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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2017

München Freiham WA 11.1

Straßenraum

Straßenraum

1. Preis / Zuschlag

03 Arch. GmbH

Architektur

realgrün Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Gliederpuppe

Der Städtebau von West 8 beruht auf zwei aufeinander aufbauenden Ideen: Erstens eine landschaftsarchitektonisch städtisch geprägte Grundordnung mit Alleen, Straßenräumen und Grünfingern zu schaffen, die dann zweitens eine möglichst große Vielfalt an Haustypen, Wohnformen und Stilen zulässt.
Die Grünräume garantieren eine hohe Qualität der städtischen Räume, und durch die dann gebaute Vielfalt wird ein vitales und urbanes Stadtquartier generiert. Dies unterstützen auch die Regeln zur Gliederung der Architektur und der Nutzung der Erdgeschosse.

Die Grundlage der Architekturvorstellung ist das einzelne auf seiner Parzelle stehende Stadthaus. Eine sehr atmosphärische Architekturvorstellung, die gegliederte Stadträume und abwechslungsreiche Fassaden mit hohen städtischen Erdgeschossen sucht.
Diese Architekturvorstellung steht allerdings mit ihrer Bürgerlichkeit scheinbar im Widerspruch zu den klassischen Architekturbildern, die wir mit der gestellten Aufgabe, kostengünstigen Wohnraum für alle zu schaffen, in Verbindung bringen. Eine Architektur, die immer noch geprägt ist von den Vorbildern der neuen Sachlichkeit, wie z.B. dem Amerikanerblock, die gerade den gemeinschaftlichen Zusammenhang, die Gleichbehandlung aller und die Einfachheit betonen. Eine Haltung, die bis heute durch die GEWOFAG gelebt wird.

Idee
Wie ein Funke, der aus der Reibung dieser widersprüchlichen Architekturvorstellungen entsteht, haben wir unsere Idee gesehen, einfache Häuser zu schaffen, die miteinander wie eine Gliederpuppe verbunden sind und eine Gemeinschaft, ein Haus aus Häusern bilden.
Dafür war es uns wichtig, eine sehr detaillierte architektonische Gliederung zu schaffen, die gerade im Erdgeschoss im Kontakt zum urbanen Raum eine hohe Erlebnisdichte garantieren. Eine Gliederung, die Unschärfen hat, bewusste Überlagerungen und Schichtungen, wie z.B. die Fassaden im Hof. So scheint man auf den ersten Blick klar einzelne Häuser zu erkennen, während man auf den zweiten Blick die Verkettungen der Häuser spürt.

Ort
West 8 hat mit der Aubinger Allee einen hervorragenden städtischen Boulevard entworfen.
Zusammen mit dem Grünfinger im Norden des Grundstücks kommt der zukünftigen Bebauung eine hohe Bedeutung innerhalb des neuen Stadtteils zu.
Die Architektur des Entwurfs mit seinen Gebäudehöhen, den hohen Erdgeschossen, der Materialität und der Gliederung der Fassaden ist eine angemessene Reaktion auf den Anspruch, hier einen großstädtischen, für den neuen Stadtteil sehr wichtigen Stadtraum als Rückgrat zu schaffen.

Architektur
Durch die Schrägstellung der rechtwinkligen Baukörper wurde die Gliederung in Einzelhäuser erreicht. Dadurch kann eine sehr wirtschaftliche Bauweise garantiert werden. Die Fassaden wirken mit dem Baukörper, der Dachsilhouette und den einzelnen Eingängen plastisch in den Stadtraum hinein. Der Wechsel zwischen Folgen und Abweichen vom Straßenraum unterstützt gerade in der Perspektive die Wahrnehmung einzelner Häuser.
Dabei wurde darauf geachtet, trotz der sich wiederholenden einzelnen Elemente, eine Vielgestaltigkeit zu erreichen, die die Zusammengehörigkeit der Häuser nicht verleugnet.
Die Fassaden übernehmen die Farb- und Materialvorgaben aus dem Regelwerk von West 8. Die Idee ist, mit der farblichen Gestaltung der Putzfassade eine zu München passende Farbigkeit zu bekommen.

