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Einladungswettbewerb | 11/2016

Erneuerung ClubgebÀude GCIU

Segler

3. Rang / 3. Preis

Freiluft Architekten

Architektur

Klötzli Friedli Landschaftsarchitekten AG

Landschaftsarchitektur

PIRMIN JUNG

Bauingenieurwesen

ErlÀuterungstext

Von der Landschaft geformt - Analyse, Konzept, Entwurfsidee

Der Golfplatz Interlaken zeichnet sich durch seine klare landschaftliche Konzeption aus. Auf der Ankunftsseite orientiert er sich zum Parkplatz und See. Zur Golfanlage bilden grosszĂŒgige, leicht gebogene GehölzbĂ€nder schöne Landschaftskammern. Diese landschaftlichen Grossformen schmiegen sich im SĂŒden und SĂŒdwesten an die naturnahen Seeufer an. Gleichzeitig orientieren sie sich zur zentral gelegenen GebĂ€udegruppe und betonen damit das Herz der Anlage.

Die bestehende GebĂ€udegruppe formt einen Platz, der als Treffpunkt und Versammlungsort dient und geschĂ€tzt wird. Diese Hauptelemente bilden die konzeptionelle Grunddisposition fĂŒr das landschaftliche und „stĂ€dtebauliche“ Konzept der neuen GolfgebĂ€ude. Neu deshalb, weil ein Umbau der in die Jahre gekommenen GebĂ€ude aus unserer Sicht kein ausgewogenes Kosten-Nutzen-VerhĂ€ltnis bieten kann. Der Ersatzneubau verschafft dem GCIU einen zeitgemĂ€ssen Auftritt und gibt ihm ein neues, stilvolles Zuhause. Seine Figur gleicht einem Segler, der, von einem der umliegenden HĂ€nge heruntergeschwebt, in der Landschaft Platz genommen hat. Das grosse Dach schwingt vor und zurĂŒck - wir stellen uns gern vor, dass die umliegenden LandschaftsrĂ€ume es geformt haben.

Bestehendes stÀrken - Umgebungsgestaltung

Die bestehende Parkplatzachse fĂŒhrt die Ankommenden zum Haupteingang und in den Hof. Von hier öffnet sich der Blick in die grosszĂŒgige Golfanlage. Ein Brunnen mit breitem Rand zum Sitzen und BĂ€nke bieten die Möglichkeit sich zu treffen. Bei Bedarf kann das Restaurant auf diese Seite erweitert werden. Auf der SĂŒdseite wird der bestehende Aussensitzplatz in das Aussenraum- konzept integriert. Die Parkplatzorganisation bleibt in ihrer Grunddisposition bestehen, ebenso die Mehrheit der BĂ€ume. Strassenseitig werden ParkplĂ€tze ergĂ€nzt und der grĂŒne Rahmen wird mit Neupflanzungen gestĂ€rkt. Es können insgesamt 125 Auto- und 20 VeloabstellplĂ€tze angeboten werden. Materialisierung: Parkplatz, Eingangsplatz und die GebĂ€udevorzonen sind asphaltiert. Der Belag ist um das Haus und im Hof geschliffen und schafft so eine feine Differenzierung zwischen Parkplatz und GebĂ€udebereichen. Der Aussensitzplatz des Restaurants bleibt als Verbundsteinplatz bestehen und wird - entsprechend ergĂ€nzt - an das Haus herangefĂŒhrt.

