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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2017

Neubau Kardinal-Döpfner-Haus

ein 3. Preis

Schmidt-Schicketanz Planer GmbH

Architektur

BBI INGENIEURE GMBH

Tragwerksplanung

BSSP BRANDSCHUTZPLAN GMBH

Brandschutzplanung

HPM Consult

sonstige Fachplanung

Winfried Meyer-Speer

Modellbau

Erläuterungstext

Städtebau
Der Domberg Freisings mit seinen Gebäuden hat über Jahrhunderte weithin sichtbar das Stadtbild Freisings und das Landschaftsbild seiner Umgebung geprägt. Zusammen mit dem Dom, dem ehemaligen Domgymnasium (Domberg 3840) und dem Diözesanmuseum sind die Gebäude des Kardinal-Döpfner-Hauses – zum einen die ehemalige Erzbischöfliche Residenz und zum anderen der als Priesterseminar geplante Anbau – die Gebäude dieses einmaligen Ensembles, die am stärksten nach Außen wirken. Hieraus resultiert eine herausragende städtebauliche Anforderung an den Ersatzneubau an selber Stelle.

Der städtebauliche Ansatz des Entwurfes für den Neubau orientiert sich an der bereits vorhandenen Struktur – Blockgebäude mit Innenhof – und dem an dieser Stelle ehemals stehenden ‚Seidl-Bau‘, der 1959 abgerissen wurde, wobei die Übergänge zum historischen Bestand durch gläserne ‚Gebäudefugen‘ erfolgen. Durch die Reduzierung der Traufhöhe des Neubaus um ca. 1,3 m wird die Bedeutung und Außenwirkung der ehemaligen Erzbischöflichen Residenz hervorgehoben und es erfolgt eine ‚Höhenvermittlung‘ zu dem in Richtung Westen anschließenden niedrigeren Diözesanmuseums. Zudem wird durch das Zurückspringen und Verdrehen der Westfassade des Neubaus (zwischen 2 und 4 m) der Abstand zum Diözesanmuseum vergrößert, so dass eine wohlproportionierte Platzsituation entsteht, die auch von der Traufhöhenreduzierung deutlich profitiert. Dieser Platz, der später durch den Schrägaufzug von der Altstadt Freisings erschlossen werden soll, stellt neben dem Domhof den zweiten zentralen Platz auf dem Domberg dar, von dem aus Diözesanmuseum und Kardinal-Döpfner-Haus ihre Hauptzugänge haben. Auch die Nordfassade springt gegenüber dem Bestand zurück und stärkt hierdurch den historischen Bestandsbau. In Anlehnung an den ehemaligen ‚Seidl-Bau‘ erhält der Neubau zum einen an der Süd-West-Ecke einen vorgesetzten Turm, der in einer Aussichtsplattform seinen Abschluss findet, und zum anderen werden an Süd- und Westfassade Arkaden ausgebildet.