Gebäudevolumetrie
Um eine städtische Maßstäblichkeit zu erzeugen sieht das Konzept eine volumetrische Differenzierung der Baukörper vor: Gebäudeenden werden als solche ausformuliert und in ihrer Körperhaftigkeit betont, auch reagieren die Grundrisse auf diese veränderte Situation, wodurch die Fassaden umlaufen.
Ein in der Dachlandschaft durch Rücksprünge gegliedertes sechstes Geschoss, beruht auf dem Anspruch einer Differenzierung der Einzelhäuser auch in ihrer Gebäudehöhe. Das Haus im Norden akzentuiert mit seiner Überhöhung die Gebäudeecke und den Auftakt der neuen Bebauung. Mit einer differenzierten Gebäudevolumetrie nimmt es erdgeschossige größere Ladenflächen, aber auch die TG-Rampe auf. Rücksprünge in den oberen Geschossen gliedern die große Baumasse zusätzlich.

Gewerbeeinheiten
Das Eckhaus im Norden und der Kopfbau im Süden bilden im städtischen Gefüge starke Adressen. Große zusammenhängende Gewerbeflächen sind dort angeordnet. Im Bereich des Rücksprungs entlang der Aubinger Allee sind kleinere Gewerbeflächen untergebracht, die von sozialen Dienstleistungen, kleinem Einzelhandel oder Arztpraxen genutzt werden können.

Schallschutz
Die zur Aubinger Allee liegenden Wohnungen orientieren sich grundsätzlich nach zwei Seiten. Individualräume mit Orientierung nach Westen erhalten die
die Möglichkeit, schallunabhängig (z.B. mittels Brüstungsintegrierten Schalldämmlüfter) zu lüften, aber dennoch die Fenster individuell öffnen zu können.
Die großen Wohnungen haben einen durchgesteckten Wohnbereich, mit einer Wohnküche nach Westen, dem Wohnzimmer und Balkon zum ruhigen Hofinneren.
Die kleinen Wohnungen liegen nach Osten orientiert, zum schallgeschützten Wohnhof.

Fassade und Materialisation
Die einfache Grundvolumetrie der Baukörper wird durch einen Wechsel zwischen Putzfassaden und einer horizontale Gliederung differenziert.
Der Sonnenschutz aus lichtdurchlässigen Screenstoffen gibt der Fassade zusätzliche Tiefe und gewährleistet gleichzeitig die Privatheit der Bewohner.
Die sich verschränkenden unterschiedlichen Putzoberflächen und Fliesen, Balkone, Fenster und Bänderungen geben dem Gebäude einen heiteren und differenzierten Ausdruck.

Baukonstruktion und Nachhaltigkeit
Die vorgeschlagene Konstruktion erfolgt in Ziegelbauweise aus hochisolierten Thermoziegeln und Decken in Stahlbeton aus halb-vorgefertigten Filigrandecken. Der Innenausbau erfolgt vorzugweise ebenfalls in Ziegel, alternativ mit Gipsfaserplatten. Die Fassaden erhalten einen eher grobkörnigen, mineralischen
Putz in unterschiedlichen Körnungen. Die Fenster sind als lackierte Holzfenster vorgesehen, der Sonnenschutz erfolgt über textile Senkrechtmarkisen. Die dargestellten Grundrisse weisen für die jeweilige Konstruktion optimierte Spannweiten auf, sind konstruktiv mit tragenden Mittelwänden auch für einen späteren Umbau geeignet und somit langfristig nachhaltig entworfen.
Zusätzlich zum strukturellen Aufbau trägt die Erschließung mit 3- und 6-Spännern dem Wunsch nach einer wirtschaftlichen Grundkonzeption, aber auch nach einem angemessenen, dem stadträumlichen Kontext entsprechenden Mix an Wohnungen Rechnung und lässt einen überschaubare Unterhaltsaufwand, sowie tragbare Betriebskosten erwarten.
Die Ausnutzungskennwerte sind wirtschaftlich, der Wohnungsschlüssel entspricht in etwa dem vorgegebenen Mix.