Flexible Raumkonfigurationen - Funktionen, Disposition

Unter dem grossen Dach sind - aufgeteilt in zwei GebĂ€udeteile - alle Funktionen vereint. Im einen ist die zweigeschossige WĂ€gelihalle untergebracht, im andern alle ĂŒbrigen Funktionen, wie Sekretariat, Shop, Garderoben, Wohnungen und das Restaurant. Dieses profitiert von seiner doppelten Höhe sowie dem Oblicht und öffnet sich ĂŒber grosse Schiebeverglasungen zur Landschaft. Seine zweiseitige Orientierung und die Option, es mit dem Sitzungszimmer zusammenzuschliessen, ermöglicht sehr flexible Raumkonfigurationen. Über eine Galerie mit Aufenthaltsbereich gelangt man zu den Garderoben. Selbst von da ist die Landschaft und ihr Licht prĂ€sent - in anderer, vom Holzschirm gefilterter Weise. Vom Hof zwischen den GebĂ€udeteilen blickt man durch eine grosse Öffnung in den Himmel. Dieser Ort ist zentraler Treffpunkt und bietet sich fĂŒr spezielle AnlĂ€sse an, die unabhĂ€ngig vom Restaurantbetrieb stattfinden können.

Wohnliche AtmosphÀre - Materialisierung

Holz spielt die zentrale Rolle fĂŒr das neue Haus. Es verweist auf die Berner OberlĂ€nder Bautradition, interpretiert diese aber in zeitgenössischer Weise. Es zeigt sich in vielen Facetten und Erscheinungsformen: Pfosten, Balken, Tafeln, StĂ€be. Nebst seinen Vorteilen als lokales und nachhaltiges Baumaterial kann es seine StĂ€rken mit dem vergleichsweise geringen Gewicht ausspielen: Es lĂ€sst sich gut mit der bestehenden Fundation kombinieren und belastet den Baugrund nur minimal. Sowohl das Äussere wie das Innere leben von der spĂŒrbaren PrĂ€senz des Holzes. Es entsteht eine warme und wohnliche Stimmung. Das FĂŒgen und Lasten ist offen gezeigt. Der Filter aus HolzstĂ€ben, der dem aus- und einschwingenden Dach folgt, erweitert das strenge Konstruktionsprinzip um eine verspielt-poetische Note. Er dient - zusammen mit dem grossen Vordach - als Witterungs- und Sonnenschutz und vermittelt zur Landschaft. Das Dach ist begrĂŒnt.

Innovativer Holzbau - Konstruktion

Die Position der Bauvolumen ist so gewĂ€hlt, dass die bestehende Bodenplatte mit ihrer PfĂ€hlung weitgehend weiterverwendet werden kann. Der darauf aufbauende Holzsystembau basiert auf einem zweifach gerichteten Raster von 6 x 6.5 Metern. Das PrimĂ€rtragwerk des Daches besteht aus durchlaufenden HaupttrĂ€gern von 200/600mm aus Brettschichtholz. Rechtwinklig dazu sind TrĂ€ger von 120/600mm eingehĂ€ngt. Die Querschnitte sind auf die Spannrichtungen und Vordachsituation abgestimmt und mĂŒssen so nicht als TrĂ€gerrost ausgebildet werden; aufwĂ€ndige Knotenpunkte entfallen. Als flĂ€chige Unterlage fĂŒr die Dachabdichtung wird eine 120mm dicke Brettsperrholzplatte auf das Tragwerk gelegt. Die Platte ĂŒbernimmt zugleich die Scheibenfunktion fĂŒr die Aussteifung. Die Decken im RestaurantgebĂ€udeteil sind als Holz-Beton-Verbunddecken konzipiert. Mit dem vorgeschlagenen Deckensystem und dem darĂŒber liegenden Unterlagsboden können die erhöhten SchalldĂ€mmwerte und Brandschutzanforderungen eingehalten werden. Die Decke in der WĂ€gelihalle wird mit einfachen Holz-Rahmenbaudecken ausgefĂŒhrt. Die Lasten von Dach und Decken werden ĂŒber StĂŒtzen aus Brettschichtholz in die Fundation abgeleitet. Die HorizontalkrĂ€fte infolge Wind und Erdbeben werden ĂŒber den massiven Kern sowie ĂŒber im Holzbau integrierte Aussteifungselemente abgetragen. Als Sonnen- und Sichtschutz fungiert entlang eine vertikale Lamellenkonstruktiondes Dachrandes. Die Lamellen sind aus witterungs- bestĂ€ndigem LĂ€rchenholz und können bei Bedarf einfach einzeln ausgewechselt werden. Zudem wird bei den Anschlusspunkten grossen Wert auf den konstruktiven Holzschutz gelegt.

