des Gebäudes und die Anbindung des Eingangs vom Domhof sind gelungen. Es erscheint richtig, die Tagungs- und Seminarräume im Altbestand zu organisieren. Durch die Halle im Neubau und die sinnvolle Platzierung der Liftanlage ist eine gute Anbindung gewährleistet.

Der Entwurf zeigt hinsichtlich der gastronomischen Funktionalität sowie im Bereich der Seminarräume und bezüglich des Brandschutzes Mängel. Auch die angestrebte innenräumliche Verbesserung des Speisesaals kann nur noch mit Mitteln des Innenausbaus und der Materialwahl erreicht werden. Bei der insgesamt barrierefreien Innenerschließung des Altbaus wird die vorgeschlagene Lösung im Bereich der historischen Arkaden sowohl unter denkmalpflegerischen als auch gestalterischen Gesichtspunkten kritisch gesehen.
Die Arbeit eröffnet aber insgesamt viele Chancen im Zuge der weiteren Planung die Ziele des Auslobers zu erreichen. Aufgrund der absolut gelungenen städtebaulichen Einbindung und der diesem Ort höchst angemessenen Architektur, stellt dieser Entwurf eine äußert überzeugende Lösung dar, die auch den Anforderungen der Nachhaltigkeit am besten gerecht wird.

Das Preisgericht erachtet die eingehende fachliche Überprüfung des Entwurfes unter Zuhilfenahme von Fachleuten (Brandschutz, Küchenplaner, Bauphysik, Denkmalschutz) sowie Vertretern des Bauherrn (Beherbergungsbetrieb, Fachbereich Bildung und Schwerbehindertenvertretung) für unerlässlich, um die funktionale Qualität des Entwurfes der gestalterischen anzugleichen. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass im Falle der Umsetzung des Entwurfes ein Bildungshaus entsteht, das den Anforderungen an ein modernes Bildungshaus, unter Beachtung der formulierten Kostenobergrenze des Auslobers, entspricht.
Blickbezüge zwischen Alt- und Neubau

Blickbezüge zwischen Alt- und Neubau

Ein Glasfoyer als Raum der Kontemplation

Ein Glasfoyer als Raum der Kontemplation

Ansicht Rosenterrasse

Ansicht Rosenterrasse

Schnittperspektive

Schnittperspektive

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Lageplan Domberg Freising

Lageplan Domberg Freising

Vogelperspektive Modell

Vogelperspektive Modell

Modell

Modell

Modell

Modell