Freiraum
Ziel des vorliegenden Entwurfskonzeptes ist die Versorgung der zukünftigen BewohnerInnen mit differenzierten, vielfältig nutzbaren Freiräumen unter besonderer Berücksichtigung der Aussagen und Festlegungen des vorliegenden Gestaltungsleitfadens.
Zur Erlangung eines kohärenten, kontextuell erfahrbaren Erscheinungsbildes folgt das landschaftsarchitektonische Konzept konsequent der städtebaulichen Grunddisposition.
Zur Sicherung einer qualifizierten Freiraumversorgung werden die Dachflächen konsequent aktiviert und in das Freiraumkonzept einbezogen.

Begriffe wie Durchlässigkeit, Transparenz und soziale Kontrolle, Enge und Weite, Licht und Schatten, Flexibilität, Mehrfachnutzbarkeit, Nutzungsoffenheit und individuelle Aneignung, wie auch Ökologie und Nachhaltigkeit, Robustheit und Kostenbewusstsein in Herstellung und Unterhalt bestimmen die weitere freiraumplanerische Herangehensweise.
Das polygonale Ordnungsprinzip der umfassenden Baukörper wird im Freiraum aufgegriffen und generiert ein ausdruckstarkes identitätsstiftendes Erscheinungsbild.

Private Wohnungsgärten
Den Rahmen des um 60 cm gegenüber dem Straßenraum angehobenen Blockinneren bilden die von mäandrierenden Feldahornhecken umfassten privaten Wohnungsgärten. Sie liegen nochmals 40 cm über dem Hofbereich und sind dadurch auch mit niedrigen Hecken vor Einblicken geschützt.

Erschließung
Mäandrierende Erschließungszonen vermitteln zwischen den privaten Gärten und dem gemeinschaftlichen Spielhof. Die notwendige Feuerwehr- sowie die fußläufige Erschließung können zugunsten geringer Versiegelung gebündelt werden. Die Feuerwehrerschließung folgt dabei im Wesentlichen dem Bebauungsplan; ebenso wird die geforderte Durchwegung in West-Ost-Richtung integraler Bestandteil des hofübergreifenden Erschliessungslayers.

Öffentlicher Spielhof
Die intensiv durchgrünte Hofmitte bildet den zentralen Kommunikationsort im Wohnquartier - eine Spiel- und Aktionslandschaft mit bewegter Topografie. In diese betten sich vielfältige Spielangebote für Kleinkinder – Märchenhäuschen, Rutschenhügel, Sandspiel uvm – sowie ein Fitness- und Kletterparcours für alle Altersklassen ein.

Baum und Vegetationskonzept
Der „Märchenwald“ aus Nadel-, Laub- und Blütenbäumen spendet ausreichend Schatten, öffnet sich zu besonnten Lichtungen und löst sich zum Rand hin in kleinere Baumgruppen und Solitäre auf, die sich bis in die Privatgärten einstreuen.
In den nicht unterbauten Flächen stehen Lärche und Feldahorn im spannenden Kontrast zueinander. Die Zierbirnen komplettieren das Farbenspiel im Jahresverlauf.

Die geometrische Ordnung von extensiver und intensiver Begrünung der Dachflächen führt das Gestaltungsprinzip des Hofes konsequent fort und betont die Weite der ausgedehnten Dächer.
Stauden- und Gräserfelder wie auch Flächen für Urban Gardening bedecken mehr als ein Viertel der Dachfläche, von der weite Teile der Hausgemeinschaft zugänglich sind.
Dem ökologischen Kriterienkatalog folgend werden sämtliche nicht aktivierte Dächer extensiv begrünt und das gesamte Dach- und Oberflächenwasser grundstücksbezogen versickert.

Materialien, Oberflächen und Versickerung
Eine übergeordnete zurückhaltende Materialverwendung in Entsprechung der Hochbauten unterstützt den Ensemblecharakter der Gesamtanlage.
Lageplan

Lageplan

Erdgeschoss

Erdgeschoss

Regelgeschoss

Regelgeschoss

Dachgeschoss

Dachgeschoss

Dachlandschaft

Dachlandschaft

Ansicht Nord

Ansicht Nord

Ansicht Ost

Ansicht Ost

Ansicht Süd

Ansicht Süd

Ansicht West

Ansicht West