Beurteilung durch das Preisgericht

"Ein Umbau der in die Jahre gekommenen GebĂ€ude kann kein ausgewogenes Kosten/Nutzen - VerhĂ€ltnis bieten", so die These, auf der sich der Ersatzneubau legitimiert. Die abgestreifte Last des Vorhandenen wird dazu genutzt, mit einer Gestik des GrosszĂŒgigen ĂŒber alle Funktionen hinweg ein alles ĂŒberspannendes Dach als Sinnbild des Golfclubs Unterseen zu etablieren. Das raumgreifende, einem Segler nachempfundene Dach schwingt vor und zurĂŒck und bezieht sich damit auf die Landschaftskammern des Golfplatzes. Darunter liegt ein der bestehenden Bodenplatten in Geometrie und Abwicklung folgendes, verhĂ€ltnismĂ€ssig profanes GebĂ€ude und wirft Fragen der forcierten Bedeutung der Gestalt auf. Durch die Lichtfilterung der hĂ€ngenden Lamellenfassade in Holz entstehen örtlich stimmige AussenrĂ€ume, welche je nach Jahreszeit willkommene Nutzungen fĂŒr Events, Aussenterrassen und dgl. aufnehmen können. Über die nahezu unverĂ€nderte Parkierungsanlage, mit allerdings gegenĂŒber heute reduzierter Platzanzahl, erreicht man ĂŒber die Diagonale den gedeckten Hof mit sternförmigem, offenen Oblicht. Das Raumkonzept in den reprĂ€sentativen Bereichen, unterstĂŒtzt durch die Doppelgeschossigkeit, ist geprĂ€gt von Offenheit, Transparenz und DurchlĂ€ssigkeit und sucht den unmittelbaren Verbund mit den gedeckten Veranden. VernachlĂ€ssigt wird der Aspekt der Raumfassung und rĂ€umlichen Differenzierung im Übergang Eingangshalle -Treppenanlage -Empfang -Restaurant sowie im Barbereich, welcher sehr unglĂŒcklich im Durchzug von KĂŒche zum Restaurant positioniert ist. Die zirkulationsreichen, unruhigen BewegungsrĂ€ume lassen dem RĂŒckzug dienende Sequenzen vermissen. Der Sitzungsraum ist nur ĂŒber das Restaurant erschlossen und fĂŒr geschlossene Veranstaltungen wenig geeignet. Die Anlieferung zur KĂŒche und Verwaltung seitlich ist gut gelöst. Als einengendes Korsett erweist sich die formale Absicht bei den Wohnungen, welche ohne Höfe oder dergleichen im ersten Stock kaum von den wunderbaren SituationsqualitĂ€ten und von direkter Besonnung profitieren können. Auf einem zweifach gerichteten Raster von 6 x 6.50 m entwickelt sich ein systematischer Holzbau mit grundsĂ€tzlich einfachem Konstruktionsprinzip. Gerne hĂ€tte man ĂŒber das SchlĂŒsseldetail des Knotens mehr erfahren, da wo alle Vektoren zusammentreffen, fernöstlicher als einheimischer Holzbautradition Ă€hnlicher, und fĂŒr das reduzierte Interieur von grosser Bedeutung scheint. Der Segler ist e in wertvoller Beitrag in der Diskussion zur angemessenen Ausstrahlung des Golfclubs Unterseen. Das sehr schön durchgearbeitete Projekt bleibt im rĂ€umlichen, funktionalen und konstruktiven Bereich manche Differenzierung und Nuancierung schuldig.