Erschließung | Funktion | Organisation

Über den neuen Platz gelangt man von Westen aus über den neuen Haupteingang des Kardinal-Döpfner-Hauses in die zentrale Foyerhalle die sich über vier Geschosse erstreckt. Von dieser zentralen Halle des KDH’s werden die Funktionsbereiche direkt barrierefrei erschlossen: die Beherbergungszimmer über vertikale Aufzüge und Treppenhäuser, der Tagungsbereich im Altbau über großzügige Treppenanlagen.
Der Eingang vom Domhof bleibt als Nebeneingang erhalten (Zugangsüberwachung über Videoanlage), so dass eine optimale Durchwegung beider Gebäudeteile, auch für die Prozessionen, gegeben ist.
Die vier Hauptfunktionsbereiche des neuen KDH‘s werden wie folgt auf die beiden Gebäude aufgeteilt:
- Beherbergungsbereich Rezeption / Verwaltung / Speisesaal / Küche Neubau 1. UG - Beherbergungsbereich Zimmer Neubau EG – 3. OG
- Tagungsbereich Altbau EG – 2. OG
- Verwaltungsräume Altbau 2.OG und EG
Diese Anordnung der Funktionsbereiche erzeugt eine übersichtliche Wegeführung, die eine optimale Orientierung für alle Besucher und Tagungsteilnehmer ergibt. Die Gästezimmer gliedern sich über die 4 Geschosse U-förmig um die Foyerhalle.
Die Unterbringung der Tagungsräume im historischen Bestandsbau ist die konsequente Folge der Wiederherstellung der (damals modernen) repräsentativen Barockarchitektur aus der Mitte des 17. Jhd., die eine wesentlich großzügigere Struktur im Bestandsbau hatte. In diesem Zusammenhang wird vorgeschlagen, als ‚Auditorium‘ des neuen KDH den aus dieser Zeit stammenden ‚Steinernen Saal‘, der an der Süd-West-Ecke über 1. und 2. Obergeschoß vorhanden war, wieder zu errichten. Dieser Saal bildete damals das repräsentative Kernstück der Residenz und soll in Zukunft das Zentrum des Tagungsbereichs darstellen. Hierzu wird die Decke zwischen den beiden Geschossen bis auf eine Galerieebene zurück- /umgebaut, so dass ein Auditorium für ca. 350 Personen entsteht.
Die Martinskapelle und die Marienkapelle bleiben als Kirchenräume erhalten und werden entsprechend den Vorgaben des Denkmalschutzes restauriert und saniert. Neben diesen kirchlichen Rückzugszonen gibt es noch kleinere Rückzugsräume, die auf verschiedenen Ebenen verteilt sind. Der Dachgarten über der Foyerhalle wird als Garten der Stille ausgebildet. In dem ebenfalls zu sanierenden Gebäude Domberg 23 werden Meditations- oder Atelierräume untergebracht.
Der Speisesaal liegt direkt neben der Foyerhalle und orientiert sich zur Südseite mit grandiosen Blicken über die Stadt Freising (Öffnung zum Foyer möglich; Außenplätze im südlichen Gartenbereich).

Bei der Planung der Ver- und Entsorgung wurde darauf geachtet, dass keine Kreuzungen von Verkehrsströmen zwischen dem Übernachtungs- Tagungs- und Gastronomiebereich entstehen. Die komplette Ver- und Entsorgung ist für die Gäste unsichtbar. Die horizontalen und vertikalen Verbindungen sind so angeordnet, dass kurze Wegestrecken für die Beherbergungs- und Servicemitarbeiter entstehen. Die Warenanlieferung und die Entsorgung ist in direkter Nähe zum Beherbergungs-Serviceaufzug und zum Serviceaufzug des Tagungsbereichs an der Nordseite angeordnet. Innerhalb der Tagungsebenen sind Service Pantrys für Gläser, Geschirr und Getränke vorgesehen. Im Gästezimmerbereich sind in jeder Ebene Räume für Utensilien, Wagen und Geräte des Zimmerreinigungspersonals eingeplant. Die Küche einschließlich sämtlicher Kühlräume befindet sich im 1.UG in direkter Verbindung mit den Buffetausgabetheken und dem Speisesaal. Der Speisesaal ist unterteilbar und verfügt insgesamt über 250 Sitzplätze. Auch hier sind kurze Wegestrecken sichergestellt. Die Räume sind so dimensioniert, dass auch große Veranstaltungen gastronomisch bedient werden können. Viele Tagungsräume können auch multifunktional für andere Nutzungen zur Verfügung gestellt werden. Im 2.UG sind neben der gesamten zentralen Haustechnik für Neu- und Altbau die Lagerräume für Wäsche, Getränke inkl. Leergut sowie für Non-Food-Artikel und Geräte angeordnet. Des Weiteren befinden sich dort die zentralen Umkleide- und Sanitärräume für alle Mitarbeiter. Im EG befindet sich eine separate Mitarbeiterkantine mit einer kleinen Speisenausgabe.

Konstruktion | Tragwerk | Materialien

Der Neubau verfügt in den Beherbergungsgeschossen über Außenwände aus monolithischem, hochdämmendem Mauerwerk und inneren Stahlbetonwänden sowie 30cm starke Stahlbetondecken. Schottenartigen Querwände begrenzen jeweils zwei benachbarte Gästezimmer, die untereinander durch Trockenbauwände abgetrennt werden. Die Sanitärblöcke sind auch in Trockenbauweise geplant. Diese Konstruktionsweise ermöglicht eine für die Zukunft flexible umsetzbare Einteilung der Zimmer zwischen den Tragwänden.

