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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2017

Bildungszentrum Waghäusel - Gemeinschaftsschule / Johann–Peter–Hebel–Realschule

PERSPEKTIVE

PERSPEKTIVE

Anerkennung

BAYER & STROBEL ARCHITEKTEN

Architektur

urbanegestalt

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Adresse und Magistrale
Wesentliche städtebauliche Entwurfsabsicht ist die Ausformulierung einer eindeutigen Adresse für die gesamte Schulanlage. Der Neubau der Gemeinschaftsschule wird aus diesem Grund östlich der bestehenden Gebäude angeordnet und ergänzt dieses zu einer winkelförmigen Figur, welche den Pausenhof als großzügige und zusammenhängende Fläche umgreift.
Das Gebäude hat seinen Haupteingang zur Gymnasiumstraße hin und teilt sich mittels einer Pergola, welche sich aus der Fassade des Neubaus heraus entwickelt, deutlich zur Straße hin mit. Auch die Wegeführung zum Rathausplatz hin ist nun geklärt. Östlich des Neubaus gelangen die Schüler an den Fahrradabstellplätzen vorbei über einen großzügigen Weg ebenfalls zur Eingangspergola.
Die Pergola findet im Innern des Gebäudes ihre Fortsetzung als Magistrale, welche die beiden Schulen auf übersichtliche Art und Weise miteinander verbindet. Hier liegen auch die öffentlichen und gemeinsam genutzten Bereiche wie Aula, Mensa etc. Der bestehende Eingang der Realschule kann weiterhin als Nebeneingang und somit auch als direkter Zugang zum Pausenhof genutzt werden. Da sich die Anbindung an den Bestand auf die Magistrale beschränkt und die Baustelle von Norden her ohne größere Beeinträchtigung der Pausenflächen angedient werden kann, lässt sich das Bauvorhaben problemlos bei laufendem Betrieb realisieren.
Die Fläche für die mögliche Dreifach-Sporthalle wird im Süden des Grundstücks zu den Sportanlagen hin in Verbindung mit den geforderten Stellplätzen angeordnet. Die Sporthalle soll ebenfalls einen Eingang zum Pausenhof hin erhalten.

Cluster und Nutzungseinheiten
Das zweigeschossige Gebäude bildet seine innere Struktur nach außen hin ab, wobei das Erdgeschoss die Räume für den allgemeinen Unterricht und das Obergeschoss die eigentlichen Lernlandschaften aufnimmt.
Die Lernlandschaften sind als „Klassenhäuser“ von außen ablesbar und bieten den Kindern die Möglichkeit der Wiedererkennung und der Identifikation. Die Belichtung der Klassenzimmer selbst erfolgt über großzügige Lichthöfe, wobei die umlaufende Schicht des Fluchtbalkons die Struktur zu einem Gesamtbaukörper zusammenfasst und dabei auf einfache Art und Weise den ersten Flucht- und Rettungsweg gewährleistet. Für die geplante Erweiterung der Schule durch die Sekundarstufe II ist eine Fläche im Norden vorgesehen. Spätestens mit deren Bau wird auch das Bestandsgebäude endgültig selbstverständlicher Bestandteil der teppichartigen Bebauung.
Der Fluchtbalkon eröffnet gemäß der Empfehlungen des Arbeitskreises Vorbeugender Brand- und Gefahrenschutz AGBF von 2014 die Möglichkeit die Lernlandschaften als Nutzungseinheiten mit mehr als 400 Quadratmetern auszubilden. Der zweite Flucht- und Rettungsweg verläuft über den breiten, hellen Erschließungsflur, der die einzelnen Lernlandschaften miteinander verbindet. Auf weitere Treppenräume wie beispielweise einzelne Aufgänge in den Klassenhäusern kann somit verzichtet werden. Im Sommer dient der Fluchtbalkon zudem als Erweiterung der Team- und Gemeinschaftsflächen ins Freie (Loggia), ohne die Belichtung der eigentlichen Klassenzimmer einzuschränken.