Der mehrgeschossige Luftraum der Foyerhalle ist oberseitig durch eine rasterartige Stahlbetonkonstruktion abgeschlossen. Auf dieser ist im 3.OG Neubau (höhengleich mit 2.OG Altbau) ein begrüntes Dach geplant. Die Lasten dieser Dachkonstruktion werden über Stahlbetonstützen entlang der inneren Fassade in die Gründung abgeleitet. Die aus den Obergeschossen und dem Dachtragwerk auftretenden Lasten werden in den unteren Geschossen durch Wandscheiben, Stützen, lastverteilenden Unterzügen und im EG ausgebildete wandartige Träger abgefangen. Die Gründung erfolgt entweder als Flachgründung oder über Streifen- und Einzelfundamente (ggf. auch über Bohrpfählen). Beim Übergang zum Bestand sind auf Grund des tieferliegenden 2.UG des Neubaus Abfangmaßnahmen erforderlich.

Die Sanierung und Restaurierung des Bestandsgebäudes incl. Fürstengang erfolgt entsprechend den Vorgaben des Denkmalschutzes, statische Eingriffe sollen auf ein Mindestmaß reduziert werden. Zur energetischen Ertüchtigung des Bestandes erhält dieser einen außenseitigen Hochleistungsdämmputz
Gestaltung Außenfassaden Neubau entsprechend Beschreibung im Fassadenschnitt Neubau.
Gestaltung Außenfassaden Altbau entsprechend Beschreibung im Fassadenschnitt Altbau.


Energiekonzept

Zur Reduzierung der Transmissionswärmeverluste wurde der Neubau kompakt und mit einer hochwärmedämmenden Außenhülle geplant. (siehe Fassadenschnitt). Der Bestandsbau erhält einen hochdämmenden Außenputz (siehe Fassadenschnitt).
Auf Grund der Tatsache, dass im Denkmalbereich keine Solarthermie und Photovoltaikanlagen auf die Dächer gebaut werden können wird vorgeschlagen zusätzlich zu einem gasbetriebenen Blockheizkraftwerk Energie über Geothermie zu gewinnen.

Zum nachhaltigen Energiekonzept gehören weiterhin die Abwärmenutzung der Einzelklimageräte in den Hotelzimmern und eine Grauwasser-Recyclinganlage. Große Mengen der regenerativen Energie werden durch Pufferspeicher eingelagert, die mit Wasser und Phase Change Material (PCM) gefüllt sind. Für Heizung, Kühlung und Trinkwasseraufbereitung ist ein Kompaktgerät in den Gästezimmern zuständig. Heizen und Kühlen erfolgt über Bauteilaktivierung / Fußbodenheizung. Die Trinkwassererwärmung erfolgt für jedes Zimmer dezentral im Durchflussbetrieb, was Energie spart, weil für diesen Bereich keine Warmwasserhaltung nötig ist.
Für die Nutzungsbereiche Foyerhalle, Restaurant/Küche und Tagungsräume sind zentrale Lüftungsanlagen mit hocheffizienter Wärmerückgewinnung erforderlich, die im 2.UG untergebracht werden. Der erforderliche Rückkühler wird in der Dachfläche des Neubaus zur Innenseite aufgestellt. Die Beheizung und Kühlung der Räume erfolgt im Neubau über Bauteilaktivierung (ggf. zusätzliche statische Heizkörper). Im historischen Bestand erfolgt die Beheizung über statische Heizkörper. Die Zu- und Ablauf erfolgt über möbelartige Einbauten in die Tagungsräume. Die Technikanbindung vom Bestand zu den Technikzentralen im 2.UG des Neubaus erfolgt über die bestehenden Gänge im Untergrund (ggf. Erweiterungen erforderlich).

Die Beleuchtung erfolgt ausschließlich über energiesparende LED-Leuchten.
Brandschutz

Einstufung und Brandabschnitte:
Der Gebäudekomplex ist gemäß BayBO der Gebäudeklasse 5 und als Sonderbau einzustufen. Beim Neubau findet die Beherbergungsstättenverordnung BStättV Anwendung und beide Gebäudeabschnitte verfügen über Versammlungsräume gemäß VStättV. Die Gebäude werden durch eine interne Brandwand in zwei Brandabschnitte unterteilt.

Rettungswege Neubau:
Die Rettungswege für den Neubau werden alle baulich vorgesehen. Es werden drei notwendige Treppenräume mit Ausgängen ins Freie errichtet. Die Flure von den Beherbergungsgeschossen werden als notwendige Flure ausgebildet. Der Speisebereich, die große Eingangshalle, die Verwaltung und Küche im 1.UG können brandschutztechnisch als eigene Bereiche abgetrennt werden und verfügen jeweils über zwei bauliche Rettungswege.