Klinker und Lamellen
Das lebendige rote Klinkermauerwerk stellt das atmosphärische Gleichgewicht zu den Bestandsbauten aus Beton her. Wobei beim Neubau die Plastizität des Mauerwerks zudem auch einen reizvollen Kontrast zu feinen Lamellen des Fluchtbalkons ausbildet. Das Material Klinker überzeugt sowohl durch seine ästhetischen Qualitäten als auch durch seine Dauerhaftigkeit und Langlebigkeit. Die Farbigkeit erscheint der Nutzung als Schule angemessen.
Das Innere ist der Schule ist geprägt von einer hellen, freundlichen Atmosphäre. An einigen ausgewählten Stellen akzentuieren Wände oder Decken aus Sichtbeton das innere Gefüge. Bunte Böden und Einbauten aus Holz geben den Räumen einen fast wohnlichen Charakter.

Freianlagen
Die Freianlagen der Schulen werden im Umgang mit dem schönen Baumbestand entwickelt. Dabei werden rund um die Schulen Bereiche angeordnet, die von Baumdächern überstanden sind, der zentrale Schulhof entwickelt sich wie eine große Lichtung.
Parallel zu der Gymnasiumstraße befinden sich der Eingangsbereich und die Fahrradstell- und Parkplätze, die Anordnung betont und ergänzt die Adresse des Ensembles nach dort. Der Fahrradbereich funktioniert unter Erhalt der Bäume als Filter zwischen dem Rathausplatz und dem Eingang der neuen Schule. Neben der Unterbringung vieler teilweise überdachter Radstellplätze entsteht eine neue und erlebnisreiche Wegeverbindung.
Der Parkplatz im Süden ist als landschaftsarchitektonisch geordneter Hain angelegt.

Dazwischen liegt ein großzügiger Pausenhof. Neben ausreichend Platz für Bewegung und Aufenthalt ermöglicht er die Verbindung zwischen den Gebäuden, sowie der optionalen Sporthalle.
Der Hof wird sich durch drei Elemente gestaltet, deren erstes, zur Gymnasiumstraße hin, wiederum ein Baumhain der Ankunft ist. Das mittlere Element ist ein um einen halben Meter angehobener, von Betten und Grün dominierter Raum, der auch kleinere Räume und Orte für viele unterschiedliche Grüppchen bietet. Im Osten liegt als drittes ein Aktivitäts-Ort. Die Fläche ist mit Betonboden angelegt und für Basketball und viele weitere Ballspiele ausgestattet, der Übergang in den großen Gesamtraum Pausenhof ist fließend.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit wird an den Bestand angebaut. Über eine „Magistrale“ wird die Verbindung zwischen Alt- und Neubau hergestellt. Der zweigeschossige Baukörper wird durch Einschnitte mit Grünflächen aufgelockert und hat im Obergeschoss einen Dachgarten, der einem der Lerncluster zugeordnet ist. Die verschiedenen Bereiche des Gebäudes wurden über Fluchtbalkone räumlich gefasst, so dass die einzelnen Freiflächen zwischen den Gebäuden zu einer Einheit werden. Eine klare Strukturierung der Fassadengestaltung ist gegeben. Durch den Anbau der Sekundarstufe II wird die Offenheit eingeschränkt. Der Abstand zwischen den beiden Gebäuden ist sehr gering, so dass mit schlechten Lichtverhältnissen zu rechnen ist.
Der Eingangsbereich scheint problematisch, da der Hauptzugang von der Gymnasiumstraße erfolgt und somit die Schüler beider Schultypen über einen Eingang vorrausichtlich das Gebäude erschließen werden. Die Flure zu den einzelnen Lern- und Schulbereichen scheinen sehr schmal. Um Bereiche ohne Tageslicht zu vermeiden, sollten die Bereiche wie z.B. Technik (EG) und Lerncluster (OG) verschoben werden.
Der Bau zeigt eine klare Gliederung der einzelnen Lern- und Schulbereiche. Der Verwaltungsbereich ist kompakt im 1. Obergeschoss angeordnet. Die Mensa hat eine zentrale Lage und ist somit von beiden Schultypen gut zugänglich.
Die Arbeit zeigt wenig Eingriffe in den Bestand. Somit besteht die Möglichkeit, während des Neubaus den Schulbetrieb ohne größere Beeinträchtigungen weiterlaufen zu lassen.
Durch die vorgeschlagene Struktur und den Umgang mit dem Bestand scheint der Vorschlag auch wirtschaftlich sinnvoll.
Die Anordnung, bzw. Positionierung der Parkplätze sowie der Sporthalle scheinen gut umsetzbar, auch im Hinblick auf eine spätere externe Nutzung durch z.B. Vereine.
Insgesamt handelt es sich um einen guten Beitrag mit hohem architektonischen Anspruch.