Rettungswege Altbau:
Die Anforderungen an einen gesicherten ersten Rettungsweg sind in der Bestandssituation des Altbaus derzeit nicht erfüllt. Das Konzept sieht die Ertüchtigung des notwendigen Treppenraums im Ostflügel durch eine feuerbeständige Abtrennung (Glaskonstruktion) und Ausbildung von notwendigen Fluren vor. Im EG ist die Ausführung von mehreren kleinen Nutzungseinheiten für die Tagungsnutzung und Verwaltung vorgesehen von denen jeweils zwei bauliche Rettungswege vorhanden sind.

Im 1.OG sind Tagungseinheiten vorgesehen, welche ebenfalls über zwei unabhängige Rettungswege über die neuen notwendigen Flure und Treppenräume verfügen. Das Auditorium verfügt über einen direkten Zugang zum anliegenden Treppenhaus. Der zweite Rettungsweg aus dem Auditorium wird über die Empfangshalle des Neubaus sichergestellt. Der zweite bauliche Rettungsweg für die Süd-Ost-Tagungseinheiten wird durch Bypass-Lösungen zwischen den Tagungsräumen gewährleistet.

Im 2. OG sind neben der Galerie des Tagungssaals und der Martinskapelle größtenteils Verwaltungseinheiten vorgesehen. Hierfür wird auf der Nordseite zur Sicherstellung von zwei baulichen Fluchtwegen ein notwendiger Flur zwischen dem internen nördlichen Treppenhaus und dem östlichen notwendigen Treppenraum erstellt. Die Galerie des Tagungssaales verfügt über einen direkten Zugang zum anliegenden Treppenraum des Neubaus. Weitere Ausgänge sind zum nördlichen Treppenraum vorgesehen. Die südlichen und östlichen Verwaltungseinheiten verfügen über einen gesicherten 1. Rettungsweg über den östlichen Treppenraum. Der 2. Rettungsweg ist über Hubrettungsfahrzeuge der Feuerwehr von der Ostseite sichergestellt. Der 2. Rettungsweg der südlichen Verwaltungseinheit erfolgt baulich über eine Bypasslösung über die anliegende Galerie in den Neubau.
Aufgrund der konzeptionellen und baulichen Abweichungen und zum verbesserten Schutz des Gebäudes wird die Ausführung einer flächendeckenden Brandmeldeanlage der Kategorie 1 (Vollschutz) als Kompensation vorgesehen.

Freianlagen

Der Platz zwischen Diözesanmuseum und KDH wird durch erhöhte Pflanz- und Wasserflächen mit umlaufenden Sitzbänken aus Betonfertigteilen gegliedert. Der ‚Garten der Stille’ auf der Dachfläche des Atriums teilt sich in Terrassen- und Rasenflächen auf, die durch Hecken, Sträucher und Sitzbänke gegliedert werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf zeichnet sich in besonderer Weise dadurch aus, dass er in funktionaler Hinsicht sehr sorgfältig durchgearbeitet ist. Vom Museumsplatz aus wird ein großzügiges Foyer betreten. Die Anordnung des Speisesaals, der sich nach Süden orientiert, ist sehr geschickt, weil zum einen so auch an sinnvoller Stelle eine Restaurantnutzung ermöglicht wird und zum anderen die Aussichtssituation mit der vorgelagerten Terrasse einbezogen werden kann.

Der Bereich der Übernachtungsräume ist sinnvoll und praxisorientiert organisiert. Die Tagungsräume sind richtigerweise im Altbau angeordnet und gut an die Erschließungszonen des Neubaus angebunden. Die Rekonstruktion des Steinernen Saales ist zu begrüßen.
Leider ist die städtebauliche Einbindung ebenso wenig gelungen, wie die Gestaltung der Fassaden. Die Überdachung des Innenhofs des Neubaus muss kritisch betrachtet werden. Zum einen Bedarf es, angesichts des vorhandenen Angebots attraktiver Freibereiche, keiner begrünter Dachterrasse, zum anderen muss bezweifelt werden, ob mit den vorgesehenen Lichtkuppeln und Glasanbindungen eine ausreichende Belichtung erreicht werden kann. Auch in Bezug auf Wartung und Unterhalt kann die Hofüberdachung nicht überzeugen